Hallo werte Modellbahnfreunde,
nachstehend erläutere ich die Digitalisierung meines kürzlich erworbenen Gebrauchtschnapps Beitrag #2736.
RE: Mein letzter "Gebraucht-" schnapp... (110)
Es handelt sich dabei um diese Lok, im Original und nach dem Umbau des Modells:
https://www.dampflokomotivarchiv.de/inde...61&action=image
Die Lok war wohl einen Vitrinenmodell mit geringer Laufleistung. Vor Beginn der Arbeiten erst einmal zerlegen, was bei Fleischmann-Loks i. d. R. sehr einfach geht (Schrauben am Kessel, geklipstes Tendergehäuse) und anschließende Sichtinspektion. Dann eine Grundreinigung mit Waschbenzin für Fahrgestell und zerlegtem Motor sowie Spülmittel für das Gehäuse. Die war halt leicht eingestaubt aber ohne Kratzer und sichtbare Abbrüche. Trocknen und anschließend Wellen und Zahnräder leicht ölen. Das Motorritzel bekam eine geringe Portion AeroBond Getriebefett. Nun folgte die Prüfung der Freigängigkeit der Laufräder und des Gestänges sowie anschließend die Prüfung des Fahrverhaltens mittels DC-Fahrregler. Soweit ist alle gut, paßt.
Im Tender werkelt ein Fleischmann Rundmotor mit aufgelegtem Ballastgewicht.
Ohne Fräsarbeiten und ohne Verlust an Ballastgewicht läßt sich hier kein Decoder einbauen, zumindest kein normaler Loksound 5 mit Schnittstelle. Großzügig Platz ist allerdings im Kessel, ein Vorteil der großen Lok und des nicht korrekten Maßstabs von 1/85, so hatte ich es zumindest gelesen. In der Länge beansprucht das Kesselgewicht in etwa die Hälfte des Kessel. Und das auch nur etwas zu 2/3 in der Höhe. Zudem ist zwischen Rauchfanng bzw. Schornstein und dem Kesselgewicht ca. 25 mm Platz, den man für den Lautsprecher nutzen kann. Der Dekoder hat im Kessel über der Feuerbüchse Platz. Hier gibt es am Kesselgewicht einen kleinen Zapfen von etwa 1 cm Länge, den ich um Platz für den Decoder inkl. Verkabelung zu schaffen um etwa 1/2 cm gekürzt habe.
Auf dem vorderen Teil des Kesselgewichts konnte ich einen Stützkondensator mit 2200 uF/25 V unterbringen. Damit dieser in den Kessel paßt mußte ich allerdings das Kesselgewicht leicht ausfräsen. Die Fräsarbeiten waren insgesamt überschaubar. Dennoch hatte ich nach Abschluß der Arbeiten und Einkleben des Stützkondensators zwei 5 g schwere Radauswuchtgewichte aus Blei eingeklebt. Somit ergab sich insgesamt kein Verlust an Ballast. Dort wo der Decoder eingebaut werden sollte habe ich das Kesselgewicht mit dünnem Polystyrol als Isolationslage beklebt.
Gewählt habe ich einen Loksound 5 Plux 22 (58412) mit passender Adapterplatine Um keine Probleme bei der Programmierung mit dem ESU-Programmer zu bekommen, ist der Stützkondensator (Elko + Ladewiderstand und Bypaß-Shottky-Diode) über eine Steckverbindung lösbar. Bei geschlossenem Lokgehäuse befindet sich diese oberhalb des Decoders. im Kessel.Die Adapterplatine selbst ist auch über Steckverbindungen mit der Lok verbunden, so daß der Kessel, etwa zu Wartungarbeiten relativ einfach abgenommen bzw. auch wieder aufgesetzt werde kann. Steckverbindungen:
6 polig: für Gleis- und Motoranschlüsse und Licht vorne und hinten
3-polig: für Feuerbüchsen- und Fahrerhausbeleuchtung
2-polig: für ESU-Digitalentkuppler hinten
2-polig: für den Stützkondensator im Kessel über den Decoder verlegt
Alles selbst konfektionierte Mikro JST-Steckverbindungen 1 mm.
Die Verbindungen verschwinden beim Zusammenbau unsichtbar im vorderen Teil des Führerhauses, das nach außen hin sichtbar die Stehkesselrückwand darstellt. Ein bißchen Fummelarbeit das alles reinzubekommen aber mit etwas Übung klappt das ohne irgendwas abzubrechen oder Kabel einzuklemmn.
Zum Tender führen insgesamt 7 Kabel, die unterhalb des Führerhausbodens in einer leichten Schleife zu Tender verlegt sind. Hier konnte ich auf bereits vorhandene Durchbrüche zurückgreifen. Fixiert habe ich die Kabel mit etwas passendem Schrumpfschlauch, den ich am Boden festgeklebt habe. Im Tender sind die Kabel nicht verklebt.
Die Lok ist standardmäßig mit kleinen Schraubbirnchen E5.5 ausgestattet. Um mir Arbeit zu sparen habe ich diese durch passende warmweise LED-Birnchen von Schönwitz ersetzt. Das Licht ist angenehm, der einzige Nachteil, bei ausgeschaltetem Licht leuchten die minimal. Keine Ahnung warum das so ist, es könnte möglicherweise damit zusammenhängen, daß die Rückleitung über das Gleispotential erfolgt. Es stört aber nicht wirklich. Desweiteren haben LED und eben auch diese Birnchen eine relativ eng begrenzten Abstrahlwinkel nach vorne, wodurch die obere Lampe der Frontbeleuchtung etwas heller ist als die beiden unteren Lampen. Hier hätte ich den Lichtleiter nach oben etwas abdecken sollen. Vielleicht mache ich das noch. Vorerst bleibt der Kessel aber erst mal drauf.
Feuerbüchse und Führerhausbeleuchtung sind an Aux1 und Aux2 angeschlossen. Für die Digitalkupplung hatte ich ursprünglich den auf der Adapterplatine vorhandenen Lötstützpunkt für Aux 3 gewählt. Ein Fehler wie ich im Nachhinein feststellen mußte. Der Entkuppler ging nicht. Nach erfolgloser Fehlersuche bin ich dann in der Decoderbeschreibung zum Ergebnis gekommen, daß der herausgeführte Ausgang auf der Platine bei ESU ein Logikausgang ist. Direkt am Lötpad des Decoders ist das ein verstärkter Ausgang. Also auf Aux5 (verstärkt) umgelötet und es funktionierte.
Ebenfalls für Verwirrung stiftete der Anschluß für das Plus des Kondensators. Bei meinen bisherigen Decodern von D&H hatte ich hierzu immer den Anschluß Pin 6 der Schnittstelle verwendet. Bei dem jetzigen ESU funktionierte das so nicht. Also klassisch einfach an Decoder-Plus rangegangen und alleswar gut.
Da im vorderen Kesselbereich genügend Plat vorhanden war habe ich eine Soundkapsel 10x15 von Zimo mit selbst gedruckter runder Schallbox Durchmesser 20 mm, Höhe 25 mm eingebaut. Eine Vorlage mit 8 mm Höhe hatte ich hier gefunden:
https://www.mittelleiter-magazin.de/3d-d...-selberdrucken/
Diese konnte ich relativ einfach auf 25 mm Höhe ändern und ausdrucken. Diese paßt mit minimalem Spiel in den Kessel noch vor das Kesselgewicht. Im vorderen Kesselbereich befindet sich oben ein angespritzter kleiner offener Kasten mit ca. 1 cm Kantenlänge der zu entfernen ist. Keine Ahnung für was der gut ist. Da der tief im Kessel sitzt, habe ich zum Entfernen eine lange Halbrundholzraspel und eine Halbrundfeile genutzt. Der erzielte Sound (ESU BR01 DR/DB) ist sehr gut und gibt den kräftigen Klang der BR01 gut wieder.
Anschließend Verdrahtung im Tender. Bei den FM-Motorschilder auf Massefreiheit der Motoranschlüsse achten. Das ist bei der vorliegenden Lok nur ein kleiner Steg zwischen der Kontaktfläche von Masse (Gleis links) zum Kontaktanschluß des Motors. Beim ESU Entkuppler muß man auf die Polarität der Anschlußleitungen achten. In der Betriebsanleitung ist das anhand eines Anschlußplans gut zu erkennen.
Zur Leitungsführung des Kupplers. die Litzen am Kuppler sind unverständlicherweise sehr kurz gehalten, weshalb man die ohne Verlängerung meist nicht anschließen kann. Bei mir ging es auch ohne, allerdings etwas trickyhaft. Die Leitungen habe ich direkt an NEM-Schacht unten angeklebt und über eine kleine Bohrung der Kupplungsdeichsel in den Tender geführt. Leider liegt dort genau ein kleines abgewinkeltes Blech, das einerseits die Dechsel stabilisiert und andererseits die Beleuchtung nach unten hin abschirmt. Die Kabel müssen unter dem Blech nach hinten geführt werden, was aber ohne zusätzliche Maßnahmen zum Einklemmen der Kabel führt und damit die Beweglichkeit der Kupplung einschränkt. Also habe ich das Blech in dem Bereich mit ca, 1 cm Breite ausgeschnitten und auf der Oberseite zur Stabilisierung wieder eine Polystyrolplatte aufgeklebt. Diese zusätzlich noch mit Alu-Folie beklebt um Lichtdichtigkeit zu gewährleisten. Die Litzen sind nun in diesem Bereich frei beweglich und damit auch die Kupplung.
Hier abschließend noch ein kleines Fahrvideo mit Sound.
https://youtu.be/EJ04amm8cIc
Die Gesamtlautstärke habe ich auf etwa 60 % reduziert. Die Lok ist dennoch laut. Ich denke, daß man die Lautstärke getrost noch runterdrehen kann. Insbesondere muß ich eh noch die ganzen Soundslots und Funktionszuordnungen mir im Detail anschauen und ggf. ändern.
Das Fahrverhalten ist gut, die Wirkung des Stützkondensators merkt man deutlich, trotz eigentlich recht guter Stromabnahme über drei Laufräder vorne und zwei Radsätze im Tender. Etwas schwierig gestaltete sich das Finden einer passen Motoreinstellung für den FM-Rundmotor. Ich habe alle möglichen Einstellungen ausprobiert die ich im Internet gefunden habe + eigener Versuche. Letztlich bin ich bei der Einstellempfehlung von ESU für FM-Rundmotoren geblieben, wobei ich allerdings die Regelungsstärke bei Langsamfahrt etwas reduziert habe. Dennoch ruckelt die Lok bei niedrigster Fahrstufe leicht. Die im Video gezeigte Minimalgeschwindigkeit über die Weichen gilt bei Fahrstufe 1 und 128 Fahrstufen. Weniger geht nicht, dafür ist die Übersetzung der Lok zu groß. Ich denke allerdings, daß das für eine Schnellzuglok akzeptabel ist.
Die ESU-Digitalkupplung, es ist die zweite die ich mittlerweile in Loks eingebaut habe, funktioniert 1A. Bei mir mit Roco-Universalkupplung. Die passenden Einstellungen habe ich durch leichte Anpassungen des ESU-Einstellvorschlags ermittelt.
Bei der Kupplung muß man höllisch darauf aufpassen die automatische Abschalktung bei den Funktionsaugängen nicht zu vergessen und für die Einschaltdauer nicht höher als 2 s zu wählen. Die Kupplung sind sehr filigran und die Spulen brennen leicht durch, wenn man die zu lange beansprucht. Ist mir auch schon passiert. Also vor Inbetriebnahme alle Einstellungen hierzu nochmal kritisch prüfen. Ansonsten bin ich von der Kupplung absolut begeister. Die entkuppelt tatsächlich zuverlässig. Selbst nur einen einzelnen leichten Wagen. Voraussetzung hierzu ist allerdings eine richtig eingestellte Höhenlage der Kupplung. Die Kupplung entkuppelt auch Bügelkupplungen recht zuverlässig. Aufgrund des zierlichen Kupplungshakens halten die Bügelkupplungen aber auch nicht sicher. Empfehlenswert sind Roco Universalkupplungen, die halten auch während der Fahrt oder die Märklin Universalkupplungen. Letztere habe ich allerdings nicht getestet. Die Höhenlage muß ich nochmal etwas anpassen, damit das Ankuppeln leichter erfolgt.
Insgesamt ein relativ einfacher Umbau ohne die Nutzung irgendwelcher Spezialwerkzeuge mit einer durchaus ansehnlichen und gebrauchstüchtigen Lok. Vom Platz her ließe sich auch noch relativ einfach eine Fahrwerksbeleuchtung realisieren. Ich habe darauf verzichtet.
Noch in bißchen gelb für die Verteilerkästen und etwas weiß (besser wäre vermutlich silber gewesen) für die Hauben der Fahrwerksbeleuchtung und die Lok steht eigentlich recht gut da. Daß die meisten Kesselrohre und einige Armaturen angespritzt sind, im Vergleich zum Original teilweise Leitungen und auch die Sandfallrohre fehlen, stört mich nicht wirklich. Für ein über 20 Jahre altes Modell sieht die Lok gut aus. Die Fleischmann typischen filigranen und schön lackierten Räder sowieso. Und ein feines Gestänge hat sie auch, das auch ohne zu klemmen funktioniert und bei dem auch während des Hantierens nichts abgebrochen ist. Da hatte ich schon andere Modelle auf dem Tisch, bei denen ich nach Umbauende erst einmal das Gestänge reparieren und richten durfte.
Die Gesamtkosten für die umgebaute Lok summieren sich auf ca. 180 Euro (inkl. Versandkostenanteile), wobei die Lok tatsächlich ein Schnäppchen war.. Klanglich ist die Lok deutlich teureren Exemplaren mindestens ebenbürtig, ich würde sogar sagen vielfach besser.
Grüße Thomas