Hallo,
der gelbe Meßwagen von Märklin entstammt offensichtlich noch der Zeit vor der umstrittenen Rechtschreibreform Er hat mir schon oft geholfen, die Lokdecoder so einzustellen, dass die gefahrenen Geschwindigkeiten zur Tachoanzeige auf der CS passen. Ich schraube nämlich solange an den CVs und Kennlinien, bis die Abweichung über den kompletten Geschwindigkeitsbereich max. 5 km/h beträgt. So synchronisiere ich alle meine Züge, um ein einheitliches Fahrverhalten zu bekommen. Auf diese Weise können sogar 2 Züge viele Runden im Oval hintereinander herfahren, ohne aufzulaufen.
Die Anzeige erfolgt auf einer Seite des Waggons mit 4 knallroten 7-Segment-Elementen in den Fenstern. Zudem lassen sich anstatt der Standardanzeige von „km/h“ per Kombination von F1und F2 auch Streckenlänge, Stoppuhr und Gesamtfahrzeit anzeigen. Mit F4 kann man die Werte resetten. Ein tolles Spielzeug, wirklich! Klar, es gibt mit Hilfe eines Fahrradtachos auch sehr günstige Alternativen, aber eben lange nicht so elegant.
Bei aller Begeisterung für diesen Messwagen missfielen mir jedoch 2 Dinge:
1. Die Anzeige ist zwar prima während der Fahrt abzulesen, weil sie so schön groß und kräftig leuchtet, stört aber, wenn der Waggon abgestellt ist. Speziell im Nachtbetrieb ist der Bereich neben dem Gleis so stark rot ausgeleuchtet, dass die Preiserlein dort den Vorplatz eines gewissen Etablissement erwarten würden. Nun könnte man natürlich den Waggon bei Nichtbenutzung von der Anlage nehmen oder in den Schattenbahnhof stellen (wenn man denn einen hätte), jedoch möchte ich das gute Stück nicht vom Gleis verbannen. Die Anzeige sollte also abschaltbar werden.
2. Die beiden Birnchen für weißes Stirnlicht vorne und rotes Schlusslicht hinten sind gleichzeitig permanent an, was nicht gerade vorbildgerecht ist. Je nach Einsatzsituation soll aber kein Licht (im Zugverband), nur rotes Schlusslicht (am Zugende) oder Stirnlicht (als Steuerwagen voraus) eingeschaltet sein.
Bei der werksseitigen Verdrahtung ist das so gelöst:
vorne
hinten (der Schnittstellenstecker ist werksseitig nicht vorhanden!)
Skizze der werkseitigen Verdrahtung (zum Vergrößern anklicken)
Die dicken schwarzen Kabel (in der Skizze als Strichlinie) vom Stromabnehmer zu den Kurzkupplungsdeichseln spielen nachfolgend keine Rolle. Es macht im Digitalbetrieb aber auch wenig Sinn, den Strom für Beleuchtung anderer Waggons aus der Oberleitung abzugreifen.
Meine gewünschten Schaltfunktionen lassen sich ganz einfach durch Vorschaltung eines Funktionsdecoders und eines Relais 1xUM realisieren. Dafür sind einige Verbindungen aufzutrennen. Natürlich mit einem Seitenschneider anstatt der gezeigten Schere Das Schaltbild sieht dann so aus:
Skizze der geänderten Verdrahtung (zum Vergrößern anklicken)
In der Skizze habe ich für die verbliebenen Original-Drähte deren Farben und für die neu gelegten Kabel den ESU-Farbcode verwendet. Ganz klassisch wird Licht vorne über den weißen und Licht hinten über den gelben Funktionsausgang angeschlossen. Das grüne AUX1-Kabel geht zur Relaisspule. Der Rückleiter (Decoder-Plus) ist immer blau. Die weiteren AUX-Ausgänge bleiben unbelegt.
Als Bauelemente habe ich einen ESU 52620 LokPilot Fx V3.0 und einen Omron GV5-1 24V (Reichelt „G5V-1 24V“ genommen. Natürlich kann man die Schaltung auch mit ähnlichen Produkten anderer Elektronikhersteller realisieren. Dabei ist zu beachten, dass der Funktionsdecoder den Summenstrom von beiden Birnen und dem Relais packt. Außerdem habe ich eine 8-polige Schnittstelle mit Kabelbaum ESU 51950 verwendet, um später bei Bedarf den Decoder ohne erneute Lötarbeiten tauschen zu können.
Zum Öffnen des Waggons müssen zuerst die Wulstübergänge abgezogen werden. Das Gehäuse sitzt sehr stramm auf dem Rahmen. Ich hatte da beim Lösen der Clipsverbindungen echt Angst, etwas abzubrechen Mir sind hier die Schraubverbindungen von unten der alten 27cm-Waggons wesentlich lieber. Märklin sollte bei neuen Waggons dieses wartungsfreundliche Prinzip wieder einführen! Und auch die Abschirmungen über den Glühbirnchen waren so fest eingeclipst, dass ich fast verzweifelt bin. Genauso schwer gehen sie später auch wieder drauf
Im Waggon sind 2 parallele Platinen hochkant montiert. Dazwischen ist in der Waggonmitte noch etwas Luft, um den ESU-Funktionsdecoder aufzunehmen:
Vorne im Waggon ist genügend Platz für das Relais samt Drahtverhau:
Und hinten im Waggon wird der Schnittstellenstecker platziert:
Die ungekürzten Anschlusskabel des Lopi Fx laufen auf dem Boden zwischen den Platinen erst mal nach hinten. Von dort geht der verdrillte Kabelbaum in voller Länge sauber zum vorderen Waggonteil, wo sich alle Anschlüsse befinden. Nun braucht man noch die Anbindung der hinteren roten Lampe. Die beiden Kabel (gelb und blau) versteckt man zwischen Gangwand und Platine. Dort liegt bereits das dicke schwarze Kabel vom Stromabnehmer. Beim Verlegen muss man um den originalen DIP-Schalter drumherum, der sich dabei leicht verstellt. Mir ist das unbemerkt passiert, so dass ich nach der Endmontage den Wagenkasten erneut abnehmen musste
Alle Lötverbindungen sind mit Schrumpfschlauch zu isolieren! Nach dem Anschluss aller Drähte geht es an den Funktionstest und das Programmieren des Funktionsdecoders. Der Lopi Fx hat bei Auslieferung wie üblich die Adresse 3. Ich habe ihn auf Adresse 74 umgestellt, denn der Messwagen hat werksseitig die Adresse 75. Schön wäre gewesen, die beiden Decoder auf die gleiche Adresse zu legen und den AUX1 auf die bisher ungenutzte F3-Funktion zu mappen. Leider sind die Decoder völlig unterschiedlicher Machart: Der Märklin-Decoder spricht noch Motorola 1, während der ESU auf MM2 oder DCC reagiert. In der Zentrale muss man sich aber für ein Protokoll entscheiden, so dass der Messwagen 2x angelegt werden muss.
Wenn alles wie gewünscht funktioniert, kann man das Gehäuse wieder vorsichtig auf den Rahmen aufsetzen. Dabei kann der Lichtleiter hinten leicht herausfallen, denn er ist nur gesteckt und stützt sich nicht wie der vordere Lichtleiter am Dach ab. Ein Tropfen Sekundenkleber dran, und schon sitzt das Teil fest am Waggongehäuse.
Jetzt macht mir der gepimpte Messwagen auf der Anlage noch mehr Freude
Viel Erfolg beim Nachbau wünscht Euch
Michael