Hallo,
beginnen werde ich mit einer Bestandsaufnahme zur Bestimmung des Potenzials der Substanz. Die BR57/pr. G10 ist fast schon eine Ewigkeit bei Roco im Sortiment. Wenn mich nicht alles täuscht, so wird das Modell in vielerlei Varianten seit 1983 gefertigt. Dabei fanden im Laufe der Zeit zahlreiche technische Weiterentwicklungen im Rahmen der Modellpflege Einzug. Mein Exemplar (Roco #62220) ist aus einer jüngeren Bauserie und stammt aus dem Jahr 2007. Das Modell hat eine achtpolige DSS im Tender. Auch liegen dem Modell geätzte Schilder aus Neusilber bei. Trotzdem lässt sich anhand einiger Kleinigkeiten das hohe Konstruktionsalter nicht verleugnen. Das betrifft in erster Linie die fehlenden Normschächte für die Kupplungen. Ausgerüstet ist die Lok mit Standardbügelkupplungen. Für jene, die GFN Fallhakenkupplungen verwenden, gibt es entsprechende Teile, die man natürlich käuflich erwerben muss. Entsprechende Lösungen für die Verwender von Kadee-Kupplungen oder GFN KK lassen sich mithilfe von Normschächten der GFN T3 selbst entwickeln, was aber momentan noch nicht Gegenstand dieses Aufsatzes sein soll. Deshalb sei der Lösungsansatz also nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Als nächster Kritikpunkt sind die Räder zu nennen. Der Laufkreisdurchmesser der Roco BR57 würde einer pr. T16.1/BR94 besser zu Gesicht stehen, weil deren Raddurchmesser etwas kleiner als der der BR57 waren. Fakt ist, dass die Räder für eine Lok der BR57 definitiv zu klein wirken. Bevor jetzt jemand aufschreit: Der Raddurchmesser ist bei vielen Dampflokmodellen mit engem Radstand zu gering, weil der Spurkranz bedingt durch die NEM zu hoch ist. Will man den korrekten Radstand nachbilden, so ist die Verkleinerung des Laufkreises das einzig probate Mittel für die Hersteller. Dazu aber auch später mehr. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Kohlenachbildung im Kohlenkasten (Balastgewicht). Die Füllung hat etwas von schwarzlackierten Kieselsteinen in Kindskopfgröße. Vorbildgerecht sieht auf jeden Fall anders aus.
Gebraucht konnte ich von einem Bekannten günstig einen gebrauchten LokSound V3.5 OEM erstehen. Der sollte angeblich aus einer Diesellok stammen, die er als Bruch abschrieb. Ein erster Probelauf auf dem Teststand klang auch entsprechend "dieselig". Egal, dann kommt eben eine andere Sounddatei drauf und gut ist. Moment, da war doch noch was!? Der Seminarleiter beim ESU Seminar, welches ich 5/2007 besuchte, behauptete, dass es völlig unmöglich sei, einen Diesel-oder Ellok-OEM Decoder mit einem Dampfloksound zu versehen. Kein Grund für mich, das nicht trotzdem mal auszuprobieren. Ein Totalverlust ist schließlich nicht zu erwarten. Sollte es daneben gehen, so muss ich nur einen anderen Sound einspielen und den Decoder in eine Diesellok basteln. OK, der Decoder hat leider keine Anschlussmöglichkeit für einen Dampfstoßgeber, dafür aber eine in die Software eingebaute Lösung. Nach einem selbst durchgeführten Softwareupdate stand mir diese dann auch uneingeschränkt zur Verfügung.
Für den ersten Schritt braucht es nur eine Feile, einen Schraubstock mit Schutzbacken, etwas mattschwarzen Lack, einen Pinsel, Tiefgrund oder Weißleim und etwas echte Kohle. Letztere bekommt man bereitwillig auf Nachfrage bei einer Museumsbahn, die ihren Betrieb mit Dampfloks durchführt. Mein schwarzes Gold stammt ursprünglich aus Kolumbien. Ausgehändigt bekam ich es 2008 bei einem Besuch des DEV in Bruchhausen-Vilsen. Mit dem Hammer auf ein Stück Kohle in einer Plastiktüte herumgeklopft ergibt nach etwas Sortiererei den stimmigen Inhalt für den Kohlekasten. Dazu wird zunächst das Kohlekastenbalastgewicht vorbereitet, indem man es in den Schraubstock einspannt und die "Kindsköpfe" mit der Feile abträgt. An einigen Stellen wird das Material allerdings sehr dünn, weil das Gewicht an der Unterseite Aussparungen für den darunter befindlichen Decoderraum aufweist. Sollten Durchbrüche aufgetreten sein, so hilft eine Auskleidung der Unterseite mit Tesafilm, was ohnehin wegen dem Decoder empfehlenswert ist. Danach wird der Kohlekasteneinsatz mattschwarz lackiert. Nun folgt eine Schicht Weißleim auf der Oberseite und die Echtkohle wird aufgebracht. Unregelmäßige, gebrochene Kohlestücke sind ebenso der Optik zuträglich wie neben dem Kohlekasten herumliegende Kohle. Der ESU LokSound V3.5 wird in die DSS gesteckt, die Lautsprecherkabel nach außen geführt und der Kohlekastenaufsatz auf den Wasserkasten gesteckt.
Beflügelt von diesem ersten Umbauerfolg widmete ich mich der Korrektur der zu kleinen Räder. In "Modellbauer's Bibel" (Weinert Katalog) wurde ich fündig. Radsatz für BR57 und zwei verschiedene Tenderradsätze (einmal ohne und zweimal mit Haftreifen) in RP25/C110 Maßen. Die Lokradsätze waren innerhalb kürzester Zeit ausgetauscht. Für die Tenderradsätze war etwas mehr Aufwand nötig, weil bei diesen zunächst die Räder von den Achsen gezogen werden müssen. Das gilt für die originalen Räder ebenso wie für die Weinert Tauschteile. Es müssen nämlich wegen der Zahnräder des Tenderantriebs die Weinert Räder auf die Roco Achsen aufgepresst werden. Eine halbe Stunde später steht der Tender mit den richtigen Rädern auf dem Gleis.
Für den Fall, dass jemand über die Filigranität der Schienenprofile stolpern sollte: Es handelt sich um Selbstbaugleis mit C60 Profilen (1,6mm Profilhöhe) von Peco.
Jetzt wird die Lok ihres Kessels und ihres Führerhauses beraubt. Dabei muss man den Aufwerfhebeln der Steuerung größte Aufmerksamkeit zukommen lassen, da diese einerseits recht zerbrechlich und andererseits an einer sehr exponierten Stelle sitzen. Ein Ablegen des Kessels auf einer ebenen Unterlage ist ohne den Ausbau der Aufwerfhebel nicht ohne deren Beschädigungen zu bewerkstelligen. Jetzt wird die Stehkesselrückwand abgezogen. Das dahinter befindliche Kesselballastgewicht wird herausgezogen und im hinteren Bereich (da, wo vorher die Stehkesselrückwand aufgesteckt war) abgesägt. Auf diese Weise ist jetzt genug Platz für einen 23mm-Lautsprecher mit Schallkapsel. Empfehlenswert ist eine graue Schallkapsel, weil diese weniger auffällt als eine schwarze. Die Stehkesselrückwand landet in der Bastelkiste, weil sie wegen dem Lautsprecher keinen Platz mehr im Führerhaus hat. Zur Tarnung des Lautsprechers von hinten bevölkert man den Führerstand mit Schaufelknecht und seinem Meister. Mein Lokpersonal stammt von Märklin, wobei ich als Produzent Preiser vermute. Leider lassen sich die Kabel zwischen Lok und Tender nicht vollständig wegtarnen. Auch konnte mich der Lichtschein, der von der Stirnbeleuchtung aus dem Schlot austrat, nicht überzeugen. Hier hilft entweder ein Verschließen der unteren Schlotöffnung oder - richtig dekadent - mittels eines Rauchgenerators (Seuthe #11). Für erstere Vorgehensweise spricht der finanzielle "Nichtaufwand", für letztere, dass dessen Einbau vorbereitet ist.
Man könnte natürlich noch einen Glockenankermotor von SB-Modellbau einbauen. Das ist nicht unbedingt nötig, könnte aber dem leise surrenden Antriebsgeräusch auch zur Geräuschlosigkeit verhelfen. Klüberpaste (Einlauffett auf synthetischer Basis) schafft es alleine leider nicht, obwohl eine Verbesserung damit schon eintrat. Vielleicht folgt dieser Umbau noch, wenn ich andere Großbaustellen vom Tisch habe. Die BR57 eignet sich ohnehin prima als Ausgangsbasis für einen Umbau in Etappen. So lassen sich die nicht unerheblichen Teilekosten zeitlich strecken. Auch ist das Projekt für ein Erstlingswerk in Sachen Dampflokumbau bestens geeignet. Am Ende steht ein Lokmodell auf dem Gleis, mit dem man eine Nebenbahn betrieblich richtig abrocken kann.
Was fehlt noch? Ach ja, die Funktionen der Lok wie auch die Funktionstastenbelegung:
F0 = Licht fahrtrichtungsabhängig
F1 = Betriebsgeräusch
F2 = Pfiff, lang
F3 = Läutewerk
F4 = Pfiff, kurz
F5 = Kohleschaufeln
F6 = Halbgeschwindigkeit und ABV aus
F7 = Luftpumpe
F8 = Injektor/Dampfstrahlpumpe
F9 = Rangierbeleuchtung, beidseitig
F10 = Kolbenspeisepumpe
F11 = Kesselsicherheitsventil
F12 = Rauchgenerator
Übrigens hat ESU für den LS V3.5 keinen Sound einer BR57 im Programm, schade. Macht aber nichts. Schließlich stimmen die Dimensionen von Kessel und Dampfmaschine ungefähr mit denen der BR55 überein, so dass der Kompromiss eingegangen werden konnte.
Nach dem Auftrag einer stimmigen Patinierung ist das Modell betriebsbereit für den Einsatz auf einer Nebenbahn.
Lieben Gruß
acecat