Hallo allerseits,
kaum fange ich an zu schottern, klingelt's an der Tür und der DPD-Mann bringt mir ein Paket von Tams. Inhalt: Die "MasterControl". Und ein Schoko-Nikolaus. Also gut, Schienen schnell absaugen und notdürftig reinigen, 6021 abklemmen, Nikolaus in den Mund und ab geht's.
Rein optisch ist die MasterControl definitv kein Genuß. Das Sprichwort "design follows function" trifft's recht gut... Bis hin zur Verpackung: "neutral verpackt" nannte man das früher beim Erotikversand.
Der Anschluß ist erwartungsgemäß problemlos. Booster (6015) und s88-Bus lassen sich direkt anschließen. Die Wandwarze (offiziell: Steckernetzteil) zur Stromversorgung wird mitgeliefert. Ich Depp habe natürlich ein USB-Kabel mitbestellt, obwohl ich ein serielles gebraucht hätte. Also ab auf den Dachboden, altes Modemkabel und 9-auf-25-Adapter rauswühlen. Gut, der Stecker ist jetzt etwa so groß wie die MasterControl. Sei's drum.
Der erste Test. Die Zentrale fährt sehr schnell hoch und befindet sich zunächst im "Stop". Ein Druck auf den grünen "Go"-Button und die Booster schalten sich ein. Bei der IB gab's bei mir schon an dieser Stelle die ersten Schwierigkeiten.
Schnell eine Lok gewählt und am Regler gedreht... astrein. Der Regler liegt recht gut in der Hand. Etwas mühsam ist es, eine Lok mit 128 Fahrstufen zu steuern. Da kurbelt man dann schon etwas mehr. Die Tasten sind zwar häßlich, aber gut zu bedienen und dank ihrer Farbe klar erkennbar.
Auf geht's ins Menü. Die Bedienung ist auch hier sehr einfach und gut strukturiert. Ich find's angenehmer als bei der IB - vielleicht Geschmackssache. Zunächst mal das Lokmenü: Da kann man für eine Lok einen Namen vergeben, um sie anschließend aus der "Lokdatenbank" auswählen zu können, außerdem kann hier das Digitalformat eingestellt werden: MM1, MM2, DCC mit 14-128 Fahrstufen und - als besonderer Bonus - MM2 mit 27 Fahrstufen.
Eine Lok mit 60902-Decoder anzusteuern und über den Regler direkt mit 27 Fahrstufen fahren zu können ist meiner Meinung nach der Gipfel der Fahrkultur. Sicher, die DCC-Decoder mit 128 Fahrstufen sind ja auch ganz nett... aber 60902 mit 27 direkt anwählbaren Fahrstufen? Unschlagbar. Echt.
A propos DCC: Die Tams-Zentrale kann auch ein "gemischtes" Format senden, das habe ich natürlich gleich mal ausprobiert. Leider zeigen die Booster beim Einschalten der Zentrale dann dasselbe Fehlverhalten, das mir die IB verleidet hat. Immerhin kann man's bei der MasterControl umgehen, indem auf DCC verzichtet wird. Mit anderen Boostern dürfte es da vermutlich keine Probleme geben.
Mal schnell eine Weiche zwischendurch zu schalten ist auch äußerst simpel - Nummer eingeben, "F1" oder "F2" drücken - das war's. Für die Schaltzeit kann in den Einstellungen ein Minimal- und Maximalwert eingegeben werden. Den kompletten manuellen Fahrbetrieb möchte ich mit der "MasterControl" freilich nicht abwickeln. Derzeit gibt es keine Keyboards, und die Zentrale kennt auch noch keine Fahrstraßen.
Dann der entscheidende Test: Wie verhält sich die MasterControl am PC? Notebook an, über das Menü meine 9 s88-Module eingestellt. Schnittstelle lasse ich mal auf 2400 Baud. Und los. Meine Software läuft auf Anhieb sauber, auch wenn sie auf 6050/6021 optimiert war.
Ich habe dann mal etwas an den Parametern rumgespielt. Bei selbstgeschriebenem kann man da ja recht gut bis an die Grenzen testen. Die Schnittstelle läßt sich bis 57600 Baud betreiben, was problemlos funktioniert. Allerdings sinnlos - die Befehle können zwar deutlich schneller entgegengenommen und abgearbeitet werden als bei 6050/6021, aber nicht so schnell. Sieht vielleicht anders aus mit dem P50X-Protokoll, da fallen ja doch ein paar mehr Daten an.
Die Geschwindigkeit der Zentrale ist einwandfrei. Ich hatte etwa 8-14 Züge gleichzeitig in Betrieb, das gab bei der 6021 schon mal Ungenauigkeiten von einigen Zentimetern beim Stop am Kontakt. Nicht so bei der MasterControl - sauber und punktgenau, nachdem ich meiner Software ein paar Denkpausen weggenommen hatte, die die 6021 brauchte.
Negativ: Meine letzten beiden s88-Module werden nicht zuverlässig eingelesen. Da gibt's immer wieder "Phantomauslösungen". Die 6050 funktioniert mit dieser Konfiguration sauber (wenn auch natürlich deutlich langsamer). Ich werde morgen mal ein abgeschirmtes Kabel für die lange Strecke vor den problematischen Rückmeldemodulen basteln, vielleicht hilft das... Oder ich kaufe mir das DSW-88 von LDT, dann kann ich die lange Leitung gleich ganz einsparen.
Da die MasterControl von Tams ist, brauche ich über die Bedienungsanleitung wohl kein Wort zu verlieren. Ein Handbuch für die Interface-Programmierung wäre noch schön, das fehlt leider.
Fazit: Die "MasterControl" eignet sich hervorragend für alle, die manuell digital fahren und analog schalten wollen. Für digitales Schalten führt derzeit kein Weg am externen PC vorbei, aber ich vermute, daß Tams irgendwann auch ein Keyboard für's "EasyNet" anbietet.
Die Geschwindigkeit bei der Datenverarbeitung ist - zumindest im 6050-Protokoll - schneller als bei der IB, und einen Reset hatte ich auch noch nicht. Insofern ist die "MasterControl" vielleicht eine Alternative für unzfriedene IB-Kunden. Wenn ich das Problem er s88-Phantomauslösungen in den Griff bekomme, dann ist die MasterControl definitiv meine Zentrale.
Weniger geeignet ist die Tams-Zentrale meiner Meinung nach für Teppichbahner, weil der fehlende eingebaute Booster die Sache etwas umständlich macht. Auch mit mfx und Selectrix kann Tams noch nicht dienen.
Das Preis-/Leistungsverhältnis ist angemessen. Ein "Schnäppchen" ist die Zentrale nicht. Sicher, sie kostet nur die Hälfte einer IB, dafür hat sie auch nur einen Fahrregler, kein Keyboard, kein Loconet, keinen Booster, keinen I2C-Bus... Andererseits macht das, was die "MasterControl" bietet, einen robusteren und sauberer implementierten Eindruck, als ich ihn von der IB gewonnen hatte. Insofern ist die Tams-Zentrale für mich auf jeden Fall preiswerter als eine IB.
Bye,
Christian