Heute kam sie an, meine kurz vor Weihnachten - nach Hornbys Ankündigung, die Marke Lima wieder aufleben zu lassen - vorbestellte ML2200 C'C'.
Die Lok wird im blauen Lima-Karton mit Sichtfenster und Styropor-Einsatz geliefert und liegt in eine Folie gebettet.
Der erste Eindruck beim Auspacken ist durchaus hochwertig.
Die schöne seidenmatte Lackierung mag gefallen:
Der dunkelblaue Lack steht der Maschine gut, ebenso der schwarze Rahmen (beim früheren Modell zu Lima-Zeiten war dieser hellgrau lackiert.
Vorbild-Farbfotos kenne ich von dieser Lok in dieser Lackierung allerdings nicht.
Das Dach ist hellgrau abgesetzt, die Kontrastlackierung in Höhe der Fenster dagegen in Metallic-Silber, wobei die charakteristische, an den Fronten zum "V" zusammengeführte Zierlinie an der Trennkannte zum Dunkelblau in einem etwas helleren Silber schimmert als der sonstige obere Gehäusebereich.
Der "KRAUSS-MAFFEI A.-G."-Schriftzug ist nicht erhaben ausgeführt, sondern nur aufgedruckt.
Auf den ersten Blick stören die plastikhaften hellgrauen Drehgestelle, die aber durchaus nicht schlecht detailliert sind, und die blitzblanken Räder. Brüniert hätten diese vielleicht besser gewirkt.
Schön sind die vier recht plastisch wirkenden Lüfterräder im Dach nachgebildet.
Auch die eingesetzten Scheibenwischer haben ihren Reiz, wirken nicht wirklich zu klobig und sind beweglich (ein Fall für Piezo-Motoren ).
Durch die Abgaslöcher im Dach kann man ins Innere der Lok blicken, man sieht aber durch die schwarze Auskleidung nichts.
Nicht mehr zeitgemäß sind die angespritzten Griffstangen, aber man hat bei Hornby das Gehäuse der letzten Lima-Version dieser Lokomotive wohl nicht überarbeitet.
Eine entsprechende Lok aus alter Lima-Produktion liegt mir zum direkten Vergleich zwar nicht vor, die entsprechenden Bilder auf Bahnwahn.de deuten aber darauf hin.
Die Lok besitzt wie das Vorbild natürlich sechs Achsen.
Die jeweils äußeren eines Drehgestells sind dabei angetrieben (je eine einseitig mit Haftreifen). Die mittleren Achsen laufen nur mit und sind seitenverschiebbar eingebaut.
Zum Einsatz kommt weiterhin ein konventioneller Schleifer mit Schraubloch, der durchaus aus Märklin-Produktion stammen könnte.
Nur an einem der Drehgestelle scheint ein Kupplungsnormschacht angespritzt(!) zu sein. Am anderen Drehgestell ist keine Kupplung vorgesehen. Stattdessen ist die auf der einen Seite für die (hellgraue) Bügelkupplung durchbrochene Frontschürze auf der anderen Seite durch eine Blende verschlossen.
Auch sind Bremsschlauchattrappen eingesteckt.
Für die Kupplungsseite sind entsprechende Teile zum Verschließen der Frontschürze sowie die Schlauchatrappen in einem Zurüstbeutel beigelegt.
Der beiliegende Zettel darf als ungenügend bezeichnet werden.
Kein Hinweis auf einen/den eingebauten Decoder, weshalb sich erste Zweifel über die Ausstattung breit machen.
Außerdem werden nur einige "Sicherheitshinweise" aufgeführt und die "Betriebs- und Wartungsanleitung" kann man getrost als Witz bezeichnen.
Keine Ersatzteilliste.
Kein Hinweis, wie die Lok zu öffnen ist.
Der erste Fahrtest meiner Neuerwerbung verläuft leider nicht zufriedenstellend:
Auf das Gleis gesetzt rast die Lok unkontrollierbar los.
Nanu? Kein Decoder eingebaut? Aber das war doch in der Ankündigung von Hornby so beschrieben.
Dann ein Test auf dem Analoggleis:
Die Lok fährt langsam an. Schnelles Beschleunigen führt zu starkem Schleudern. Die Höchstgeschwindigkeit der Lok ist viel zu hoch und der Brocken droht aus den Kurven (R1) herauszufliegen.
Die Beleuchtung durch weiße LEDs mit deutlichem Blaustich ist etwas gewöhnungsbedürftig ...
Das Umschalten erfolgt lautlos.
Doch digital?
Also noch ein Test im digitalen Kreis:
Diesmal kein Losrasen. Prima!
Die Lok reagiert auf Adresse 3. Hier war mangels Decoder-Beschreibung Probieren angesagt.
Die (ESU-Standard-)Adresse lässt mich einen LokPiloten vermuten.
Aufmachen mag ich die Lok (noch?) nicht, denn schon die alten Versionen waren (laut verschiedener Testberichte im WWW) beim Öffnen und Schließen mit Vorsicht zu genießen und sehr fummelig.
Ich schließe daher mal meine 6021 an und versuche, wie beim LoPi gewohnt, den Programmiermodus aufzurufen.
Tatsächlich, es scheint ein LoPi verbaut zu sein.
Nochmal runter vom Programmiergleis und erstmal das digitale Fahrverhalten testen:
Die Lok setzt sich mit leicht knurrendem Motor sehr langsam bei Fahrstufe 1 in Bewegung.
Sie beschleunigt recht langsam und gleichmäßig, zeitweise aber etwas ruckelig auf die sehr hohe Höchstgeschwindigkeit.
Auch bei mittlerem Tempo wirkt das Fahrverhalten etwas ruckelig.
Der weiße (blaue) Lichtwechsel ist nur für die unteren Lampen realisiert. Für das dritte Spitzenlicht war eine neue Platine scheinbar zu aufwändig. Rote Schlussbeleuchtung gibt es nicht.
Nun versuche ich mal, der Lok ein etwas besseres Fahrverhalten beizubringen und spiele (nach einer vorhandenen Anleitung für den ESU LokPilot V2) mit den CVs.
Meine eingestellten Werte:
CV1 (Adresse) = 30
CV3 (Beschl.) = 07
CV4 (Verzög.) = 06
CV5 (V-max) = 35
CV6 (V-mittel)= 16
CV53(Lastreg.)= 56
CV54(Lastreg.)= 20
CV55(Lastreg.)= 24
Die Lastregelparameter bewirken ein nun verbessertes Fahrverhalten. Es wirkt längst nicht mehr so ruckelig.
Allerdings zeigen die Fahrtests, dass die V300 bei Langsamfahrt in R1-Kurven etwas langsamer wird. Evtl. reicht hier das Seitenspiel der Mittelachsen nicht.
Außerdem neigt die Lok beim Befahren von Bogenweichen zu gelegentlichem Schleudern und bleibt dann manchmal fast stehen.
Normalweichen machen keine Probleme.
Schlanke Weichen habe ich (z.Zt. noch) nicht.
Erstes Fazit nach dem ersten Tag:
Den früher gern benutzten Spruch "Außen prima, innen Lima" kann man so nicht mehr stehen lassen.
Da das Modell einen neuen Motor haben soll, außerdem einen NEM-Decoderschacht und LED-Beleuchtung, kann man sagen, dass das Modell einigermaßen auf den aktuellen Stand gebracht wurde.
Die Lackierung ist einwandfrei, die Beschriftung klein, scharf und gut lesbar.
Gewöhnungsbedürftig ist der deutliche Blaustich der LEDs sowie das Zweilicht-Signal.
auch das Fahrverhalten ist nicht so recht "up-to-date", zeigt es doch immer noch deutliche Lima-Schwächen.
Der serienmäßige ESU LokPilot (mangels Öffnen des Gehäuses noch eine Vermutung) ist scheinbar auf Standardwerten belassen. Hier muss ich bei Zeit und Gelegenheit nochmal mit den CVs experimentieren.
Das Fahrverhalten konnte mit leicht geänderten Werten für die Lastregelung aber schon verbessert werden.
Die Lok hat mich durch Vorbestellung inkl. Versand ca. 107,- € gekostet.
Für diesen Preis kann man sich ein solches Experiment schon mal erlauben.
Die ca. 170,- €, für die ich das Modell in einer Internet-Preisliste schon gesehen haben, sind für ein schönes und ausgefallenes Modell mit deutlichen Fahrschwächen aber eindeutig zuviel.
Ich werde die Lok wohl behalten, denn trotz der Schwächen des Modells hat mich die große Schwester der V200 in der durchaus attraktiven blauen Lackierung schon immer gereizt.
Von anderen Herstellern ist ein Modell des gleichen Vorbildes so schnell wohl nicht zu erwarten.
Hier nun noch ein erstes Bild: