AB JETZT SUPERN WIR EINEN KRÜGER-BAUSATZ
Manche von Euch werden sich schon länger gedacht haben: Was braucht der Karl über 500 Stunden für einen Brückenbausatz, der doch auf rascheste Fertigstellung ausgelegt ist und den man sicherlich in einem Bruchteil dieser Zeit löten kann? Was macht der heimlich WIRKLICH in seinem Hobbyraum? Wofür braucht der überhaupt dieses Sofa? Hat dieser liederliche Mensch in Wahrheit vielleicht permanent Besuch von Damen fraglichen Leumunds???
Ich denke, ich setze meinen guten Ruf besser nicht aufs Spiel und löse dieses Rätsel endlich...
Sache ist, dass Krüger bei seinem Bausatz zu Gunsten einer raschen und einfachen Montage eine Reihe von Kompromissen gemacht hat.
Er hat dies auch vorab korrekt angekündigt. Manche dieser Kompromisse habe ich durchaus begrüßt. Bei anderen Dingen wiederum habe ich nicht verstanden, wieso Krüger es sich vermeintlich einfach gemacht hat, weil der Zeichnungs-Aufwand für eine perfekte Lösung insgesamt kaum größer gewesen wäre.
So hat Krüger leider keinen oberen Abschluss für die markanten äußeren Längsträger seines Rosenbach-bzw. Taggenbrunn-Viaduktes ausgestaltet. Die äußeren langen Träger sind bei diesem Bausatz oben offen:
Stattdessen hat er einen breiten Bretterbelag geätzt, der vorbildwidrig die Längsträger gleich mit abdecken sollte:
„Schaudaboa“, hat der Toni gesagt. „Schaut aus wia a Blechwond von ana neimodischn Garasch!“ [Schrecklich, sieht aus wie eine Blechwand einer modernen Garage]. – Der Professor schaute nachdenklich, man konnte dem Toni nicht so recht widersprechen. Die Struktur sieht wirklich etwas zu gleichmäßig aus, als dass sie einen Bohlenbelag glaubhaft wiedergeben könnte.
Die Krügersche „Blechwand“ kam in die Bastelkiste, der Viadukt sollte „richtige“ Holzbohlen und einen sauberen Abschluss der oberen Längsträger erhalten.
Damit die neuen hölzernen Bohlen rechts und links der Längsträger vorbildgerecht aufgebracht werden konnten, ohne dass sie die Längsträger überragten, mussten die zu niedrig geratenen Längsträger etwas angehoben werden. Ich sah mich im Flugmodell-Handel um und fand dort Kohlenfaserstoff-Flachprofile, die genau den richtigen Querschnitt aufwiesen und einen glatten oberen Abschluss der Träger lieferten:
Im Foto oben gut sichtbar: die außenliegende Vertikal- und Diagonalverstrebungen. Während Krüger überreichlich Diagonalverstrebungen mitlieferte, fehlten die Vertikalstreben in seinen Paketen gänzlich. Krüger reagierte auf mehrere Reklamationen - per Mail und schließlich mittels eingeschriebenen Briefes - nicht. Ich habe aus zeitökonomischen Gründen davon abgesehen, dem weiter nachzugehen.
Die zahlreichen übrig gebliebenen Diagonalverstrebungen passten nicht in die Schlitze für die Vertikalverstrebungen. Ich habe sie einfach auf die richtige Länge gebracht und die Laschen abgeschliffen.
Wie nun diese Streifen exakt rechtwinkelig aufkleben? Nach einigem Probieren habe ich mir eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Lehre geschaffen:
Mit einer Roco-Säge, deren Sägeblatt etwa gleich dick ist wie die Materialstärke des Neusilberblechs dieser Brücke, wurden exakt im rechten Winkel saubere Schnitte in Sperrholz-Restchen gesägt. Diese Sperrholz-Stückchen hielten die schmalen Blechstreifen prima im rechten Winkel fest und mussten nur noch mit Haarklammern fixiert werden. Nach dem Verkleben der äußeren Bereiche der Streifen wurden diese Halter entfernt und der Rest, also der bisher verdeckte mittlere Teil des Streifens, ebenfalls geklebt.
Zum Kleben wurde handelsüblicher dünnflüssiger Loctite-Kleber mit einem 0,3 mm Stahldraht in winzigen Tröpfchen aufgebracht und verbreitete sich durch die Kapillarwirkung von selbst entlang des Bleches weiter.
Die Mittelteile wurden – im Foto oben gut erkennbar - mit je zwei Front-Elementen bestückt, die später die Vorbrücken tragen werden. Die Diagonalstreben dieser Frontelemente sind beim Vorbild doppelt ausgeführt. Die vereinfachte Krüger-Version deuchte mir ein wenig zu flach, ich habe deshalb die 90°-Klötzchen-Methode auch dort angewandt und der Vorbildsituation entprechend im rechten Winkel zusätzliche Streifen aufgebracht.
Krüger hat – leider zu Lasten der vereinfacht ausgeführten Brückenoberseite - sehr viel Zeit darauf verwendet, Elemente zu zeichnen und zu ätzen, mit denen die Brückenelemente untrennbar miteinander verbunden werden sollten:
„Jo sog amol, wie soll denn dos gehn? Wie wüllst den noha mit dem gonzn metalongan Riesntrumm weitaorbatn?“, meinte der Toni. [Sag, wie soll das denn funktionieren? Wie willst du denn später mit diesem meterlangen Riesending weiterarbeiten?]
In der Tat hätte eine starre Verbindung, sofern die filigranen Verbindungsteile den darauf einwirkenden Kräften überhaupt zuverlässig standgehalten hätten, die nachfolgenden Arbeitsschritte immens erschwert. Allein die Vorstellung, ab hier ständig mit einem 1,2 Meter langen sperrigen Teil hantieren zu müssen… Auch beim Lackieren waren Probleme zu erwarten, denn schon bei den einzeln lackierten Brücken erwies es sich später tatsächlich als schwierig, an bestimmte Partien überhaupt heranzukommen. Ich habe mich daher entschieden, sämtliche Brückenteile einzeln abnehmbar zu gestalten.
Statt Krügers Blechelemente sollten – wie beim Vorbild - zwei Druckverteilerplatten die mittleren Brücken ohne jedes Spiel dauerhaft und sicher in der richtigen Position halten. Zwei Plexiglasplatten in vorbildgerechter Stärke wurden dem Originalplan entsprechend an der Oberseite von der Mitte nach außen geringfügig abgeschrägt, der Bereich der Lager ausgenommen. Anschließend wurden die Lager mit ihren Messingstiften in passgenaue Bohrungen in der Brücke gesteckt, exakt ausgerichtet und mit Stabilit Express auf den Plexiglasplatten festgeklebt:
Wenn man sich für diesen Vorgang ausreichend Zeit nimmt und genauestens arbeitet, liegen die Brücken satt auf, wackeln nicht und können später jederzeit einzeln nach oben abgehoben werden.
Die Brückenelemente können nun weiterhin bequem auf dem Basteltisch beliebig gedreht und bearbeitet werden:
Für heute genug Blech geredet - nächste Woche mehr...
Euer Karl