Guten Abend Markus,
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— Sicherlich hätten Bus,Bahn und Fahrradfahrer keinerlei Sonderstatus
Diese Forderung ist Schwachsinn, tut mir Leid.
In der modernen Verkehrsplanung haben Bahnen, Busse und Fahrradfahrer selbstverständlich einen Sonderstatus, schließlich sind sie leistungsfähiger als das Auto. So erhalten Bahnen und Busse Vorrang an Kreuzungen. Und wieso? Eine Stadtbahn mit 30 Fahrgästen (durchschnittliche Auslastung) ersetzt 25 Autos. Das heißt, eine 37,5 m lange Stadtbahn mit durchschnittlicher Auslastung ersetzt einen 130 m langen einspurigen Stau! Oder anders gesehen: Du hast einen zweispurigen Stau mit 100 m und eine Stadtbahn mit 100 Fahrgästen. Wo sollte an der Kreuzung Vorrang erhalten? Natürlich die Stadtbahn, da mehr Personen einen Vorteil daraus hätten.
Die leistungsfähigsten Verkehrsmittel sollten immer bevorzugt behandelt werden, um ihre Vorteile bei der Leistungsfähigkeit voll ausschöpfen zu können. Beispiel: Am Olgaeck in Stuttgart besteht im Stuttgarter Stadtbahn-System eine große Schnittstelle mit dem motorisierten Individualverkehr (=Autoverkehr). Die Stadtbahn fährt pro Stunde eine Platzkapazität von 16.500 Personen über die Kreuzung. Das wären 3.300 vollbesetzte Autos pro Stunde oder 13.750 Autos mit der durchschnittlichen Auslastung. Jetzt kannst Du Dir ausrechen, wie die Kreuzung aussähe, wenn es die Stadtbahn nicht gäbe.
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— Jedes größere Kaufhaus das neu gebaut wird, muss zwingend ein ausreichend großes Parkhaus/Tiefgarage einplanen.
Das ist bereits eine Selbstverständlichkeit.
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— das gleiche kann bei jedem Mehrbewohnermietshaus mit vorgegeben werden.
Das ist bereits so. Trotz Nachverdichtung, die ihre Nachteile hat, ist es in dichtbesiedelten Gebieten kaum noch möglich, Neubauten zu erstellen. Generell muss eine Nachverdichtung in hoch verdichteten Gebieten kritisch gesehen werden, Du sprichst es selbst an weiter unten.
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— ich könnte mir alle 100 Meter eine Ladebucht vorstellen oder zumindest an sinnvollen Bereichen.
Das ist zwar wünschenswert zur Steigerung der Attraktivität des E-Autos, allerdings vernichtet man damit bestehende Parkplätze und schlussendlich ist der Bedarf (noch nicht) da.
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— bewohnte Gebiete kann man als Einbahnstraße definieren welche ausschließlich Anwohnerparkplätze bietet und somit mehr Platz für die eigenen Fahrzeuge
Damit reduzierst Du die Kapazität der Straßen um etwa 50 %! Man muss abwägen zwischen den Belangen des Verkehrs und den Belangen der Anwohner. Es gibt kein Recht im öffentlichen Raum auf einen Parkplatz vor der Haustüre. Mein Nachbar, der eine Behinderung hat, hat natürlich einen dedizierten Behindertenparkplatz vor seiner Haustüre erhalten, der Parkplatz wird allerdings häufig von normalen Autofahrern zugeparkt.
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— Fußgängerzonen würde ich überdenken, da geht sehr viel Platz verloren.
Du willst wirklich mit dem Auto auf der Stuttgarter Königsstraße oder auf der Karlsruher Kaiserstraße fahren? Mal davon abgesehen, dass ist völliger Nonsens ist, werden Dich die Einzelhändler kreuzigen. Wie gesagt, in der modernen Stadtplanung möchte man vom gescheiterten Konzept der „autogerechten“ Stadt abkommen und anderen Nutzungsansprüchen zulasten des Autos, das ja jahrzehntelang bevorteilt wurde, ebenfalls Raum einräumen will.
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— Gebäude und Stadtplanung so gestalten das ein natürlicher Luftaustausch stattfinden kann.
Das wird bereits getan, so sind Hochhäuser in Frischluftschneisen nicht zulässig, das hängt nicht nur mit der Schadstoffbelastung in der Luft ab, sondern auch mit dem Klima zusammen. Würdest Du in Freiburg (Breisgau) die Frischluftschneise ins Höllental verbauen, dann könnte sich die Freiburger Innenstadt auf deutlich mehr als 40 °C aufheizen. Es gibt auch Konzepte, Hausdächer zu begrünen oder Stadtbahngleise mit Rasen auszustatten, um das Mikroklima zu verbessern. Das Auto verursacht hier übrigens auch Probleme, versiegelte Flächen führen zu einer stärkeren Aufheizung des Stadklimas.
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— Handwerker zu neuen Fahrzeugen oder Partikelfiltern verdonnern und zwar alle
Erst lehnst Du staatliche Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen ab und forderst nun selbst welche. Interessant.
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— alte Dieselhausheizungen verbieten aber mit finanzieller Unterstützung beim Austausch und natürlich mit Übergangsphase
Das ist ein sinnvoller Vorschlag, allerdings steht hier wieder der staatliche Eingriff im Raum.
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— Busse würden bei mir Hautptsächlich elektrisch per Oberleitung fahren
Dr. Dieter Ludwig hat mal gesagt, O-Busse würden die Nachteile von Bussen mit den Nachteilen von Straßenbahnen kombinieren. Da hat er Recht. Wenn Du damit den Ausbau des Nahverkehrs (z.B. die Erweiterung des Stadtbahn-Netzes) meinst: Gerne! Und nochmal: Ein Euro-6-Bus stößt deutlich weniger Schadstoffe aus als ein Auto! Der Umweltnutzen wäre also zu gering. Das Problem ist das Auto, nicht der Bus.
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— Anlieferung von Waren könnten beispielsweise vorwiegend nachts ausgeliefert werden, weniger Verkehr über den Tag
Grundsätzlich ist das eine gute Idee, allerdings ist der Einzelhandel vor allem in Wohngebieten zu finden, so dass man über Lärmschutz reden muss. Große Einzelhändler wie zum Beispiel Aldi haben einen entsprechend großen Fuhrpark, um z.B. ausschließlich umweltschonende Euro-6-LKW in die Städte fahren zu lassen. Im Übrigen macht der Lieferverkehr im Vergleich zum gesamten Verkehrsaufkommen im MIV einen relativ kleinen Anteil aus, das Problem sind die privaten PKW-Fahrten.
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— ich hätte einen Rucksack voll weiterer Ideen, an denen Du sicherlich ein Haar in der Suppe finden würdest.
Die Ideen, die Du genannt hast, waren auch in der Verkehrsplanung Gegenstand der Diskussionen. Man würde die Ideen auch umsetzen wollen, allerdings muss stets abgewogen werden, schließlich geht es in der Planung nicht darum, dem Autofahrer freie Fahrt zu ermöglichen (das hat man im vergangenen Jahrhundert vergeblich bereits versucht), sondern alle Nutzungsansprüche unter einen Hut zu bekommen.
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— natürlich würde ich auch Bus und Bahn fördern aber bei mir wäre da nicht der Fokus auf Masse pro Fahrzeug sondern auf Komfort pro Fahrzeug.
In einer Großstadt klappt das nicht. In vielen Großstädten operiert der Nahverkehr an der Kapazitätsgrenze, so dass es nicht darum geht, den Fahrgästen mehr Komfort zu bieten, sondern darum, dass Fahrgäste nicht regelmäßig am Bahnsteig stehengelassen werden. Aber man arbeitet daran, so bietet man in den Zügen und Bussen WLAN und Steckdosen an.
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Sofort abschaffen würde ich die einseitige Bestrafung der Autofahrer ... da werden Leute bestraft keine Schuld an der Situation haben.
Soll das heißen, dass der Autofahrer nicht bestraft werden sollte, wenn über Rot fährt? Oder wenn er durch Falschparken den gesamten Verkehr behindert?
Du hast es leider nicht verstanden — das Auto ist das größte Problem einer Großstadt.
Grüße aus dem Feinstaubkessel
Viet