Hallo allerseits,
Harald (Bessunger) hatte uns ja an seiner profunden Kenntnis des Oberhessischen Maschinenbaus teilhaben lassen:
Zitat von Bessunger im Beitrag #3085
Was viele ja nicht wissen: NOHAB heißt in Wirklichkeit "Nord-OberHessische Aggregate Bau", früher Schwetzer und Sühlz, in Speckswinkel. In dieser Gegend, in der sich traditionell die Maschinenbauindustrie des nördlichen Oberhessens befand, hatte sich nach dem Krieg ein pensionierter amerikanischer General niedergelassen: Charles M. Motas war Ingenieur und wurde zwecks Anstellung 1947 bei Herbert Schwetzer vorstellig. Im Gepäck hatte er die Pläne für eine Diesellok. Schwetzer konnte seinen Geschäftspartner Horst-Dieter Sühlz von der Idee des Lokomotivbaues begeistern, die Firma benötigte dringend einen Ausgleich für die weggefallenen Rüstungsaufträge des gerade beendeten Krieges (Schwetzer und Sühlz war der alleinige Hersteller des gefürchteten gepanzerten Feldurinals FUrZ 3a gewesen, das an allen Fronten hinter Offizierskasinos zu finden war).
Das lies mir natürlich keine Ruhe und so habe ich die letzten Tage alle Antiquariate Oberhessens (und Unterhessens), sogar bis hin nach Münster, durchstöbert, immer auf der Suche nach Vorbildaufnahmen des FUrZ. Den entscheidenen Hinweis gab letztlich Ulrich (UKR), der richtigerweise das Feldurinal auf einem Opel Blitz vermutete:
Zitat von UKR im Beitrag #3086
gepanzertes Feldurinal wenn das mal nicht noch, montiert auf einem Opel Blitz in der Kaserne in Nordsand entdeckt wird;-
So entdeckte ich fast schon zufällig in einer Sammlung von Fotos des Opel Blitz aus den 1950ern eine handvoll Aufnahmen, die ich der Welt nicht vorenthalten möchte:
Die NOHAB suchte nach einer Anschlußverwendung ihres berühmten gepanzerten Feldurinals. Nur war der Bedarf an letzteren in der frisch gegründeten Bundesrepublik eher rückläufig. So sahen die verbliebenen, auf Zivil umlackierten Blitze auch eher unscheinbar aus (hier ein schon älteres Dia):
Aufmerksamen Betrachtern dürfte allerdings der am Unterboden der Fahrerseite angebrachte Brauchwassertank aufgefallen sein
Unter dem Planenspriegel lugten auch unscheinbare Sanitärartikel hervor
Es handelt sich hier nämlich um einen Opel Blitz mit dem Nachkriegs-Produkt Feldurinal FUrZ 6GP ("6-fache GroßPinkler").
Die NOHAB versuchte auf diesem Weg, ihr bewährtes Produkt in (an zivile Anforderungen angepasste) modernen Nutzungsmöglichkeiten unterzubringen.
So diente das hier zu sehende Fahrzeug der
mobilen Schnellurinierung im Rahmen der in Hessen üblichen
Zeltkirmessen. Daher auch der gezeigte Brauchwassertank und das hier zu sehende Fallrohr
sowie die 6-fach-Urinalreihe mitsamt Wasserzufuhr (aus dem Brauchwassertank)
Der Einstieg über die herab zu klappende Ladebordwand (mittels Leiter oder Holztreppe),
die nach Abbau weiter Teile der Panzerung (lediglich der olivgrüne Splitterschutz
auf der Schifferseite blieb erhalten) sehr offene Lage der Urinale
und die nicht mehr zeitgemäße Entsorgung direkt im öffentlichen Straßenraum mittels des Fallrohrs sorgten daher für eine baldige Verschrottung der einzigartigen Fahrzeuge.
Meines Wissens blieb keines der Spezialfahrzeuge museal erhalten.
Viele Grüße
Patrick