.
Der Fluch der Akribik, Teil 96
Gotteslästerliche Flüche in der Akribik
Ich wähle meine Formulierungen möglichst so, dass dieser Thread keine BauANLEITUNG ist, sondern eine BauBESCHREIBUNG. Denn nicht alles, was ich hier mache, ist wirklich nachahmenswert.
Ob man Profile tatsächlich zum Brünieren ausfädeln will, sollte man sich jedenfalls gut überlegen.
Ich sitze nämlich hier und fädle fluchend (von daher kommt der Untertitel dieses Threads, „Der Fluch der Akribik“!) die Schienenprofile wieder ein. Die Profile sind durch das Brünieren etwas dicker geworden oder rauer oder beides. Zudem ist auch Lack in die Kleineisen gelangt und hat die Öffnungen etwas verengt. Natürlich habe ich die Profile an den Enden sauber zugefeilt, dennoch lassen sie sich äußerst zäh in die Gleisroste schieben.
Die feinen Nachbildungen der Kleineisen sind zudem so winzig, dass man ständig kontrollieren muss, ob man nicht irrtümlich eine Schwelle ausgelassen hat. Der Fehler ist unauffällig, selbst unter der Leuchtlupe kann man das leicht übersehen.
Es geht äußerst laaaaaangsam voran. Es herrscht sozusagen anhaltende Flaute in der Akribik. (Lieber Alex, ich hoffe, du bewunderst, wie geschickt ich es jetzt vermieden habe, an dieser Stelle etwas über meine Winde zu schreiben…)
Ein paar Tage später
Die grässlichen, gotteslästerlichen Flüche, die man bei günstigem Südwind („Süd“, nicht „Darm“, lieber Alex) an manchen Tagen selbst in Weyhe-Dreye gehört haben will (obwohl die dort gar nichts dafür können), verstummen allmählich. Ich habe nämlich herausgefunden, dass man die lackierten Gleisroste besser nicht gleich auf die langen Profile auffädelt, sondern zuerst einmal mit einem kurzen, handlichen Stück Profil ausputzt. Das ist schnell getan und danach geht es hurtig voran.
Die Schwellen werden exakt abgezählt, nach jeder 22. Schwelle (edit am 20.10.15) schiebe ich eine Doppelschwelle ein. - Auf einem nahe dem Taggenbrunn-Viadukt aufgenommenen Foto vom August 1942 erkennt man noch einen nach altösterreichischer Sitte schwebend verlegten Schienenstoß:
1955 hingegen sind Doppelschwellen auf der Hauptstrecke im St. Veiter Raum belegt, und auch im Görtschitztal. Hier dürfte die Reichsbahn gegen Ende des Tausendjährigen Reiches noch hastig den Oberbau verstärkt haben, um den Aktivitäten der Achsenmächte auf dem Balkan und in Italien mehr Gewicht zu verleihen, und um das strategisch wichtige Hüttenberger Eisenerz in bis dahin nicht gekannten Rekordmengen abzufahren.
Elektrischer Strom für die Akribik
„Jessas“, rief der Toni fassungslos, „Wos isn do passiat!!!“ Die Bauleitung war eilends herbeigerufen worden, weil etwas mit den Kabelfarben nicht stimmte. „In der Tat,“ meinte der Professor, „folgt man dem in der modernen Hochleistungsdigitalelektronik unverzichtbaren Prinzips des Michelschen Paradoxons, wonach rot blau ist und plus gleich minus bzw. im hier speziell vorliegenden Fall gilt: gelb ist blau, so kann diese konkrete Verbindung hier unter gar keinen Umständen funktionieren!“
„Dos vaschteh sogoa i“, hat der Toni gemeint. „Wal do hot ana a greans Kabl gnumman stott an blaun!“ [Das verstehen sogar ich, den hier hat jemand offensichtlich eine grüne Litze verwendet statt einer Blauen!]
Und das kam so:
Den Empfehlungen der Anleitung zur ESU Ecos folgend bereite ich eine Ringleitung mit 2,5mm² Querschnitt vor, von welcher aus jedes einzelne Flexgleis einen Anschluss erhalten soll. Die beiden Zwofünfer-Litzen sind nun in der linken Hälfte der Anlage eingefädelt und der erste Gleisanschluss ist hergestellt, wenngleich vorläufig noch mit Hilfe zweier kurzer Messleitungen mit Krokodilklemmen. (Wieso heißt das eigentlich „Krokodilklemme“? Fressen Krokodile denn Kupfer zur Hauptmahlzeit?) Dabei bin ich anfangs ein wenig salopp vorgegangen, denn ist nur ein einziges Gleis an eine Digitalzentrale angeschlossen, ist die Polarität völlig egal.
Legt man aber in Abständen mehrere Litzen ans Gleis, muss Ordnung herrschen. Die Bauleitung hat daher verfügt, dass für den Gleisstrom durchgängig die Farben rot und schwarz zu verwenden sind, und zwar rot auf der Außenseite der Schienen. Nun ist das Farb-Chaos in der provisorischen Leitung behoben:
Wie aber Litzen an Schienen löten, ohne die Schwellen zu beschädigen? Allein die Idee klingt äußerst gefääääährlich! - Tatsächlich erwies sich das als erstaunlich einfach.
Ich habe mich entschlossen, die Flexgleise mit den Weinert-Messing-Schienenverbindern (74005) und den zugehörigen Blindschwellen (74001) zu verbinden. Die ersten Anschlüsse sollten unmittelbar nach den beiden Blindschwellen liegen, die direkt an den Viadukt angrenzen. Ich markierte die Stelle an der Schienenunterseite und entfernte dort die Brünierung mit einer kleinen Feile. Die Schwellenroste schob ich etwas zusammen, sodass die Schienen mehrere Zentimeter freigelegt wurden.
Nun konnte ich sie bequem mit einer Flachzange halten und mit dieser die Wärme ableiteten. Die Schienen wurden an der Unterseite verzinnt, ebenso wurden die Litzen vorab verzinnt. Da die Litzen und die Schienen bereits verzinnt waren, gelang das Anlöten in ganz kurzer Zeit und es traten keinerlei Hitzeschäden am Kunststoff-Schwellenrost auf.
Anschließend wurden die Schienen probehalber aufgelegt und ein kleines Loch in die Trasse gebohrt, um die Litzen durchzustecken.
Für das kurze Stück von der Ringleitung zur Schiene habe ich einen Leitungsquerschnitt von 0,75mm² gewählt. Für die Verbindung der Ringleitung zwischen den einzelnen Anlagensegmenten verwende ich übrigens nicht mehr die ursprünglich für diesen Zweck erworbenen Bananenstecker (links), sondern diese Wako-Klemmen (rechts):
Selbst kleine 0,14mm²-Litzen halten in dieses Klemmen bombenfest, wenn man sie zuvor mit Aderendhülsen versieht. Die Klemmen lassen sich dennoch bei Bedarf ohne Werkzeug öffnen, und ohne dass man dabei die Fingernägel einbüßt.
Nun noch die Abstände der ersten paar Schwellen einrichten, die Kurve mit einer Peco Gleisschablone (ca. 150cm Radius) in Form bringen, die Schwellen mit je einem außen aufgetragenen Tröpfchen Tesa-Alleskleber aufkleben, nochmals kontrollieren und nötigenfalls ausrichten, das Gleis mit Gewichten beschweren und den Kleber trocknen lassen, Digitalzentrale herbei und mit Krokodilklemmen anschließen.
Und schon kann der erste Bauzug anrollen!
Liebe Grüße
Euer Karl