Hallo Beagol,
tja, mag sein, dass ich zu viel voraussetze. Aber Dein Fragenkatalog ist nicht so einfach in einem Forumsbeitrag zu beantworten. "Den Einsteigerkurs" gibt es nicht, weil es einfach recht umfassend und für den Anfänger erschlagend werden könnte. Deine technische Ausbildung wird Dir sicher helfen und somit kann ich Dir auch Produkte nennen, die z.B. als günstigere Bausätze zusamnengelötet werden wollen.
Peter hat die grundlegenden Unterschiede bereits zusammengefasst. Ich habe vorhin mal kurz in meine Restekiste gegriffen und kann noch ein paar Fotos und Anmerkungen beisteuern.
Zitat von Beagol im Beitrag #6
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- Kann mir jemand nochmal ganz konkret den Unterschied der drei Antriebe erklären und wann man welchen braucht?
- Kann mir jemand darauf aufbauend erklären, welchen Decoder man für welchen Antrieb braucht? Vielleicht sogar schon mal konkret einen Anbeiter bzw. Modell nennen
- Kann mir jemand sagen, in welcher Konstellation das beste Preisleistungsverhältnis herrscht?
Zum Verständnis: Diese typischen angeflanschten Antriebe an z.B. Trix- oder Fleischmannweichen sind Doppelspulenantiebe, oder? ...
Welche Art des Antriebs zu empfehlen ist, hängt natürlich mit der Art der Weiche zusammen. Zum Einstieg mal ein Foto von unterschiedlichsten N-Weichen:

Von unten nach oben: Einen kurze 24* Minitrix-Weiche, eine 15* Fleischmann Standardweiche, eine Pec-Weiche und im Vergleich dazu meine übriggebliebene Selbstbau-Zweiwegweiche. Allein optisch gibt es gewaltige Unterschiede. Entscheidend für die Auswahl des passenden Antriebs ist u.a. die erforderliche Stellkraft. Die drei kurzen Industrieweichen besitzen z.B. alle ein Zungengelenk. Das minimiert die Stellkraft, kann aber Probleme bei der Leitfähigkeit der beweglichen Zunge mit sich bringen. Meine Selbstgebaute Weiche hat kein Gelenk und daher spricht man auch von einer Federzunge. Konkret bedeutet dies, die Zunge wird sozusagen verbogen.
Das ist aber erst ein Teil der Wahrheit. Damit der elektrische Kontakt der beweglichen Zungenschienen möglichst sicher und zuverlässig ist, werden in den Weichen von der Industrie gern Umschaltfedern eingebaut, die beim Umschalten der Weiche die Zungen an die äußeren Backenschiene andrücken. (Dieser Kontakt ist allerdings nicht selten doch nicht soooo zuverlässig.) Je nach Auslegung dieser Andruckfeder ergeben sich mehr oder weniger große Umschaltkräfte.

Hier siehst Du eine Peco-Weiche, bei der die Umschaltfeder ausgebaut wurde. Sie sollte mal mit einem Servo betrieben werden. Die Zungen liegen ohne Antrieb frei bzw. nicht an den Backen an.

Jetzt siehst Du eine Peco Weiche mit eingebauter Andruckfeder. Sie hält die Zungen sicher in Position. Aber gerade bei Peco ist die erforderliche Umschaltkraft relativ groß. Entsprechend wird bei einem Doppelspulenantrieb ein ordentlicher Brummer nötig.

Naja, ich denke, der Unterschied ist augenfällig. Weiter oben hat Peter diese Antriebe bereits als Kanonenschlag tituliert ... stimmt, sie verkünden es zuverlässig, wenn sie arbeiten. Dafür erledigen sie ihren Job sehr zuverlässig und das satte Klacken ist zugleich eine akustische Arbeitsbestätigung. Für mich ist das gerade unter der Erde eine gewisse Erfolgskontrolle, um das nicht sichtbare Umschalten zu überwachen. Mir gefällt es ...
Der Strombedarf ist tatsächlich mit ca. 2 Ampere ordentlich. Ein Digitaldecoder muss diesen Strom zuverlässig schalten können. Das können noch längst nicht alle Magnetartikeldecoder.
Ich verwende zum Schalten der Peco-Antriebe den Bausatz Schalt/Watchdog Decoder, SDec-DCC von JoKa-electronik. Der kann 4 Doppelspulenantriebe versorgen und schafft bis zu 4 A Impulsschaltstrom. Mit den Peco-Kloppern wird er locker fertig.
Apropos Schaltimpuls ... wenn Du Dir die kleinen Ansteckantriebe anschaust wird schnell klar, diese Spulen sind bedeutet schwächer ausgelegt. Die Spulen verkraften keinen Dauerschaltstrom und brennen bei Schaltfehlern durch. Einige Hersteller haben automatischen Abschaltungen beim Erreichen der Endlagen eingebaut. Auf diese Schalter würde ich mich nicht verlassen. Sie sind einfach konstruiert und können mit der Zeit kleben bleiben ... das war es dann. Ich würde bei Doppelspulenantrieben immer zu Schaltdecodern greifen, die Schaltimpulse definierter Länge erzeugen und dann abschalten.
Motorantriebe sorgen wie Peter bereits geschrieben hat für ein langsames, volbildgerechtes Umschalten. Sie entwickeln zumeist eine sehr hohe Umschaltkraft. Bei falscher Montage reicht diese Kraft sogar aus, eine N.-Weiche zu zerlegen. Es empfiehlt sich somit eine federnde und keine mechanisch starre Verbindung zwischen Antrieb und Weiche.

Hier das Beispiel eines alten Fulgurex-Antriebs. Es gibt inzwischen leisere Vertreter dieser Zunft. Aber wenn Du Dir das Foto der offenen Mechanik anschaust, ist der Prinzip dieser Technik sofort zu erkennen. Der Motor treibt hier über die Schnecke eine Gewindestange an. Auf dem Gewinde läuft dann eine Antriebsmutter hin und her. Zudem sind bei diesem Antrieb Umschaltkontakte z.B. zur Herzstückpolarisation oder zur Rückmeldung integriert.
Als Decoder kannst Du Schaltdecoder einsetzen, die für die Laufzeit des Motors eine konstante Betriebsspannung bereitstellen. Der Strombedarf ist überschaubar und er hängt vom eingesetzten Motor ab.
Als letztes möchte ich Dir Bilder meines selbstgebauten Servoantriebs zeigen.


Wie Peter bereits geschrieben hat, stammen Servos bekanntlich aus dem RC-Modellbau. Sie benötigen die passenden Impulse, um die vorgegebenen Endstellungen anzufahren. Am Markt gibt es so einige Decoder, die Servos ansteuern können. Wichtig ist einen einfache Programmierung der Decoder, um wichtige Parameter wie die Stellgeschwindigkeit und die Endlagen einzugeben. Einige Decoder benötigen dazu eine umständliche Eingabe von so genannten CV-Zahlenwerten, andere Hersteller bieten z.B. ein Programmiergerät an, mit dem sich vor Ort alles bequem einrichten lässt. Der 8fach Servodecoder-Bausatz von JoKa-electronik gehört zur letztgenannten Kategorie.
Ich bin übrigens mit der Funktion der einfachen Standardservos gut zufrieden. Ein Weichenantrieb muss m.E. nicht mit der Präzision arbeiten wie z.B. die Rudersteuerung eines Modellflugzeugs. Diese Präzisionsservos kosten natürlich ein Vielfaches meiner simplen Mechaniken Und sollte wirklich mal ein Servo sterben, was mir noch nicht passiert ist, fällt kein sündhaft teures Modellflugzeug vom Himmel sondern ich kann mit wenigen Handgriffen für Ersatz sorgen. Aber zu diesem Punkt gibt es unterschiedliche Auffassungen.
Deine letzte Frage ist schwierig zu beantworten. Wenn Du auf die Kosten schaust, zudem das Basteln und Ausprobieren für Dich eine Berufung und Quelle des Hobbyspaßes darstellt, kann ich nur den Selbstbau bzw. Bausätze empfehlen. Ich tüftle gern und daher taucht in meinem Bericht häufiger der Begriff Selbstbau auf. Meine oben gezeigte Doppelweiche hat vielleicht so 3-4 Euro gekostet. Zugegeben, der Bau einer solchen Weiche ist nicht gerade für Anfänger zu empfehlen. Aber es ist auch kein Hexenwerk. Man kann mit der entsprechenden Motivation fast alles lernen.
Da Du als gelernter Radio- und Fernsehtechniker sicher weißt, an welchem Ende der Lötkolben warm wird, empfehle ich Dir Decoderbausätze. Die bereits erwähnten Geräte von JoKa-electronik sind einfach aufzubauen und sie haben sich bei mir als sehr durchdacht und zuverlässig erwiesen. Ich habe auf meiner Anlage auch Decoder von
Arcomora im Einsatz. Es handelt sich m.W. dabei ursprünglich um ein Gemeinschaftsprojekt niederländischer Modellbahner auf Arduinobasis. Daraus sind Bausätze für Servo- oder Schaltdecoder aller Art entstanden. Und wo ich gerade den Arduino erwähnt habe, auch hier im Forum gibt es einige herausragende Projekte zu diesem Thema. Schaue Dir z.B. die
Arduino MobaTools von Franz-Peter (MicroBahner) an. Für Dich könnte auch das
MobaLedLib-Projekt interessant sein. Dazu kannst Du Dich auch auf der Wikiseite des Projektes schlau machen:
https://wiki.mobaledlib.de/doku.phpSo, jetzt soll es erst mal reichen ...

LG
Hubert