Nach 8 Seiten Therad bleibt festzuhalten: niemand hat konkrete und belegbare Zahlen, die seine jeweilige These unterstützen, stattdessen dreht jeder Vermutung und vage Zahlen so zurecht, wie er es gerade für seine Fraktion braucht. Es gibt im groben 3 Fraktionen:
- Fraktion 1 fürchtet, künftig ihre heißgeliebten Soundmodelle nicht mehr zu bekommen, wenn sich die Puristen-Fraktion durchsetzt, und deswegen darf es nichts anderes geben
- Fraktion 2 möchte, dass der Hersteller für sie die Modelle nach genau ihrem Gusto baut, völlig ab von jeder Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
- Fraktion 3 erhebt den Anspruch, sich mindestens x Loks im Jahr neu kaufen können zu müssen und deswegen müssen Preise und Marge herunter, egal, was das für das Unternehmen bedeutet
Ich gebe zu, ich habe mit allen Fraktionen meine Probleme, das ist mir in allen Fällen zu absolutistisch und egoistisch gedacht.
Ich habe mir ein paar andere Fragen gestellt:
Ich habe mir mal einen Märklin-Katalog von 1960 genommen, dort steht eine Baureihe V 200.0 aufgeführt mit einem UVP-Preis von sagenhaften 36 DM. Damals war Modellbahn noch richtig herrlich günstig, könnte man meinen. Gemäß statistischem Bundesamt, lag das durchschnittliche Brutto-Jahreseinkommen 1960 bei 6100 DM, d.h. ein Monats-Brutto von ca. 508 DM, was davon Netto übrig bleibt, kann man sich schnell selber ausrechnen. Wenn man sich diese Zahlen vor Augen führt, war es damals doch auch nicht viel anders. Modellbahn war und ist ein Luxusgut, was vergleichsweise viel Geld kostet gemässen am Einkommen. Ob es seinerzeit auch einen Gebrauchtmarkt gab oder ob die Leute dann lieber verzichtet haben, wenn ihnen der Preis zu hoch war, entzieht sich meiner Kenntnis, aber ein Problem für den Hersteller war das scheinbar nicht. Heute habe ich den Eindruck, dass sich die Meinung durchsetzt, dass jeder ein natürliches Anrecht darauf haben sollte, mindestens 3 Loks pro Jahr kaufen können zu müssen, d.h. der Hersteller soll die Produkte bitte so anbieten, dass das möglich ist. Damals gab es vielleicht diese Gedanken auch, ich weiß es nicht, nur konnte man sie nicht mit dieser Vehemenz überall in alle Welt posaunen. Aber ist deswegen die Situation heute soviel anders, als damals? Ein Unterschied ist, dass man damals mehr Zeit hatte auf ein Modell hinzusparen und nicht die Einmalserien hatte, man muss heute das Geld in kürzerer Zeit verfügbar haben. Die Frage, die sich mir aber stellt: kann der Hersteller das wirklich, die Produkte wieder soweit verbilligen, dass das möglich wird, das Preisniveau soweit zu senken? Ich weiß es nicht, dazu kenne ich die wirtschaftliche Kalkulation der Modelle nicht. Vielleicht geht es, vielleicht sind dazu andere Einschränkungen am Modell notwendig, alles spekulativ. Das Dumme ist nur, dass wir uns mittlerweile auch an einen optischen Standard gewöhnt haben, von dem wir auch nicht mehr weg wollen (und wenn es mal einer wagt, darunter zu gehen, wird er auch gleich verrissen, ich entsinne mich da an Beiträge zu der ein oder anderen Billigst-Hobby-Lok). Und ich glaube, hier steckt auch ein großes Dilemma.
Wo immer wieder der Vergleich zur Automobilindustrie kommt, darf ich vielleicht da auch mal einen Gedanken einstreuen: die Firma Porsche gilt in Autobauerkreisen als eine der profitabelsten und effizientesten Autobauer mit einer der höchsten Gewinnmargen pro Fahrzeug. Im Vergleich zu anderen Autobauern verkauft Porsche aber vergleichsweise wenig Autos und kann davon auch prima leben (die Übernahme von Volkswagen resultiert aus einem wirtschaftlichen Kamikaze-Akt, als man meinte, Volkswagen übernehmen zu können, nicht daraus, dass die Firma zu wenig Gewinn abgeworfen hätte, eh das gleich als Gegenargument kommt). Man könnte nun hergehen und die von den Modellbahnern angeführten Argumentationen hier mal anwenden. Wie sähe das aus? "Zu den Neupreisen kaufe ich mir doch keinen Porsche, die sollen erstmal die Preise auf ein realistisches Mass senken, dann bin ich auch bereit mir einen Porsche zu kaufen." "Wenn die Preise runtergehen, kaufen automatisch auch mehr Leute Porsche, weil sie es sich dann leisten können." "Porsche vernachlässig hier einen großen potentiellen Kundenbereich." Scheinbar kann Porsche aber gut damit leben, nur mit einer eingeschränkten Klientel, die bereit ist, die hohen Margen zu zahlen, klar zu kommen und hat dementsprechend kein Interesse daran, sich weitere Käuferschichten zu erschließen, mit der sie vielleicht mehr Autos verkaufen, aber dann vielleicht auch weniger Gewinn einfahren? Kann man das auf Märklin übertragen? Ich weiß es nicht, aber vielleicht ist die unternehmerische Denke ähnlich. Aber es war mal nett, drüber nachgedacht zu haben. Es gibt übrigens auch Autobauer, die das Geschäft mit Second Hand Ware, vulgo Gebraucht- oder Jahreswagen, für sich entdeckt haben und sich zu Nutze machen, um auch hier etwas abzubekommen von dem Kuchen. Vielleicht kann Märklin da ja was lernen und abschauen

Letztendlich können wir nur spekulieren, aber wir sollten einer Firma soviel Sachverstand zuschreiben (auch wenn es einigen Schreibern schwer fällt), dass sie wissen, wieviel Marge wobei abfällt, und welche Marge sie benötigen, um wirtschaftlich operieren zu können. Ob das Ergebnis dann uns allen gefällt, ist eine zweite Sache, mir muss das Ergebnis der firmeninternen Strategie nicht gefallen, wenn sie jedoch erfolgreich ist, dass die Firma all ihre Rechnungen und Mitarbeiter bezahlen kann und noch was übrig behält, scheint man aus Unternehmersicht nicht soviel verkehrt gemacht zu haben. Denn das ist letztendlich das Ziel eines Unternehmers, nicht, möglichst viele Menschen glücklich zu machen mit seinen Produkten, sondern Gewinn für das Unternehmen zu erwirtschaften. Oft fällt beides zusammen, muß es aber nicht zwangsläufig. Welchen Fall haben wir hier?
Wahrscheinlich wird man meinen Beitrag nun wieder zerreissen, mir Äpfel mit Birnen Vergleiche vorwerfen und ähnliches. Aber vielleicht denkt der ein oder andere zumindest mal über diese Punkte nach, eh er das nächste mal seine Wirtschaftsweisheiten mit spekulativen Zahlen aus dem Hut zaubert.