Hallo zusammen!
Ich will mal versuchen, Euch meine "Modellbahner-Karriere" zum einen und meine Nostalgie-Anlage zum anderen vorzustellen und den Weg bis zum aktuellen Baufortschritt nachzuzeichnen.
Eines vorausgeschickt: es geht schon seit Jahren leider nur noch stockend voran, da ich mich mittlerweile für ein Studium bei Berlin entschieden habe und die gesamte Bahn auf dem elterlichen Speicher im Schwäbischen zwischengelagert ist. Ich muß mich also zurzeit auf Planungen und Gedankenspielchen beschränken - und auf den Selbstbau von Gebäuden (dazu ein anderer Thread).
Vorgeschichte
Meine erste Märklin bekam ich Weihnachten 1984 schon im zarten Alter von viereinhalb Jahren, wie es damals noch Standard war, mit M-Gleisen. Bemerkenswert dabei: es war keine Startpackung, alles war einzeln angeschafft. Vadder hatte sich dabei kreativ betätigt und offenbar Spaß am Basteln, denn unterm Weihnachtsbaum stand eine dieser berüchtigten, komplett aufgebauten Spielbahnen, bei denen man nur noch am Regler drehen kann. Es gab nur eine Weiche, das Zweiggleis endete vor dem Bahnhofsgebäude. Die Platte war derart klein, dass an eine vernünftige Erweiterung nicht zu denken war. Eigentlich ein Wunder, dass ich mit dieser Minimal-Anlage und einer 3087 mit fünf Waggons jahrelang glückselig war. Im Lauf der folgenden fünf Jahre kamen noch drei Loks und etwa zehn Waggons dazu.
In den späten Achtzigern stieg ich auf K-Gleis um, mein Vater baute mir dafür einen großen Tisch (3,20x1,80) aus Spanplatten. Darauf legte ich (so um die 12 Jahre alt) bar jeder Kenntnis von Anforderungen an einen Gleisplan und sonstigen Regularien wild drauf los, verlegte die Gleise auf Kork und schotterte alles ein. Sah auch soweit ganz gut aus, nur hatte ich anschließend Bahnsteiglängen von 1,10m. Autsch. Also wieder eine Sackgasse.
Danach passierte lange nichts mehr. Diese Anlage ist inzwischen komplett abgebaut, Gebäude und Gleismaterial eingemottet.
Das Projekt "Retro-Modellbahn 1959"
Wie kam es zu der Idee einer Nostalgieanlage?
Der Funke sprang bei der alljährlichen, vorweihnachtlichen Modellbahnausstellung im Möbelhaus Inhofer in Senden bei Ulm über, das dürfte so um 2006 gewesen sein. Eine Anlage, die mich dort wirklich vom Hocker haute, war eigentlich nur ein Diorama, bestehend aus M-Gleis mit durchgehendem Mittelleiter, Ausschnitt aus einer Bahnhofseinfahrt. Grundfigur war eine simple "Acht" (und nur die war auch befahrbar), über die "Weichenstraße" führte eine große Blechbogenbrücke. Und der Clou: alles war "eingeschneit" und fand auf etwa einem Quadratmeter Platz. Ich weiß nicht, wie lange ich vor dieser bezaubernden kleinen Winterlandschaft gestanden habe. Jedenfalls habe ich mich gleich an den Rechner gesetzt und bei Ebay und später auf Börsen M-Gleise gekauft. Es ging wieder los!
Back to the Roots und noch etwas weiter zurück
Die toll getroffene Nachkriegsoptik der Winteranlage weckte in mir den Wunsch, auch in diese Richtung zu bauen und dabei weitestgehend auf Mittel und Möglichkeiten der Wirtschaftswunderzeit zurückzugreifen. Gleichzeitig wollte ich aber keine reine Tischbahn, sondern in mehreren Ebenen bauen und auch eine realitätsnahe Landschaftsgestaltung angehen. Gewissermaßen eine High-End-Anlage aus damaliger Sicht. Hier einige wesentliche Eckpunkte:
- "Viel bringt viel" als zeitgenössische Maxime: der Bahnhof nimmt den meisten Platz ein und ist zentraler Schauplatz. Die Gleisanlage dominiert zwingend, der Bahnhof ist fünfgleisig. Paradestrecken im Sinne einer "freien Strecke" gibt es nicht wirklich.
- moderne Werkstoffe und Modelle im sichtbaren Bereich sind grundsätzlich zu vermeiden
- möglichst sinnvoller, betriebsgerechter Gleisplan
- alle Gleise sind problemlos auswechselbar, Anschlussgleise werden unter der Platte nur angesteckt und nicht gelötet
- eine vorbildnahe Signalausstattung mit Zugbeeinflussung wird realisiert, vorbildgerecht nur in eine Richtung wirksam (analog ein besch.... Aufwand!)
- alles ist elektrisch/elektromechanisch schalt- und steuerbar über Stellpult oder Kontaktgleise
- Relais und Dioden: ja, digitale Bausteine: nein!
- Bau der Anlage in drei Segmenten als Spantenbau mit Tischlerplatten
- relaisgesteuerter Schattenbahnhof mit 3/(4) Stellplätzen à 1,70m im Tragrahmen integriert
- Realisierung einer Teilstrecke mit Haltepunkt mit altem Puko-Modellgleis 3800/3900 von 1952
- 5 Stromkreise (Strecke, Bhf, Rbf, Oberleitung, Schattenbahnhof)
- Märklin-Oberleitung, die Modellgleisstrecke ggf. mit früher Sommerfeldt-OL
- drei Gleise für Personenverkehr (bedingt wendezugtaugliche Trennstreckenschaltung), davon zwei für Züge bis 1,65m (z.B. Schnellzug aus F 800 mit fünf 24cm-Reisezugwagen als längster Zug), Nahverkehrsgleis bis 1,10m Zuglänge. Wegen der platzbedingten dreiprozentigen Steigung werden die Züge aber wohl kürzer sein
- zeitgenössische Modellhäuser oder Eigenbauten
Bisheriger Verlauf
Offen gestanden habe ich bei der Planung wieder einige Fehler gemacht, die meine Anlage zu einem - nun ja - sehr "organischen" Konstrukt machen. Ich habe direkt am lebenden Objekt geplant, also ohne Planungssoftware und ständig größere und kleinere Umbauten vorgenommen, weshalb inzwischen z.B. Weichen auf Segmentstößen zu liegen kommen Das Feintuning dauert immer noch an und erfordert Nachbesserungen. Auch nicht immer hilfreich sind die tausend neuen Ideen, die ich zwischen zwei "Heimaturlaben" austüftle und die dann nach sofortiger Umsetzung verlangen. Also wieder ein Umbau mehr.
Die Kabel für die Magnetartikel sind inzwischen alle glücklich verlegt, aber noch nicht angeschlossen, die Schaltungen sind derzeit nur auf dem Papier existent - hier erwarte ich aber keine unlösbaren Probleme. Derzeit stecken etwa 600 Meter Kabel in der Anlage, klassischerweise zu Bäumen gebunden.
Der aktuelle Gleisplan (die Bogenstrecke zwischen den roten Pfeilen ist mit Modellgleis 3800/3900 gebaut)
In beide Richtungen gibt es eine Kehrschleife, der Haltepunkt im Nordosten kann im Kreis befahren werden. Insgesamt ist es möglich, jeden ausfahrenden Zug einmal durch die gesamte Anlage zu schicken, bevor er wieder in den Bahnhof einfährt. Bezieht man den Schattenbahnhof (gesonderter Gleisplan folgt noch) mit ein, legt der Zug fast 30m zurück. Bei einer Anlagengröße von nur 3,60x1,80 ist das schon eine ganz nette Strecke.
Das älteste Foto, das ich zur Hand habe, zeigt den Gleisplan schon so, wie er weitgehend auch jetzt noch ist. Die Straße verläuft natürlich nicht mehr unter den Abstellgleisen durch, sondern führt außen herum.
Der hinzugekommene Haltepunkt, hier noch ohne Gütergleis. So schöne Radien gab es bis 1956 als M-Gleis. Dass die Modellgleise zu teuer (weil aufwendig) waren, weiß man und kann man nachvollziehen. Warum sie allerdings nicht im späteren, einfacheren Puko-Gleis übernommen wurden, verstehe wer will.
Wird ergänzt.