Hallo,
nachdem dies mein erster Beitrag in diesem Forum ist, stelle ich mich kurz vor: Ich bin gebürtiger Schrozberger und in diesem Städtchen (bis in meine Jugend hinein war das ein Dorf ) auch aufgewachsen. Als Sohn eines Eisenbahners wurde ich schon frühzeitig mit dem Bahn-Virus infiziert und erinnere mich noch gut vor allem an die Schienenschleifzüge, die mit jeweils zwei Loks der Br 44 des Bw Crailsheim bespannt (jede mit zwei Heizern bestückt!) von Niederstetten her kommend die Steigung hoch keuchten. Das war ein Spektakel!
Zu diesem Forum kam ich gestern, als ich, angeregt von einem Besuch einer Modellbahnausstellung im ebenfalls an der Taubertalbahn gelegenen Wallhausen, ein wenig in den Weiten des WWW stöberte und auf das Foto in Beitrag #6 stieß, das mich, gelinde gesagt, umgehauen hat!
Zentrales Motiv ist die ehemalige Ziegelei Kellermann, an der Oberstettener Straße gelegen, die über den abgebildeten Bahnübergang führt. Man erkennt das Schrankenwärterhäuschen dieses östlichsten der drei Schrozberger Büs. Mein Vater tat bis ins Jahr 1971 als Schrankenwärter an diesem Bü und auch am westlich des Bahnhofs gelegenen Bü Dienst, der die Bahnhofstraße über die Gleise führt. Der westlichste Bü an der Straße »Herdwiesen« war dem dortigen Bahnwärterhaus (»Posten 60« zugeordnet, in dem seinerzeit Familie Ruf wohnte. Dorthin musste mein Vater eher selten, da ja meist Herr Ruf, der Bahnwärter, zugegen war.
Nördlich des Bü Oberstettener Straße, also im Bild-Vordergrund, mündet von Osten die Straße »Im Wurzgarten«. Man erkennt am Eck die damalige Shell-Tankstelle. Südlich der Ziegelei mündet ebenfalls von Osten das »Neukreut«. Genau am Eck zur Obestettener Straße erkennt man das Wohnhaus der Familie Kellermann, also das des Ziegeleibesitzers, mit dem kleinen Gärtchen davor. Seine Tochter war in meinem Alter und begleitete sozusagen meinen Lebensweg vom Kindergarten bis zum Abitur, aber auf eher lockere Art . Seht Ihr das Haus genau zwischen den Schornsteinen der Ziegelei mit dem von Bäumen halb verdeckten Giebel? Das ist das Gebäude Neukreut Nr. 9, das in den 1960er Jahren meinen Kindergarten beherbergte.
Gegenüber der Ziegelei, also südlich der Gleise, mündet die Bahnhofstraße in die Oberstettener. Und ja, da war mal eine Drehscheibe, die hier ebenfalls zu erkennen ist. Das war eine kleine handbetriebene Scheibe mit vielleicht zehn oder zwölf Metern Bühnenlänge. Sie diente nur einem Zweck: Es führten zwei Gleise auf sie zu, das Ladegleis des Lagerhauses der Landwirtschaftlichen Bezugs- und Verwertungsgenossenschaft (LBV) und eines, das über eine Weiche an Gleis 3 des Bahnhofs angebunden war. Hatte nun eine Rangierlokomotive (BR 64 oder 94/T 16, was man im Bw Crailsheim gerade erübrigen konnte) den Güterzug vor die Rampe gezogen, wurde die Lok abgekuppelt, auf die Drehscheibe gefahren und mit ihrer Hilfe in Richtung Gleis 3 geschwenkt, wo sie am Zug vorbei fuhr und ans andere Ende gekuppelt wurde. Letzten Endes war das die Funktion einer schlichten Weiche, nur eben mit deutlich geringerem Platzbedarf! Niemals wurde Loks mit ihr gedreht, denn für Schlepptenderloks war sie zu klein und Rangierloks müssen nicht gewendet werden. Deshalb bin ich mich überhaupt nicht sicher, ob sie betrieblich dem Bahnhof zugeordnet war oder ob sie der LBV gehörte.
Damals gabs im Bf Schrozberg noch veritable Bahnanlagen. Mein Vater erzählt von 13 (oder gar 16?) Weichen, die bedient werden wollten. Die Ziegelei hatte, wie auf dem Foto gut zu erkennen, einen eigenen Gleisanschluss, der in der westlichen Verlängerung genau auf die Rampe des Güterschuppens zulief und über Weichen an Gleis 1 angebunden war. Davon ist heute nichts mehr vorhanden. Der Bü führt zwar nach wie vor über zwei Gleise, doch wurde irgendwann mal die Ausfahrtsweiche Richtung Osten/Niederstetten auf die andere Straßenseite verlegt, was im Zustand auf dem Foto noch nicht der Fall war.
Wenn ich noch mit weiteren Details hilfreich sein kann, bitteschön!
Ach ja, zu Bad Mergentheim (wo ich inzwischen wohne): Dass der Bahnhof hier Grenzbahnhof war, ist korrekt. Doch dass es Lokbehandlungsanlagen gab, bedarf der Verifizierung. Mir jedenfalls wäre das neu. Schließlich war das Bw Lauda lediglich knapp zehn und das Bw Crailsheim knapp 60 Kilometer entfernt. Es gab zwei zweiständige Lokschuppen, einen badischen und einen württembergischen, die auch heute noch existieren und zu - sehr schicken - Wohngebäuden umgebaut wurden. Von mehr, insbesondere von Drehscheiben, weiß ich nichts. Aber in Schrozberg gabs früher einen Wasserkran!
@FabianH: Woher hast Du denn dieses vermutlich Ende der 1960er Jahre entstandene Foto? Ich habe es auch gleich Freunden von damals gezeigt, die allesamt völlig aus dem Häuschen waren! Vielen Dank also dafür !
Und viel Geduld und Glück bei Deinem Projekt, das wir hoffentlich auch im Endstadium zu Gesicht bekommen werden!
Beste Grüße!