Aufgrund des Berichts von Eisenbahnnobbi Anfang des Jahres, seiner BR95 mittels Powercaps manierliche Fahreigenschaften beizubringen (Fischer Ladeschaltung mit 7 Goldcaps in BR 95 - Ergebnis ?), bin ich auf die BR95 aufmerksam geworden und hatte mir prompt ebenfalls eine 95iger in Reichsbahnausführung von Liliput als Vitrinenmodell in optisch einwandfreiem Zustand für wenig bares zugelegt (mittlerweile besitze ich noch eine zweite Lok in DB-Ausführung).
Die nun über 30 Jahre alte Lok erst einmal zerlegt, den Antrieb gesäubert, den festen Sitz der Räder und den Leichtlauf des Gestänges kontrolliert, leicht geölt bzw. abgeschmiert und auf's Analog-Gleis gesetzt. Die Lok fuhr, der alte Bühler-Motor mit riesiger Schwungscheibe wurde allerdings sehr heiß. Also Motor mit Waschbenzin ausgewaschen und nach dem Trocknen nochmal probiert. Mit wenig Erfolg, der Motor wurde immer noch sehr heiß. Die Messung an Labornetzgerät ergab eine Stromaufnahme von 800 mA bei 10 V, was der von mir vorgegebenen Strombegrenzung entsprach. Normalerweise müßte der Strom im Leerlauf deutlich unterhalb von 200 mA liegen. Motor auseinander genommen und Wicklungen durchgemessen. 6 Ohm. Vergleichsmessungen mit einem der Bauart ähnlichen Motor ergaben einen Widerstandswert von ca. 60 Ohm. Motorwicklungen defekt! Schade, also wohl nicht nur ein Vitrinenmodell, trotz kaum sichtbarer Laufspuren. Was tun?
Gebrauchte Bühler gab es für ca. 30 Euro, mit unklarem Erhaltungszustand. Passende neue, vereinzelt findet man die noch, für unverschämt über 100 Euro. Ein passender Umbausatz von SB für ebenfalls über 100 Euro. Bei Modellbahn Union fand ich einen passenden Glockenankermotor (Micromotor 2030D) der mich mit Schwungscheibe und und 2 mm Wellenhülsen knapp 30 Euro gekostet hat. Das Schneckenzahnrad verwendete ich vom alten Motor.
Zur Befestigung an der Original-Halteplatte der Lok hatte ich mir eine Adapterplatte aus 4 mm Aluminium gefräst.
Die vorhandenen Glühlampen habe ich vorne und hinten durch LED ersetzt. Die Lichtleiter habe ich der Einfachheit halber und weil ich vorne die verklebte Platte über dem Lichtleiter nicht abbekommen habe beibehalten. Fahrlicht weiß in Fahrtrichtung wechselnd. Die Wirkung der Beleuchtung ist jedenfalls schon mal wesentlich besser als mit den fast nicht sichtbaren original Funzelbirnchen. Den Dampfer habe ich, entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten, ebenfalls beibehalten und ein Seuthe-Verdampfereinsatz Nr. 10 eingesetzt. Der ist eigentlich für Analog-Modelle gedacht, kann aber auch digital verwendet werden, da ich die Rückleitung über den Lokrahmen realisiert habe. Er funktioniert jedenfalls. Ob ich den allerdings verwende, steht noch nicht fest. Hierzu wäre evtl. noch ein Röhrchen zum Schornstein einzubauen, da der Verdampfer doch recht tieft im Lokgehäuse sitzt.
Wie bei den meisten Dampfloks bei mir üblich, habe ich auch ein Kesselfeuer über eine gelbe LED vorgesehen. Aus Platzgründen an der Adapterplatine des Motors.
Die Wirkung ist, na ja bescheiden. Besser wäre es gewesen diese oben im Führerhaus am Ballastgewicht zu plazieren.
Den Laussprecher, ein Zimo 13x18 habe ich im Kessel untergebracht. Hierzu habe ich das Kesselgewicht passend ausgefräst, den Lautsprecher eingeklebt und die Zuleitungen oberhalb des Kesselgewichts ins Führerhaus geführt.
Der Lautsprecher strahlt nach unten ab. Hierzu habe ich den Kessel (Plastik) mit Löchern versehen.
Ein Stützkondensator 2200 uF/16 V mit Lade-/Entladewiderstand, Schottky-Bypassdiode und Zenerdiode 15 V habe ich hinten im abnehmbaren Führerhausdach untergebracht. Dort sitzt auch eine kleine LED für die Führerhausbeleuchtung. Die Verbindung zum Decoder erfolgt über Steckverbindungen. Dto. für den Lautsprecher.
Beim Decoder habe ich mich für einen Loksound 5 von Esu entschieden, für den es auch ein aktuelles Soundfile aus 2024 gibt. Der Decoder ist neben dem Motor im Führerhaus untergebracht. Passt gerade so. Ein wenig schaut er raus, aber unmerklich. Dies gilt auch für den Stützkondensator im Dach. Der freie Durchblick im Führerhaus (über den schwarz angestrichenen Motor) ist gewährleistet.
Und zu guter Letzt, das Lokpersonal (teilweise ohne Beine).
Zur Anpassung der Motoreinstellung habe testhalber ich die Empfehlungen von Esu für Faulhabermotoren übernommen. Damit fährt die Lok auch mit dem Micromotor sehr gut. Die Höchstgeschwindigkeit wurde natürlich deutlich reduziert. Der Sound ist "gigantisch" im Vergleich zu manch anderer Lok bei der serienmäßig Sound verbaut ist. Außerdem ist der Soundablauf recht ordentlich gemacht, mit deutlich wahrnehmbaren und harten Auspuffschlägen beim Anfahren und Gestängeklappern beim Ausrollen. Sowas bin ich von Esu bislang nicht gewohnt gewesen, weshalb ich meist D&H-Decoder verbaut habe.
Sobald ich die Lok wieder komplett zusammengebaut habe (das Lokpersonal muß sich erst noch richtig einleben), drehe ich ein kleines Fahrvideo und stelle es hier ein.
Daß man auf die saubere Trennung der Ausgangsstromkreise des Decoders achten muß versteht sich von selbst und wird von mir auch nicht weiter beschrieben.
Ein kleines Mißgeschick ist mir allerdings passiert:
nach mehrmaligen Ab- und Anbau des Zylinderblocks (die vordere LED wollte einfach nicht leuchten) ist das Niet für die Kuppelstange zum Zylinder abgebrochen. Neuvernieten war leider nicht mehr möglich, das war schon mal ab und wurde von mir notdürftig repariert. Das ist auch der Grund warum ich mir eine zweite Lok ursprünglich als Ersatzteilträger gekauft habe. Zwischenzeitlich habe ich in mikrochirurgischer Weise den vom Stumpf vom Niet abgefeilt, ein 0,8 mm Loch durch den Schieber gebohrt und mit einem Stück gestauchtem Messingdraht 0,8 mm und Loctite Schraubensicherung die Kuppelstange wieder befestigt. Mal sehen wie lange das hält. Also höllisch aufpassen bei Arbeiten am Gestänge. In der Hitze des Gefechts vergißt man sowas schon mal.
Die Lok fährt recht ordentlich und bringt aufgrund ihres Ganzmetallgehäuses und des großen Bleigewichts ordentlich Radlast auf die Achsen. Was auch notwendig ist, da die Räder über keine Haftreifen verfügen. Als Fünfkuppler sollte der Mindestradius nach meiner Einschätzung nicht unter 420 mm betragen. Den 360iger Radius meines Testgleises befährt sie zwar aber nur ohne Vorlaufräder. Sind die Vorlaufräder dran, hebeln diese die Lok in der Kurve raus. Also größere Radien ab schätzungsweise 420 mm.
Grüße Thomas