RE: Wismarer "Ameisenbär"

#1 von Harry Lorenz ( gelöscht ) , 12.05.2006 08:29

Hallo zusammen

Habe mal eine interessante Frage: Weiß jemand von Euch, ob die Wismarer unter beiden Motorhauben (Vorbauten) einen Motor hatten/haben. Bin bis jetzt davon ausgegangen, da der SchiBu auch nicht gerade federleicht war und man schon eine bestimmte Motorleistung gebraucht hat. Früher waren die Motore bei gleicher Leistung ja noch nicht so klein, wie es heute ist. Und der Platz für einen einzelnen großen Motor war/ist doch da bestimmt auch nicht wirklich vorhanden.
( würde sonst wie Märklins und Bemos Schweineschäuzchen den Motor im Fahrgastraum tragen. - und dann würde wohl kein Mensch mitfahren wollen. )

Grund meiner Frage: Ich habe dieser Tage einen Ausschnitt eines DVD-Films über dieses possierliche Fahrzeug gesehen. Dabei ist mir zufällig aufgefallen, dass man durch die Lüftungsschlitze des einen Vorbaus das Gegen(sonnen)licht sehen konnte. Es schien, als sei der Raum innerhalb von diesem Vorbau leer. Diese Aufnahme war aber nur ganz kurz, so daß ich nix Genaueres sehen konnte.

Weiß von Euch jemand etwas Genaues dazu??



Harry Lorenz

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#2 von Harry Lorenz ( gelöscht ) , 12.05.2006 08:52

Hallo ich schon wieder.

habe gerade eine HP mit einem Foto entdeckt, auf der man den Grund des Durchscheinens von Licht durch den Vorbau erkennt.
So wie es aussieht, ist der Motor ein relativ kleiner Otto(Benzin)motor. Den Lichtschein habe ich oberhalb dieses Motors durch die Haube leuchten sehen.







Wenn ich mir aber dieses Motorchen so anschaue, dann dürfte das gefühlsmäßig kaum mehr als so um die 70PS gehabt haben (wenn überhaupt). Ob da nur einer dieser Motoren ausgereicht hat, den Ameisenbär voranzutreiben : Muß ich -ehrlich gesagt- bezweifeln Deshalb gehe ich weiter davon aus, daß der Ameisenbär doch ZWEI Motoren hatte/hat.



Harry Lorenz

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#3 von silz_essen , 12.05.2006 09:28

Hallo Schweineschnäuzchenliebhaber!

Bei den sog. Schweinschnäuzchen oder Ameisenbären waren (bzw. sind, vgl. T2 in Bochum-Dahlhausen) in beiden Vorbauten je ein Motor. Dies geschieht nicht deshalb, weil der eine Motor zu schwach ist, sondern weil im jeweiligen Getriebe zum Motor KEIN Rückwärtsgang vorhanden ist.
Zum Rangieren muß der Triebwagenführer daher ein wenig Frühsport betreiben .

Gruß
Martin



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RE: Wismarer "Ameisenbär"

#4 von Harry Lorenz ( gelöscht ) , 12.05.2006 10:43

Hallo Martin

Das ist aber eine ganz raffinierte Technik

- kein Rückwärtsgang
- dafür ein zweites Getriebe und einen zweiten Motor : :

- bestimmt, weil es so kostengünstiger war

Was es alles gibt - unglaublich


Dann ist der Triebwagen auf der freien Strecke tatsächlich mit nur einem Motor gefahren, in die andere Richtung mit dem anderen Motor und zum Rangieren braucht man beide : :

Wenn ein Motor ausgefallen ist, dann hatte man zwar noch einen Zweiten an Bord, mit dem man aber nicht mehr ans Ziel weiter fahren konnte , sondern nur wieder zurück an den Ausgangspunkt :



Also ich weiß nicht, ob das nicht irgendwo eine wirklich totale Fehlkonstruktion war/ist :

Wieviel PS wird denn ein solcher Motor gehabt haben?
Ich kann mir gut vorstellen, dass der Fahrer immer nur mit VOLLGAS fahren konnte und somit der Motor schon sehr gequält wurde und belastet war. Möchte nicht wissen, wieviele Motorschäden da früher bei täglichem Einsatz entstanden sind.

UNGLAUBLICH - was schon alles fabriziert und zusammengeschustert wurde. Höchstes Konstruktionswissen und Ingeneurkunst war das ganz sicher nicht.



Harry Lorenz

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#5 von tron24 , 12.05.2006 13:45

Hallo Harry,

die ursprünglich eingebaute zwei Motoren waren von Ford mit je 40 b.z.w 47 oder 50PS und mechanischem Getriebe.
Geschaltet wurde er wie beim Auto.
Richtig, es gab keinen Rückwärtsgang.
Höchstgeschwindigkeit ca. 40kmh.

http://www.achristo.homepage.t-online.de/VeroeBLE.htm

Es gab zwei Längenausführungen des Schienenbus mit 3 oder 4 Fenstern auf jeder Seite (das Märklinmodell ist der kurze), mit 30 / 40 Sitzplätzen.

Der heute in Dahlhausen stehende Wismarer hatte auf seiner früheren Stammstrecke Schwierigkeiten die "Steigung" ab Klosterwald nach Lich zu meistern und wurde deshalb sehr wenig eingesetzt.
Auch bei etwas schlecht verlegten Gleisen war er schnell neben den Gleisen (RP25 läßt grüßen).

Und, die Milchkannen oder Fahrräder waren wirklich auf dem Vorbau stationiert!

tron24



 
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RE: Wismarer "Ameisenbär"

#6 von Harry Lorenz ( gelöscht ) , 13.05.2006 00:11

Hallo thron 24


Zitat
die ursprünglich eingebaute zwei Motoren waren von Ford mit je 40 b.z.w 47 oder 50PS und mechanischem Getriebe.
Geschaltet wurde er wie beim Auto.



Mann-O-Mann war das ein Kraftpaket . FÜNFZIG PS für dieses Fahrzeug. Da hat schon eine Leerfahrt wahrscheinlich gereicht, um diesen Motor an seine Leistungsgrenze zu bringen.
Wenn dann der TW noch mit 40 Personen voll besetzt und damit ausgereizt war, dann musste man -man konnte gar nicht anders- dem Motor immer nur die volle Höchstleistung abverlangen. Man konnte die Triebeinheit gar nicht schonend fahren, weil sonst da ganze Fuhrwerk einfach stehen blieb.

Zitat
Wismarer hatte auf seiner früheren Stammstrecke Schwierigkeiten die "Steigung" ab Klosterwald nach Lich zu meistern



Warum daß man nicht einen Dieselmotor mit min 80 - 100 PS verwendet hat und dann noch ein vollwertiges Getriebe daran angedockt hat, das kann ich einfach nicht begreifen. Denn den Platz dafür hätte man meines Erachtens herauskitzeln können. Diese Antriebseinheit dann noch so einzubauen, daß sie von beiden Führerständen aus bedient werden kann, das wäre doch bestimmt einfacher und preiswerter gewesen, als mit 2 Motoren und zwei "Einweg"-Getrieben zu arbeiten. Dann wäre vielleicht sogar noch Stauraum für irgendwelche Dinge vorhanden gewesen.

Also optisch gefällt mir dieser Triebwagen in der Realität sowie als Modell ausserordentlich sehr gut.

Nur was da an Technik beim Originalfahrzeug zusammengemurkst wurde,
das ist etwas, das ich nie verstehen und begreifen kann.

Was waren denn das für Kontrukteure??


Aber wenn man mitkriegt, was heute so alles an Gerätschaften dem Endverbraucher angedreht werden, dann dürfen sich die aktiven Konstrukteure über solche gravierende Mangelkonstruktionen von damals nicht auslassen.



Harry Lorenz

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#7 von K-P ( gelöscht ) , 13.05.2006 02:35

Zitat von Harry Lorenz
Warum daß man nicht einen Dieselmotor mit min 80 - 100 PS verwendet hat und dann noch ein vollwertiges Getriebe daran angedockt hat, das kann ich einfach nicht begreifen. Denn den Platz dafür hätte man meines Erachtens herauskitzeln können. Diese Antriebseinheit dann noch so einzubauen, daß sie von beiden Führerständen aus bedient werden kann, das wäre doch bestimmt einfacher und preiswerter gewesen, als mit 2 Motoren und zwei "Einweg"-Getrieben zu arbeiten. Dann wäre vielleicht sogar noch Stauraum für irgendwelche Dinge vorhanden gewesen.

Also optisch gefällt mir dieser Triebwagen in der Realität sowie als Modell ausserordentlich sehr gut.

Nur was da an Technik beim Originalfahrzeug zusammengemurkst wurde,
das ist etwas, das ich nie verstehen und begreifen kann.

Was waren denn das für Kontrukteure??


Hallo Harry,

um 1930 kämpften viele Kleinbahnen in Deutschland mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Strecken abgefahren, der Dampfbetrieb unrentabel wurden dringend preiswerte Triebwagen benötigt. Es gab mehrere Versuche von Herstellern, die Prinzipien der Kfz-Konstruktion auf die Schiene zu übertragen, doch nur die Waggonfabrik Wismar hatte den gewünschten Erfolg:

- Der Antrieb wurde aus der Serienfertigung der Ford-Werke genommen und machte Bedienung und Ersatzteilbeschaffung leicht. Zunächst 40, später 47 und 50 PS.

- Durch den wechselseitigen Betrieb, bei dem der Antrieb nur in einer Fahrtrichtung benutzt wurde, erhöhte sich die Lebensdauer auf das Doppelte.

Lieferbar waren aber auch Dieselmotoren von Deutz, die 50 PS leisteten. Bei einem Gewicht von 7 t sind das 7,14 PS pro Tonne. Zum Vergleich BR 628.2: 9,03 PS pro Tonne, fast 60 Jahre später! Es gab schon in den 30er Jahren auch etwas größere Schienenbusse mit 100 PS, die waren aber auch entsprechend schwerer (und nicht schneller). Der Oberbau ließ höhere Geschwindigkeiten auf Neben- und Schmalspurbahnen ohnehin kaum zu.

Die Konstruktion war zweckmäßig und der "Wismarer" bei den Fahrgästen beliebt, wovon Kosenamen wie "Ameisenbär" oder "Schweineschnäuzchen" zeugen. Ihn nach 75 Jahren Fortschritt als "Murks" und "gravierende Mangelkonstruktion von damals" zu be... zeichnen und seine Konstrukteure lächerlich zu machen, ist wahrlich nicht fair!

Freundliche Grüße

K-P



K-P

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#8 von Heinz L ( gelöscht ) , 13.05.2006 02:46

Moin,

Zitat
Ihn nach 75 Jahren Fortschritt als "Murks" und "gravierende Mangelkonstruktion von damals" zu be... zeichnen und seine Konstrukteure lächerlich zu machen, ist wahrlich nicht fair!




man könnte auch sagen, es ist arrogant und überheblich, oder auch einfach nur ahnungslos.

Aber so ist das eben, solides Fachwissen schadet jeder lebhaften Diskussion, Hauptsache ich bin dabei

Just my two Eurocent

Heinz Lübke



Heinz L

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#9 von silz_essen , 15.05.2006 11:03

Hallo nochmal,

auch ich bin der Meinung, daß hier von einem Beteilgten entweder die totale technische Unkenntnis oder eine gewisse Arroganz spricht.

Eine Fehlkonstruktion kann es beileibe nicht sein, da der Wismarer mit all seinen Verwandten lange Jahre zur vollsten Zufriedenheit gelaufen ist und manche Nebenbahnstrecke so vor der Schließung bewahrt hat.
Weiterhin sollte man sich mal die Leistungsverhältnisse beispielsweise zwischen Strasse und Schiene klar machen. Auf der Schiene kommt es nicht so sehr auf große Beschleunigung an und andererseits die Reibung wesentlich geringer ist.
Daß der Wismarer keinen Rückwärtsgang hat, hat außerdem gerade seinen Grund darin, daß es gar nicht gefahrlos möglich ist vom vorne liegenden Führerstand rückwärts zu fahren: Die Fahrzeuge haben eine fußbetriebene Kupplung wie im Auto. Wie sollte da der arme Triebwagenführer denn gleichzeitig durch den ganzen Triebwagen schauen, kuppeln, etc... ?!?
Mehr Leistung kann gerade bei Triebwagen auch schnell ins Gegenteil verkehren. Die Österreicher haben in den 1950er Jahren einen eigenen Schienenbus entworfen und dort einen 280PS Motor eingebaut. Dies führte aber nicht zu besseren Fahrleisttungen als diejenigen des Uerdinger Schienenbusses (damals 130 bzw. 150PS Leistung), sondern das Fahrzeug neigte zu andauerndem Schleudern beim Anfahren. Aus diesem Grund und noch diversen anderen Unzulänglichkeiten wurde die Eigenentwicklung nicht weiter verfolgt, sondern doch Schienenbusse aus Uerdingen beschafft.

Nur mal so als Vergleich (und leicht OffTopic): Es gibt ein sehr schönes Buch über Culemeyer-Fahrzeuge (von Herrn Culemeyer selbst in den 1930er Jahren geschrieben). Dort wird lange und ausführlich dargelegt, daß es nicht sinnvoll ist, einen Eisenbahnwagen auf der Straße mit mehr als 6km/h zu befödern. Man bedenke einen solchen Transport heute auf unseren Strassen, Aber es waren eben andere Zeiten.

Gruß
Martin



silz_essen  
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RE: Wismarer "Ameisenbär"

#10 von Gast , 16.05.2006 18:35

Also der Wismarer war schon eine ausgereifte Konstruktion. Dafür spricht doch die relativ große Verbreitung und die lange Einsatzzeit.

Dass da Motoren aus der Kfz-Fertigung genommen wurde kennen wir doch von heute. Die 628er haben doch Motoren aus dem LKW-Bereich. Und die Motoren der 611er sind einfach verlängerte LKW-Motoren. Oder die Regioshuttle mit den MAN 2866DUH Motoren mit 257KW, das sind reine Motoren aus dem LKW oder Busbereich, die dafür eingesetzt werden, weil kostengünstig zu beziehen, robust und billig auszutauschen nach 800000km.

Übrigens mussten die ersten RS1, die an die Schönbuchbahn geliefert werden auch immer nach fahrtrichtung angelassen werden. Da war nämlich am Anfang das Wendegetriebe fehlerhaft konstruiert und musste getauscht werden.

Also alles nichts neues, nur dass die ein Automatikgetriebe Voith Diwabus haben.

Wolfgang




RE: Wismarer "Ameisenbär"

#11 von Gast , 20.06.2006 23:46

Noch ein Hinweis dazu:

Eine Museumsbahn, ich glaube in der Nähe von Bremen, hat den dortigen Wiesmarerschienebus mit 2 3l Diesel-Motoren von Mercedes ausgerüstet. Die alten 3l-Diesel mit 59KW(80PS) und die passenden (Automatik-?)Getriebe dazu. Dabei mussten die Vorbauten verlängert und die hauben komplett neu angefertigt werden. Der Grund war, dass es keine Ersatzteile für die Ford-Motoren mehr geben sollte. Das war aber ein vorgeschobener Grund, denn für die Ford A-Motoren gibt es jede Menge Ersatzteile. Zwar weniger hier in Deutschland, aber in den USA und im Internet sind sogar komplette Motoren günstig zu beziehen.

Wolfgang




RE: Wismarer "Ameisenbär"

#12 von Yeti ( gelöscht ) , 28.06.2006 10:42

Der Ameisenbär bzw Schweineschnäuzchen der Eisenbahn Bruchhausen Vilsen hat lat Homepage www.museumseisenbahn.de/fahrzeug/t41.htm noch die Ford-Motoren.

Ansonsten gibt es dieses Fahrzeug nicht mehr in der Nähe von Bremen.

Ein weiteres Fahrzeug fuhr früher von Bremen nach Thedinghausen.
Dieses Fahrzeug steht bzw. fährt jetzt in Bochum. Wie dort die Motorisierung aussieht weiß ich aber nicht.

Das Fahrzeug in Bruchhausen-Vilsen ist klasse restauriert und eine Fahrt hiermit ist sehr zu empfehlen. Es wird aber nur an besonderen Terminen aus seinem Schuppen geholt.

Grüße aus Bremen Yeti



Yeti

RE: Wismarer "Ameisenbär"

#13 von Gast , 29.06.2006 17:59

Ich habe noch was gefunden: Es gibt bei Rio Grande eine DVD 6343 über diesen Triebwagen. Die kostet 16,95 bzw als ER-Club-Mitglied gibt es 15% Rabatt (14,41).

Ich habe mir die jetzt mal bestellt.

Wolfgang




RE: Wismarer "Ameisenbär"

#14 von Gast , 07.07.2006 17:57

Die DVD ist geliefert worden. Es sind folgende interessante Dinge zu erfahren:

Der Wismarer Scheienbus war das erste Fahrueg, das n völlliger Schweisskonstruktion entstanden ist. Die motoren waren damals das modernste und stammten von Ford-LKW, von denen der komplette Vorbau übernommen wurde.

Die Dieselmotoren sind in dem Wismarer der Borkumer Kleinbahn drin.

Also die DVD ist sehr empfehlenswert, vor allem wenn man den TW für vollen Schrott hält.

Wolfgang




   


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