RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#1 von Dwimbor , 17.07.2020 10:53

Hallo Kollegens,
Ich habe eine Frage zu Seilzügen bei Formsgnalen.
Es geht um ein Einfahrsignal mit Vorsignal. Die Frage ist ganz kurz: Laufen vom Stellwerk aus zwei Seilzugpaare zu den Signalen, also je ein Paar zum Einfahrsignal und eins zum Vorsignal? Oder läuft ein Paar zum Einfahrsignal, wird da durchgeschleift und läuft weiter zum Vorsignal?

Vielleicht noch eine verbundene Frage: Seilzug am Steinviadukt. Wie werden die Seilzügen geführt? Seitlich an Haltern oder auf dem Brückenplanum?

Zu beiden Fragen wären Bilder natürlich auch extrem hilfreich.

Vorab Danke für die Antworten.


Viele Grüsse, Michael

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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#2 von hmmueller , 17.07.2020 11:48

Hallo -

In Deutschland werden i.d.R. Haupt- und Vorsignale über einen gemeinsamen Drahtzug angeschlossen; das Hauptsignal braucht dabei einen "Durchgangssignalantrieb", der innen drin ein Differentialgetriebe hat, um Längenänderungen sowohl vor wie nach dem Hauptsignal ausgleichen zu können, ohne dass die Hauptsignalflügel sich verstellen.

In Österreich und Monarchienachfolgestaaten ist es genau umgekehrt, da wurden die Vorsignale immer mit separatem Hebel und Drahtzug gestellt - die Meinungen um 1900 dazu waren übrigens ziemlich 50-50 aufgeteilt.

Hier ist ein Bild von vorletzter Woche vom Signal A in Trostberg, wo man sieht, wie von unten der Drahtzug vom Stellwerk ankommt; und nach rechts der Drahtzug Richtung Vorsignal weitergeht:



Hier sieht man, wie der Drahtzug vorne unter dem Gleis durchläuft und dann zum Signal; und hinten aus dem Antrieb ausgehend wieder die Drähte Richtung Vorsignal:




Ein weiteres Beispiel sieht man in diesem alten Posting von mir aus Hörlkofen. Das 14. Bild (wenn ich mich nicht verzählt habe) zeigt die häufigere Situation, wo die Drähte vom Stellwerk her waagerecht oben und unten in den Antrieb gehen und ihn ebenso Richtung Vorsignal verlassen.

Vermutlich hab ich noch eine weitere Handvoll Fotos solcher Antriebe, aber die müsste ich erst zusammensuchen.

Zur Drahtführung auf Brücken habe ich kaum Bilder - aber hier ist auch eines aus Trostberg von einer steinernen (eigentlich "betonernen") Straßenüberführung kurz vor der Alz-Brücke, das die Führung der Drahtleitung zum Einfahrsignal zeigt:



H.M.


 
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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#3 von HGD , 17.07.2020 12:25

Hallo Dwimbor,
wie schon gesagt, ist beides möglich. Wie Vor- und Hauptsignal miteinander verschaltet werden, ist in erster Linie eine Frage der Abhängigkeiten. Wenn ein (z.b. Ausfahrt-) Vorsignal für zwei oder mehrere Ausfahrt-Hauptsignale gelten soll, dann kann es mit keinem der beiden Signale mechanisch gekoppelt werden, sondern braucht einen eigenen Hebel. Wenn Haupt- und Vorsignal fest miteinander verbunden sind, dann gibt es einen gemeinsamen Hebel-, bzw, bei größeren Entfernungen, eine gemeinsamen Kurbelantrieb. Ob das Vorsignal an derselben "Leitung hängt" wie das Hauptsignal oder ob es (auch das gibt es) eine eigene Schleife zwischen Haupt- und Vorsignal gibt, kannst du daran erkennen, dass sich im letzten Fall zwischen Haupt- und Vorsignal ein Signalspannwerk befindet. Und zum guten Schluss: Es gibt gar nicht mal so selten auch die Kombination zwischen mechanischem Hauptsignal und elektrischem Form-Vorsignal, weil die Entfernungen zum Stellwerk keinen zuverlässigen, rein mechanischen Antrieb mehr erlauben. Wenn dann noch zwischen Vor- und Hauptsignal ein Vorsignalwiederholer (immer ein Tageslichtsignal) liegt, hast Du alles, was Du brauchst
Was die Leitungsführungen auf Brücken angeht, ich kenne da nur die Form mit Haltern außerhalb des Gleisbetts wie auf dem obigen Foto.

Man möge mich korrigieren, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich auf den anderen Bildern nicht um eine Durchleitung, sondern um eine eigene Schleife zwischen HS und VS handelt.

Gruß
HGD


 
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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#4 von hmmueller , 17.07.2020 12:49

Zitat

Man möge mich korrigieren, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich auf den anderen Bildern nicht um eine Durchleitung, sondern um eine eigene Schleife zwischen HS und VS handelt.


Du meinst die aus Trostberg? - ich gebe zu, an die Möglichkeit der eigenen Schleife habe ich nicht (mehr) gedacht: Du kannst recht haben! Ich sehe, ich muss noch einmal nach Trostberg fahren und entweder in den Antrieb schauen (hm...gefährlicher Eingriff in den Eisenbahnverkehr?) oder zum Vorsignal marschieren, ob da wo ein Spannwerk steht ... immer wieder lernt man dazu.

Zitat

Ob das Vorsignal an derselben "Leitung hängt" wie das Hauptsignal oder ob es (auch das gibt es) eine eigene Schleife zwischen Haupt- und Vorsignal gibt, kannst du daran erkennen, dass sich im letzten Fall zwischen Haupt- und Vorsignal ein Signalspannwerk befindet.


Dazu noch zwei Bilder aus der "Einbauvorschrift für das Einheitsstellwerk", Ausgabe 1940:





... wobei, nach diesen Diagrammen würde man eine Schleife nur einbauen, wenn das Vorsignal mehr als 1200m weg vom Stellwerk ist, was in Trostberg, an einer Nebenbahn, sicher nicht der Fall ist. Trotzdem - nachschauen ist besser.

Zitat

Was die Leitungsführungen auf Brücken angeht, ich kenne da nur die Form mit Haltern außerhalb des Gleisbetts wie auf dem obigen Foto.


Ich bilde mir ein, auf großen Viadukten mit steinerner Brüstung auch innen an dieser angebrachte Drahtzughalter gesehen zu haben; ob ich davo aber ein Bild habe, weiß ich nicht.

H.M.


 
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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#5 von Dwimbor , 17.07.2020 13:32

Danke Euch, das ist genau die Information, die ich gesucht hatte. Auch die Bilder sind sehr informativ!
Bei mir läuft es dann auf eine Durchleitung hinaus. Auch die Leitungsführung am Viadukt ist jetzt klar!


Viele Grüsse, Michael

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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#6 von hmarx , 18.07.2020 18:39

Hallo Dwimbor,

auch bei uns waren Vor- und Hautsignal am gleichen Drahtseilzugpaar. Auf dem großen Siegviadukt war das Drahtseilpaar sogar an der Innenseite des Geländers. Mit der Folge, das einige sich beim illegalen Überqueren des Viadukts auf der falschen Seite bei Dunkelheit böse Verletzungen an den Beinen zugezogen haben.

Viele Grüße
Heinz


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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#7 von 24 047 , 19.07.2020 17:37

Moin, moin, wertes Hobby-Kollegium.

Ich würde den Faden gerne Aufgreifen und um eine eigene Frage erweitern:
Wie ist das bei dreibegriffigen Signalen? Führen bei diesen Zwei Drahtzüge in, bzw. durch den Antrieb, oder wird das irgendwie anders gelöst?

Mit freundlichen Grüßen:
Edwin


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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#8 von hmmueller , 19.07.2020 18:41

[quote="24 047" post_id=2142888 time=1595173068 user_id=21225]
Wie ist das bei dreibegriffigen Signalen?
[/quote]
Dreibegriffige Signale sind zweiflügelige Signale - denn die haben drei Begriffe: Hp0, Hp1 und Hp2 (nach der modernen Terminologie).

Was Du vermutlich meinst, sind dreiflügelige Signale = vierbegriffige Signale, mit Hp0, Hp1, Hp2 und Hp3.
[quote="24 047" post_id=2142888 time=1595173068 user_id=21225]
Führen bei diesen Zwei Drahtzüge in, bzw. durch den Antrieb, oder wird das irgendwie anders gelöst?
[/quote]
Ja (bei einer Ausführung, die in Deutschland die übliche war). Der zweite Doppeldrahtzug ist der "Kuppeldrahtzug", der den dritten Flügel an den zweiten kuppelt: Es wird dann zuerst der "Kuppelhebel" umgelegt, der nur die Kupplung am Signal bewirkt; mit dem Umlegen des Hebels für Hp2/Hp3 werden danach für Hp3 alle drei Flügel gestellt.

Ein Beispiel für die Hebelanordnung ist auf dieser Seite des Scan von Jüdels Stellwerkekatalog von 1903 zu sehen: Unter der Bezeichnung "Dreisteller" sieht man für das Signal H von links nach rechts die Hebel H1 (einflügelig freistellen), H2/3 (zwei- oder dreiflügelig freistellen) und "Kupplung H3". Hier sieht man den relevanten Ausschnitt:

  • Links sieht man die zwei Hebel (den "Doppelsteller" oder "Zweisteller") für das zweiflügelige SIgnal G. Nach unten gehen die beiden einzelnen Drähte weg, die miteinander den Doppeldrahtzug zum Signal bilden.
  • Rechts sind die drei Hebel für das Signal H wie oben erklärt gezeichnet. Von den beiden Hebel H1 und H2/3 geht nach unten wieder der Doppeldrahtzug für das Stellen des Signals weg; zusätzlich geht vom H3-Hebel nach unten der Kuppel-Doppeldrahtzug weg.




Und hier sieht man die Kupplung des dritten Flügels (das Bild des ganzen dreiflügeligen Signals ist auf Tafel 93, d.i. S.114 des Scans der Uni Braunschweig): Die Kurvenrolle, die vom Kuppelhebel gedreht wird, zieht den Hebel links außen nach rechts; knapp unter "Mod. 3057" sieht man ein C-förmiges Teil, das dann in einen Zapfen an einem Hebel des dritten Flügels eingreift, sodass der dann vomzweiten Flügel darüber mitbewegt wird:



Andere Hersteller hatten etwas andere Konstruktionen, aber im Prinzip war das überall so ähnlich, wenn's rein mechanisch gelöst wurde.

Die Vorsignale zu vierbegriffigen Hauptsignalen waren übrigens immer zweibegriffig: Denn die dreibegriffigen Vorsignale wurdenja erst sehr spät (in den 1930er) eingeführt, und da waren die vierbegriffigen Hauptsignale schon nur mehr übergangsweise vorhanden (auch wenn manche lang nach dem 2. Weltkrieg noch standen).
Bis dorthin (und sehr lange danach auch noch sehr häufig) zeigten Vorsignale nur "Halt erwarten" oder "(irgendeine) Freistellung erwarten" - welche, stand im Buchfahrplan (und wenn davon abgewichen werden musste = der Zug statt aufs durchgenden Hauptgleis in die Ablenkung fahren musste, dann musste er vor dem Einfahrsignal "gestellt" werden = Warten auf seinen Achtungspfiff; und erst dann wurde freigestellt). Daher konnten die Vorsignale auch bei vierbegriffigen Hauptsignalen wie üblich über einen Durchgangsantrieb gestellt werden, der bei beiden Bewegungen des Drahtzuges die Scheibe gleich kippte.

Alternative dazu waren Flügelkupplungen, die mit einem einzigen Doppeldrahtzug funktionierten;je nach angeschalteten Kupplungen wurden die passenden Flügel (1, 2 oder 3) bewegt - Siemens hat sowas gern gebaut.

H.M.


Rübenbahner hat sich bedankt!
 
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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#9 von 24 047 , 19.07.2020 19:23

Moin H.M.

Vielen Dank für deine detaillierten und aufschlussreichen Erklärungen.
Ich meinte tatsächlich das Zweiflüglige Hp0/Hp1/Hp2 Signal, jedoch finde ich die Mechaniken generell sehr interessant.
Wenn bei einem Dreiflüglligen Signal mit einem Kuppeldraht gearbeitet wird, wie funktioniert die Steuerung bei den Zweiflügligen, das nur Einer oder eben Beide bewegt werden?

Mit freundlichen Grüßen:
Edwin


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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#10 von hmmueller , 19.07.2020 19:28

[quote="24 047" post_id=2142923 time=1595179396 user_id=21225]
Ich meinte tatsächlich das Zweiflüglige Hp0/Hp1/Hp2 Signal, jedoch finde ich die Mechaniken generell sehr interessant.
[/quote]
Ah - dazu kannst Du Dir dieses Video von mir ansehen, da erkläre ich das ab ca. Minute 3:00:



H.M.


 
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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#11 von 24 047 , 19.07.2020 20:06

Moin H.M.

Das ist wirklich ein sehr informatives Video, und auch für mich als Laien gut verständlich.
Schon spannend, was da teilweise für ausgeklügelte Konstruktionen hinter stehen.

Wenn ich die Frage stellen darf, bei deinem Modell ab Minute 16, wozu dient da rechts der Hebel 1 (ein Weichenstellhebel?) und dieser kleine Hebel ganz links.
Ich habe mich mit der ganzen Hintergrundtechnik mechanischer Stellwerke leider noch nicht richtig befasst/ befassen können, gerade auch was die Bedienabläufe angeht.

Mit freundlichen Grüßen:
Edwin


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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#12 von hmmueller , 19.07.2020 20:34

Mhm - da kommen wir nun in ein anderes Thema, nämlich "wie funktionieren mechanische Stellwerke überhaupt?". Du kannst Dir ja einmal alle meine Videos,vom ersten weg, ansehen - dann weißt Du alles, was ich weiß - und wenn, machen wir einen neuen Thread dazu auf - ok? Ich erklär ja gern (wenn ich Zeit hab), also kriegst Du gern Antworten auf "alles und jedes" ...

H.M.


 
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RE: Frage zu Seilzügen bei Signalen

#13 von hmmueller , 01.01.2021 21:11

Zitat

Man möge mich korrigieren, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich auf den anderen Bildern [ich unterstelle: des Einfahrsignals A von Trostberg - H.M.] von nicht um eine Durchleitung, sondern um eine eigene Schleife zwischen HS und VS handelt.


Noch zu diesem alten Text: Jemand hat nun einmal in den Antrieb reingeschaut - das ist eindeutig ein Differentialantrieb für eine Durchleitung (Klick auf die Bilder öffnet eine etwas größere Version):





Hier sind Einfahr- und Einfahrvorsignal in ihrer ganzen Schönheit zu sehen:





Und zuletzt habe ich in Trostberg noch was gesehen, was vielleicht auf der einen oder anderen Modellbahn hilft: Drahtzugkanäle über einen Hang:





H.M.


 
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