@ Bodo
Das mit den breiten Streifen an den Fahnenmasten kann ich Dir schon erklären.
Schuld daran ist eigentlich Lieschen, die Tochter vom Dorfschullehrer Riedel, die immer so schöne lange Zöpfe hatte.
Von der Fleischerei Hinrichsen hatte doch der Jüngste, also der Klausi, der kleine Rothaarige mit den vielen Sommersprossen, beim Flaschner Röhrich in die Lehre gehn solln. Aber der hat ja dann kurz nach der Eröffnung der Bahnline, als seine Frau mit dem Schwager von Hinrichsens Nachbarn durchgebrannt ist nach Amerika, alles versoffen. Deshalb hat dann Klausi eine Lehre beim Maler Lempl angefangen. Es wäre ja alles nicht so schlimm gewesen wenn Klausi nicht der Himbeerkuchen in den Farbeimer gefallen wäre. Die Meisterin hatte den Lehrling zu Tante Frieda geschickt um den Kuchen zu holen. Tante Frieda wohnt gleich hinter dem Bahnhof beim Schneider im Dachgeschoß, ein kleines Gärtchen das sie hegt und pflegt mit ein paar Gemüsebeete und den Himbeersträuchern ist ihr ganzer Stolz. Von ihr bekam Klausi auch immer mal einen von den leckeren Karamelbonbons. Mit Bonbon im Mund, strahlenden Gesicht und dem Hinweis, bloß gut auf den Kuchen aufzupassen weil's die letzten Himbeeren dieses Jahr waren, marschierte er durch den Hinterhof zu Frau Lempl's Küchenfenster. Mit etwas hatte er jedoch nicht gerechnet, des Meisters Spitz begrüsste ihn so stürmisch, daß er hintenüber in den Gartenteich fiel, der Himbeerkuchen landete im Eimer mit der frisch angesetzten Kalkfarbe für Bauer Hennes Stall. Auweh! Die Farbe war im Eimer, der Himbeerkuchen auch.
Klausi war vom Teich noch nicht mal herausen als der Meister brüllend um die Ecke rannte. Wutentbrannt verurteilte er den triefnassen Lehrling, der nicht nur vor Kälte zitterte, zum streichen der 3 Fahnenmasten für den Bahnhof "bis Sonntag müssen die fertig sein" grollte er noch im weggehn.
Und weil Lieschen ihm versprochen hatte am Samstag Abend mit aufs Waldfest zu gehen musste er sich was einfallen lassen. So eine Gelegenheit kam nie wieder, das durfte er sich nicht entgehen lassen. Damit konnte er noch Wochenlang auf den Putz hauen.
Schöne Streifen sollte er malen, nicht breiter als der Pinsel lang ist. Und deshalb suchte Klausi nach dem Pinsel mit dem längsten Stiel. Im Schuppen wurde er fündig, der Meister hatte doch selber den Stiel verlängert, und der war mindestens nen halben Meter lang. Glücklich über seinen Fund pinselte er wie noch nie im Leben und wurde noch rechtzeitig fertig um mit Lieschen zum Waldfest zu gehen.
Viele Grüße,
Christian von Münchhausen