Ein Aspekt, der mich nach langer Abwesenheit seit meiner Jugend wieder zur Modellbahn geführt hat, ist aber auch gerade das Basteln und das Schaffen von was Realem. Filme, Musik, Texte oder Computerspiele liegen ja heute oft nur noch virtuell vor. Auf den ersten Blick komfortabel und natürlich ein Fortschritt gegenüber den Regalmetern früherer Tage mit LP, CD, Konsolenmodulen und Büchern.
Mit der Zeit wurde ich der Sache aber überdrüssig. Simcity (ich habe noch 4) genieße ich wie Siedler oder OpenTTD, aber letztlich bleiben die damit erschaffenen Städte und Welten, genau wie die Inhalte der Mediendateien sozusagen hinter der der Oberfläche des Monitors gefangen. Wie im MiWuLA darf ich gucken, und sogar sagen, was wo gebaut werden soll, aber das Beobachtungsfenster bleibt auf die aktuell 27 Zoll mit festem Standort Schreibtisch beschränkt. Oder auf mobile, dafür winzige 5".
Meine Modellbahnprojekte, meine Modelloks und Wagen, meine Häuserbausätze darf ich anfassen! Und ich muss meine Weichen und Signale Stück für Stück verkabeln. Ich muss mich mit Dingen wie Staub oder verharzten Getrieben rumschlagen und mit Schraubendrehern rumfummeln. Und beim Spielen habe ich alles in 720° Ultra-Mega-HD und 3D real vor mir. Echte Sinneseindrücke, welche ich lange vermisst hatte...
Ich finde es auch zunehmend wieder schön, zu bestimmten selektierten Themen "wertige Sachen" zu besitzen. Die Sonderedition des Albums einer guten Band statt ein Verzeichnis voller Mp3s, ein wertig gebundenes Buch statt einer EPub-Datei. Vielleicht liegts am Alter, vielleicht brauch ich auch ein Kontrastprogramm in einer zunehmend digital-virtuell geprägten Welt mit immer mehr Informationen auf Monitoren, die sich sekündlich ändern können und dann neu verknüpft werden wollen. Das hab ich im Job mehr als genug. Die Möglichkeiten des Digitalzeitalters sind faszinierend und ich habe in den 90ern auch viel am PC rumgeschraubt. Aber langsam verfliegt die Faszination und ich nehme E-Mail & Co. eher als Dinge war, die Arbeit machen und mich vor den schönen Dingen des Lebens abhalten, als früher, wo das noch alles neu und cool war. Um den kurzen Bogen zu schließen, es ist daher ein Plus, wenn schöne Dinge des Lebens computerunabhängig genossen werden können, daher vielleicht die Bevorzugung der einfachen "Wertigen Sachen".
Geht ja schon los, wenn man mit dem selbstgebauten Wohnzimmer-PC einen Film streamt: "Huch, war das jetzt ein kleiner Ruckler in der einen Szene? Ist der Prozessor nun überlastet, klemmt das Hausnetzwerk oder hat der Server eine Fehlkonfiguration... gleich morgen mal prüfen..."--> Aaaargh! Und dann hockt man wieder vor einem Bildschirm und geht abstrakte Konfigurationsdateien und Einstellungen durch...
Ich könnte mir vorstellen, dass in dieser Richtung vielleicht auch eine Chance für die Modellbahn liegen könnte. Z.B. habe ich auch den Eindruck, dass Brettspiele seit den letzten Jahren boomen, wahrscheinlich aus ähnlichen Gründen.