Ich muß gerade an meine Kindheit denken... ich konnte schon löten, bevor ich in die Grundschule kam oder lesen konnte. Papa gab mir den Rat, den Lötkolben nur am Griff anzufassen, sonst würde es weh tun. Habe ich auch gemacht, bis ich mal nach dem Ding gegriffen und daneben gegriffen habe. Zischte ein wenig, ab unter den Wasserhahn mit der Hand, paar Minuten kühlen und weiter ging´s. Erst vor 2 oder 3 Jahren habe ich es geschafft, ein 2. mal den Lötkolben am falschen Ende zu berühren, das war mehr ein streifen als direkt drauf packen. Hat mich sofort daran erinnert, wie weh es beim ersten mal getan hatte aber 2x in knapp 50 Jahren ist ein guter Schnitt.
Was ich gelötet hatte? Verkabelung für den Motor meines aus einem Stabil-Baukasten entstandenen Krans und auch neue Kabel in Loks. Ich durfte schon sehr viel eigenverantwortlich machen, aber nicht jammern, wenn´s mal weh tat, weil ich nicht aufgepaßt hatte. Das war der Deal. Und Kupferadern aus Litze können ganz schön pieksen, bis man sie endlich unter der Haut heraus gepuhlt hat. Beim Stabil-Baukasten waren Schlitzschrauben dabei, da konnte man auch mal mit dem Schraubendreher abrutschen und feststellen, daß der in einen Finger geht wie ein Messer. Darf "sowas Gefährliches" heute eigentlich noch verkauft werden? Ich hatte 3 Stück, jeweils verschiedene:
https://www.ebay.de/itm/Walthers-Stabil-...GMAAOSw5S5Z1M8s
Es gibt sogar eine Webseite darüber: https://stabilbaukasten.lima-city.de/
Das ist einer davon, einer der Basiskästen. Jede Menge Teile und ein Anleitungsheft, jede Menge Schrauben und Muttern. Und dazu ein Schraubendreher, der aus einem stabilen Draht geformt war! Dazu ein paar einfache Schlüssel für die Muttern. Ist auf dem einen Foto auch zu sehen. Damit habe ich gelernt, wie man Teile richtig zusammen schraubt und was man mit ein paar Basisteilen alles bauen kann. Nach ein paar nach Anleitung gebauten Modellen habe ich auch eigene gebaut, einen Jeep, einen großen Kran und andere Sachen. Nicht alles funktionierte gleich, da wurde dann probiert, geändert, auseinander gebaut und neu angefangen, bis es meinen Vorstellungen entsprach. Fischer-Technik? Laaaaaaaaaaaaaaaaangweilig! Lego? War auch nach kurzer Zeit langweilig, mit dem ersten Stabil-Baukasten war Lego bei mir komplett abgemeldet.
Andere Kinder lasen Micky Maus, ich habe die Zukunftsromane von Hans Dominik gelesen, von denen ich immer noch die meisten habe.
Ich habe mir beim zusammenstecken von Gleisen auch mal einen Schienenverbinder in die Hand gejagt, weil ich abgerutscht war. Da bekam ich ein Pflaster drauf, einen Klaps auf den Hinterkopf für meine Ungeschicklichkeit und gut war´s. Dafür wußte ich genau, was ich tun muß, wenn eine Lok zu quietschen oder zu stottern anfing.
Dürfen Kinder heute überhaupt noch selbstständig sein, alleine basteln, eigene Erfahrungen sammeln, sich dabei auch mal weh tun? Mir tun die Kinder leid, die mit einem Smartphone in der Hand groß werden! Wie soll damit eigenständiges denken und handeln gefördert werden, so wie es Stabil-Baukasten und Modellbahn bei mir taten? Wie bringt man heute einem kleinen Kind etwas Respekt vor Strom bei? Damals™ war das einfach: einen Bekannten mit Märklin-Bahn besuchen, man "durfte" auf´s Gleis fassen und dann wurde der Umschaltimpuls ausgelöst, natürlich mit dem ganz großen Trafo, an dem man zum umschalten den Knopf runter drücken mußte. Hui, das kam unerwartet und hat schon etwas "gezwiebelt". Aber man wußte nun, wie sich ca. 24 Volt Wechselstrom anfühlen, man solle sich das mal mit 220 Volt vorstellen! Danke, aber nein danke, das Experiment habe ich niemals nie nicht gemacht! Was würde heute passieren? Würde das Kind zur Polizei laufen und Papa wegen Körperverletzung anzeigen?
Der "Generation Smombi" fehlt das Gefühl für die Technik, mit der sie umgeht. Dieser Generation fehlt das Gefühl eines Stromschlags mit 24 Volt Wechselstrom, das schöne Gefühl, wenn nach anfassen des Lötkolbens am falschen Ende unter dem Strahl kalten Wassers der Schmerz nachläßt. Das pochen in der schon heilenden kleinen Wunde, nachdem man sich das gerade verzinnte Kabel durch die oberste Hautschicht gejagt hat. Das schöne Gefühl, den im Getriebe einklemmten Finger endlich aus der Lok bekommen zu haben. Und danach die genußvolle Umsicht und Vorsicht, mit der man diese Dinge dann betrachtet und verwendet! All dies fehlt - wen wundert es da noch, daß der Staat sich in der Pflicht sieht, uns alle zu bevormunden? Wie soll diese Jugend die Ingenieure von morgen hervorbringen, die kreativen Köpfe, die Erfinder?
Wollt ihr mal Spaß und Grusel zusammen haben? Geht auf youtube und gebt dort "smombi / smombie / smombies" in der Suche ein... ich übernehme aber keinerlei Haftung! Weder für Platzwunden an der Stirn noch für zerschlagene Tischplatten oder ähnliche Nebenwirkungen! Auch nicht für zerbissene Mäuse! Nein, keine Haftung, ansehen auf eigene Gefahr
Wenn man das oder nur einiges davon gesehen hat, weiß man, das alte Märklin-Trafos unser geringstes Problem sind!