Zitat von DGU im Beitrag #6
Zitat von Klaus3 im Beitrag #3
Moijn, was genau ist denn Deine Befürchtung? Erst mal empfehle ich bleifreies Lot, je dringender, je kleiner die Bauteile werden. Warum? Weil die Bauteile vorverzinnt sind und bleihaltig und bleifrei gemischt zu Verwenden manchmal komische Ergebnisse hervorbringt.
Mich würde mal interessieren, warum nicht beide Lote miteinander gemischten werden sollen.
Erst mal sind die Schmelztemperaturen der beiden Lote deutlich unterschiedlich. Da, wo bleihaltiges Lot bereits deutlich anfängt zu oxidieren, ist das bleifreie noch nicht komplett aufgeschmolzen. Die jeweiligen Legierungen der Lote ist so abgestimmt, daß man im Schmelzpunktminimum liegt, welches mit den beteiligten Elementen zu erreichen ist. Jede andere Zumischung ändert die Erstarrungstemperatur noch unten. Siehe "eutektische Mischung". Des weiteren gibt es im erstarrten Lot Kristallbildungen, die ggf. deutlich schlechtere elektrische und/oder mechanische Eigenschaften hervorbringen. Typisch ist eine spröde kristalline Struktur, die sich nicht mehr wie ein duktiles Material verhält, sondern bei bestimmter Belastung schlicht springt wie Glas. Des weiteren gibt es noch sehr hübsche Phänomene wie "Whisker". Das sind ganz langsame aus der Lötstelle herauswachsende Metallfäden. So etwas ist besonders "drollig", weil die Lötstellen plötzlich nach Jahren Kurzschlüsse verursachen, weil einfach elektrisch leitende Verbindungen wie von selbst wachsen. Die Bildung von Whiskern ist bei der Mischung unterschiedlicher Lotsysteme häufiger zu beobachten als bei sauberen Loten. Einfach mal danach im Netz suchen!
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Zitat von Klaus3 im Beitrag #3
Ansonsten das übliche: Gutes Lot mit ausreichend Flußmittel, Platinen ggf. vorverzinnen, ggf. Flux wenn unbedingt erforderlich.
Platinen sind in der Regel verzinnt, weil ohne Verzinnung die Lagerfähigkeit/Verarbeitbarkeit stark eingeschränkt ist.
Ja, wenn es sich um professionelle Leiterplatten handelt. Was hier der Beitragsersteller in der Hand hat, ist ja mal unbekannt. Auch hier stellt sich die Frage, ob bleihaltig verzinnt wurde oder nicht. Ist bereits Blei auf den Pads, kann man drüber nachdenken welches Problem man gerne hätte. Entweder das Problem bleihaltiges Lot zu verwenden und dann am Bauteil Probleme zu erzeugen oder bleifreies Lot zu nehmen und dann mit der Leiterplatte in Konflikt zu geraten. Klar, wir bauen hier nichts für die Ewigkeit und auch nichts, was unter absurden Temperaturen und mechanischen Belastungen Leben retten soll. Aber trotzdem gilt es schon, sich einigermaßen an die technischen Vorgaben der Lothersteller zu halten. Ersa hat da mal einige Berichte herausgegeben. Man findet aber auch andere Beiträge über die Belastbarkeit von Mischlotverbindungen oder Bleiverunreinigungen und deren Auswirkungen.
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Zitat von Klaus3 im Beitrag #3
Lieber mehr Temperatur und schnell löten als lange braten. Immer in Richtung zur Lötkolbenspitze arbeiten, damit man nicht fertige Lötstellen wieder aufnimmt.
Am besten eine geregelte Lötstation verwenden. Nicht länger wie 5 sec. die Lötstelle thermisch belasten, sonst riskisiert man das Ablösen des Pads/Leiterzugs von der Platine.
Das kommt wirklich sehr auf die Leiterplatte an. Nach meiner persönlichen Erfahrung kommen Pads nicht hoch, solange man nicht zu heiß wird oder mechanisch zu viel Schub in den Lötpunkt einbringt. Wird das Leiterplattenmaterial angeschmolzen, hat man prinzipiell schon viel zu hohe Temperaturen gewählt. Das ist aber eher ein Problem mit FR2 Material. Mit FR4 hab ich das beim Handlöten noch nicht selbst gesehen. Man bedenke, daß im Reflow die Leiterplatten minutenlang gegrillt werden ohne Schaden zu nehmen. Der Faktor Zeit ist es eben nicht, sondern die maximale Temperatur, die ein Pad aushalten muß.
Wie auch immer, es ist kein Hexenwerk und je nach verwendetem Lot und Vorbehandlung der Leiterplatte und des bleifreien Lots am Bauteil wird man sehen, wie es klappt. Nach meiner Erfahrung gelingt das Löten von Bauteilen mit bleifreier Vorverzinnung jedenfalls besser mit bleifreiem Lot. Ohnehin mag ich das bleifreie Lot mit hohem Silberanteil und reichlich Flußmittel sehr gerne, weil damit auch ältere Bauteile mit hohem Oxidanteil noch gut zu löten sind. Auch ältere schon etwas angegammelte Leiterplatten lassen sich dann noch problemlos nutzen.
Einfach mal ausprobieren! Wenn am Lötkolben anstatt eines dünnen Films das Lötzinn als grobe Kugel oder gar als Bröselhaufen hängt, dann ist das Lot "im Eimer". Egal, ob es verbrannt ist oder wegen zu viel Verunreinigungen anderer Art bereits auskristallisiert.Dann sofort abwischen, neu mit frischem Lot bestreichen und wieder abwischen und erst dann wieder an die Lötstelle. Sonst hat man die Kristallzucht am Pad schon begonnen :-) Ich hab gerade auch nochmal durchs Netz dazu geschaut. Auch da findet man wieder in diversen Foren so herrlich unbegründete Aussagen, daß man alles Mischen könnte, wie man will. Spricht aber gegen die Aussagen der Hersteller und auch gegen diverse Qualitätsstudien. Und es widerspricht meiner eigenen Erfahrung :-)
Ich hab bei mir auch 2 Lötkolben an einer Station, einer grün für bleifrei und einer rot beklebt für bleihaltiges Lot. Das Mischen und die recht schnelle Kristallbildung noch am Lötkolben sind ja eindeutige Anzeichen dafür, daß da was nicht stimmt.
Aber auch da sag ich: Jeder wie er mag!
Leider darf ich hier das Foto "unserer" Whisker nicht einstellen. Der war wie eine Bogenlampe von einem IC-Pin zum anderen gewachsen und hat da einen Kurzen gebaut. Das war eine ziemlich fette Serie von Geräten in der Größenordnung >20K, die komplett vom Markt geholt werden mußten, weil die alle angefangen haben ihr kristallines Eigenleben zu entwickeln. Und nur deshalb, weil ein einziger Barren Blei in ein einige hundert Kilo großes ansonsten bleifreies Lötbad gewandert ist, wie sich hinterher an Rückstellmustern zeigen ließ. Schade :-)
Hier übrigens ein hübscher Whisker: https://www.mikrocontroller.net/attachme...79/Whisker1.jpg
Gruß
Klaus