Ich erinnere mich an die 80er-Jahre, in denen ich desöfteren die Transitzüge benutzte, um vom Bundesgebiet nach Berlin(West) zu kommen.
Auf der Transitstrecke von Hannover war Helmstedt westlicher Grenzbahnhof. Dort wurde auch der Lokwechsel vorgenommen. Seit der Draht von Westen Helmstedt erreicht hatte, zogen meistens 110er die Züge bis Helmstedt, wo eine 132-Ludmilla der DR wartete, um den Zug für die Weiterfahrt zu übernehmen.
Der Lokwechsel fand immer im Westen statt.
Was ich mich dabei immer gefragt habe: der Lokführer der Reichsbahnlok hätte in Helmstedt regelmäßig einfach nur aussteigen brauchen und politisches Asyl beantragen können. Eine Fluchtmöglichkeit völlig ohne Risiko. ("Ich bin dann mal weg." )
Trotzdem ist mir nicht in Erinnerung, dass ein solcher Fall in all den Jahren öffentlich geworden wäre. Weiß jemand etwas darüber? Hat man auf DDR-Seite immer nur "linientreue" Lokführer mit der Führung der Transitzüge beauftragt, von denen man glaubte, eine Flucht ausschließen zu können? Oder nur solche, die durch Kinder und Familie zusätzlich an einer Flucht gehindert wurden?
Viele Grüße, Hans "Und nein, mein Herr, tut mir Leid, ich bin nicht bei Fäißbuck."
Zunächst brauchten Deutsche aus der DDR kein Asyl beantragen, wenn sie legal oder nach nach den Gesetzen der DDR illegal in die Bundesrepublik kamen. Sie waren nach Auffassung der Bundesrepublik immer Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.
Die Transitzüge und Interzonenzüge wurden zu einem großen Teil von Reichsbahnern aus Berlin - West gefahren.
Zitat von Dölerich HirnfiedlerZunächst brauchten Deutsche aus der DDR kein Asyl beantragen, wenn sie legal oder nach nach den Gesetzen der DDR illegal in die Bundesrepublik kamen. Sie waren nach Auffassung der Bundesrepublik immer Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.
Stimmt. Habe ich mich falsch ausgedrückt.
Zitat von Dölerich HirnfiedlerDie Transitzüge und Interzonenzüge wurden zu einem großen Teil von Reichsbahnern aus Berlin - West gefahren.
Auch das klingt logisch. Danke für die Erklärung.
Viele Grüße, Hans "Und nein, mein Herr, tut mir Leid, ich bin nicht bei Fäißbuck."
und das "Nicht-Westberliner-Personal" war handverlesen und ideologisch 150%-ig - haben mir zumindest meine Verwandten von "drüben" damals erzählt (Grenzübergang Hof / Gutenfürst - da war ja auch in Hof Lokwechsel).
Zunächst brauchten Deutsche aus der DDR kein Asyl beantragen, wenn sie legal oder nach nach den Gesetzen der DDR illegal in die Bundesrepublik kamen. Sie waren nach Auffassung der Bundesrepublik immer Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.
Die Transitzüge und Interzonenzüge wurden zu einem großen Teil von Reichsbahnern aus Berlin - West gefahren.
mfg
D.
Hatte die Reichsbahn denn wirklich West Berliner Personal? Diese hätten ja in harter West-Währung ausgezahlt werden müssen und um ein x-faches mehr als ihre damaligen Ost-Kollegen verdient???
Zitat von LinesHatte die Reichsbahn denn wirklich West Berliner Personal? Diese hätten ja in harter West-Währung ausgezahlt werden müssen und um ein x-faches mehr als ihre damaligen Ost-Kollegen verdient???
Ja, auf jeden Fall. Bis 1980 haben sie die S-Bahn in Berlin(West) betrieben, das lief ausschließlich mit West-Personal. Sie hatten Riesenprobleme, die Löhne in D-Mark aufzubringen und 1980 kam es zu einem Flächenstreik der im Westen angestellten Lokführer mit der Forderung nach Gehaltssteigerungen, die dem westlichen Tarifvereinbarungen folgten. Das Resultat war, dass die Reichsbahn daraufhin den Betrieb im Westen fast vollständig eingestellt hat, bis auf ein paar symbolische Relationen. Ganz einstellen konnten sie den Verkehr nicht, weil das Viermächteabkommen der Reichsbahn zusammen mit dem Betriebsrecht auch eine Betriebspflicht auferlegt hat, soweit ich weiß.
1984 kam es dann zur Übernahme der S-Bahn in Berlin(West) durch die BVG. Dagegen hatte sich die DDR jahrzehntelang vehement gewehrt, für sie war die Präsenz der Reichsbahn in Berlin(West) von starker symbolischer Bedeutung. Heute wissen wir, dass es einer der ersten Vorboten eines umfassenden Staats- und Systembankrotts gewesen ist.
Ob sie also im Laufe der 80er immer noch Westpersonal beschäftigten, um die Interzonenzüge zu führen, weiß ich nicht genau, aber es macht einen gewissen Sinn.
Viele Grüße, Hans "Und nein, mein Herr, tut mir Leid, ich bin nicht bei Fäißbuck."
und das "Nicht-Westberliner-Personal" war handverlesen und ideologisch 150%-ig - haben mir zumindest meine Verwandten von "drüben" damals erzählt (Grenzübergang Hof / Gutenfürst - da war ja auch in Hof Lokwechsel).
Hallo , ist es vielleicht auch möglich dass die Lokführer in der DDR ihre Heimat hatten und garnicht " abhauen " wollten Ich wäre auch immer wieder zurückgekehrt denn Heimat bleibt Heimat egal wie
Da kannst Du freilich auch recht haben - zumal viele ja auch Familie hatten! Ich habe nur die Aussage meiner Verwandten (Damals wie auch heute wohnhaft im Bereich Sonneberg - Probstzella) auf eine Frage von mir wiedergegeben.
und das "Nicht-Westberliner-Personal" war handverlesen und ideologisch 150%-ig - haben mir zumindest meine Verwandten von "drüben" damals erzählt (Grenzübergang Hof / Gutenfürst - da war ja auch in Hof Lokwechsel).
Stimmt. Da wurde bis ins kleinste ausgesucht.
@Otto Deshalb wurde ja ausgesucht und handverlesen. "Feste Wurzeln" und bestimmt auch kleine Vergünstigungen sind beim Erhalt der Heimattreue hilfreich.
Hallo, da sich am Samstag der Mauerbau zum 50.mal jährt, gibt es vom Radiosender JUMP dazu eine Themenwoche. Ein Thema ist die Flucht aus der DDR. Gestern wurde von einem Lokführer berichtet, der per Bahn erfolgreich von Ost- nach Westberlin geflüchtet ist.
politische Zuverlässigkeit war nicht das alleinentscheidende Kriterium, Ost-Personale in den Westen fahren zu lassen; hier hätte jemand auch leicht etwas vorspielen können.
Viel geeigneter, eine Flucht zu verhindern, waren familiäre Bindungen in der DDR, zumal das DDR-Unrechtsregime auch gerne Familienangehörige in Sippenhaft genommen hat.
Um ma ein bißchen Licht ins Dunkel zu bringen, beschreibe ich hier mal wie es beim BW Erfurt (P) war. Denn bekanntlich sind ja auch die Personale des BW Erfurt P (später nur noch Erfurt) mit den Interzonenzügen nach Bebra gefahren. Diese waren aber linientreue rote Socken (Sprich Mitglieder der SED die besonders linientreu waren). Diese wurden natürlich Handverlesen, von noch höheren SED-Funktionären innerhalb der ehemaligen Rbd Erfurt. "Normale" Lokführer (wie z.B. mein Vater) durften maximal bis Eisenach bzw. die Werrabahn (Eisenach-Meiningen) fahren. Kurz nach dem Mauerbau haben es wirklich ein Lokführer und sein Heizer (+Zugführer und Familien) in Westen geschafft indem sie ein "Bremsversagen" des angehangenen DB13 Doppelstockzug vortäuschten. Am letzten Halt vor der Grenze brach man dann durch den Prellbock( die Strecke in die Berliner Westsektoren war zu diesen Zeitpunkt nur durch einen Prellbock gesichert und lag noch, aber wurde danach wohl schnellstens durch die Staatsführung der DDR abgebaut). Im Prinzip haben die nicht mehr gemacht als wie die Luftabsperrhähne zwischen Lok und Zug geschlossen, anschließend die Bremse der Doppelstockeinheit entlüftet so das er nicht mehr bremsen konnte, und haben den Zug nur mit der Lok zum stehen gebracht (natürlich erst in Westberlin). Für alle die jetzt fragen warum beim Doppelstockzug die Bremse wirkungslos gemacht wurde, wenn ein Funktionär der SED oder sonst ein Linientreuer im Zug gesessen hätte, dann hätte dieser mit Sicherheit die Notbremse gezogen und der Grenzdurchbruch wäre nicht möglich gewesen und mindestens der Lokführer und Heizer hätten etliche Jahre Zuchthaus bekommen wenn man sie erwischen hätte können. So zumindest wurde dieser Grenzdurchbruch unter den Eisenbahnern jener Jahre erzählt (natürlich nie offiziel).
der Einsatz von Westberliner Lokpersonalpersonal wäre ja nur für Transitzüge zwischen Berlin und Westdeutschland in Betracht gekommen. Es gab aber auch Züge, die nicht in W - Berlin ihren Ausgangs- bzw- Endpunkt hatten.
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass die S - Bahnzüge - nach Übernahme der S - Bahn in Westberlin durch die BVG - zwischen dem Lehrter - Bahnhof und Friedrichsstrasse und umgekehrt nur Triebwagenführer der DR zum Einsatz kamen.
Der Fahrplan war so ausgelegt, dass der Reichsbahntriebwagenführer im Lehrter Stadtbahnhof nur ganz kurzen Aufenthalt hatte.
Mfg. Christian ................................ Nur das Vorbild ist Vorbild fürs Modell!
Zitat von Metronom96Hallo, da sich am Samstag der Mauerbau zum 50.mal jährt, gibt es vom Radiosender JUMP dazu eine Themenwoche. Ein Thema ist die Flucht aus der DDR. Gestern wurde von einem Lokführer berichtet, der per Bahn erfolgreich von Ost- nach Westberlin geflüchtet ist.
Ah ja: Hier. Bitte runterscrollen bis "Die Flucht"!
ZitatIm Prinzip haben die nicht mehr gemacht als wie die Luftabsperrhähne zwischen Lok und Zug geschlossen, anschließend die Bremse der Doppelstockeinheit entlüftet so das er nicht mehr bremsen konnte, und haben den Zug nur mit der Lok zum stehen gebracht (natürlich erst in Westberlin).
Kurz mal eine Frage, eigentlich Grundwissen (fehlt mir): Werden die Bremsen nicht zwangsangelegt, wenn die Leitung entlüftet wird oder lösen sie sich beim Entlüften? Ersteres fände ich in Notfällen irgendwie sinnvoller ... Siehe Elsterwerda 1998.
zur Bremsenfrage: Wenn der Druck in der Luftleitung abfällt, wird gebremst. Das ist soweit richtig und auch, wie u feststellst, sinnvoll. Die Bremskraft wird aber durch zuvor in Druckluftbehältern an jedem Fahrzeug gespeicherte Druckluft ausgeübt. Nach dem Lösen der Bremsen werden diese Behälter durch die Luftleitung wieder komplett aufgefüllt. Schließt man jetzt die Luftabsperrhähne und entlüftet gleichzeitig die Druckluftbehälter, kann das Fahrzeug nicht mehr bremsen!
zur Bremsenfrage: Wenn der Druck in der Luftleitung abfällt, wird gebremst. Das ist soweit richtig und auch, wie u feststellst, sinnvoll. Die Bremskraft wird aber durch zuvor in Druckluftbehältern an jedem Fahrzeug gespeicherte Druckluft ausgeübt. Nach dem Lösen der Bremsen werden diese Behälter durch die Luftleitung wieder komplett aufgefüllt. Schließt man jetzt die Luftabsperrhähne und entlüftet gleichzeitig die Druckluftbehälter, kann das Fahrzeug nicht mehr bremsen!
Schöne Grüße, Moritz
........... und das Ziehen der Notbremse bleibt wirkungslos. Deshalb wurden im geschilderten Fall auch die Bremsen entlüftet.
Mfg. Christian ................................ Nur das Vorbild ist Vorbild fürs Modell!
Zitat von hansi59Ja, auf jeden Fall. Bis 1980 haben sie die S-Bahn in Berlin(West) betrieben, das lief ausschließlich mit West-Personal. Sie hatten Riesenprobleme, die Löhne in D-Mark aufzubringen und 1980 kam es zu einem Flächenstreik der im Westen angestellten Lokführer mit der Forderung nach Gehaltssteigerungen, die dem westlichen Tarifvereinbarungen folgten. Das Resultat war, dass die Reichsbahn daraufhin den Betrieb im Westen fast vollständig eingestellt hat, bis auf ein paar symbolische Relationen. Ganz einstellen konnten sie den Verkehr nicht, weil das Viermächteabkommen der Reichsbahn zusammen mit dem Betriebsrecht auch eine Betriebspflicht auferlegt hat, soweit ich weiß.
Es waren nich alle S-Bahn Triefahrzeugfüher der Reichsbahner aus Berlin (West). Ein Teil der Züge der Nord- Süd S-Bahn wurde vom S-BW Nordbahnhof gestellt und das lag im Osteil der Stadt im Bezirk Mitte. Die Triebfahrzeugfüher kammen aus Berlin (Ost) oder dem Umland. Die Züge fuhren vom Bw zum Nordbahnhof und fuhrenvon dort als Leerzug zum Banhof Friedrichstraße dort setzen sie in den Umlauf ein und nahmen auch Fahrgäste mit. Fuhren die Züge zurück zum Bw ging das Spiel umgekehrt.
hab da noch was gefunden. Für die Transitzüge nach Helmstedt stellte das BW Grunewald, liegt/lag im Westsektor, die Personale. Zum Teil waren dies Westberliner. Die Mitarbeiter aus dem Osten reisten mit speziellen Dienstpersonenzügen aus dem Ostteil der Stadt oder auch aus Potsdam ein. Diese mußten wie schon beschrieben politisch zuverlässig sein. Grunewald hatte für diese Dienste ab 1963/64 die V 180 (DR-BR 11 zugeteilt bekommen. Später nachdem diese Züge mit der DR-BR 132 bespannt wurden fuhr das Grunewalder Personal mit Maschinen aus anderen BW, unter anderem auf Lok aus Seddin und Wustermark.