Moin Moin!
Den folgenden Beitrag habe ich bereits vor kurzem bei DSO eingestellt, da kam aber keinerlei Diskussion oder Fragen zur die Ausführung oder Technik, obwohl der Beitrag in kurzer Zeit fast 3000 mal angeklickt wurde. Das Thema scheint zumindest da dann trotz hoher "Klickrate" recht uninteressant zu sein. Hier in diesem Forum war ich bisher immer nur Leser und habe viele Anregungen und Tipps heraus gezogen - vielleicht kommt ja hier ein Austausch, Ideen, Wünsche, Fragen zu meinem ersten Beitrag...
Seit 2015 setzt die Firma RailAdventure (http://www.railadventure.de/) für den Transport von Lokomotiven spezielle Transportwagen, die sogenannten Loco Buggy*1), ein. Eingesetzt werden diese, wenn z.B. die Spurweite nicht „passt“. So bei den Vectron für Finnland mit 1524 mm Breitspur oder auch 1000 mm Schmalspur bei der SLM-Zahnradlok für die Zugspitzbahn (Oktober 2016, siehe auch DSO Beitrag).
Bild freundlicher Weise von Nico Daniel zur Verfügung gestellt.
Aber auch normalspurige Fahrzeuge wurden mit den Loco Buggy transportiert, wenn diese nicht mehr selbst fahrtüchtig waren (z.B. DB PL 5 170 056 im Dezember 2016 aus Polen oder die TXL 185 538 im November 2017 von Bremen nach Kassel).
In Echt wie, auch im Modell im Maßstab 1:87, sind solche Spezialtransporte sicher ein „Hingucker“. Die einfache Ausführung mit wenigen feinen Details und einer flachen Unterseite bietet sich auch an für einen 3D Druck. Also mal selbst versuchet, den Loco Buggy in 1:87 für Dreileiter und Zweileiter lauffähig hin zu bekommen. Anhand der verfügbaren Vorbildbilder wurde ein erstes 3D-Model angefertigt:
Und 3D gedruckt (PLA, anfänglich in Blau da Gelb für die ersten Versuche gerade nicht verfügbar war):
Bei den Achsen wurden keine großen Versuche gemacht – bei den kleinen Durchmessern etwas Lauffähiges selber zu entwickeln, was auf allen Weichen funktioniert, ist ein großes Risiko. Auch die Oberflächenqualität ist schwer selbst zu erreichen und isolierte Achsen „massenhaft“ gut hin zu bekommen, ist eine Kunst. Da ich die sowieso nicht selber ohne eigene Drehbank die Radsätze herstellen kann, wurde auf massenhaft bewährte Ware zurück gegriffen. In Form der Märklin-Achsen für die Niederflurwagen, welche mit 4,5 mm Durchmesser schon sehr nahe am Original sind (also rund 40 cm Durchmesser). Die gibt es in der Dreileiterversion (Art.-Nr. 363630 - derzeit wieder im Angebot bei Märklin) und für Zweileiter (Art.-Nr. E432950 - wird derzeit nicht mehr angeboten). Für Zweileiter wurden ausserdem die Achsen von den Fleischmann Niederflurwagen ausprobiert, welche allerdings einen Durchmesser von 6,0 mm haben. Optisch nicht ganz so „schick“ wie die Märklin-Achsen:
Das Normprofil wird auch eingehalten, wichtig für die folgenden Testfahrten durch Tunnel:
Bei den ersten Fahrversuchen zeigt sich ein überaus stabiles Fahrverhalten (sicher nicht zuletzt durch die bewährten Märklin-Achsen), hier mal zwei mit Handy für die WhatsApp Modelbahngruppe "gedrehte Filme" (mit entsprechender schlechten Qualität - sorry) mit zum Teil "rasanter Fahrt", welche die Garnituren unbeschadet und ohne Entgleisen "überleben":
https://youtu.be/40caiAhkdVY
https://youtu.be/yFPqhm4yvFc
Dank des schnellen 3D Druck konnten Details fix geändert und ausprobiert werden. U.a. die Art und Tiefe der Mulde, die weniger tief ausfällt als im Original, dafür nun aber für alle Lokomotiven mit Begrenzung nach NEM 301 funktioniert. Die Position und Ausführung der Achsen war sehr sensibel für die Rolleigenschaften. NEM 301 können diese Loco Buggy allerdings nicht einhalten. Die Breite ist kein Problem, jedoch ist die Höhe über Schienenoberkante nur 1,5 mm bei Märklin-Achsen, bei Fleischmann Achsen hingegen werden die nach NEM 301 geforderten 2 mm eingehalten. Auch wurden die Daten für den 3D Druck optimiert, u.a. wird der durch die beheizte Grundplatte normaler Weise unten am Rand entstehende Grat vermieden und damit Nacharbeit (Abschleifen) gespart. Das Auflösung und die Füllung des 3D-Model ist optimiert für die Qualität und die Druckzeit. Manche Details und Ideen mussten durch die Mindestdicke beim 3D Druck geändert werden oder entfallen. Gedruckt wird übrigens auf einem Ultimaker 3.
Innerhalb von wenigen Tagen sind so mehrere Varianten entstanden und getestet worden:
Nachdem nun auch Gelb zur Verfügung steht und die letzten Details optimiert sind, ist die Entwicklungsarbeit abgeschlossen und mehrere Sätze sind bei mir (und demnächst bei anderen Kollegen) im Einsatz. Die „endgültige“ Version sieht jetzt so aus:
Die „Randbedingungen“ für den Loco Buggy Einsatz:
1) Zu beachten ist grundsätzlich erst mal, dass der Abstand der Achsen im Drehgestell mindestens 28 mm betragen muss. Dies ist z.B. bei Traxx, Taurus, ICE3 und Vectron der Fall, auch eine V 200 hat ausreichenden Abstand. Bei einer DB V 100 hingegen ist der Abstand zu kurz:
Hier hat RailAdventure Anfang 2017 schon eine neue Version erprobt, die ich demnächst auch für diese kurzen Achsstände in 1:87 umsetzen werde – diesem Model fehlt allerdings die typische Mulde und ist dann eher „nur“ ein „arg flacher Flachwagen“. Ein Bild ist im aktuellen EI zu finden (siehe https://www.eurailpress.de/ )
2) Wenn man eine (oder mehrere) funktionstüchtige, schwere Lokomotiven (z.B. mit Metallgehäuse) abschleppt, muss auch eine passende starke Zuglok vorgesehen werden, erst recht bei starken Steigungen.
3) Beim Original werden diverse Anbauten an den Drehgestelle (u.a. Sandfallrohre) für den Transport demontiert, da diese sonst mit den Loco Buggy kollidieren und bei der Verladung beschädigt werden könnten. Dies ist ggf. auch im Modell notwendig (sofern es nicht der NEM 301 „Begrenzung der Fahrzeuge“ entspricht).
4) Und man muss, wie beim Original von Railadventure, ggf. einen besonderen Wagen mit der passenden Kupplungshöhe vorsehen. Der Höhenunterschied beträgt etwa 4 mm – mit den alten Bügelkupplungen geht das sogar ohne Adapter:
Ich habe allerdings einen nicht mehr genutzten Gepäckwagen für den Transport mit den Loco Buggy umgerüstet (u.a. mit Zusatzgewicht versehen und die Kupplung modifiziert):
Neben dem „RailAdventure“-Standardeinsatz sind auch eigene Kreationen möglich, ein paar Beispiele (nicht alles ist ernst gemeint – aber funktioniert):
V36 schleppt VT ab (der ist tatsächlich angetrieben und kann sonst nur als Beiwagen gezogen werden, wenn man das Getriebe "lahm legt")
Beim ICE 3 ist der Abstand der Loco Buggy sehr klein, was letztendlich bei der finalen Version noch mal zu einer Kürzung um je 1 mm führte.
Zweiachsige Wagen können sehr einfach transportiert werden.
Vierachsige Wagen mit großem Achsabstand ja, bei modernen Wagen mit (ggf. nicht maßstabgerechten) kurzen Drehgestellen geht es nicht.
Mehrerer Lokomotiven hintereinander sind auch möglich, allerdings bei schweren Modellen nur mit ordentlicher Zugkraft.
Nun ja, ggf. eine Überführung ins Museum?
Kürzer geht allerdings nicht
Auch die erste Lok von meinem Sohn Mika darf mal eine Runde auf den gelben Füßen drehen.
"Historisches" Fahrzeuge mit langem Achsstand passt wunderbar auf die Loco Buggy.
Zweiachsiger Triebwagen "geht immer"
Vierachsige Triebwagen benötigen entsprechenden Achsabstand im Drehgestell.
Für ganze Triebwagen-Garnituren braucht man ein paar mehr Loco Buggy
Da war das EBA dann doch dagegen, sie wurde stehen gelassen…
Der erste Serien-Satz ging übrigens an Mika, der bei den Tests die „kinderleichte“ Bedienung unter beweis gestellt hat und Papa bei allen Entwicklungsschritten begeistert begleitete.
Für die Kollegen wurden auch noch ein paar Exemplare gedruckt:
Fazit:
Funktioniert bestens und ist ein „Hingucker“. Es macht ausserdem Spaß, immer mal wieder eine andere Lok oder einen Wagen mit den Loco Buggy abzuschleppen oder ins Museums-Bw zu überführen.
Beste Grüße
Jens
*1) Der Begriff "Loco Buggy" ist geschützt, siehe https://www.trademarkia.com/ctm/loco-buggy-013916952.htm, der Begriff wird hier nur zu Dokumentationszwecken verwendet und hiermit auf die Rechteinhaber ausdrücklich verwiesen.