Ok, los geht's mit dem ersten Material. Weitere folgen dann nächstes Wochenende.
Viel verwendet, am bekanntesten im "Volk" (?), auf jeden Fall am günstigsten...
Die Spanplatte
Gleich mal vorab: Ich habe zwar versprochen, dass ich neutral bleiben will, ich weiß echt nicht, ob ich das hier schaffe...
Die Spanplatte ist im allgemeinen ein Abfallverwerter. Das klingt doch schon mal gut. Für die Produktion dieses Werkstoffes kann ALLES mögliche Holz verwendet werden:
- Frisches Rundholz (meist aber nur das total krumme, schief gewachsene; alles andere "bessere" geht an die Sägewerke oder Faserproduzenten)
- Reste aus dem Sägewerk (nennt sich Schwarten, aber nicht die Rinde! Rinde ist bislang selbst nicht mal für Spanplatten zu gebrauchen)
- Altholz (naja, so direkt sollte man das nicht sagen, Altholz ist mittlererweile ein durch die Optik teurer Rohstoff am Markt; gemeint sind hier alte Holzprodukte, Möbel als Beispiel...)
Der Herstellungsprozess der Spanplatte ist relativ einfach beschrieben. Das eingehende Material wird (im Falle von Rundholz erst mal entrindet) in einen großen Spaner geschickt. Hinten heraus kommen da erst mal tonnenweise Holzspäne verschiedenster Größen (vom wirklich feinen Material bis zu 5-10mm als größter Mittelwert). Das Material wird gesiebt (Fein von Gröberem getrennt), gewaschen, getrocknet und beleimt.
Die Spanplatte ist im Regelfall ein dreischichtiges Produkt. Die Mittlelage besteht aus dem gröberen Material, die Deckschichten aus dem feineren (das einzige was wirklich zu fein für den Herstellungsprozess ist, ist übrigens der staubförmige Anteil; nur um mal einen Eindruck des feinsten zu bekommen). Diese insgesamt drei Schichten werden "geformt", anschließend gepresst. Das entsteht in Europa als endlose Platte, welche dann noch in die fixen Maße aufgeteilt werden muss.
An diesem Punkt ist das Produkt fertig.
Ich sage es mal so: Sie wäre nicht so schlecht, wenn nicht...
...die grobe Mittellage wäre: Leim ist teuer. Daher wird dieser an der untersten nötigen Grenzmenge gefahren. Für die Mittellage mit ihren groben Partikeln ist das größtenteils zu wenig, es entstehen Hohlräume, oder es werden Stellen gar nicht "flächig" zusammengehalten (vorsicht, wir sprechen hier von winzigsten Punkten, in Masse machen die aber ordentlich was aus). Die Spanplatte ist daher ein sehr leicht zu spaltendes Material... Das macht es auch sehr schwer eine Schraube in die Kante einzudrehen. Das Material wird beschädigt, die Schraube hält zwar, aber nicht besonders gut.
...eben die Spanplatte ein großes Konkurrenzprodukt ist. Sie ist nur deshalb so immens billig, weil so viel davon produziert wird. Man muss billig produzieren (Konkurrenz mach ja auch billig), daher produziert man viel. Eine große Produktionsmenge macht ein Produkt von alleine wieder günstig (an dem Punkt käme jetzt irre viel Kostenrechnung, glaubt es mir einfach wie es gleich da steht), der Preis des Produktes wird fast nur von den Rohstoffpreisen gesteuert. Und nachdem hier der Leim den größten Anteil hat, wird dieser sparsamst verwendet. Wo das hinführt, siehe vorheriger Punkt.
Diese ganze Theorie wird wahrscheinlich bis jetzt noch nicht so direkt überzeugt haben, warum sollte man nicht trotzdem eine für die Anlage nehmen? Wenn sie schon nicht so gut ist, ok, dann halt keine 22er, dann kauft man halt eine 28er...
Besser nicht.
Die Spanplatte ist für den Moment ganz formstabil. Sie macht auch einiges mit. Sie hat nur zwei große Problemstellen zu bieten:
1. Sie ist nicht Wasserfest. Der verwendete Leim ist nicht nur in geringst möglicher Menge vorhanden, er ist auch Wasserlöslich. Genau genommen ist er nicht Wasserlöslich, durch Wasser wird er abgebaut/zerstört. Ein Tropfen macht da jetzt noch nichts aus, aber wenn man z.B. Gleise drauf legt, einschottert und den Schotter mit verdünntem Leim festigt, so kann das zur Leimverdünnung beigefügte Wasser der Platte schon zusetzen.
2. Die Spanplatte besitzt eine Eigenart, die sich Kriechen nennt. Nein, die haut nicht nachts mal unter dem Türspalt ab
Kriechen nennt sich der Prozess, über Zeit langsam unter Last nachzugeben, sich zu verformen. Bayrische Sportart: Masskrugstemmen, ein gefüllter Masskrug wird mit ausgestrecktem Arm vor dem Körper gehalten. Wer es am längsten schafft, gewinnt. Auch hier kann man von Kriechen sprechen, der Prozess in dem dem Stemmenden langsam die Kraft ausgeht und der Krug den Arm Zentimeter um Zentimeter nach unten drückt.
Bei der Spanplatte bei folgendem am besten zu beobachten:
IMG_7907 by
T4URU5, on Flickr
IKEA, Billy-Regal, die Fachböden sind aus Spanplatte (beschichtet, das spielt aber kaum eine Rolle). Die Bücher (es reichen übrigens auch schon geringere Lasten) bringen die Platte dazu sich langsam nach unten durch zu biegen. Irgendwann kann man das Regalfach dann umdrehen, nach zwei Monaten ist es wieder gerade, dann geht's wieder "abwärts".
Nicht mal ein Rahmen aussen herum könnte ein Absinken der Mitte verhindern.
Das Kriechen ist sogar im unbelasteten Zustand irgendwann zu "erkennen". Eine Last darauf erhöht die Durchbiegung.
Aber woher kommt das Kriechen eigentlich?
Der Klebstoff ist als Kunststoff zu betrachten. Ein Kunststoff, der seinen Lasten gerne ausweicht... Er verformt sich lieber, als ein bisschen Kraft gegen eine auf ihr einwirkende Kraft aufzubringen... Nicht gerade optimal.
Wer an diesem Punkt immer noch an das Gute in der Spanplatte glaubt, ich habe nochmal was für euch:

Diese alte, "wild" entsorgte Arbeitsplatte liegt da meiner Meinung nach seit 6-8 Wochen. Es ist auf meiner Radlroute an die Bahnlinie, ich fahre da also oft genug vorbei.
IMG_7878_natuerlicher_Eigenlasttest_40mm_Spanplatte by
T4URU5, on Flickr
Ich habe sie schon "bewundern" dürfen als sie noch komplett gerade war, mittlererweile passt sie sich der natürlichen Untergrundform schon echt gut an...
Ach ja, Hintergrunddaten: Eine Küchenarbeitsplatte, ca 40mm Stärke, also ein "richtig dickes, zähes Ding". Ich würde nicht behaupten, dass sie es trocken hat, aber das ist egal, manche Tests werden unter Extrembedingungen beschleunigt. Die Verformung entsteht übrigens komplett unter Eigenlast.
Das könnte eine Modellbahnplatte nach 4 Jahren sein...
Ein Nachtrag noch: Die Bearbeitbarkeit.
Im Grunde genommen lässt sich die Spanplatte leicht bearbeiten, da sie nur aus verklebten Partikeln besteht, ist es einfach diese heraus zu brechen.
Der Nachteil beim Sägen liegt aber darin: (das ist glaube auch weithin bekannt) Spannplatte lässt das Sägeblatt (im übrigen alles andere Werkzeug auch, es fällt aber nur bei der Säge "schnell" auf) schnell verstumpfen. Der Grund dafür ist wieder mal ganz einfach: Da für ihre Produktion "alles mögliche" verwendet werden kann bzw wird, ist auch leicht mal etwas feiner Sand, Erde oder andere feine nicht-hölzerne Partikel drin. Wir haben gerade heute gelernt, dass bei der Spanplatte der Test auf eben diesen nicht beabsichtigten Anteil Qualitätsgebend ist.
Auch beim Bohren gibt es etwas zu beachten: Wie weiter oben schon erwähnt, sollte eine Schraube niemals ohne vorbohren eingedreht werden!
Nach viel Text ist es glaube langsam mal Zeit für ein
Fazit
Die Spanplatte ist ein Produkt für den Möbelbau. Dafür ist sie bestens geeignet, die Möbelsparte rechnet mit einer Produktlebensdauer von 10 Jahren, das reicht vollkommen aus.
Liebe Modellbahner, lassen wir ein Möbelbauprodukt den Möbeln. Wenn ihr unbedingt Spanplatten verbauen wollt, dann könnt ihr ja das Regal für die leeren Lok- und Wagenschachteln daraus bauen.
Aber bitte nicht die Anlage.
Hinweis am Rande:
Wer glaubt, er habe positivere langzeitliche Erfahrung mit Spanplatten gemacht, Langzeittests bei Holzprodukten belaufen sich bei moderaten Nutzlasten auf 10 bis 15 Jahre. Und zu dieser Zeit war der Preisdruck noch nicht so groß, da war das Produkt noch besser verleimt...
Und wer aktuell vier Kubikmeter Spanplatten für die anstehende Anlage zuhause hat, möge sich den Satz eines ehemaligen Professors von mir zu Gemüte führen: "Spanplatte ist billiger als Brennholz im direkten Mengenvergleich". Ich würde sagen: kauf was gscheides für den Anlagenbau und im nächsten Winter musst du schon mal sicher nicht frieren
Anregungen, von mir möglicherweise vergessene Punkte zum nachtragen oder Fragen zum Thema gerne per PN! Weitere Werkstoffe folgen nächstes Wochenende, bis dahin muss ich euch mit diesem "Negativerfolg" alleine lassen. Aber es gibt Hoffnung
Schöne Grüße,
Christian
PS: Ich wusste dass das hier echt lange Artikel werden, aber dass es so viel ist... hätte ich nicht gedacht.