Schon mehrere Generationen kennen für Deutschland keine andere Fahrordnung als das Rechtsfahren sowohl im Eisenbahn- als auch im Straßenverkehr. Und doch war es nicht immer so. Zwar wurde die Vorschrift des Rechtsfahrens schon in dem im Jahre 1875 erlassenen Bahnpolizei-Reglement, der heutigen EBO (Eisenbahn Bau- und Betriebs Ordnung), festgelegt. Aber damals wurde etwa der achte Teil der doppelgleisigen Bahnen Deutschlands noch linksseitig befahren. Da die Änderung der Betriebsweise zeitweise zeitraubende und kostspielige Umbauten bedingt hätte, so wurde gleichzeitig gestattet, bestehende Ausnahmen bis auf weiteres beizubehalten. Die Aufsichtsbehörden haben aber unausgesetzt auf die Beseitigung der Ausnahmen hingewirkt. Dementsprechend sind die erforderlichen Umbauten von den Bahnverwaltungen allmählich ausgeführt aber erst Ende der 1880er Jahre zu Ende gebracht worden, so dass erst seit dieser Zeit das Rechtsfahren in Deutschland völlig durchgeführt ist; immerhin 15 Jahre nach dem Erlassen der Vorschrift. Ausgenommen bleiben nur wenige ganz kurze Grenzstrecken, auf denen in Übereinstimmung mit der Betriebsweise auf den ausländischen Bahnen links gefahren wird.
Bis auf geringe sprachliche Anpassungen und eine Zwischenbemerkung entnahm ich diesen Text der Zeitschrift Glasers Annalen Heft 8 1947.
beim Autoverkehr wurde 1967 auf Rechtsverkehr umgestellt. Und bei der Eisenbahn ? Gar nicht. Schwedische Loks fahren weiterhin links was mir beim warten auf einen fahrplanmässigen Zug schon manch suboptimales Foto eingebracht hat, weil ich das Anfangs Urlaub oft vergesse.
auch in Frankreich fahren die Züge auf dem linken Gleis - mit Ausnahme des Netzes der ehemaligen EL/AL, wo nach dem von KFS erwähnten Gesetz Rechtsfahrgebot galt und gilt, wovon wiederum eine Ausnahme existiert(e), nämlich die Linie über Rothau und Saales nach Saint Dié, die 1922 mit Linksverkehr eröffnet wurde. Heute ist sie aber eingleisig - nur die Signale stehen immer noch links.
Freundliche Grüße Erich
„Es hat nie einen Mann gegeben, der für die Behandlung von Einzelheiten so begabt gewesen wäre. Wenn er sich mit den kleinsten Dingen abgab, so tat er das in der Überzeugung, daß ihre Vielheit die großen zuwege bringt.“ Friedrich II. über Fr. Wilhelm I.
Habe mal gelesen, dass es bei der Eisenbahn für's rechts fahren einen besonderen Grund gäbe. Weiß nicht, ob das wirklich so wahr ist:
Auf einer Dampflok ist der Heizerdienst außerordentlich schwer. 1-2 Tonnen von Kohle müssen pro Stunde in den Kessel geschaufelt werden. Nun sind die meisten Menschen Rechtshänder. Das heißt, wenn man Kohle oder (im Garten) Erde schaufeln muss, dann ist es für Rechtshänder leichter, wenn man die Schaufel oder den Spaten rechts vom Körper führt. Das stimmt, die Erfahrung habe ich selbst schon gemacht. Das heißt auf der Lok, dass es für den Heizer besser wäre, wenn er links von der Feuerungsöffnung des Kessels stünde und nicht rechts. Danach wäre im Führerhaus der Dampflok die linke Seite für den Heizer schaufeltechnisch günstiger (sofern er Rechtshänder ist) als die rechte. Das aber heißt, dass der Lokführer besser auf der rechten Seite aufgehoben ist. So sind die Führerstände der meisten Dampfloks in Deutschland auch aufgebaut.
Wer schon mal im Eisenbahnmuseum ins Führerhaus einer BR 44 oder in einer BR01 geklettert ist, der wird unschwer erkennen, dass es dem Lokführer praktisch unmöglich ist, ein Signal zu beobachten, dass links vom Gleis steht. Da versperrt einfach der dicke Kessel das Blickfeld, ganz abgesehen vom Rauch aus dem Schornstein, der ja auch alles ziemlich einnebeln konnte. Also sollten die Signale idealerweise immer rechts am Gleis stehen und nicht links. Hätte man nun Linksverkehr, dann müssten die Signale auf zweigleisiger Strecke demzufolge zwischen den beiden Gleisen und nicht außen neben den Gleisen angebracht sein. Das wiederum wäre technisch schwierig. Man denke nur an die Seilzüge, mit denen früher die Signale vom Stellwerk aus bedient wurden. Die müssten über die Gleise führen.
Ich habe auf alten Videos allerdings schon oft Szenen aus britischen Lokomotiven gesehen, wo der Heizer auf der rechten Seite steht und doch ziemlich effektiv die Lok mit Kohle füttert.
Grüße
Hans Martin
The Presidents, Chief Engineers, Finance Directors, Baggage Porters, and Yard Sweepers of the Benton Valley Railroad Line : viewtopic.php?f=64&t=109585