Moin,
es scheint, dass viele Forumianer das Wort "Verbund" oder den Buchstaben "v" in der Baureihenbezeichnung nicht verstehen.
Verbund bezeichnet eine Bauart der Kolbendampfmaschine, bei der mindestens 2 Zylinder miteinander dampftechnisch verbunden sind. Das ist so ausgeführt, dass der Dampf aus dem Kessel über ein Ventil - den Regler - der Dampfeinströmung des 1. Zylinders über den Schieber zugeführt wird. Im Zylinder entspannt sich der Dampf - man sagt er expandiert - und schiebt den Kolben weg, dadurch wird der Raum vor dem Kolben kleiner, das darin befindliche Gas, Luft oder Wasserdampf, muss weg; das erledigt wieder der Schieber, der den Ausströmkanal frei gibt. Diese Ausströmung mündet bei einfacher Dampfdehnung im Blasrohr und über die Esse im Freien - es macht "puff" oder "tsch" und das ist auch die einzige Gelegenheit im bis jetzt geschildern Vorgang, wo strömendes Gas akustisch wahrgenommen werden kann.
Beim Verbundtriebwerk kommt etwas dazwischen, nämlich der 2. Zylinder. Der Auslass des 1. ist mit dem Einlass des 2. über ein Rohr, das man Verbinder nennt, verbunden. Der Dampf muss also noch ein zweites Mal einen Kolben bewegen. Da er solche Arbeit schon einmal gemacht hat, hat er jetzt weniger Kraft dafür. Die Maschinenbau-Ingenieure haben zum Ausgleich dafür den Durchmesser des 2. Zylinders größer gemacht. Der Dampf hat nun also den großen Kolben auch weggetrieben und darf nun, sobald der Schieber die Ausströmung öffnet, über das Blasrohr usw. entweichen.
Den 1. Zylinder, der den frischen Dampf aus dem Kessel bekommt, nennt man Hochdruckzylinder, er hat den geringeren Durchmesser und der nachgeschaltete 2. Zylinder heißt entsprechend Niederdruckzylinder und hat den größeren Durchmesser. Beide haben eigene Kreuzköpfe und Treib- (Pleuel-) stangen und treiben über 2 Kurbeln, die um 90° versetzt sind, die Räder an.
Das Überströmen des Dampfes durch den Verbinder ist akustisch kaum - eigentlich nicht - wahrnehmbar.
Der Verbinder hat bei manchen Maschinenbauarten noch eine Besonderheit, er besitzt ein Ventil, über das ihm Frischdampf zugeführt werden kann; dies ist dann die Anfahrvorrichtung. Wie der Name schon sagt, dient sie nur zum Anfahren, indem dafür gesorgt wird, dass auch der Niederdruckzylinder schon Dampf bekommt, solange der Dampf im Hochdruckzylinder noch arbeiten muss. Pfiffig! Was?
Da es nun so ist, dass bei einer Dampflok diese Anlage auf der rechten und auf der linken Seite vorhanden ist, spricht man von einer Vierzylinder-Verbundlok. Es folgt aber daraus auch dass es 4 ganz genau vier Auspuffschläge pro Radumdrehung gibt.
Warum aber einige Leute lieber 8 Schläge hören wollen, liegt wohl daran, dass sie das kleine Vau (v) übersehen haben. Es gab nämlich auch Vierzylinder-Dampfloks ohne Verbund, die sogenannten Vierlinge, wozu die pr. S 10, BR 17.0, 2C h4 gehört, die man nicht mit der pr. S10, BR 17.10-12, 2 C h4v oder gar mit der pr. S 10, BR 17.2, 2 C h3 verwechseln darf.
Tschüss
KFS