Moin,
ich beginne mal zynisch: die alten Sachen, die man heute massig auf Börsen findet waren Fehlkonstruktionen. Warum? Sie halten länger als ein Menschenleben. Aber daran wird ja seit einigen Jahren gearbeitet ... scheinbar mit Erfolg 
So, jetzt sachlich: den Gebrauchtmarkt gegenüber dem Markt für Neuheiten gegenüber fair zu bewerten, scheint schwierig, da es lediglich für den Neumarkt belastbares Zahlenmaterial gibt. Ich habe noch nirgendwo gelesen, welches Volumen in € der Gebrauchtmarkt pro Jahr hat.
Dann kommt noch hinzu, dass es (gefühlt) noch jede Menge Analogfahrer gibt. Wie groß diese Gruppe wohl sein mag im Vergleich zu den Digitalis? Keine Ahnung ... sicher schrumpfend, aber in welcher Größenordnung und in welchen Verhältnis sich diese (auch in nackten Zahlen) gegenüberstehen kann auch niemand präzise beziffern. Aber eines kann man sagen: für Analogbahner gibt es so gut wie keinen und bei der Tante überhaupt keinen Neuwaremarkt. Sicher, man kann dem entgegen halten "die laufen doch auch alle analog", aber da muss man im Prinzip die Hälfte des eingesetzten Geldes abschreiben, weil man den dafür erhaltenen Gegenwert eh nicht nutzen kann. Also lassen das viele, oder kaufen sich nur Modelle als Ergänzung, die es damals (von der Form oder Baureihe her) noch nicht gab. Ich jedenfalls mache es so. Zwei Beispiele der Tante: die Baureihen 221 und 191. Beides Konstruktionen aus den 80er, immer noch schön anzusehen. Neu so zwischen 300,- und 400,-€. Gebraucht, mit den Features die ich als Analoger benötige derzeit nicht teurer als ein 100er. Was glaubt ihr (und auch die Firma Märklin) wohl was ich mache? Und ich denke, damit bin ich nicht alleine. Die 216, die derzeit bei Myworld für zwischen 150,- und 200,-€ über den Tisch wandert, ist eine Konstruktion aus dem Jahr 1968; die wird bald 50!
Das man damit keine Marktanteile mehr gewinnen kann, dürfte, wenn man sich allein den Preis und das Alter vor Augen hält, wohl auf der Hand liegen. ...und dann kommen noch tausende gebrauchter Maschinen für einen Durchschnittspreis von 35,-€ dazu.
Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit. In meiner Jugend hatte nahezu jeder Schreibwarenhändler auch die Modellbahn im Portfolio. Ich stamme aus einem Dorf, welches zu Beginn der 80er gut 6000 Einwohner zählte. Es gab 3 Schreibwarenhändler: Ross führte Lima, Niemeyer Märklin und Kohlhaus Minitrix. Gut, da reichte ein Testgleis unter dem Verkaufsthresen um zu testen, ob die lok fuhr, umschaltete und das Licht ging. Je umfangreicher die ausgestattet wurden, desto mehr musste der Verkäufer darüber wissen. Mittlerweile ist das zuviel, um die Modellbahn "so nebenbei" mit zu führen. Also ging es in Richtung Fachgeschäft. Gleichzeitig stiegen die Preise rapide an. In einem Nachbarthread hat es mal jemand ausgerechnet, dass der Durchschnittspreis der motorisierten Märklin-Neuheiten 2016 anhand der UVP bei etwa 350,-€ (kann ein wenig mehr oder weniger sein) liegt. Leute, das ist sch....en viel Geld!!! Und das Ganze mit einer nur unzureichend funktionierenden Endkontrolle.
Auch dabei sollte man das Händlersterben berücksichtigen. Ich wohne in Eutin: dort schließt gerade Modellbahn Fahrenkrug seine Pforten. Das Personal marschiert stramm auf die 70 zu, die Suche eines Nachfolgers scheiterte an dem für diesen aufzubringenden Kapitaleinsatz. Wir sind hier mittlerweile totale Moba-Wüste geworden. Der Händler in Kiel -Raisdorf hat vor etwa 3 1/2 Jahren die Modellbahn aus dem Programm genommen. Der nächste, den es noch gibt ist in Lübeck und eine Apotheke (Preise ÜBER UVP). Da bleibt einem bei Neuwarenkäufen entweder mindestens 100 Km zu fahren, oder im Internet zu kaufen. Im Netz kann ich mir die Waren nicht vorführen lassen. Habe ich mir eine Krücke ergattert und tue meinen Unmut kund heißt es, "warum hast du nicht beim Fachhändler gekauft". Antwort: nicht weil ich ein paar 10er sparen wollte, sondern weil wir keinen mehr haben
Das sollte für die Hersteller bedeuten, dass sie entweder mit günstigen Konditionen (dazu zähle ich: nicht den Händler dazu verpflichten das gesamte Sortiment vorrätig zu haben und auch die Ladenhüter abnehmen zu müssen, die er wenn, dann nur unter deutlichen Abschlägen verkaufen kann) neue Händler in Moba-Wüsten generieren, oder das Händlersterben als etwas unumkehrbares betrachten und auf den Direktvertrieb setzen. Damit das funktioniert, muss aber JEDES ausgelieferte Modell, egal ob Lok, Wagen, Weichendekoder, etc. tadellos funktionieren. So etwa mit einer Fehlertoleranz, wie sie im Automobilzuliefersektor gängig ist. In meinen Augen reicht es für einen Hersteller nicht, einfach nur mit einer Fülle von Neuheiten um sich zu werfen. Die Dinger müssen zuverlässig funktionieren und wir Kunden benötigen einen Ort, wo wir den Herstellern das produzierte auch abnehmen können - ein (Laden)-Geschäft!
Falls jemand von Märklin mitliest:
wir Analogbahner sind seit dem Wegfall von "Delta" für Märklin keine Zielgruppe mehr, da wir uns nicht haben "bekehren" lassen
. Wenn ich es für mich unter den Kriterien Preis, Qualität, Ausstattung und Verfügbarkeit anschaue, fahre ich mit Gebrauchtware definitiv besser. Für die Zielgruppe der Analog-Bahner, keine Ahnung wie groß die ist, aber das können Sie erfragen, ist der Second Hand Markt eine Konkurrenz; und zwar eine, gegen die Sie mit Ihrer derzeitigen Modellpolitik wenig Chancen haben! Ich glaube, damit nicht so ganz allein zu sein. Wenn Sie, liebe Firma Märklin, uns etwas verkaufen wollt, dann bietet uns auch bitte auch etwas an. Motzen alleine bringt nichts, deshalb von mir ein Vorschlag: das Startup-Program wäre dafür geeignet, die Formen für sämtliche Modelle liegen bei Ihnen in den Regalen. Also nicht nur die alten Motten, die "der Wiedereinsteiger" sowieso schon gefunden hat, wenn er mit seiner Kiste unterm Arm vom Dachboden runterklettert. Da gibt es z.B. die E10.3, Vt98 und noch einige andere Modelle, die ohne technische Vollausstattung doch für 198,-€ unters Volk zu bringen sein müssten. Da würde ich sofort schwach werden. Warum nicht die Unterteilung in z.B. "Märklin Premium", mit Allem was technisch machbar ist für den entsprechenden Kurs und dasselbe Modell in Grundausstattung als "startup" zu einem für beide Seiten vertretbaren Preis. Da wäre die Börse (zumindest für mich) keine Konkurrenz mehr.
Schöne Grüße aus Ostholstein
Matthias