Hallo Stummianer,
ich hatte am gestrigen Sonntag das Vergnügen, unter anderem auf der Moselstrecke zu fahren. Und um ein solches handelt es sich jedesmal, denn die Moselstrecke ist eine der schönsten Bahnstrecken Deutschlands.
Sie ist heute eine wichtige Güterverkehrsstrecke zwischen dem nördlichen und mittleren Deutschland und Frankreich sowie Luxemburg. Dazu kommt der Reiseverkehr in die touristisch interessanten Regionen entlang des Flusses.
Diese friedliche Nutzung stand jedoch keineswegs am Anfang der Geschichte dieser Strecke; vielmehr ist sie ein Teil der militärstrategischen Bahnlinie Berlin - Metz. Nach dem von deutscher Seite gewonnenen Krieg von 1870/71, dessen Erfolg erstmals auf der bis dahin unvorstellbar schnellen Truppenverlegung mit der Eisenbahn beruhte, sollte die im Volksmund "Kanonenbahn" genannte Strecke die Führung zukünftiger Kriege noch effizienter machen. Jene Berechnungen der Strategen traten jedoch nach Fertigstellung nicht ein.
Heute ist das kriegerische Denken dieser Zeit zum Glück Vergangenheit; manche Teile der "Kanonenbahn" existieren überhaupt nicht mehr, andere versanken in der Bedeutungslosigkeit; die "Kanonenbahn" erfährt nur noch historische Betrachtung in Form eines Wanderweges; und auf der Moselstrecke fahren Personen- und Güterzüge durch eine traumhaft schöne Bilderbuchlandschaft.
Der letzte Punkt gilt besonders für den Bereich der Mittel- und Untermosel, weil die Bahnstrecke dem Flußufer folgt. Die Windungen der oberen Mosel zwischen Trier und dem Wittlicher Raum werden durch eine Trassenführung Marke "querfeldein" abgeschnitten; die Strecke verläuft durch die Berge der südlichen Eifel und bietet zwar jede Menge "Gegend", jedoch wenig Aussicht.
Ich nutzte die Gunst der Stunde und des schönen Wetters und nahm meine Fotokamera mit. Meine Auswahl zeigt Motive vom Unterlauf der Mosel.
Es beginnt ganz dick - nämlich mit "dem Dicken", oder "Fünftausender":
An der Abzweigstelle Pünderich begegnet mir ein 5500 t schwerer Eisenerzzug für die Dillinger Hütte im Saarland, befördert von einer Doppeltraktion der Baureihe 151. Der Zug ist mit der automatischen Mittelpufferkupplung UIC69e ausgerüstet.
So sieht das Pündericher Viadukt von oben aus: die Perspektive des Chauffeurs. Eines der beliebtesten Fotomotive; bereits Altmeister Carl Bellingrodt fotografierte hier. Die seitliche Ansicht der Galerie dürfte jedem bekannt sein. Im Hintergrund das Portal des Prinzenkopftunnels.
Fahrt über die Doppelstockbrücke von Bullay. Oben Eisenbahn, unten Straßenverkehr - durch die Kurvenkrümmung ist links im Bild das seitliche Fachwerk der Brücke zu erkennen. Beachtenswert die Höhe der Fahrleitungsmasten - ihre Sockel sind am Untergurt der Brücke befestigt!
Südportal des Kaiser-Wilhelm-Tunnels bei Ediger-Eller. Die Berghänge dieses Einschnittes steigen nahezu senkrecht in die Höhe. Man fährt buchstäblich in ein dunkles Loch.
Der weiße Fleck in Tunnelmitte ist das andere Ende in Cochem - 4205 Meter entfernt. Damit ist der Kaiser-Wilhelm-Tunnel nach wie vor der längste deutsche Eisenbahntunnel des Altnetzes; die ICE-Neubautunnel bleiben ausgeklammert. Der Tunnel ist schnurgerade und kürzt den 18 Kilometer langen Moselkrampen ab.
Gegenverkehr vor dem Haltepunkt Klotten: ein Triebwagen der Baureihe 425 eilt nach dem Halt seinem Ziel Trier entgegen. Leichte Bewegungsunschärfe; kein Wunder, ich fahre volle Geschwindigkeit (= 120 km/h), er beschleunigt.
Schroffe Felsen, steile Abhänge, schwindelerregende Höhe, und überall Weinanbau - Mosellandschaft pur. Ein Paradebeispiel unmittelbar hinter Hatzenport, auf der Weiterfahrt nach Löf.
Das Moseltal bietet ständige Abwechslung in seinem landschaftlichen Erscheinungsbild. Manchmal ist es auch sanft geweitet. Die brachialeren Stellen sind trotzdem schöner .
Zwischen dem Haltepunkt Lehmen und dem Bahnhof Kobern-Gondorf befindet sich das "Schloß von der Leyen".
Es ist ein Haus, dem die Autos auf der B49 "durch den Bauch" fahren. Heute bekäme jeder Denkmalschützer größtes Bauchgrimmen, aber 1971 sah man derartige Dinge halt noch viel lockerer...
Ein Panoramablick der besonderen Art bietet sich dem Betrachter kurz vor Winningen. Die Autobahnbrücke der Hunsrückautobahn A61 spannt sich in 136 Metern Höhe über das Flußtal.
Von weitem wirkt die 1972 in Betrieb genommene Winninger Autobahnbrücke noch recht filigran. Befindet man sich jedoch darunter, offenbart sich die imposante Wucht des Bauwerks.
Direkt nach der Brückenunterquerung eine weitere Begegnung: die nächste Regionalbahn Richtung Trier.
Auf der Moselbrücke zwischen Koblenz-Güls und Koblenz-Moselweiß. Es ist eine gemauerte Brücke mit Rundbögen.
Einfahrt in den ehemaligen Güterbahnhof Koblenz-Mosel. Von der Betriebsamkeit der alten Tage ist schon lange nichts mehr zu sehen; übrig blieb eine einsame Ansammlung von Gleisen, die zur Überholung und als Abstellplatz von Zuggarnituren über Nacht dienen.
Von hier wechselte ich auf die linke Rheinstrecke.
Reiterstellwerk "Km" in Koblenz-Lützel. Im Hintergrund einige Exponate der Außenstelle Lützel des Nürnberger DB-Museums - schutzlos der Witterung ausgesetzt .
Inzwischen wurde es zu dunkel zum Fotografieren; ich packte die Kamera weg. Mein Weg geht linksrheinisch nach Norden; von der rechten Rheinseite kommt Gegenverkehr in Gestalt des nächsten Erzzuges. Er überquerte Minuten zuvor den Rhein über die Kronprinzenbrücke zwischen Neuwied und Urmitz/Rhein und wird auf die Moselstrecke fahren - in die Richtung, aus der ich gerade komme.
Ein letztes Bild zeigt das 151er-Pärchen im Gegenlicht der untergehenden Sonne.
Gute Nacht !
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Edit Januar 2016: Bildlinks erneuert