Hallo zusammen,
jetzt hatte ich einige Stunden hintereinander Zeit, um mich mit dem Zusammenbau der ersten Weiche zu beschäftigen.
Erste Erkenntnis: Das Herzstück ist riesig und mehr als doppelt so lang wie der Radstand der V36.
Folgerung: Das Herzstück muss angelötet werden, eine Stromverbindung nur über die Weichenzungen erscheint mir zu unsicher zu sein.
Zweite Erkenntnis: Die Weiche muss richtig gestellt sein, sonst gibt es einen Kurzschluss und die CS2 schaltet ab. Der Kurzschluss kommt, wenn man die Lok in die Weiche so einfahren lässt, dass die Weichenzungen falsch stehen und aufgedrückt werden müssten. Für mich ist das Neuland, meine alten H0-Spielbahnen (Trix-Express, Märklin Blechgleise) haben kein Problem mit dem Aufschneiden von Weichen. Ja klar, Mittelleiter!
Folgerung: Zuerst die Weiche oder die Weichenstraße stellen und dann losfahren. Und soweit fahren, dass die Lok wieder die Weiche (Herzstück) verlassen hat, sonst gibt es beim nächsten Umstellen der Weiche wieder den Kurzschluss. Eigentlich ein bisschen mehr so fahren, wie beim großen Vorbild. Wunderbar ist das Umstellen der Weiche, es geht ganz langsam mit ein bisschen Geräusch vom Stellmotor. Die Vorspannung vom Stellmotor hält die Weichenzungen schön fest in der Endlage.
Dritte Erkenntnis: Man braucht neben dem Lötkolben noch weiteres Werkzeug und Geduld.
Folgerung: Mehr Zeit einplanen! Bei mir waren es wie gesagt mehrere Stunden und eine Nagelschere zum Abschneiden von überschüssigen Drähten des Litzenkabels, ein kleiner Kreuzschlitzschraubendreher (Schrauben des Decoderdeckels), ein mittlerer Kreuzschlitzschraubendreher zum Abschrauben der Lötstelle am Herzstück, eine Kneifzange (bei mir ist es ein Elektrikerkombiteil mit Press-, Schneid- und Abisoliermöglichkeit), Kabel, ein scharfes Bastelmesser, ein Multitoolgerät von Bosch zum Fräsen und Sägen, eine Pinzette, meine Fingernägel und eine Lesebrille :-)
Die Weiche habe ich zuerst provisorisch mit den drei Drähten (je ein Draht für Gleis links, Gleis rechts und Herzstück) nach Anleitung mit dem Decoder verbunden und den Decoder mit dem Stellantrieb zusammengesteckt. Dann musste ein U-förmiges Verbindungsstück (Verbindung zwischen Weiche und Antrieb) an die Weiche angeklipst werden. Das Verbindungsstück hat insgesamt vier Rastnasen. Alle müssen einrasten.
Man kann das Verbindungsstück entweder auf der einen oder der anderen Gleisseite anbringen, je nach dem, wie der Platz für die Weichenstraße gebraucht wird. Ich habe bei meinem Teppichbahnprojekt keine Platzprobleme und werde alle Antriebe "innen", also am abzweigenden Gleis montieren. Das hat für mich den Vorteil, dass ich die Weiche mit montiertem Antrieb wieder in die Originalverpackung legen kann. Ich habe nur einen kleinen Styroporstreifen mit dem Bastelmesser entfernen müssen, damit der montierte Antrieb nirgends anstößt.
Dann habe ich am "Mäuseklavier" des Decoders eine Adresse (Nummer) eingegeben und den letzten Schiebeschalter (Nr. 10) auf On geschaltet (DCC-Betrieb). Auch die Bedienungsanleitung der CS2 zur Eingabe der Weiche ist für mich gewöhnungsbedürftig, aber irgendwann hat die CS2 die Weiche erkannt und ich konnte sie im Stellbild eintragen. Das ist schon eine wirklich feine Sache, wenn dann mal alles funktioniert. Von der CS2 Loks und Weichen steuern zu können und alle Befehle über zwei Anschlusskabel, ein Träumchen!
An meiner Teppichbahn will ich so wenig Kabel wie möglich haben und die Kabel an der Weiche sollen möglichst wenig auffallen. Unterflur geht nicht, weil ich mein Parkett nicht anbohren möchte. Die Kabel habe ich deshalb in die Weiche verlegt. Da kam das Multitool zum Einsatz. Das ist quasi ein Schwingschleifer, an den man nicht nur Schleifscheiben, sondern auch Ärmchen mit Sägezähnen befestigen kann. Das Ärmchen schwingt dann hin und her und man kann damit Sägearbeiten durchführen. Ich habe in die Kunststoffschwellen von unten Lücken gesägt, in die die Kabel verlegt wurden. Das sieht man von oben so gut wie nicht und die Weiche liegt mit ihren Schwellen plan auf dem Boden, als wenn die Kabel seitlich lägen. Nur am Decoder kommen die Kabel wieder nach oben. Am Decoder muss ich die Kabel von oben in die Klemme einführen. Wenn ich sie von unten befestigen würde, bräuchte ich wieder ein Loch im Boden. So liegt alles plan auf, Weiche, Antrieb und Decoder. Und die Mechanik läuft leicht, weich und satt.
Stichwort Mechanik: Das Anschließen des Stellmotors an das Verbindungsstück, das Einfädeln des kleinen Messingstifts in die Halterung des Antriebs und in das Löchlein der Schubstange für die Weichenzungen war ein Geduldsspiel. Man braucht drei bis vier Hände, eigentlich. Die Passung Messingstift/Löchlein der Schubstange ist schon sehr eng. Ich habe es nach etlichen Fehlversuchen und Suchen des weggesprungenen Messingstifts auf dem zum Glück dunklen und kurzflorigen Teppichboden mit einer sehr feinen und spitz zulaufenden Pinzette meiner Frau (zum Haare entfernen) geschafft, den Messingstift zur Montage passend zu halten. Es war für mich hilfreich, den Messingstift zur Probe mal in das Löchlein der Schubstange zu stecken, ohne den Motor anzuschließen, also nur, um zu sehen, ob und wie der Messingstift hineingeht. Dann habe ich mit einem Schraubendreher die Antriebsstange etwas aus dem Motor heraus gezogen, das Löchlein der Schubstange für die Weichenzungen passend positioniert und dann den Messingstift mit der Pinzette hinein gesteckt. Der Schraubendreher musste dabei nichts drehen, sondern nur halten. Mit meinen Wurstfingern alleine hätte ich keine Chance gehabt. Der Messingstift muss zunächst durch das obere große Loch der Motorantriebsstange, dann durch das winzige Löchlein der Weichenzungenschubstange und dann durch das untere Loch der Motorantriebsstange. Mit der Pinzette habe ich es schließlich geschafft, die ersten beiden Löcher zu treffen. Das Einfädeln des Messingstifts in das untere Loch der Motorantriebsstange habe ich dann mit den Fingernägeln erledigt. Das war gegenüber dem ersten Teil leicht, weil der Messingstift nicht mehr wegspringen konnte. Die meistens weißen Teile meiner Fingernägel sind bastlerfreundlich 1-2 mm lang.
Zum guten Schluss werde ich noch die Kabel an einigen Punkten mit Kleber fixieren und sie recht straff von der Weiche zum Klemmenkasten am Decoder führen. Ich weiß noch nicht, ob ich sie im sichtbaren Teil zwischen Weiche und Decoder zusammenbinden soll (mit Nähgarn umwickeln), mal sehen. Straff bzw. niedrig müssen die Kabel liegen, weil meine V200 und die D-Zugwagen mit ihren Anbauten am Unterboden trotz des großen Radius´ weit über den Antrieb und den Decoder schwenken. Zuerst dachte ich, dass die Aufstiegstreppchen das Problem sein könnten. Aber diese sind unkritisch. Eng wird es in der Mitte der Wagen und der V200.
Die anderen Teile der Weiche (Handstellantrieb, Laterne, Beleuchtung, Markierung) werde ich nicht verwenden, weil ich das Parkett nicht anbohren möchte und weil der Handstellantrieb zuviel Platz auf der gegenüberliegenden Seite des Motors braucht. Mit montiertem Handstellantrieb kann die Weiche nicht mehr zurück in die Verpackung. Und das Verpacken ist mir wichtig, weil ich die Anlage nur temporär aufbauen kann.
Ich bin schon gespannt auf die Montagezeit der zweiten Weiche. Die Erfahrungen (= die gemachten Fehler) liegen vor und das passende Werkzeug ist zusammengestellt. Weiche Nr. 3 und 4 werde ich dann gleichzeitig montieren, um Rüstzeiten zu sparen :-)
Ich bedanke mich bei allen, die mir mit ihren Beiträgen sehr geholfen haben und freue mich über Eure Weichenbauerlebnisse!
Euer Paul