Hallo zusammen,
schon länger habe ich mir ein Modell des ICE-T gewünscht. Eigentlich irgendeines modernen ICEs, wobei mir da von allen Modellen (403, 406, 411/415, 407) die Fleischmann-Version des 411 am besten gefällt bzw. der 407 als ganzer Zug zu lang und zu teuer ist. Außerdem finde ich, dass der ICE-T optisch einfach der schönste ist.
Jetzt ist an einen solchen Zug nicht besonders gut ranzukommen, zumindest die Endwagen-Sets sind schwer zu bekommen; zum Glück habe ich über "Connections" einen kriegen können. Da es sich um ein Gebrauchtfahrzeug handelte, stand erstmal ein Werkstattbesuch an. Zu den Endwagen 4460 wurden die Zwischenwagen 4461, 4462 und von der neueren Auflage 446301, 446401, 446501 organisiert... Kein ganz billiger Spaß leider.
Nachdem ich den Zug mit einem Decoder (ESU LoPi Standard) versorgt hatte, konnte ich eine Bestandsaufnahme der Funktion machen. Es stellte sich heraus, dass der Zug nur ganz schwer zum Fahren zu bringen war - also musste eine Grundreinigung durchgeführt werden. Mittels Q-Tip und Waschbenzin wurde auch einiges an Dreck von allen Kontaktstellen entfernt (Radschleifer, Laufflächen etc.). Danach fuhr der Endwagen zumindest schon mal ohne Kontaktprobleme über das Testgleis.... Leider war das Fahrverhalten alles andere als ideal. Ein ziemliches Ruckeln zeigte sich und der Motor (Rundmotor auf dem vorderen Drehgestell) gab einen ziemlichen Krach von sich. Während das Kreischen durch eine Reinigung des Motors (so gut es geht den Kohlenschmier vom Kollektor geschabt und dem Lager des Ankers einen Tropfen Öl gegönnt) einigermaßen abgestellt werden konnte, wird wohl die Geräuschkulisse des Getriebes erhalten bleiben... Schade!
Das Fahrverhalten, gerade auch bei niedrigen Geschwindigkeiten, war aber untragbar. Ein ruckeln, dass auf das Rasten des Motors zurückzuführen ist, sowie generell ein ziemlicher Anfahrruck vermiesten bislang die Freude am Modell. Also hatte ich mich entschlossen, nach ein wenig Recherche einen Austauschmotor zu besorgen - bei der Suche kam als Alternative zum teuren SB-Umbau mit Faulhaber auch die günstige Variante des sog. "Susumotor" auf, ein Motor der wohl überwiegend aus CD-Laufwerken stammt und für 4,95 € den Besitzer wechselte. Auch wenn ich meine Bedenken bei dem sehr rudimentären Online-Shop hatte, habe ich doch eine insgesamt gute Erfahrung damit gemacht - wer also auch einen Fleischmann (oder Lima) Rundmotor austauschen möchte, ist hier gut beraten. Der Versand aus Finnland ging erstaunlich schnell.
Zunächst musste aber ein ganz anderes Problem aus der Welt geschafft werden:
Die p***gelben LEDs (das konnte also nicht nur Märklin damals, guck an) wurden von der Platine entfernt und aus meinem Fundus mit 0402er SMD LEDs ersetzt. Hierbei habe ich für die LED der beiden unteren Spitzenlichter eine weiße LED, und fürs obere Spitzenlicht eine warmweiße LED gewählt um den LED-Umbau beim Vorbild nachzustellen, bei welchem das obere Spitzenlicht anscheinend ausgelassen wurde. Dies ist auf folgendem Foto zu erkennen (Quelle Wikimedia, CC-Lizenz):
[img]https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/7/78/DB_BR_411_%3F%3F%3F-%3F%2C_ICE-T%2C_"Markt_Holzkirchen"_-_%28DE%29_Möhren-Gundelsheim_-_20.04.2014_%2814083998125%29.jpg/1024px-DB_BR_411_%3F%3F%3F-%3F%2C_ICE-T%2C_"Markt_Holzkirchen"_-_%28DE%29_Möhren-Gundelsheim_-_20.04.2014_%2814083998125%29.jpg[/img]
Wie man später sehen können wird, ist dieser Umbau eigentlich recht gut gelungen wie ich finde. Jedoch habe ich im Nachhinein erfahren, dass dieser "Zustand" eigentlich nur bei den ICEs der zweiten Bauserie so vorhanden war... gut, das verbuche ich unter "künstlerischer Freiheit", weil ich a) keine Lust hatte die LEDs wieder abzuändern und b) den Effekt ziemlich geil finde.
Dann kam der Motor-Umbau. Der alte Rundmotor ward zerlegt und wandert in die Bastelkiste. Ich habe mir Mühe gegeben, dass der Umbau zur Not komplett reversibel ist - falls der Austauschmotor doch nichts ist, oder sonstige Umstände den Rückbau nötig machen sollten.
Für den neuen Motor wurden passend zum neuen Motor Löcher im Abstand von 17 mm in das Gehäuse gebohrt, wobei natürlich drauf geachtet wurde dass die Schrauben nicht mit dem Stirnradgetriebe interferieren.
wie man sieht, passt die Wellenlänge zum bestehenden Getriebe, obwohl der Motor nicht bündig innen aufliegt, aufgrund der im vorletzten Foto sichtbaren Erhebungen innen.
Somit sitzt's und passt und hat auch ausreichend Freigängigkeit beim Ausschwenken, zumindest lässt dies der Trockenversuch hoffen.
Um die weggefallene Stromaufnahme zu ersetzen wurde an den Achsschleifer - die Radsätze sind einseitig isoliert - eine Litze angelötet, und für die andere Seite ein kleines Blech zurechtgebogen, welches auf einem Rest Platinenmaterial Platz findet.
Dieser neue Radschleifer wird mittig zwischen den Radsätzen am Gehäuse angeklebt. Hier musste ich noch die Rückseiten mit Nagellack (aus Regierungsbestand) isoliert werden, sodass bei Kontakt mit dem Gehäuse hier kein Kurzschluss entsteht - hoffentlich ausreichend. Das Problem an dieser Stelle habe ich beim Durchmessen mit dem Amperemeter aufgedeckt.
Enttäuscht war ich von der miesen Lastregelung des LoPi Standard (53611). Nach Rückfrage bei DSO habe ich bestätigt bekommen, dass dieser Decoder "einfach schlecht fährt"... Den LoPi v4 DCC rein (den ich eigentlich eh bestellen wollte, hatte mich da vertan) und schon war ein angenehmes Fahrverhalten erreicht. Die Höchstgeschwindigkeit (=Höchstspannung am Motor, hoffentlich) habe ich auf ca. die Hälfte reduziert, da der Motor eine Nennspannung von lediglich 5,9 V aufweist, das wusste ich aber im Vorhinein schon.
Schließlich wurde noch, wie evtl. auf dem ersten Foto schon zu erkennen, das "Problem" der hässlichen Stromabnehmer angegangen. Ich bin ganz allergisch gegen die aus Draht gewickelten Pantographen, die bei Märklin verbreitet sind, bei Piko waren und auch leider auf dem Fleischmann ICE anzutreffen waren:
Im Fundus befanden sich noch Roco-Ersatzteile, die zufällig auch recht genau dem am Vorbild verbauten Typ Stromabnehmer entsprechen (siehe hier). Die waren auch zufällig schon gealtert, sodass der Nachbildung folgender Vorbildsituation nichts mehr im Wege steht:
(Quelle Wikimedia, CC-Lizenz)
Um den Roco-Stromabnehmer möglichst ohne komplizierte Umbauten und Anpassungen durchzuführen, habe ich mir ein 3D-Druck-Teil konstruiert und von Shapeways anfertigen lassen. Dieses passt nach unten in die Aufnahme am Wagen (die Stromabnehmer beim ICE-T sind ja eingesteckt und mit dem Drehgestell verbunden, da sie beim Neigen des Wagenkastens ihre aufrechte Position beibehalten - eigentlich eine sehr interessante Technik). Nach oben nimmt es statt dem Fleischmann-Draht-Stromabnehmer das Roco-Pendant auf, wozu jedoch die Isolatoren übernommen werden müssen.
Um den Roco-Stromabnehmer einzubauen, werden die Isolatoren von ihren "Pins" befreit und an der selben Stelle ein Loch von 0,8 mm gebohrt, was den Stummel am Roco-Stromabnehmer aufnimmt. Die Isolatoren werden in das gedruckte Teil eingesteckt und der Stromabnehmer aufgesetzt und mit einer M1,7x4 Senkschraube von unten befestigt. Der Messingstab, der auf dem letzten Foto zu sehen ist und der in die Aufnahme des Drehgestells in Inneren des Wagens greift, wird oben um den Gewindeteil erleichtert und dann in das entsprechende Loch am gedruckten Teil eingeklebt.
Diese Baugruppe entspricht nun dem alten Konstrukt vom letzten Foto und kann einfach in den Wagen eingesteckt werden.
Eine kleine Anpassung muss noch am Rahmen gemacht werden, welcher in den Wagenkasten oben eingeklipst ist; der sichtbare Stummel hindert beim neuen Stromabnehmer bei der seitlichen Bewegung. Daher musste dieser kurzerhand weichen (Seitenschneider regelt).
(hier noch mit dem Gewindestück am Messingstab, welches abgeknipst wurde)
Wie ich finde, hilft dieser kleine Eingriff dem Modell optisch doch stark auf die Sprünge, zumindest empfinde ich so, da ich auf solche Details stark achte (schließlich soll das Modell nicht nur im Vorbeifahren, sondern auch auf hoch aufgelösten Fotos in einer schönen Landschaft eine gute Figur machen). Für meinen Geschmack hätte der Stromabnehmer noch ein kleines Stück weiter vorn sitzen können, sodass hinten eine Lücke zwischen Dach und "Ellbogen" des Stromabnehmers bleibt - evtl. überarbeite ich das 3D-Modell in Zukunft noch mal.
Nun, hier der Stand heute:
Mit diesem Umbau habe ich mir einen Grundstein gelegt für zukünftige Arbeiten, die ich an dem Modell noch machen möchte. Über eine Innenbeleuchtung denke ich nach, weiterhin habe ich in letzter Zeit ein wenig Gefallen an Soundmodellen gefunden, sodass mitunter ein Sounddecoder seinen Weg in das Modell findet...
Außerdem möchte ich die vielen feinen Gravuren auf dem Dach und an den Seiten unten mit ein wenig Patina hervorheben, da man diese im "sauberen" Zustand überhaupt nicht wahrnimmt. Das ist schade, da gerade diese Details im leicht verdreckten Zustand immer viel ausmachen (auch wenn man die Vorbildfotos im Beitrag betrachtet).
Ich hoffe, ich helfe vielleicht sogar dem ein oder anderen, der mit seinem Modell unzufrieden ist (mir hätte dieser Beitrag einiges an Recherche gespart), und habe sonst gut unterhalten an diesem Sonntagabend...
Über Feedback zum Umbau (und auch zum Beitrag selbst, Länge, Fotos...) würde ich mich freuen!
Wünsche einen guten Start in die Woche!