RE: Klang der Auspuffschläge

#1 von U 43 , 07.07.2011 00:28

Hallo,
wenn man Tonaufnahmen von Dampflokomotiven hört, kann man am Klang der Auspuffschläge hören, wieviele Zylinder das Triebwerk hat. Was oder welches Aggregat ist denn dafür verantwortlich, daß einer der Auspuffschläge einen anderen, helleren oder auch zischenden Klang hat?


Gruß, Gernot.
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RE: Klang der Auspuffschläge

#2 von silz_essen , 07.07.2011 09:06

Hallo Gernot,

die Schieber und Zylinder einer Dampflok sind nie hundertprozent dicht. Auch kann man rein technisch die Schieber nicht hundertprozent exakt für Vorwärts- und Rückwärtsfahrt einstellen. Daher wird es immer, wenn auch geringe Unterschiede bei der Dampfverteilung und bei Dampfein- und -ausströmung geben. Dabei kann dann auch ein leicht zischendes Geräusch mit auftreten. Das Ohr ist halt ein recht empfindliches Organ, das solche kleinen Unterschiede gut mitbekommt.
Weiterhin werden natürlich die Zylinder vor der Anfahrt vorgewärmt. Dazu wird Dampf in die Zylinder geleitet und gleich durch die Entwässerungsventile wieder ausgeleitet. Da Zischt natürlich ziemlich stark.
Zu einem "unrhythmischen" Auspuffschlag kann es aber auch z.B. dadurch kommen, daß die Ausströmwege der des Dampfes von den Zylindern zum Blasrohr unterschiedlich lang bzw.unterschiedlich geformt sind. Bestes Beispiel dafür ist die 18 201. Hier sind der eine Außenzylinder und der Mittelzylinder zunächst in einem gemeinsamen Hosenrohr zusammengeführt und erst dann mit dem zweiten Außenzylinder vereinigt. Dadurch ist ein etwas abgehackter Klang beim Anfahren zu hören. Max Baumbach (seines Zeichens damals Leiter der Versuchsanstalt in Halle!) soll sogar bei der ersten Probefahrt der Lok nach dem Umbau von der 61 002 zur 18 201 über die schlechte Ausführung der Arbeit geklagt haben, bis man ihn auf diese besondere Bauweise hingewiesen hat.

Gruß
Martin


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RE: Klang der Auspuffschläge

#3 von Schwanck , 07.07.2011 09:49

Moin Gernot,

in Martins Beitrag ist das wichtigste Organ für den Klang der Dampfauspuffschläge bereits genannt worden: das Blasrohr.
Seine konstruktive Ausbildung zusammen dem Kegel der Esse und dem Volumen der Rauchkammer bilden die Grundlagen für den Klang. Man muss sich schon sehr intensiv mit Akustik beschäftigen um da wirklich voll durchzublicken, vielleicht sollte man auch Orgelbau studieren.

Tschüss

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RE: Klang der Auspuffschläge

#4 von michl080 , 07.07.2011 17:55

Interessantes Thema. Auf http://www.dampfsound.de/body_index.html kann man veschiedenste Maschinen vergleichen. Die meisten Einheitsloks hören sich ja noch einigermassen ähnlich an. Was mich aber echt verblüfft hat, ist der Auspuffschlag einer S3/6. Das hört sich an, als ob der Dampf in eine Blechdose geknallt wird. Ob das wohl an der Verbundbauart mit gemeinsamen Verbindungsrohr zwischen Hoch- und Niederdruckzylindern liegt? Oder vielleicht an den engeren Schloten früherer Maschinen.

Michael


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RE: Klang der Auspuffschläge

#5 von Schwanck , 07.07.2011 21:12

Moin Michael,

es liegt wohl daran, dass der Dampf bei einer Verbundlok weit mehr entspannt ist, als bei einer Lok mit einfacher Dampfdehnung. Außerdem ist auch das Volumen der Rauchkammer bei einer S 3/6 geringer, der Funkenfänger, der akustisch mehr ein Dämpfer ist, ganz anders und mit deiner Vermutung über den Schlotdurchmesser liegtst du auch nicht falsch.

Tschüss

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RE: Klang der Auspuffschläge

#6 von U 43 , 07.07.2011 21:31

Danke für Eure Antworten und den link! Sehr interessant. Allerdings habe ich auf der Test-cd nicht das beschriebene "Nebengeräusch" gehört. Ich kenne es aber aus vielen An- und Langsamfahrszenen aus K. E. Maedels "Lied der Dampflok". Neben dem eigentlichen Aufpuffschlag ist ein rhythmisch wiederkehrendes pffft zu hören, so das beispielsweise eine 39er pffft-ta-ta pffft-ta-ta macht, eine 50er aber pfft-ta-ta-ta pfft-ta-ta-ta, waran man 3- und 2-Zylindermaschine heraushören kann. Wie bei einem Metronom in der Musik. Das pfft kommt, so stelle ich mir das als Laie vor, aber nicht vom Abdampf des Zylinders, sondern tritt der Radumdrehung folgend immer an der gleichen Stelle hinzu. Weiß nicht, ob das so stimmt, aber es hört sich zumindest für mich so an.


Gruß, Gernot.
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RE: Klang der Auspuffschläge

#7 von Dampflokheizer , 09.07.2011 02:31

Hallo,
das könnte an einer undichte Stopfbuchse liegen, da zischt's gerne mal raus. Dann wird beim anfahren fast immer mit offener Zylinderentwässerung gefahren, um die Gefahr des Wasserschlags zu minimieren.
Was noch gar nicht angespochen wurde ist, der Durchmesser der Zylinder, so hört sich z.B. eine 50iger viel wuchtiger an als eine T3, das liegt denk ich mal am Durchmesser des Zylinders sowie der Dampfdruck, der mit Sicherheit bei der Akustik auch noch eine große Rolle spielt. Vlt hört man sogar zwischen Naß und Heißdampf einen Unterschied.

Viele Grüße
Christian


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RE: Klang der Auspuffschläge

#8 von U 43 , 10.07.2011 20:32

Ja, an eine Undichtigkeit habe ich auch schon gedacht. Hört man bei einer Verbundmaschine eigentlich auch den Niederdruckzylinder-Auspuff heraus?


Gruß, Gernot.
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RE: Klang der Auspuffschläge

#9 von Schwanck , 10.07.2011 22:16

Zitat von U 43
Ja, an eine Undichtigkeit habe ich auch schon gedacht. Hört man bei einer Verbundmaschine eigentlich auch den Niederdruckzylinder-Auspuff heraus?



Moin U43,

die Antwort ist ein ganz klares JA, denn es gibt keinen "Auspuff" aus den Hochdruckzylindern.

Tschüss

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RE: Klang der Auspuffschläge

#10 von Schwanck , 11.07.2011 09:53

Moin,

es scheint, dass viele Forumianer das Wort "Verbund" oder den Buchstaben "v" in der Baureihenbezeichnung nicht verstehen.
Verbund bezeichnet eine Bauart der Kolbendampfmaschine, bei der mindestens 2 Zylinder miteinander dampftechnisch verbunden sind. Das ist so ausgeführt, dass der Dampf aus dem Kessel über ein Ventil - den Regler - der Dampfeinströmung des 1. Zylinders über den Schieber zugeführt wird. Im Zylinder entspannt sich der Dampf - man sagt er expandiert - und schiebt den Kolben weg, dadurch wird der Raum vor dem Kolben kleiner, das darin befindliche Gas, Luft oder Wasserdampf, muss weg; das erledigt wieder der Schieber, der den Ausströmkanal frei gibt. Diese Ausströmung mündet bei einfacher Dampfdehnung im Blasrohr und über die Esse im Freien - es macht "puff" oder "tsch" und das ist auch die einzige Gelegenheit im bis jetzt geschildern Vorgang, wo strömendes Gas akustisch wahrgenommen werden kann.
Beim Verbundtriebwerk kommt etwas dazwischen, nämlich der 2. Zylinder. Der Auslass des 1. ist mit dem Einlass des 2. über ein Rohr, das man Verbinder nennt, verbunden. Der Dampf muss also noch ein zweites Mal einen Kolben bewegen. Da er solche Arbeit schon einmal gemacht hat, hat er jetzt weniger Kraft dafür. Die Maschinenbau-Ingenieure haben zum Ausgleich dafür den Durchmesser des 2. Zylinders größer gemacht. Der Dampf hat nun also den großen Kolben auch weggetrieben und darf nun, sobald der Schieber die Ausströmung öffnet, über das Blasrohr usw. entweichen.
Den 1. Zylinder, der den frischen Dampf aus dem Kessel bekommt, nennt man Hochdruckzylinder, er hat den geringeren Durchmesser und der nachgeschaltete 2. Zylinder heißt entsprechend Niederdruckzylinder und hat den größeren Durchmesser. Beide haben eigene Kreuzköpfe und Treib- (Pleuel-) stangen und treiben über 2 Kurbeln, die um 90° versetzt sind, die Räder an.
Das Überströmen des Dampfes durch den Verbinder ist akustisch kaum - eigentlich nicht - wahrnehmbar.
Der Verbinder hat bei manchen Maschinenbauarten noch eine Besonderheit, er besitzt ein Ventil, über das ihm Frischdampf zugeführt werden kann; dies ist dann die Anfahrvorrichtung. Wie der Name schon sagt, dient sie nur zum Anfahren, indem dafür gesorgt wird, dass auch der Niederdruckzylinder schon Dampf bekommt, solange der Dampf im Hochdruckzylinder noch arbeiten muss. Pfiffig! Was?
Da es nun so ist, dass bei einer Dampflok diese Anlage auf der rechten und auf der linken Seite vorhanden ist, spricht man von einer Vierzylinder-Verbundlok. Es folgt aber daraus auch dass es 4 ganz genau vier Auspuffschläge pro Radumdrehung gibt.
Warum aber einige Leute lieber 8 Schläge hören wollen, liegt wohl daran, dass sie das kleine Vau (v) übersehen haben. Es gab nämlich auch Vierzylinder-Dampfloks ohne Verbund, die sogenannten Vierlinge, wozu die pr. S 10, BR 17.0, 2C h4 gehört, die man nicht mit der pr. S10, BR 17.10-12, 2 C h4v oder gar mit der pr. S 10, BR 17.2, 2 C h3 verwechseln darf.

Tschüss

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RE: Klang der Auspuffschläge

#11 von U 43 , 11.07.2011 11:42

Klar, war ne blöd gestellte Frage ! Aber bei der Verbundmaschine sollte der Auspuff doch deutlich leiser sein, da der Dampf mit weniger Restspannung entweicht.


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