Vorstellung VW Rallye Golf (1989-1992) von PCX87, Maßstab H0 1:87
Model Car Group/Model Car World (MCW) gibt unter dem Label PCX87 bei H0-Modellfahrzeugen, die ihre Vorbilder schwerpunktmäßig etwa in den Jahren 1970 bis 1990 finden, derzeit richtig Gas. Seit 2020 wurden bereits über 30 Formneuheiten sehr interessanter, teilweise bislang im Maßstab 1:87 noch nicht erhältlicher PKW-Typen über den Fachhandel an die Sammlerschaft ausgeliefert. Unlängst fand auch die für dieses Jahr angekündigte H0-Miniatur des VW Rallye Golf (II) den Weg in zahlreiche Händlerregale und Online-Shops.
Zum Vorbild – Rallye Golf - der Über-Golf II
Obwohl der VW Golf der zweiten Generation ein massenhaft produziertes Automobil war (von 1983 bis 1992 wurden über sechs Millionen Stück produziert) und obwohl sowohl Wiking als auch Herpa in den 1980er Jahren durchaus brauchbare H0-Miniaturen dieser Golf-Baureihe anboten, stellt die Modellumsetzung des scharfen Rallye Golf durchaus eine Bereicherung dar, weshalb ich dieser Miniatur nachfolgend eine Besprechung widme.
Der Rallye Golf war ein sogenanntes Homologationsmodell der Golf II 19E-Baureihe und entstand von 1989 bis 1992 in einer Auflage von 5.000 Einheiten aus einem Projekt der Volkswagen Motorsport GmbH. In der Automobilbranche sind Homologationsmodelle straßenzulassungsfähige Sportwagen, die auf Modellen aus der Großserie basieren und deren Baumuster zu Rennsportveranstaltungen zugelassen werden. Meist fordern - und forderten - es die sportlichen Regeln, beispielsweise die der „Deutschen Tourenwagenmeisterschaft“, dass von Rennsportfahrzeugen eine bestimmte Produktionsanzahl auch straßenzulassungsfähig hergestellt werden muss. Beispiele von Homologationsmodellen anderer Automobilhersteller aus den zeitlichen Kontext zum Rallye Golf sind der Mercedes-Benz 190E W201 Evo I bzw. Evo II, der BMW M3 E30 oder der Porsche 911 (993) RS Clubsport (die es allesamt von Herpa gibt).
Eigentlich war das Top-Modell der Golf-II-Baureihe von 1989 bis 1992 der VW Golf GTI G60, den es auch als aufpreispflichtige Allradversion (Synchro) gab. Im G60 war ein 1781 ccm großer Vierzylinder mit Ladeluftkühler (G-Lader) verbaut, der 160 PS leistete. (Einen VW Golf GTI G60 gestaltete ich übrigens seinerzeit auf der Basis eines Herpa-Modells, zu sehen in diesem Beitrag.) Prinzipiell wurde der gleiche Motor auch in der Rennsportversion Rallye Golf verbaut. Hier wurde allerdings durch einen geänderten Zylinderkopf der Hubraum auf 1760 ccm verkleinert, was seinen Grund in der Klassifizierungszulassung bei Rennsportveranstaltungen hatte. Der geringere Hubraum wurde durch einen leistungsfähigeren G-Lader kompensiert, sodass die Leistung des minimal hubraumschwächeren Motors mit 160 PS gleich blieb. Dazu war der Rallye Golf stets mit Allradantrieb ausgestattet. Veränderungen am Fahrwerk, insbesondere eine Vergrößerung der Spurweiten, bildeten sich auch am äußeren Erscheinungsbild des Rallye Golf ab in der Gestalt von insgesamt stärker ausgestellten Kotflügeln und verbreiterten Seitenschwellern. Der Kühlergrill trägt nicht die GTI-typischen doppelten Rundscheinwerfer, sondern rechteckige breite Scheinwerfereinheiten, die ein wenig an die Lampen der Jetta II-Versionen erinnern.
Die Straßenversion des Rallye Golf zeigte ebenso die sportlichen Merkmale in Form von Spoilern und breiten Radhausbacken – allerdings fiel das gesamte Renntrimm am Rallye Golf, damals typisch für die nüchternen Wolfsburger, sehr dezent aus, verglichen mit damaligen Konkurrenzfahrzeugen anderer Hersteller. Auch der zivile Rallye Golf hatte den 1760 ccm-Motor mit 160 PS und stets den Synchro-Antrieb. Unter den 5.000 produzierten Einheiten gab es dennoch eine kleine Serie, die einen leistungsgesteigerten Motor aufwies, der dann sogar auf 210 PS kam.
Zum Modell
Um es vorweg zu nehmen: Die Proportionen des Rallye Golf von PCX87 scheinen stimmig. PCX87 hat die Karosserie mit ihren dezenten sportlichen Eigenschaften, den Spoilern und Schwellern, gekonnt verkleinert. Die Karosseriegravuren erscheinen stimmig – doch halt: waren die Straßenversionen des Rallye Golf nicht serienmäßig mit einem Schiebedach ausgestattet? Dieses fehlt nämlich am PCX87-Modell. Nein, denn Modelle für den schweizerischen Markt hatten die Dachluke nicht serienmäßig. Von daher: Entwarnung: Wir haben es mit einem im Lande der Eidgenossen zugelassenen Exemplar zu tun.
Am vorliegenden schwarzen Modell ist die Lackierung prinzipiell recht sauber aufgetragen, glänzend und ohne Staubeinschlüsse, wobei mir die Lackschichtdicke ein wenig zu üppig erscheint. Der charakteristische Kühlergrill wurde wiederum sehr gut in den kleinen Maßstab umgesetzt. Dieser ist samt Scheinwerfern als Einzelteil in transparentem Kunststoff hergestellt, wobei der Grill in Wagenfarbe lackiert ist. Die zusätzlichen kleinen Lüftungsschlitze unterhalb des Hauptgrills und das VW-Logo sind durch Aufdruck umgesetzt. Zwei Außenspiegel, lackiert in Wagenfarbe, sind einzeln eingesetzt. Das alles sieht ziemlich gut aus. Die Rückleuchten sind lediglich in die Karosserie eingraviert, aber partiell bedruckt. Ebenso sind weitere Details durch Aufdruck hervorgehoben, beispielsweise die vorderen Blinker und Nebelscheinwerfer in der Frontschürze, das hintere VW-Logo und die Typenbezeichnung „Rallye Golf“, die Kennzeichenhalter, Scheibenwischer, die feinen seitlichen Zierleisten, Dachleisten, Fenstergummis, Türgriffe, selbst die Schließzylinder in den Türgriffen wurden durch Aufdruck hervorgehoben. Die Inneneinrichtung zeigt ein vorbildkonform ausgeformtes Armaturenbrett. Leider wurde das Lenkrad nicht filigran einzeln eingesetzt, sondern mehr oder weniger durchbrochen dargestellt am Armaturenbrett angespritzt (so, wie es Herpa lange Zeit praktizierte). Dafür erscheinen die Sitze in ihrer Konturierung stimmig. Nicht ganz einverstanden bin ich mit der üppig dargestellten Mittelkonsole; die war auch im Rallye Golf nämlich noch schön schlank. Dafür rollt der PCX87-Rallye Golf auf Rädern mit vorbildentsprechenden Felgen. Die Felgen sind schön alufarben gesilbert und mit weichen Gummis bereift. Über die Rolleigenschaften möchte ich aber lieber schweigen, Brekina respektive PCX87 bekommen das leider in den allermeisten Fällen nicht besser hin. Von daher: geschenkt! Der Unterboden ist zwar irgendwie strukturiert dargestellt, aber leider nicht vorbildstimmig. Wer wissen möchte, wie ein Golf II am Unterboden aussieht, schaut sich lieber die die Modelle von Wiking oder Herpa von unten an.
VW Golf II-Modelle von Herpa und Wiking
Herpa brachte 1985 Modelle des Golf II als Viertürer (3048/3048) sowie als Zeitürer (2051/3051), hier als GTI mit Doppellampen im Grill. Das Herpa-Modell ist in den Proportionen sehr stimmig gestaltet und, wie ich finde, auch heute noch mit aktuellen Modellautoentwicklungen durchaus vergleichbar - wenngleich natürlich Details wie angegossene Rückspiegel oder die Ausführung der Scheinwerfer (verchromt) und Rückleuchten (lediglich graviert) nicht ganz zeitgemäß erscheint. Aber: wie oben zu lesen, gerade bei den Rückleuchten geht PCX87 im Jahre 2021 keinen anderen Weg, die sind hier auch nur eingraviert und bedruckt. Sehr gut gefallen mir am Herpa-Modell die Standard-Stahlfelgen.
Herpa setzte sogar das 1987er Facelift des Golf II ins Modell um. Im August 1987 stellte VW die überarbeitete Serie des Golf II vor, äußerlich vor allem erkennbar am Entfall der vorderen Dreiecksfenster in den Türen, damit einhergehend änderte sich die Position der Außenspiegel. Die Spiegel waren fortan an der vorderen Türkante montiert. Zudem erhielten die Golf-Modelle am Heck mittig ein großes VW-Logo.
Bei Herpa waren ab 1989 sowohl der Zweitürer als auch der Viertürer in den überarbeiteten Versionen erhältlich. Herpa änderte die Position der Außenspiegel und gravierte ein winziges VW-Zeichen an das Heck der Modelle. Und hatten die Herpa-Gölfe bislang nur fahrerseitig einen Außenspiegel, so bekam der facegeliftete Viertürer nun derer zwei. Die Zweitürige Version erhielt zunächst in der Faceliftversion wie bisher nur den fahrerseitig montierten Spiegel an der neuen Position. Wenig später korrigierte Herpa dies und versah nun auch den Zweitürer mit zwei Außenspiegeln.
Das größte Manko an den Herpa-Golf II-Modellen: sie sind maßstäblich etwas zu klein geraten.
Auch Wiking kündige 1985 Modelle des VW Golf II in viertüriger (044) und zweitüriger (045) Version an. Die Umsetzung des Wiking-Modells war allerdings, besonders im Vergleich zum gut getroffenen Herpa-Modell, etwas unglücklich geraten. Wiking setzte auch nicht, wie Herpa, etwaige Facelifts am Vorbild um. Immerhin spendierte Wiking seinen Zweiergölfen Schiebedachgravuren. Am viertürigen Modell verschwand diese Gravur im Laufe der Zeit wieder, das zweitürige Modell hingegen ist mir nur mit Schiebedachgravur bekannt.
Das größte Manko an den Wiking-Golf II-Modellen: sie sind maßstäblich deutlich zu groß geraten.
Ab ca. 1990 hatten die Golf-II-Modelle von Wiking teilweise eine an der Bodenplatte fest angespritzte Anhängerkupplung. Unter der Nummer 063 lieferte Wiking dann nämlich den „VW Golf mit Reiseanhänger“ aus. Hierzu wurde der Reiseanhänger Typ Knaus (5k/91) überarbeitet und bekam eine neue filigrane Deichsel. Die folgende Abbildung zeigt zum einen die Serienversion des Wohnwagengespanns mit zweitürigem Golf in blau; das andere Gespann mit einem viertürigen Golf in dunkelgrün, bereits ohne Schiebedachgravur, ist ein Vorserienmodell. Auf dem Wiking-Neuheitenblatt aus 1990 ist das seinerzeit angekündigte Wohnwagengespann als Silberling auch mit einem VW Golf II-Viertürer abgebildet.
Maßstäblichkeit – 1:87 oder was?
Daher abschließend etwas zur Maßstäblichkeit der Golf-Modelle von PCX87, Herpa und Wiking, ohne direkt nachgemessen zu haben: PCX dürfte den Maßstab 1:87 mit dem Modell des Rallye Golf am besten getroffen haben. Wie bereits erwähnt: Das Wiking-Modell scheint im Vergleich eher zu groß sein (1:85), das Herpa-Modell aber deutlich zu klein (1:90). PCX87 liegt in den Abmessungen nach Betrachtungsvergleich genau in der Mitte zwischen Wiking und Herpa. Vergleiche mit VW Golf III-Modellen, die es von Wiking und Herpa gab, bestätigen das. Als Referenz dient am besten das Maß des Radstandes von Golf II und Golf III, das beim Vorbild gleichauf bei 2475 mm liegt (Hintergrund: obwohl alle sichtbaren Teile der Karosserie und des Innenraums am Golf III [ab 1991] neu gestaltet waren, basierte der Golf III zu großen Teilen auf dem Karosserie- und Fahrwerksrohbau des Golf II. Erst der Golf IV [ab 1997] war eine vollständige Neukonstruktion). Beim Radstandsmaß treffen PCX87 Rallye Golf, Golf III von Wiking und Golf III von Herpa passend aufeinander, während Wikings Golf II hier deutlich sichtbar nach oben und Herpas Golf II deutlich sichtbar nach unten tendiert.
Fazit
Mein Fazit zum Rallye Golf von PCX87: Das in der typischen Faltschachtel von PCX verpackte Modell war mir den Kauf wert, da das Modell wirklich sehr stimmig umgesetzt ist. Nicht alle PCX87-Neuheiten sind perfekt, einige Modelle aus der ambitionierten Linie gefallen mir in der Umsetzung gar nicht, was oftmals an missratenen Proportionen der Modelle liegt (das beste Beispiel ist etwa der Peugeot 504 Break). Das Modell des Rallye Golf spreche ich hiervon frei: es gefällt mir sehr gut.
Erhältlich sind die Modelle der ersten Auslieferung in den Farben metallic-dunkelgrün (PCX870084), metallic-dunkelblau (PCX870085), schwarz (PCX870086) und rot (PCX870087). Exklusiv bei MCW gibt/gab es zudem eine Version in weiß. Die UVP liegt derzeit bei EUR 19,95 pro Modell.