Guten Morgen Christian et al.,
ein weiterer Ansatz ist, die technischen Gegebenheiten in modellrelevante Einstellungen umzusetzen. Das erfordert allerdings entweder Erfahrung, wie hier schon mehrfach dargelegt oder Kneten des "Denkgummis".
Aufgrund der Aufgabenstellung fange ich damit an:
30 x vierachsige Kesselwagen in der Ebene, keine Steigungen, aber Kurven. Für eine bessere Abschätzung ist es wünschenswert, zu wissen welcher Art die Kesselwagen sind: alte 16,5/19,5 cm Klasse mit Nadelachsen, neuere 18cm Wagen mit Spitzachsen oder die modernen 14,6cm Versionen (ebenfalls mit Spitzachsen) und Kunststoffgleitlagern?
Für die 16,5/19,5cm Typen kann ich eine Abschätzung der Zugmasse durchführen, weil ich die gerade untersuche:
Masse pro Wagen ca. 120g (aufgerundet), bei 30 Modellen 3600g. Aufgrund der Radsätze ist ein Fahrwiderstand von ca. 2,5% anzusetzen. Das ergibt eine Zugmasse von 90g. Für Unebenheiten, Weichen usw. rechne ich mit einem Zuschlag von ca. 40%.
Die Kurvengängigkeit dieser Drehgestellmodelle ist erheblich besser als jene der zweiachsigen Kesselwagen aus der 4500-Klasse, kann daher in der Zugmasserechnung vernachlässigt werden. Damit erreicht die Belastung 126g. Lokmodelle, die diese Last ziehen sollen ohne große Tempoverluste sind entweder sehr stark (BR E94/3022 usw.) oder besitzen eine funktionierende Regelung ( werden aber auch langsamer!). Da die maximale Zugmasse eine Frage der Mechanik ist, können eine Reihe moderner Konstruktionen selbst mit Regelung diese Last u.U. nicht mehr bewältigen. Eine Doppeltraktion bzw. Vorspann wird erforderlich.
Damit kommen wir zu den Lok. Im Analogbetrieb sollte die Schnellere vor den Zug. Da die Lok ausgebremst wird, kann die Langsamere Vorspann leisten. Das funktioniert deshalb besser als anders herum, weil die Differenz der Geschwindigkeiten kleiner ist. Mit Regelung im Digitalbetrieb wird es komplzierter, weil die Regelungsparameter zweier Dekoder sich gegenseitig beeinflussen. Das kann schnell sehr unübersichtlich werden. Modelle mit selbsthemmendem Getriebe sind m.M.n. für diesen Zweck aus Sicherheitsgründen nicht zu empfehlen: bei Stromunterbrechungen besteht grundsätzlich Gefahr von Getriebeschäden durch das zweite, angetriebene Modell.
Wie gut ist nun die Verbesserung durch Vorspann?
Dazu ein Blick in die Loktesttabellen. Darin habe ich ein paar Vorspanne ausprobiert:
BR 80 als 3004, BR 23 als 3005, BR V200 als 3021 und BR E18 als 3023/3024. Der Zuwachs an Zugmasse lässt sich nur indirekt als relative Angabe finden. Dazu etwas Theorie:
Ohne Last wurde ein Zeit t gemessen. Unter Belastung wird jedes Modell ( ja, auch im Digitalbetrieb und auch mit Regelung!) abhängig vom Maß der Belastung langsamer. Damit haben mit dem Quotienten t_last/t_solo ein Maß für die Belastung.
Diese Rechnung könnte man für jede Last und jede Spannung durchführen. Für unsere Zwecke reicht es aus, die größte Last unter höchster Spannung (oder Fahrstufe im Digitalbetrieb) zu vergleichen. Dies ist mit der Größe " S2 " in o.g. Tabelle bereits geschehen. Wir brauchen nur noch zwei Angaben: wie stark ändert sich das Tempo mit der Last und welches der beiden Modelle benutzt man als Referenz?
Letzteres geht schneller: das Modell, dessen Solotempo näher an der DT/VS dran ist. Es verbleibt die Frage "wie stark ändert sich das Tempo mit zunehmender Last?"
Diese Frage muss motorspezifisch betrachtet werden: Reihenschlussmotoren (RSM) auf der einen, fremderregte Motoren (also solche mit Permanentmagnetständer) auf der anderen Seite.
Letztere denkbar einfach: das Tempo nimmt linear mit der Last ab, bei RSM proportional zur Wurzel aus der Last. Dies ist an dieser Stelle genau genug, es kommen weitere Faktoren dazu, die lassen wir mal außen vor und benutzen somit die Größe "S2" als grobe Abschätzung, um die Ausgangsfrage zu klären: wird diese Größe um den Faktor 1,4 kleiner, so vergrößert sich die zu bewältigende Last um den Faktor 2 (Wurzel aus 2 = 1,41....).
Also zur TM800/3004: zwei Modelle der Versionen 3004.2 und 3004.4 (mit der genauen Identifikation in o.g. Tabelle:
3004.2 solo (v150) ca. 150 km/h, mit ca. 126g Last ca. 123 km/h, macht ein Faktor S2=1,214 (d.h. das Modell wird um den Faktor 1,214 langsamer; ca. 20%).
3004.4 solo (v150) ca. 132 km/h, mit ca. 126g Last ca. 107 km/h, macht ein Faktor S2=1,234; beide Modelle also fast gleichwertig.
Beide Modelle zusammen v150: 130 km/h, mit ca. 126g Last ca. 118 km/h, macht ein S2=1,106. Wir nehmen, wir oben beschrieben S2 der langsameren Lok und setzen dies ins Verhältnis zur
Doppeltraktion (oder Vorspann) und quadrieren das Ergebnis: 1,24... Also beide Modelle zusammen ziehen "nur" 24% mehr als ein Modell alleine. Das ist nicht viel!
Zweiter Anlauf: 3005.6 und 3005.8
3005.6: v150L:123 km/h; v150Z2:77 km/h ==> S2=1,599
3005.8: v150L:191 km/h; v150Z2:100 km/h ==> S2=1,914
beide zusammen: v150L:140 km/h; v150Z2: 109 km/h ==> S2=1,285
(1,599/1,285)^2 = 1,55 (also 55% mehr Zugmasse), schon besser, aber nicht gut genug (Ziel: doppelte Zugmasse)
weiter mit V200:
3021.6: v150L=190 km/h; v150Z2=128 km/h ==> S2=1,479
P3009.2: v150L=186 km/h; v150Z2=150 km/h ==> S2=1,239
beide Zusammen: v150L=193 km/h; v150Z2=162 km/h ==> S2=1,190
(1,479/1,190)^2 = 1,54 (also 54% mehr Zugmasse), bestätigt die BR23
weiter mit E18:
Strecke 1 (kürzer)
3023.1: 174/139/1,247
3024.2: 202/150/1,346
beide zusammen: 174/145/1,20 ==> 8% mehr Zugmasse, Ausreißer?
Nochmal mit Strecke 3:
3023.1: 172/135/1,274
3024.2: 196/139/1,418
Zusammen: 167/151/1,165 ==> 20% mehr Zugmasse. Das schnellere Modell wird wohl kräftig ausgebremst zu Lasten der Zugmasse, Modelle zu kräftig und damit größerer Fehler oder Ausreißer.
Also noch zwei: die E94 3022.2 und 3022.4:
diesmal gleich Strecke 3:
3022.2: 146/102/1,428
3022.4: 126/101/1,246
beide zusammen: 128/106/1,202 ==> 7% mehr Zugmasse, Modelle wohl zu kräftig.
Die Gefahr, dass hier viele Faktoren unberücksichtigt bleiben ist sehr groß. Daher muss ich wohl mit dem Dynamometer mal ran, dann weiß man es genau(er).
Viel Spaß noch beim Stöbern in o.g. Loktesttabellen.
mit freundlichen Grüßen,
Stephan-Alexander Heyn