RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#1 von Michael Fitz , 08.02.2008 10:14

Servus zusammen,

die beiden Groß-Dieselloks V300 + V320 sind meiner Meinung nach ganz herausragende Lokomotiven. Bie Designs der beiden Loks finde ich ausgesprochen schön. Beide wurden in den 50er/frühen 60er Jahren entwickelt/hergestellt.

In der Taschenbuchausgabe des OBERMAYER (Weltbild-Verlag) steht nur , daß die V300 zunächst als Exportmodell nach Jugoslawien (3 Fahrzeuge) geliefert wurden. Eine weitere Lok wurde auf der Semmering-Strecke getestet. Diese wurde später leistungsmäßig aufgerüstet und in den Dienst der DB gestellt. Gründe für die Ausmusterung wurden keine genannt.

An der Fundstelle kann man über die V320 lesen, daß sie 1962 fertiggestellt war und sowohl für Reisezüge (bis 180 KM/h) , wie auch für Güterzüge geignet war. Die hier genannte Ausmusterungsbegründung lautet, daß "man" sich schliesslich doch für 4-achsige Diesellokomotiven entschieden habe bzw. diesen den Vorzug gab.

Was ich mich frage , ist warum hat man zu einer fast gleichen Zeit zwei Großraumlokomotiven für sehr viel Geld entwickelt und kommt nach relativ kurzer Zeit zu dem Entschluß anderen Dieselloktypen den Vorzug zu geben.

Ich wäre auch dankbar für geeignete Literaturempfehlungen.

Gruß
Michael


 
Michael Fitz
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RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#2 von Möller_Wuppertal ( gelöscht ) , 08.02.2008 10:42

Hallo Michael,

soweit mir bekannt, ich lasse mich da gerne eines besseren belehren, sind beide Loktypen ohne konkreten Entwicklungsauftrag der DB von den Herstellern entwickelt worden.
Da sich dann herausstellte, dass ein wirklicher Bedarf nach derart starken Dieselloks nicht bestand, sind die Loks nach ausgiebigen Test- und Einsatzfahrten bei der DB an die Hersteller zurückgegeben worden.

Siehe zur 320er hier: Link auf V 320 001.

Schöne Grüße
Dirk Möller


Möller_Wuppertal

RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#3 von K-P ( gelöscht ) , 08.02.2008 10:50

Hallo Michael,

das Diesellok-Typenprogramm der DB von 1955 umfasste die folgenden Baureihen:

    V 60 = 1 Motor 600 PS
    V100 = 1 Motor 1000 PS
    V160 = 1 Motor 1600 PS
    V200 = 2 Motoren je 1000 PS
    V320 = 2 Motoren je 1600 PS
Damals wurde für alle Baureihen bis auf die V 320 der Bedarf geschätzt und der Bau bzw. die Entwicklung der Baureihen in Auftrag gegeben. Krauss-Maffei und Henschel entwickelten die V 300 bzw. die V 320 deshalb auf eigene Rechnung und vermieteten die Loks zunächst nur an die DB, die langfristig hohe Zugleistungen ausschließlich elektrisch durchführen wollte.

Die V 300 wurde trotzdem 1964 angekauft, die V 320 jedoch nicht. Für die 232 (V 320) endete 1974 der Mietvertrag, die 230 (V 300) fiel 1975 einer sogeannten Typenbereinigung zum Opfer. Die DB wollte die bei solchen Einzelgängern zwangsläufig höheren Unterhaltungskosten verständlicherweise vermeiden.

Freundliche Grüße

K-P


K-P

RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#4 von Gast , 08.02.2008 11:26

Hallo,

mein Wissenstand deckt sich mit dem der Vorschreiber, kein Wunder, wir haben vermutlich alle die gleichen Quellen.

Für diese Loks bestand angesichts des in den 60er Jahren forcierten Elektrifizierungsprogramms praktisch kein Bedarf mehr. Praktisch alle Strecken, auf denen solch starke Loks gebraucht wurden waren zumindest in der Planung für die Oberleitung. Dazu dürfte auch das Fiasko mit den Dieselloks auf der Schwarzwaldbahn beigetragen haben. Dort wollte ja die Lokindustrie beweisen, dass selbst schwierige Strecken mit normalen Dieselloks befahren werden können. Also wurde die Strecke völlig auf Diselbetrieb umgestellt und die V200 fielen mit Raten von bis zu 30% aus. Das Bw Villingen stellte Rekorde im Getriebetausch der Loks auf, weil man darin Routine hatte.

Man beschloß dann, dass für Normalfälle die Loks ausreichen, zumal die Motoren immer leistungsfähiger wurden und die Loks schon bald das mit nur einem Motor schafften was vorher mit 2 erreicht wurde. Wenn einmal das nicht ausreichen sollte, wird eben für diese Sonderfälle eine Doppeltraktion gemacht.

Das ist ja bis heute so. Oftmals aber nicht wegen der Zugkraft sondern weil die Heizleistung einer Lok nicht ausreicht.

Wolfgang



RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#5 von Michael Fitz , 08.02.2008 20:41

Servus Dirk , Klaus-Peter und Wolfgang,

herzlichen Dank für Euere informativen Antworten.

Gruß
Michael


 
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RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#6 von Herr Maus ( gelöscht ) , 10.02.2008 22:16

Hallo Michael,

auch wenn eine Serienbeschaffung nie erfolgte, hat ja der Einzelgänger V320 bis heute überlebt. Die Lok ist seit 1999 bei der Gleisbaufirma Wiebe im Dienst.
Ein entsprechendes H0-Modell ist von Brawa erhältlich (allerdings nicht ganz billig, aber wirklich TOP gemacht):

http://www.brawa.de/typo3temp/pics/4075b1dc94.jpg
Foto: BRAWA
EDIT: Bild auf Link umgestellt. - Moderation -

Viele Grüße,
Andreas


Herr Maus

RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#7 von 216 , 10.02.2008 22:52

Ich schreibe mal Stichpunkte die meiner Meinung nach den Bau verhindert haben.

*Der Bedarf an Großdieselloks war wegen der extrem schnellen Elektrifizierung nicht mehr gegeben, da leistungsstarke E-Loks vorrang hatten.

*Die Bundesbahn wollte nur noch einmotorige Loks in ihrem Bauprogramm (wegen Kostengründen), diese Loks sollten ab Ende der 60er alle eine Mehrfachsteuerung haben um bei Bedarf in DT fahren zu können.

*Die Unterhaltungskosten einer zweimotorigen Lok ist imens hoch, deshalb wurde die 221 auch so schnell abgestellt in den späten 80ern.

Wenn man überlegt das die Aufbereitung eines einzigen 16 Zylinder (1900 Ps Motor) der ehemaligen 216 knapp 1 Mio Mark gekostet hat, wird selbst der kleine MTU der bei 221 doppelt verbaut wurde das zweifache verschlungen haben.
In der heutigen Zeit würde man sowieso keine 6-Achser mehr bauen. Diese Loks sind sogenannte Oberbaukiller.

Ob die V320 jemals Reisezüge mit bis zu 180km/h befördern sollte glaube ich weniger. Die Lok hatte soweit ich weis keine Hydrodynamische Bremse und hätte wohl bei hoher Abbremsung ständig Probleme mit verdrehten Radreifen.

Gruß Martin


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RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#8 von Michael Fitz , 11.02.2008 01:16

Servus,

@ Andreas
Danke für das Bild; "auch in Firmenlackierung macht diese Lok mächtig was her:

@ Martin
Danke für Deine Infos. Daß die Kosten derart hoch waren , war mir nicht bekannt und das verdeutlicht natürlich , daß hier wieder eine "Korrektur" erfolgen mußte.
Da ich kein Materialexperte bin leuchtet mir das Argument der "Oberbaukiller" nicht ganz ein, denn ganz laienhaft hätte ich nun vermutet, daß durch die Sechsachser die Belastung (Gewicht der Lok) des Gleiskörpers durch die Verteilung auf sechs Achsen besser verteilt wird.
In einem Video über die V200 habe ich mal erfahren, daß Lokführer aus jener Zeit den Vorteil von zwei Motoren besonders hervorgehoben haben und zwar einfach mit dem Sicherheitsgedanken , daß wenn eine Maschine ausfällt, immer noch ein Zweite vorhanden ist, die die Weiterfahrt sicherstellte.
Die 180 KM/h wurde im Obermayer lediglich als Vmax. angegeben. Ich glaube mit Dir , daß zu der Zeit damals keine solch schnellen Fahrten durchgeführt wurden, denn die hätten ja den TEE und der späteren 103 ja noch fast Paroli bieten können.

Was dennoch übrig bleibt, ist einfach die Frage der Einschätzung der Bedarfsplaner jener Zeit ...

Gruß
Michael


 
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RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#9 von Gast , 11.02.2008 08:54

Hallo Michael,

das Problem sind die Kurven mit den langen Drehgestellen. Zum anderen sind die Motoren derart zuverlässig geworden, dass es auch aus dem Sicherheitsgedanken vertretbar war, dass bei einem Ausfall die Strecke mal eben blockiert war. In der BR 218 erreichen die Diesel störungsfreie Laufleistungen von bis zu 1 Million Km. Da spielen dann Sicherheitsgedanken keine große Rolle mehr. In den Anfangszeiten, klar, da gingen die Motoren reihenweise kaputt und wurden schon mehr oder weniger standardmäßig gewechselt.

Die 320 wurde konzipiert, als der Bedarf noch gegeben war. Als die 320 fertig war, da war der Bedarf eben nicht mehr gegeben. Diese Lok hatte eine Herstellungszeit von mehr als 5 Jahren. Und damals hat sich in dieser zeit alles komplett verändert. Man hatte damals noch nicht den 5-Jahresplan von der DDR übernommen (heute Investitionsplan geheissen).

Das einzige was von der übernommen wurde, war das Design der Serienloks der V160-Familie. Udn das auch nur, weil das in der Herstellung weitaus billiger als das Lollo-Design mit seinen gekrümmten Flächen war.

Wolfgang



RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#10 von Michael Fitz , 11.02.2008 10:44

Zitat von wolfgang prestel
Das einzige was von der übernommen wurde, war das Design der Serienloks der V160-Familie. Udn das auch nur, weil das in der Herstellung weitaus billiger als das Lollo-Design mit seinen gekrümmten Flächen war.



Servus Wolfgang,

... glücklicherweise ! (nach meinem Geschmack, denn ich finde das Design sehr gut - Sorry , liebe Lollo-Fans).

Gruß
Michael


 
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RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#11 von Gast , 12.02.2008 09:04

Hallo Michael,

das Lollo-Design wäre nicht so zeitlos modern gewesen. Daran sieht man sich schnell satt.

Wolfgang



RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#12 von Herr Maus ( gelöscht ) , 12.02.2008 18:37

Hallo Wolfgang,

vor allem stelle ich mir vor, dass eine 218 im rundlichen "Lollo"-Design in der ozeanblau/beigen Farbgebung eher komisch aussieht - wie die V200 eben auch.
Die kantige Form passt dagegen zu diesem Farbkonzept ausgesprochen gut!

Viele Grüße,
Andreas


Herr Maus

RE: Warum mussten die die V300 + V320 "sterben" ?

#13 von Alfred Hangl , 13.02.2008 00:51

Hallo Michael,

von der ÖBB 1020 (E94) war bekannt, dass die Radreifen im BW Linz relativ oft erneuert bzw. abgedreht werden mußten. Das hat damit zu tun, das die 3 Räderpaare der Drehgestelle sich in Bögen an den Gleisen erhöht abreiben. Auch der Oberbau, also die Schienen in den Bögen werden dadurch verstärkt abgenutzt und müssen rascher ausgetauscht werden. Daher Oberbaukiller.
Aus diesem Grund sind die Entwicklungen der letzten Jahre auch nur mehr Drehgestellloks mit 2 Achsen pro Drehgestell. Und sollte das nicht reichen wird in Doppeltraktion gefahren.
In Österreich sieht man schön öfters 2 Hercules 2016 in Doppeltraktion.

Grüße,
Alfred


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