Lieber Gian,
in der Tat ist das eines der Hauptprobleme, dass jeder Modellbahnhersteller (insbesondere Märklin) sein eigenes Süppchen kocht und dass man als Kunde das Beste daraus machen muss und auch dazu verdammt ist, zu entscheiden, was denn das Beste ist. Als ich vor fünf Jahren das Hobby wieder angefangen habe, wollte ich Modellbahn fahren und mich nicht zum Programmierer ausbilden lassen. Ich bin von Beruf etwas völlig Anderes. Die ganze Entwicklung zwingt aber förmlich dazu und dann noch mehr und noch mehr Geräte. Sorry, aber deshalb sind meine Strategien des Umgangs damit nicht unbedingt dieselben wie Deine, denn woher will ich die Kenntnis haben zu wissen, was der beste bzw. optimale Decoder sei...und wie der optimal zu programmieren sei...ich weiß, dass es dafür Kurse und Empfehlungen gibt, aber siehe oben.
Das Andere ist, dass Du hier zwei Dinge in der Diskussion nicht auseinanderhältst. Das eine sind die Potentiale eines (Sound)Decoders und seine optimale Nutzung und Programmierung. Das andere ist die Bedienfreundlichkeit und eigene Entscheidungsfreiheit, insbesondere bei von Werk aus in Loks bereits eingebauten Decodern. Es ging konkret darum, dass ich bei Piko die Lautstärke so wie bei allen anderen Loks auch üblich auf einer Skala von 0 bis 255 oder 0 bis 63 einstellen können möchte und nicht in einem Stufenmodell, das die maximale Lautstärkemöglichkeit auch noch runterdrosselt.
Deshalb passt das auch nicht wirklich, was Du dazu geschrieben hast. Ich bin bei meiner Sammlung europäisch orientiert (will Europa auf die Scheine bringen) und wurde damals im Geschäft, als ich mit dem Hobby (wieder) neu begann, mit Märklin und auch noch C-Gleisen in eine völlig falsche Richtung einseitig beraten. Ich baue selbst Loks von DC auf AC um und digitalisiere sie auch wie auch ältere AC Loks etc. Auch mir ist mittlerweile sehr daran gelegen, dass das möglichst DCC ist und ich verwende vorwiegend ESU-Decoder. Aber ich kann nur sehr schwer alles nachträglich auf DCC normieren, was vorher Motorola war -und in meinem "Fuhrpark" vorhanden ist. Das sind auch Kostenfaktoren. Du rechtfertigst ziemlich einfach, was die CV-Einstellungen etc. betrifft, dass man dann entweder von jeder Firma einen Programmierer kaufen muss oder eben nur einen und dann alles normiert. Genau das ist das Problem. Wenn das so einfach ginge! Es baut alles aufeinander auf in der digitalen Technik und schafft Abhängigkeiten, insbesondere auch von Marken, wenn die Systeme nicht aufeinander abgestimmt bzw. normiert sind. Eins zieht das andere nach sich - mitgehangen, mitgefangen - insbesondere - auch wenn Du es nicht gern hören magst , was Kosten betrifft. 100 Euro für eine digitalisierte Märklin-Kreuzungsweiche ist nicht mehr normal. Da stimmen die Verhältnisse nicht mehr und vielleicht schau ich öfters in mein Portemonnae als Du, aber ich muss da hineinschauen. Die digitale Entwicklung hat viele tolle Sachen zu bieten, aber sie ist nicht nur Segen. Sie ist, wie alles im Leben vom Menschen Angepackte, gleichzeitig auch Fluch. Und das gilt nicht nur für den Bereich der Modellbahn, sondern auch und noch viel mehr für die übrigen Bereiche, wo unser Leben digitalisiert wird. Ich halte das für ganz problematische Entwicklungen, wo wir Tatsachen schaffen, die Zwänge aufbauen, die letztlich nicht Freiheit ermöglichen wie immer suggeriert wird, sondern das Leben einengen und verkomplizieren. Ein Totalitarismus ganz anderer Art. Nicht der irgendeines Diktators, sondern der, der am Reissbrett von irgendwelchen Elektroingenieuren betrieben wird, die selbst "nur ihren Job machen". Daraus entspringen die neuen Diktate. Jeder muss sich aber nun selbst entscheiden, ob und wie er damit leben möchte. Es bleibt einem nichts Anderes übrig. Denn mehrheitlich gewollt und durch die Gefräßigkeit des Kapitalismus sind diese Entwicklungen und Tatsachen geschaffen worden. Ich persönlich brauche von Technik im Modellbahnbereich nicht, dass sie mein Leben verkompliziert oder verteuert, sondern vereinfacht und kostenneutral hält. Gerne können wir über diese Dinge weiter debattieren, aber da es ins Philosophische und Gesellschafts- und Wirtschaftspolitische geht, ist dieser Thread verständlicher Weise dazu ungeeignet. Ich musste einfach leider nur etwas ausholen, um zu erklären, warum ich bei diesen Dingen, abgesehen von unseren Erfahrungen mit Sounddecodern und Soundloks, Manches anders sehe, erwarte, beurteile und vielleicht auch anders damit umgehe als Du.
Herzliche Grüße, Gerhard