Ich möchte Euch meine Überlegungen zur Herleitung und Konzeption der Bahnhöfe auf meiner Anlage präsentieren. Ich möchte dabei nicht auf Gleissysteme, Stromsysteme und Technik eingehen.
Nach dem meine Modelleisenbahn einige Jahre in Kartons verpackt auf dem Dachboden verbracht hatte, hatte ich das Glück endlich über einen eigenen Raum für die Modelleisenbahn verfügen zu können.
Bevor ich mit der Planung anfing, hatte ich die Vorstellung, dass diese Dinge auf meiner Modelleisenbahn möglich sein sollen:
- Durchgangsstrecke mit hochwertigem Personen- und Güterverkehr
- Abzweigestrecke mit Wechsel von Elektro auf Dampf- und Dieseltraktion
- Bahnbetriebswerk mit Drehscheibe
- Kopfbahnhof
- Lokwechsel bei Güterzügen
- Ringverkehr soll, wenn man mal keine Lust zum Rangieren hat, glaubwürdig möglich bleiben.
Züge auf der Hauptstrecke dürfen drei Meter lang sein, dass entspricht einer Lok und 8 – 9 Schnellzugwagen oder zwei Loks und 15-16 vierachsigen Güterwagen.
Auch auf der Abzweigestrecke sollen Güterzüge mit dieser Länge verkehren können.
Eine erste Idee war ein Kopfbahnhof in städtischem Umfeld mit einer Abstellgruppe und einem Bahnbetriebswerk im Vorfeld.
In einem Vorortsbahnhof sollten Güterzüge die Lok wechseln können und über eine Verbindungskurve auf die andere Strecke wechseln.
Mein Anlagenraum ist 10 x 3.5 m gross, mit der Türe in der Mitte einer langen Seite. im Raum musste auch Platz für einen Computertisch, eine Werkbank und einen Basteltisch bleiben.
Die Eisenbahn konnte somit in L-Form im Rest des Raums angeordnet werden. Trotz dieses grossen «L» hätte ich das Thema nicht mit allen gewünschten Funktionen oder nur mit einer Überladung der Fläche umsetzen können.
Es hätte gerade für den Kopfbahnhof mit zwei Zufahrtstrecken und einer Verbindungskurve (für den Ringverkehr) zwischen den Zufahrtstrecken gereicht.
Ich fand keine Lösung den Vorortsbahnhof glaubwürdig anzuordnen.
Schweren Herzens verwarf ich die Idee.
In einem nächsten Entwurf rückte ein Durchgangsbahnhof ins Zentrum meiner Überlegungen. In diesem Bahnhof, im Grenzraum zwischen Deutschland und der Schweiz gelegen, könnten Güterzüge deutsche gegen schweizerische Loks austauschen und umgekehrt,
Intercitys würden den Bahnhof ohne Halt durchfahren, Regional- und Eilzüge anhalten, beginnen oder enden. Irgendwie müsste dann noch eine Nebenstrecke integriert werden und ein Bahnbetriebswerk angefügt werden.
Inspirationen holte ich mir im Buch «Gleispläne für Modellbahnanlagen und Bahnhöfe» von Günter Fromm. Nebst einem dicken Teil mit Planungsgrundlagen für Eisenbahnen war für mich das Buch auch eine gute Quelle mit vielen auf Modelleisenbahnverhältnisse umgezeichneten Vorbildgleisplänen.
Ich habe mich schliesslich für die Umsetzung von zwei Gleisplänen entschieden, welche stärker oder weniger stark angepasst habe:
Wolkramshausen und Rennsteig
In Wolkramshausen gibt es eine historische Besonderheit: Zuerst wurde die heutige Nebenstrecke gebaut, die doppelspurige Hauptstrecke wurde erst später gebaut. So verzweigen sich Haupt- und Nebenstrecke in der Mitte des Bahnhofs, wobei die Hauptstrecke eine Kurve macht.
Beim Vorbild war früher im Keil zwischen den beiden Strecken die Ortsgüteranlage angeordnet, in meinem Fall ist dort der ideale Platz für ein Bahnbetriebswerk.
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Im gespiegelten Gleisplan habe ich zusätzliche Bahnsteig- und Abstellgleise ergänzt sowie ein Bahnbetriebswerk angefügt. So ist ein Keilbahnhof mit fünf Bahnsteiggleisen entstanden.
Mit Ausnahme des Bahnbetriebswerks und der im Keil angeordneten Abstellgleise sind alle Gleise mit Oberleitung überspannt. Den Gleisen habe ich die folgenden Funktionen zugeordnet:
- Gleise 2 und 3 sind die Durchfahrtsgleise mit Streckengeschwindigkeit.
- Gleis 1 ist das Güterzugsüberholgleis in Fahrrichtung Rechts-Links. Bei Lokwechsel zirkuliert die ankommende Lok über den linken Bahnhofskopf und Gleise 16/17 – 4 in das hellblaue Abstellgleis oben rechts. Die abgehende Lok setzt sich ab dem hellblauen Abstellgleis links an den Zug.
- Gleis 4 ist das Überholgleis in Fahrrichtung Links-Rechts, bei Lokwechsel zirkuliert die ankommende Lok via den rechten Bahnhofskopf und Gleis 1 in das hellblaue Abstellgleis links. Die abgehende Lok setzt sich vom hellblauen Abstellgleis oben rechts an den Zug.
- Gleis 5 ist das Richtungslgeis nach der Nebenbahn. Gibt es einen Lokwechsel kann die E-Lok entweder in das hellgrüne Abstellgleis rechts oder via den grünen Bahnhofskopf und Gleise 6/7 – 16/17 in das hellgrüne Abstellgleis links zirkulieren. Eine Dampf- oder Diesellok setzt sich via Gleis e ab dem BW an den Zug.
- Gleis 6 ist ein Wendegleis für Züge ab der Nebenstrecke oder aus Richtung links von der Hauptstrecke. Triebwagen können im orangen Abstellgleis abgestellt werden, Wagengarnituren oder Verstärkungswagen im magentafarbenen Abstellgleis.
- Gleis 7 ist das Richtungsgleis von der Nebenstrecke, Güterzüge fahren vor bis Gleis 17. Bei Lokwechsel zirkuliert die Lok via den linken Bahnhofskopf, Gleis 16 und Gleis d (Dampflok) oder Gleis b (Diesellok) zum Lokschuppen. Die abgehende E-Lok kommt ab einem der hellgrünen Abstellgleise
Im Bahnbetriebswerk haben die Gleise die folgende Funktion:
a. Heizlok und Rohrausblasgestell
b. Dieseltanktstelle
c. Schlackewagen und Zufuhr Kohle
d. Entschlackung, Bekohlung und Besandung
e. Ausfahrgleis, fallweise auch Gleis b
In den grauen Gleisen sind Hilfszug und Bahndienstfahrzeuge abgestellt und das gelbe Gleis ist gerade kurz genug für eine V60.
Im Bahnhof kann und soll viel rangiert werden. Ich finde es schön, die verschiedenen Lokmodelle zu beobachten, wie sie sich an die Züge setzen oder davon trennen.
Auch sonst ist der Fahrdienstleiter vielfach gefordert, Gleis 16 hat mehrere Funktionen, handelt der Fahrdienstleiter nicht vorausschauend blockieren sich die Züge plötzlich gegenseitig.
So bleibt das Spielen interessant und kann auch stressig werden, insbesondere wenn der Computer nach dem Zufallsprinzip Züge aus dem Schattenbahnhof an die Oberfläche schickt.
Rennsteig habe ich als zweiten Bahnhof aus dem Buch von Günter Fromm übernommen. Wie das Vorbild ist der Bahnhof auch bei mir am höchsten Punkt des Gleisnetzes platziert.
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Auf der blauen Nebenstrecke verkehrt ein Schienenbus im Pendelverkehr und eine V60 im Güterverkehr.
In meiner imaginären Welt liegt am Endpunkt der blauen Nebenstrecke ein Zulieferbetrieb der Automobilindustrie. Er erhält auf der per Bahn Blechrollen und sendet seine fertigen Produkte in geschlossenen Wagen in die Automobilwerke.
Auf der grünen Strecke verkehren Wendezüge und lokbespannte Personen- und Nahgüterzüge. Auch hier ermöglicht die Gleisanlage einen vielfältigen Rangierbetrieb.
Am Güterschuppen wird Stückgut in geschlossene Wagen, auf der Rampe Güter in offene Wagen und im Freiverlad Stammholz auf Rungenwagen verladen.
Das spannendste Manöver bleibt aber die Übergabe von Kurswagen zwischen der grünen und der blauen Strecke (das gab es auch beim Vorbild).
Mein dritter Bahnhof ist ohne konkretes Vorbild und kaum mehr als ein Kreuzungspunkt.
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Da auch die Nebenstrecke von langen Güterzügen befahren wird, können diese hier kreuzen, auf der linken Bahnhofsseite verzweigt sich die Strecke in Richtung Bahnhof Rennsteig oder in Richtung Schattenbahnhof.
Kreuzen sich Personenzüge, muss der Fahrdienstleiter sicherstellen, dass der zuerst einfahrende Zug das dem Bahnhofsgebäude näher gelegene Gleis nutz. So kann verhindert werden, dass Reisende beim Überschreiten der Gleise gefährdet werden.
Für den bescheidenen Ortsgüterverkehr gibt es ein Freiverladegleis, hier wird meistens Zement «umgeblasen».
Für mich hat es sich bewährt, dass ich mir vor dem Bau der Anlage gründlich Gedanken gemacht habe, was mir wichtig ist und wie ich es auf meiner Modelleisenbahn erleben möchte.
Auf dieser Grundlage habe ich bei der konkreten Planung der Anlage jedem Gleis und jeder Weiche konkret Aufgaben zuordnen können. Dies war für mich einer der Schlüssel, dass mir das Spielen mit der Anlage auch nach Jahren noch immer Spass macht.
Wie seit Ihr das Thema angegangen?
Welche Funktion muss die Modelleisenbahn für Euch haben?
Wie habt Ihr Euch zu Euren Gleisplänen inspirieren lassen?