RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#1 von vps , 28.08.2018 20:55

Hallo Forengemeinschaft,
ich möchte hier einmal eine seltene Zugmaschine zeigen, die aus einem Resin Bausatz entstanden ist. Allerdings gilt es gleich zu Beginn darauf hinzuweisen, dass dieser Resin Bausatz, wie auch alle anderen Bausätze dieses tschechischen Herstellers, sehr schwierig sind, diese zu einem passenden Fahrzeug zusammen zu bauen. Bei diesen Bausätzen -sämtlich nahezu ohne jegliche Bauanleitung- passt so gut wie nichts und man muss einerseits viel vom Original verstehen, andererseits zu improvisieren wissen.

Das Fahrzeug real wurde bei MAN in Salzgitter für die US-Streitkräfte gebaut und war als Sattelzugmaschine für die Pershing II Mittelstreckenrakete (Nachrüstung) während des Kalten Krieges gebaut worden. Von diesem Fahrzeug als Sattelzugmaschine wurden insgesamt 224 Stück hergestellt. Wie alle anderen zu dieser Familie gehörenden Fahrzeuge war ein V 10 wassergekühlter Vielstoffmotor TurboDiesel mit 365 PS verbaut. Der LKW besaß ein Gewicht von ca. 18 bis 20 Tonnen je nach Zurüstung. Im Rahmen der Abrüstungsverhandlungen zwischen den damaligen zwei Großmächten USA und Sowjetunion wurde die Pershing II und SS 21 verschrottet. Damit verschwanden auch nahezu fast sämtliche Zugmaschinen. Heute gibt es nur sehr wenige, die überlebt haben und sind selbst als Gebrauchtfahrzeuge bei Öl-Gesellschaften in aller Welt sehr begehrt, weil die Geländegängigkeit dieses Fahrzeuges schon als phänomenal zu bezeichnen ist. Ich selbst habe einmal eines dieser Fahrzeuge auf dem werkseigenen Testgelände von MAN in absoluter Schräglage an einer Extremsteigung mittels dem 8.Gang (Retarter!) mühelos anfahren können.Auch in absolut schlammigen Gelände wühlte sich dieses Fahrzeug durch. Übrigens fast aus der gleichen Fahrzeugfamilie entstanden die 8x8 MAN der Bundeswehr.

Hier die Fotos:

Hier noch mit der provisorischen Kennzeichnung der taktischen Beschilderung einer Pershing Einheit in Mutlangen


Etwas undeutlich sind die Luftschläuche und die Elektrokabel für den Auflieger zu erkennen.






Hier nun das Ganze verladen und mit meinen selbst erstellten Verladeketten für den Bahntransport gesichert







Gruß in die Runde
vps


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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#2 von Kugellager , 06.09.2018 14:22

Hallo vps
Mal ne blöde Frage: Für was braucht man den Retarder, um am Berg anfahren zu können?


Gruß Alexander

Wenn die Freundin vom Lokführer mit dem Busfahrer schläft, ist das dann Schienenersatzverkehr?


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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#3 von rhb651 , 06.09.2018 15:48

Hi Alex,
der ist doch eher zum Bremsen
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Retarder


Viele Grüße,
Achim
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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#4 von Bahnbastler ( gelöscht ) , 06.09.2018 16:26

Hallo,

um am Berg oder mit hohen Lasten anfahren zu können, ohne die Kupplung zu stark zu belasten z. B. bei Schwerlastzugmaschinen, wird ein "Wandlergetriebe" verbaut bzw. ein Drehmomentwandler (m. W.) dem Getriebe vorgeschaltet.

Gruß
Markus


Bahnbastler

RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#5 von MBF No.1 , 06.09.2018 17:16

Hallo vps,
soweit sieht es gut aus.
Was mir aufgefallen ist, ist die befestig des Fahrzeuges. Die Spannketten werden beim Original im Boden des Waggons in die Ösen eingeharkt!
Über die Braken geht gar nicht.
1. Keine sichere Verspannung Waggon / LKW.
2. Verziehen der Braken.
3. Waggon würde beim Original stehen bleiben.

Gruß
Thomas


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Wer Rechtschreib Fehler findet, darf diese Behalten.


 
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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#6 von vps , 06.09.2018 21:59

Hallo Thomas,
leider hast du Unrecht. Bei den Rungenwagen der Gattung Kds gibt es im Wagenboden keine Verankerungsmöglichkeiten da die Bohlen weder kippbar noch irgendwelche Verzurrmöglichkeiten aufweisen. Die Befestigung ist daher absolut korrekt und kann bei dieser Wagengattung nur so ausgeführt werden, wie von mir als Beispiel gezeigt. Sofern man sich u.a. bei Tante Google mal schlau gemacht hätte, wäre sicherlich diese unberechtigte kritische Anmerkung entbehrlich gewesen. Übrigens, so werden sogar der Lastenklasse entsprechend, Kettenfahrzeuge auf der gleichen Art und Weise befestigt.
Gruß
vps


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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#7 von Kugellager , 14.09.2018 08:20

Zitat

Hi Alex,
der ist doch eher zum Bremsen
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Retarder


Zitat

um am Berg oder mit hohen Lasten anfahren zu können, ohne die Kupplung zu stark zu belasten z. B. bei Schwerlastzugmaschinen, wird ein "Wandlergetriebe" verbaut bzw. ein Drehmomentwandler (m. W.) dem Getriebe vorgeschaltet.


Danke für die Erklärungen.
Ich muss sogar gestehen, dass ich den Führerschein CE gemacht habe, aber auf solche technischen Details sind wir nicht eingegangen.
Und bei meinem Arbeitgeber fahren wir nur 5 oder in Ausnahmefällen auch mal 7,5 Tonner, 2 mal ohne Retarder, einmal mit Retarder gekoppelt ans Bremspedal, nur der Mercedes Vario 816 hat einen einstufigen Retarder zum zuschalten.


Gruß Alexander

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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#8 von BR180 , 14.09.2018 10:26

Wandlerschaltkupplung, siehe hier. Punkt 4.7
Eine normale Kupplung würde ratzfatz verrauchen mit 250 t Kesselbrücke hinten dran.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrzeugge...tomatikgetriebe


Gruß BR180
Ich bin hier mal fast weg, bzw selten hier.
Alles was ich je hier geschreiben habe, entsprach ausschließlich meiner persönlichen Meinung und Auffassung zum Zeitpunkt des Beitrages.


 
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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#9 von jimknopf , 16.09.2018 04:05

Ein Retarder dient in der Tat nur zum Bremsen. Englisch "to retard" = verzögern. Es ist eine verschleißfreie Zusatzbremse, mit der die Bremsbeläge geschont werden.

Die ersten Bauarten waren elektrisch, die berühmte "TELMA" aus Frankreich, eine Wirbelstrombremse mit 4 festen Stufen. Sie haute rein, daß das Gebälk krachte. Einige Jahre später kamen die hydraulischen Versionen, bei denen ein "Wasserrad" auf der Kardanwelle in Öl herumpanscht und dabei abgebremst wird. Das waren damals alles extra Gehäuse, die zwischen Getriebe und Achse in die Kardanwelle eingeschleift wurden.

Noch später brachte ZF dann den "Intarder" = "integrierter Retarder" heraus, bei dem die Bremsgruppe mit im Getriebegehäuse verbaut ist. Heute ist das längst die Standardbauart bei allen.



Jetzt zum 8x8:

Es ist ein bißchen umgekehrt: Ende der 60er begann die Entwicklung der "KFZ-Folgegeneration" der Bundeswehr, zu der auch die hochgeländegängigen LKW 5t/7t/10t mil gl gehören. Ab Mitte der 70er erfolgte die Auslieferung an die Truppe.
Die LKW dieser Fahrzeugklasse sind Komponentenfahrzeuge: von jedem Hersteller das Beste für den Zweck. MAN war federführend tätig und baute Rahmen und Fahrerhaus, Deutz lieferte die luftgekühlten Motoren, Daimler-Benz die Achsen und ZF Getriebe und Lenkung.

Weil die Amis nix vernünftiges in dieser Art hatten, hängten sie sich da dran und bestellten bei MAN ähnliche Fahrzeuge. Ein wesentlicher Unterschied war der wassergekühlte Motor, deshalb auch das Kühlergitter an der Front. Über die Getriebkonfiguration kann ich nichts sagen.
Als Eigenversuch frickelten sie dann selber ihren komischen Oshkosh, der dem MAN bei weitem kein Wasser reichen kann.


Die Bundeswehr-LKW haben eine sogenannte Wandlerschaltkupplung und 6-Gang-Getriebe. Die WSK besteht aus einem Drehmomentwandler und einer normalen Scheibenkupplung, die LKW haben 3 Pedale. Das 6-Gang-Getriebe ist synchronisiert und wird von Hand mit dem Schaltknüppel bedient.

Der Wandler dient zum Anfahren im schweren Gelände und unter hoher Last, im Krieg ist meist beides der Fall. Außerdem sieht der Fahrer ziemlich alt aus, wenn er ein Loch, z.B. Bombentrichter oder Bach, durchfahren muß - da ist nix mehr mit Runterschalten oder Kupplung schleifen lassen! Statt dessen ein Kickdown, der Wandler wird aktiviert und zerrt die Fuhre durchs Gelände, egal welcher Gang gerade eingelegt ist.

Bei Motordrehzahlen UNTER 1000/min ist der Wandler aktiv, eine rote Anzeigenlampe auf dem Armaturenbrett leuchtet.
Bei Drehzahlen GRÖSSER 1000/min ist die Wandler-Überbrückungskupplung geschlossen, die rote Lampe erloschen.

Die Abläufe sind wie folgt:
1) LKW steht, Federspeicherbremse ist EINGELEGT !
2) Kupplung treten, 1. Gang einlegen, Kupplung GANZ KOMMEN LASSEN - LKW ruckt, Gang ist drin, Kupplung geschlossen - aber Wandler aktiv! (deshalb keine direkte mechanisch-kraftschlüssige Verbindung zur Achse)
3) Federspeicherbremse lösen - LKW rollt sofort an, weil Wandler ja Drehmoment überträgt
4) Gas geben, kuppeln und von Hand wie gewohnt hochschalten - weil ab >1000/min ja die Überbrückungskupplung wirksam ist, der Wandler also überbrückt ist (direkter Durchtrieb vorhanden)
5) während der Fahrt hoch-/runterschalten wie gewohnt
6) zum Anhalten Fahrzeug MIT EINGELEGTEM GANG bis zum Stillstand abbremsen, Federspeicherbremse einlegen, JETZT ERST Kupplung treten und Schaltknüppel in Leerlaufstellung bringen
Daran gewöhnt man sich sehr schnell, und dann fetzt die Kiste einfach nur noch .

Wie schon erwähnt, ist bei unvorhergesehenem hohem Fahrwiderstand jederzeit ein Kickdown möglich, die Wandler-Überbrückungskupplung öffnet, der Drehmomentwandler stellt jetzt Reserven zur Verfügung - der Fahrer ist nicht zum Herunterschalten gezwungen.

Man kann diese Funktion natürlich als Spielkind mißbrauchen und im 6. Gang aus dem Stand heraus auf Tempo 80 bollern - der Deutz heult sich dann zwei Minuten bei Abregeldrehzahl aus. Habe ich damals mit Anfang zwanzig natürlich auch gemacht, Spaß muß schließlich sein. Aber die Dosis ist entscheidend, irgendwann bedankt sich das Getriebeöl auch mal mit Übertemperatur, und dann ist die Sause vorbei.



Fahrberechtigung habe ich für 5t und 7t mil gl. Einmal ergab sich bei einer Materialtransportfahrt die Gelegenheit, wegen des benötigten Ladekrans einen 10t mil gl zu nutzen, und diese Tour wurde selbstredend zur "Einweisungsfahrt" deklariert. Man muß sich schließlich die Trophäe für's Fahrten-/Nachweisheft sichern, von nix kommt ja nix . Das war das reinste Abenteuer; selbst bergab muß man Vollgas geben, damit diese Kiste nicht stehenbleibt. Der Knoten aus 4 Außenplanetenachsen, 5 Kardanwellen und Verteilergetriebe ist so dick, der hat einen dermaßen hohen Fahrwiderstand, dagegen ist das berüchtigte "offene Scheunentor" die reinste Flunder. Weil aber unsere Stammeinheit STAN-mäßig keine Zehntonner besaß, machte das "OKW" die Spaßbremse und einen Strich durch die Rechnung = keine Überprüfungsfahrt, keine Fahrberechtigung. Deshalb fehlt das Dickschiff leider bis heute in meiner "Sammlung" .

Wer ein bißchen dazu lesen will, dem sei das Buch "MAN - Die Allrad-Alleskönner" aus dem Heel-Verlag empfohlen.


*************************
Viele Grüße, Reiner


 
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#10 von Arno , 16.09.2018 10:29

Hallo Reiner,

vielen Dank für Deine aufklärenden Worte.

Für mich sehr interessante Informationen.

Kennst Du eigentlich den 20 Tonner?





Gruß
Wilhelm


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RE: nur mal so nebenbei: Eine seltene Zugmaschine entsteht

#11 von Kriwatsch , 16.09.2018 13:21

Hallo
Unser Tatra 813 sah genau so aus, luftgekühlter 10V-Vielstoff-Motor. Ob die `ne Wandler-Kupplung hatten weiss ich nicht : Bin das Ding nie gefahren,durfte nur Ural/Sil und G5 fahren. Lang, lang ist`s her
Mfg
Micha


 
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