An dieser Stelle möchte ich meine Erfahrungen beim Bau einer 3d-gedruckten Testlokomotive im Maßstab 1:55 teilen. In der Hoffnung, sie mögen vielleicht an der ein oder anderen Stelle hilfreich sein. Nach 25 Jahren Spur N möchte ich mal etwas Größeres ausprobieren. Aus verschiedenen Anlagenstudien hat sich 1:55 als sinnvoller Kompromiss zwischen Fahrzeuggröße (lieber größer als kleiner) und Zuglängen/Streckenlänge im gegebenen Raum herauskristallisiert.
Bild 1: Das „Spur K“ Modell liegt gut in der Hand
1:55 ist natürlich keine Standard-Größe. Ich nenne sie „Spur K“. Allerdings bin ich sicher nicht der erste, der diesen Maßstab für Modellbahnen verwendet. Das beliebte Gleisplanprogramm „Templot“ hat 1:55 als Standardmaßstab eingestellt – sicher nicht ohne Grund. Dort heißt er naheliegend „T“, aber dieser Name ist inzwischen für Drei-Millimeter-Spur kommerzialisiert worden.
Ob ich am Ende wirklich in 1:55 meine Modelle alle selber baue, ist noch offen. Es könnte bei Spur N (1:160) bleiben, es könnte Spur S (1:64) werden, oder auch Spur 0 (1:45).
Bild 2: 1:55 lässt die Darstellung vieler Details zu, ist aber signifikant kleiner als Spur 0 (mehr Strecke im gegebenen Raum …)
Testen was geht
Unlängst habe ich mir einen 3D-Drucker (FDM-Typ, Fused Deposition Modeling, also quasi „Würstchenleger“) zugelegt. Die hochauflösende Resin-Alternative möchte ich aus geruchstechnischen Gründen (Modellbahnzimmer neben Schlafzimmer) nicht einsetzen. Eigentlich wolle ich nur innere Strukturen für Fahrzeuge drucken, weil meine Recherchen ergeben hatten, dass FDM-gedruckte Fahrzeuge optisch nicht unbedingt in allen Belangen überzeugen können. Meine ersten Testdrucken haben mich aber ermutigt, dies zu überdenken. Spontan entstand der Plan einer motorlosen Testlok. Einerseits kann ich daran sehen, wo die Grenzen der FDM-Drucktechnik für 1:55 liegen, andererseits habe ich dann eine Lok in der Hand, und damit ein Gefühl, wie sich 1:55 anfühlt.
Bild 3: Die Pufferbohle der Lok war recht früh fertig und hat mich ermutigt, weiterzubauen. Die Puffer entstanden aus bearbeiteten Nägeln.
Vorbildwahl
Für einen ersten Test habe ich mir ein Freelance-Projekt vorgenommen. Anregung fand ich bei einem Tinplate Modell, das mich immer von der letzten Innenseite von „Model Rail“ anlacht. Eine kompakte Satteltank-Lok mit sympathischen Proportionen. Ich habe diese Anregung durchaus „ernsthaft“ interpretiert und anhand von Vergleichen anderer Satteltank-Dampfloks möglichst alle typischen Komponenten bzw. Merkmale berücksichtigt. Treibstangen, Kuppelstangen, Zylinder mit Entwässerung, Kreuzkopf, innenliegende (unbewegliche) Steuerung, Stellstange für Steuerung, Bremse, Regler, Wasserstandsgläser, Feuerbüchse, Manometer, Handbremse, alles was eine Industrielok minimal benötigt. Es war gut, ohne konkretes Vorbild konstruieren zu können und auf diese Weise gar nicht so genau zu wissen, wie viele Details ich bei meinem Modell weglasse. So bin ich nach einem guten Monat auch zu einem Ergebnis gekommen…
Bild 4: „PEGGY“ kommt auf großen Rädern daher. Namensgebung und Silberfarbe am Schild: meine Tochter.
Die britische Firma Peckett hat ähnliche Loks, allerdings mit kleineren Rädern und einem flacheren Dach, in größerer Zahl hergestellt. Das gedachte Vorbild meiner Lok ist von den Wiener Pyrkerwerken in Lizenz entstanden. Um bei Übergabefahrten auf der Hauptbahn größere Geschwindigkeiten zu erreichen, wurden die Räder vergrößert. Die Konstruktion hat sich offenbar nicht bewährt, und so ist sie im Nebel der Geschichte verschwunden…
3D-Konstruktion
Meine „Toolchain“ für die 3D-Konstruktion sah so aus:
1. Handskizze
2. Reinzeichnen der Skizze in Inkscape, Anlehnung der Maße an Originalzeichnungen unterschiedlicher britischer Satteltank-Typen
3. Import der 2D Basisformen (.svg) in Tinkercad
4. 3D Modellierung in Tinkercad und Zusammfassen sinnvoller „2,5D Teile“ für den Druck
5. Spezialteile (Schornstein, Abdeckung Sicherheitsventil) in Fusion 360 modelliert
Bild 5: 2D Grundformen nach dem Import. Sieht noch ziemlich spielzeughaft aus…
Bild 6: Blick von unten auf die Konstruktion von Rahmen und Achslagern
Bild 7: Führerstand-Einrichtung
Bild 8: Testversion des Führerstands. Die Wände wurden in der Finalversion teilweise auf 0,4 mm geschwächt.
Soweit für Heute. Im nächsten Teil wird es um die Erfahrungen bei der Konstruktion gehen.
Liebe Grüße
Kupzinger