RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#1 von KWer , 11.11.2020 09:50

Da darf man einen Raum nutzen, 3,98 m x 3,15 m und bekommt die Einschränkung: „Aber nur an der Wand lang, 60 bis 70 cm tief...“ Und dann hat der Raum blöderweise noch eine Tür.

Da ich gerne Züge fahren sehe, der Platz aber eine Bearbeitung eines Bahnhofsthemas mit langen Weichen und langen Zügen nicht zulässt, war ein wenig Beschränkung gefragt. Ich beschloss also, auf der einen Seite des Raumes einen Schattenbahnhof mit Fiddleyard unterzubringen und auf der anderen Seite des Raumes nur eine zweigleisige Hauptstrecke. So ganz ohne Bahnhof. Als Aktionelement ist dort ein Abzweig enthalten, von dem eine eingleisige Strecke zu einem kleinen Nebenbahnhof geht. So ganz ohne geht es also doch nicht. Um einen Ringverkehr zu ermöglichen, wird die Tür mit einem klappbaren Streckenabschnitt überbrückt. Der sichtbare Teil der Strecke hat einen Gleisabstand von 46 mm und Radien von 1200 und 1246 mm. Da sehen auch maßstäbliche Schnellzugwagen nicht schlecht aus. An der Abzweigstelle sind Roco-Weichen mit 10° Abzweigwinkel verbaut. An der Gleisverbindung mussten die Weichen gekürzt werden. Die Strecke wird später elektrifiziert.



Der Schattenbahnhof verfügt über je 3 Richtungsgleise und zwei Wendezuggleise. Außerdem sind ein Umsetzgleis für Fahrzeuge der Nebenbahn und ein paar Abstellgleise vorhanden. Die Nutzlängen der Gleise sind 311 cm, 253 cm, 246 cm und in der Gegenrichtung 272 cm, 243 cm und 245 cm. Das genügt für Züge mit 8-9 Schnellzugwagen. Jeder Zug hat sein festes Gleis, von dem er per Tastendruck abgerufen werden kann. Somit sind 5 Zugfahrten in jede Richtung möglich. Dadurch, dass wir Rechtsverkehr haben, ist ein Gleiswechsel auf der Brücke erforderlich. Anders ließ sich der Einfahrbereich des Schattenbahnhofes rechts nicht gestalten, weil ich eigentlich Bogenweichen vermeiden wollte. Sollte nun das innere Bogengleis auf der rechten Seite der Anlage durch einen Bauzug belegt sein, können die Züge, die von links kommen, als Falschfahrt die Baustelle passieren. Zusätzlich erhält das äußere rechte Bogengleis noch ein Deckungssignal der Abzweigstelle. Dieses kann manuell auf „Halt“ gehalten werden. Somit werden alle Fahrzeuge gezwungen, anzuhalten. Das hat den Sinn, eine Soundlok beim Halten und Anfahren genießen zu können. Einsehbar von der Hauptstrecke ist ein Abschnitt von rund 4 Metern.



Vom Abzweig geht es auf eine Rampe zum Endbahnhof. Diese Rampe ist voll einsehbar und so kann eine Zugfahrt von der Ausfahrt des Schattenbahnhofes bis zum Endbahnhof komplett verfolgt werden. Der Zug legt dabei ziemlich genau 10 m zurück. An bestimmten Stellen im Endbahnhof sind Magnete unter dem Gleis angebracht, um Fahrzeuge, die mit Kadee-Kupplungen ausgerüstet sind, berührungslos entkuppeln zu können. Auf der Nebenbahn verkehren ein Triebwagen, ein Personenzug und ein Güterzug mit wechselnder Zusammenstellung. Gleismaterial im sichtbaren Bereich Roco-Line, im Schattenbahnhof Piko-A. Piko würde ich beim nächsten Projekt aber nicht mehr benutzen, da mir die Weichen zu steil sind.



Gesteuert wird mit itrain, wobei ich davon nur die Logik nutze. Also automatisierter Betrieb auf der Hauptstrecke und manuell eingefädelte Fahrten auf der Nebenbahn. So kann auf Knopfdruck eine Fahrstraße vom oder zum Endbahnhof eingestellt werden und den Zug fährt man dann manuell. Die Fahrstraße muss dann auch wieder aufgelöst werden. Eine Zugfahrt vom Schattenbahnhof zum Endbahnhof inklusive Umsetzen der Lok dauert bei vorbildlichen Geschwindigkeiten gut 5 Minuten. Gleisradius der Nebenbahn ist 888 mm. Es wurden 10°-Weichen verbaut. Die DKW in der Einfahrt hat Schutzweichenfunktion, weil dahinter das Gefälle mit 40 Promille beginnt. Sie hat auch tatsächlich schon einen Unfall verhindert...

Das Abstellgleis dient zum Abstellen der Personenzuggarnitur, aber auch als Aufstellgleis für Güterzüge. Anders können nicht alle Ladestellen und der Anschließer bedient werden. Etwas Gehirnschmalz erfordert das Umsetzen des Güterzugbegleitwagens bei Dampfbetrieb, weil er ja prinzipiell hinter der Lok läuft. Der Rest des Nahgüterzuges ist gemischt, so dass sich der Rangierer einen Kopf machen kann, wie er die Wagen mit möglichst wenigen Rangierfahrten einsammelt oder verteilt.

Im Fiddleyard ist das anders gelöst. Da ist das Ziehgleis so lang, dass der Güterzugbegleitwagen und die Zuglok passen. Dort steht immer ein zweiter Güterzugbegleitwagen drauf. Fährt ein Güterzug ein, kuppelt er zuerst den Zug vom Pwg ab und drückt den Zug zurück. Dann wird der Pwg abgekuppelt und stehen gelassen. Beim Vorziehen nimmt die Lok den dort bereits wartenden Pwg mit und setzt ans andere Ende des Zuges oder der Zug wird neu zusammengestellt. Somit ist nicht immer der gleiche Pwg unterwegs. Auch kann die Lok getauscht werden. Kommt der nächste Zug, schiebt die Lok den auf dem Einfahrgleis stehenden Pwg mit auf das Ziehgleis und das Prozedere beginnt von vorn. Bei Dieselbetrieb bliebt der Wagen dort einfach stehen.

Die Anlage ist seniorengerecht aufgebaut, die Verkabelung erfolgte von oben. Die Gleise im Endbahnhof liegen derzeit provisorisch, da die finale Position der Entkupplungsmagnete noch nicht festgelegt wurde.
Auf eine Wendel wurde verzichtet, so dass der Endbahnhof nicht allzu hoch über dem Schattenbahnhof liegen kann. Um Eingreifen zu können, wurde der Endbahnhof am hinteren Anlagenrand angeordnet und die Landschaft und Ausgestaltung auf lose aufgelegten Brettchen im Vordergrund. Durch die Blende mit der Beleuchtung entsteht eine Art Bühne, auf der die Bahn eine untergeordnete Rolle spielen wird, da es mir auf das Fahren der Züge ankommt und nicht auf den Rangierbetrieb.

Aktueller Stand ist, dass die Technik funktioniert und die ersten Bahnsteigteile im 3D-Drucker erzeugt werden. Eine grobe Vorstellung von der Landschaft habe ich auch schon, traue mich aber da noch nicht so richtig ran.

Viele Grüße
Mario












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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#2 von histor , 11.11.2020 10:05

Interessante Konzeption der Anlage. Das machen, was einem wichtig ist. Es muss nicht immer die Wendelwüste sein. Schöne sanfte Kurven und der Industriekomplex sieht schon vielversprechend aus.


Freundliche Grüße
Horst
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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#3 von KWer , 11.11.2020 10:15

Die Brauerei bekommt noch Fundamente für die Gebäude und Strassen aus dem 3D-Drucker, um sie auf das Niveau der Bettungsgleise anzuheben. Auch kommt dort noch eine - nicht funktionelle - Waggondrehscheibe hin, um den Kohlenwagen auch zum Kesselhaus befördern zu können.

Viele Grüße
Mario


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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#4 von faraway , 11.11.2020 10:48

Ganz ausgezeichnet. Ein Anlage die Deinen Vorlieben entspricht und nicht überladen ist.


Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Peters


 
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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#5 von KaBeEs246 , 11.11.2020 14:23

Hallo Mario,

Zitat

Da darf man einen Raum nutzen, 3,98 m x 3,15 m und bekommt die Einschränkung: „Aber nur an der Wand lang, 60 bis 70 cm tief...“ Und dann hat der Raum blöderweise noch eine Tür.


falls deine Regierung dir diese Einschränkung auferlegt hat, hat sie damit ihren hohen Sachverstand für eine vorbildgerechte Modellbahn bewiesen.
Im Planungsthread hättest du wohl den gleichen Rat bekommen.
Den Plan finde ich bis auf die fehlende Schutzweiche am Ende einer Gefällestrecke vor der Einmündung in die Hauptstrecke sehr ausgewogen.
Einziges Manko für mich wäre die fehlende Wendemöglichkeit für Dampfloks im Schattenbahnhof. Aber für eine Drehscheibe ist dort wohl nicht mehr viel Platz.
Ab jetzt hast du einen weiteren Leser.

Gruß von Ruhr und Nette
Hans


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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#6 von KWer , 11.11.2020 19:13

Genau so war es: Meine bessere Hälfte hat massiv Einfluss auf das Konzept genommen. Der Raum durfte nicht zugebaut werden, womit jegliche Gleisschleifen ausfielen. Mir hätte dann immer noch ein Konzept mit eingleisiger Hauptbahn gefallen. Sie hat aber argumentiert, dass ich, wenn ich wollen würde, dass sie sich die Bahn auch mal anschaut, die Züge im Kreis fahren lassen müsse. Das stellte mich vor das Problem, die Tür überbrücken zu müssen. Da habe ich mich ewig nicht ran getraut. Ein einhängbares Brückenteil konnte nicht verwendet werden, denn die Bedingung war, dass im Falle eines Notfalls die Tür von außen zu öffnen sein muss. Ein medizinischer Notfall kann schließlich jederzeit eintreten. Daraus resultierte die Variante mit dem Scharnier. Die Brücke wird bei Betriebsbeginn eingeklappt und durch den Möbelmagneten gehalten. Das funktioniert erstaunlich genau. Die Absturzsicherung hätte auch einfacher gestaltet werden können, aber man kann den 3D-Drucker ruhig fordern.





Durch die ringförmige Streckenführung resultierte das Hauptbahnthema, zweigleisig, um mehr Betriebsmöglichkeiten zu bekommen. Wie eben die Falschfahrten. Somit ist auf der sogenannten Paradestrecke etwas Betrieb.

Wichtig waren mir die großen Radien und der enge Gleisabstand von 46 mm. Der zieht sich natürlich im nicht sichtbaren Teil wieder auseinander. Ziel war es, eine Art Bühne zu bauen, mit den Themenschwerpunkten Hauptbahn, Steilrampe und Endbahnhof. Je nachdem, in welche Richtung man schaut.

Die Schutzweiche befindet sich am Anfang der Gefällestrecke. Die DKW als Einfahrweiche hat Schutzweichenfunktion. Funktioniert sogar, hab ich ausprobiert...

Eine Drehscheibe im Schattenbahnhof hätte ich unterbringen können, nochzu ich noch eine von Roco rumliegen habe. Aber ich halte sie für nicht erforderlich. Die Züge auf der Hauptbahn sind fest zusammengestellt und auf der Nebenbahn fahren die Dampfloks immer mit dem Schornstein bergauf. Somit entfällt die Notwendigkeit des Drehens der Loks. Ist absichtlich so gemacht, denn so müssen die Dampfloks, im Moment nur die 52er, auch mal Tender voran fahren.

Im Bereich der Hauptbahn wird die Landschaft recht eintönig werden. Belebendes Element ist die Abzweigstelle mit Bahnübergang und Stellwerk. Das kann man im Raum gestalten. Alle anderen zu gestaltenden Elemente sind herausnehmbar, so dass sie am Küchentisch gestaltet werden können. Damit muss ich nicht ganze Abende im Hobbyraum sitzen und meine bessere Hälfte alleine im Wohnzimmer. Die Szenerien und Landschaften befinden sich teilweise vor der Bahn. Die Bahn hat nicht die Priorität. Ich möchte eine Bahn durch eine Landschaft fahren lassen. Dazu gehört für mich, Tristesse einzufangen. Sei es die kleine Abzweigstelle, an der ab und zu ein Zug vorbeikommt, die Steilrampe, einen minimalistischen Endbahnhof mit Anschließer und geruhsamen Ladebetrieb oder einfach nur eine Strecke in der Landschaft. Gerahmt von der Straßenbrücke (rudimentär zu sehen) rechts in den Bildern mit den Zügen in der Kurve bzw. auf der anderen Seite mit dem Prellbock des Endbahnhofes. Die dadurch entstehende Bühne ist über 8 m lang. Wert lege ich auch noch auf möglichst originale Betriebsabläufe, wie die Sache mit den Pwg. Auch lege ich Wert auf funktionierende technische Lösungen, wie die REE-Kupplungen für die funktionierende Zugsammelschiene. So habe ich eine absolut flackerfreie Beleuchtung. Noch nicht in allen Wagen, aber der Winter ist ja lang.

Und wenn dann die Reste vom imaginären Nahgüterzug am Endbahnhof ankommen und man sich Gedanken machen muss, die Wagen an die Ladestellen zu bringen, geht schon mal eine halbe Stunde rum. Der Gleisplan ist nämlich absichtlich minimalistisch gehalten und die Ladestellen nicht aus einer Richtung bedienbar. Wäre ja auch zu einfach.

Interessant ist jedoch, dass ich mit so einem Randthema überhaupt Leser bekomme, wo doch die meisten Anlagen eher überladen und damit das Gegenteil von meinem Minimalismus sind. Ich freue mich aber darüber

Viele Grüße

Mario


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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#7 von Emmentaler , 11.11.2020 19:46

Hallo Mario

Die Anlage finde ich sehr interessant,
Vor allem das sie eben nicht mit Bahnhof vollgestopft ist und Raum für Zugfahrten lässt.

Grüsse
Walter


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RE: Bahn fast ohne Bahnhof

#8 von Gelöschtes Mitglied , 12.11.2020 09:30

Gefällt mir auch außerordentlich

Besonders gelungen finde ich den horizontalen Klappmechanismus (sonst ist sowas immer vertikal klappbar).
Die Auflage, dass jederzeit der Raum betreten können werden muss bedingt aber die Gefahr, dass genau dann ein GAU eintreten kann.
Wenn du jetzt noch den Klappmechanismus mit einem Nothalt koppelst ...



   


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