RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1151 von notbremse , 04.11.2015 18:12

@ slpa: Jepp. Ich habe mir schon immer eine stimmungsvoll nach Kaffee riechende Echtholzschwellenbahn rund um meine Kaffeetasse gewünscht. Die könnte mir dann den Zucker herankarren.



@ Norman: Danke für die Ergänzung!

@ Ingo: Mit welchem Faden hast du die Spinnweben in 1:87 nachgebildet, bevor du sie abgebürstet hast?



Zitat
Einige Leute hier können das viel besser als ich.


Damit warst jedenfalls auch du gemeint, und dein Thread bzw. deine Website waren sehr inspirierend.

Besonders gefallen hat mir an deiner Kö, dass du auch die hintere Pufferbohle innen im Führerhaus nachgebildet hast. Eine selten gesehene Umbaumaßnahme, und sehr eindrucksvoll. Bei meiner Besenkammerltür-Kö ist das leider witzlos, außer, ich stelle mindestens eine Tür geöffnet dar. Beim Vorbild waren die Türen aber üblicherweise zu.

Bin schon sehr gespannt auf deine weiteren Berichte. Und vielen Dank für deinen Tipp mit dem Federstahldraht!

Liebe Grüße

Euer Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1152 von notbremse , 06.11.2015 14:23

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Der Fluch der Akribik, Teil 101

KEIN SCHÖNER ZUG VON KARL






Boris Beckermann hieß in Wirklichkeit Hermann. - Das mit dem Boris Beckermann war ein Insider-Witz seiner Kollegen, der irgendwas mit der Besenkammertür seiner Kleinlok zu tun hatte, und ihnen jedes Mal aufs Neue unglaublichen Spaß bereitete, sodass sie sich schüttelten vor Lachen. Hermann wusste nicht, worum es ging, und zuckte nur verständnislos mit der Schulter.

Die generalüberholte Kö schnurrte reibungslos dahin, dennoch war das nicht geeignet, Hermanns üble Laune zu heben.




Die Kollegen hatten die Mischmaschine nicht ordentlich ausgewaschen, sie strotzte vor Dreck. Das konnte man von weitem sehen. Hier eine Nahaufnahme dieser verlotterten Mischmaschine:




Ein filigraneres Handrad täte ihr gelegentlich noch gut… - Auch die Werkzeugkiste war für damalige Verhältnisse in recht ungepflegtem Zustand. Und das Werkzeug hatten sie einfach auf den Wagen geschmissen, statt es ordentlich in die Kiste einzuräumen. „Brauch ma eh murgn wieda!“, hatten Sie gesagt… [Brauchen wir sowieso morgen wieder!]







Hermann hasste Unordnung wie die Pest, und mit dieser „Drecksfuhre“ also fuhr er nun verärgert heimwärts. Und dann standen da auch noch welche auf der Brücke herum und „glotzten teppat“ [hielten Maulaffen feil]…

Der Adolf, der Walter und der Heinrich – allesamt, wie viele andere in den dreißiger und vierziger Jahren Geborene auch, von ihren Eltern nach den Vornamen zeitgenössischer Politiker benannt - saßen indes auf der Bordwand des letzten Wagens und hatten ihrerseits ein massives Problem zu diskutieren.




Sie waren nämlich zur Ortung von Gleisunebenheiten eingeteilt worden!

Ihre Aufgabe war eine recht einfache sitzende Tätigkeit, aber nicht ganz ungefährlich: die drei Herren waren nämlich nicht festgeklebt. Hätte es irgendwo Unebenheiten im Gleis gegeben, wären sie von ihrer Bordwand heruntergeschüttelt worden.

Das gefiel ihnen natürlich gar nicht. „Vermessungstechnisches Team“, sagte der Heinrich, „so a Bledsinn!“ „Gonz siha a Foll fia die Personalvertretung, wonn da Preisa endlich amol a Personalvertretung hätt‘!“, stimmte Heinrich zu. [Mit Sicherheit ein Fall für die Personalvertretung, wenn Preiser endlich einmal eine Personalvertretung anböte!] „So a g‘fährliche Scheiß-Hockn!“ [So eine gefährliche, unangenehme Arbeit!], empörte sich auch Walter, und hielt verkrampft seine lederne Aktentasche fest, denn er fürchtete um seine darin befindliche Jause.




Aber nichts passierte, rein gar nichts geschah, die drei zitterten nicht einmal – nicht ein einziges Mal. Die Schienen waren bisher allem Anschein nach perfekt verlegt.

-----

Zitat
Nächste Woche wieder "Handfesteres"


Sorry, die Einhaltung dieses Versprechens musste ich diesmal etwas zurückstellen, denn diese Woche war im Moba-Keller einiges umzuräumen, es waren Vorbereitungsarbeiten zu leisten und es waren Weichen-Bauanleitungen und Verdrahtungspläne zu studieren. Uuuurfaaad und nicht wirklich geeignet, hier dargestellt zu werden. Aber immerhin gelangen mir nebenbei ein paar „kleine Fingerübungen“:

Bei der Kö wurden die hinteren Scheinwerfer lackiert und verglast. Ein Job, den man übrigens, wie ich heute weiß, besser machen sollte, bevor man die Scheinwerfer einbaut, denn dann lassen sich die Reflektoren leichter exakt kreisrund mit weißer Farbe auslegen. Die Alterung der Kleinlok wurde komplettiert. Werkzeug und Mischmaschine wurden hinzugefügt und lackiert. Die Stiele der Schaufeln und Krampen wurden ocker gestrichen, die Eisenteile mit einer Mischung aus „Teerschwarz“ und „Eisen“ (Revell 36106 und 36191). Die ursprünglich gelb lackierte Werkzeugkiste wurde grau gestrichen. Die senkrechten Patzer auf dem mittleren Wagen waren seinerzeit nicht exakt senkrecht aufgebracht worden und wurden ein wenig korrigiert. Weitere kleine farbliche Korrekturen werden noch folgen, so z.B. bei den Halterungen der Tritte des letzten Wagens.

Die Farben wurden, wie bei mir üblich, stark verdünnt in vielen Schichten nass in nass mit einem Pinsel der Größe 000 aufgetragen. Farbspritzer wurden erzeugt, indem ich den Pinsel quer über ein Stück Draht abstreifte. Rostflecken entstanden, indem ich ganz wenig lederbraune Farbe auf ein Papiertaschentuch gab und auf das jeweilige Objekt auftupfte.

Mitfahrer auf Bordwänden von Bauzugwagen gab es übrigens beim Vorbild tatsächlich, das ist mehrfach fotografisch belegt. Bei den in den 50er Jahren üblichen geringen Geschwindigkeiten war das nichts Ungewöhnliches. Nur dass diese mäßig komfortable Form des Personentransportes eher nicht „vermessungstechnische“ Gründe gehabt haben wird…



Liebe Grüße

Euer Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1153 von 1zu87 , 06.11.2015 15:13

Hallo Karl,

... mmmhhh, sehr interessant, ein Vermessungswagen zur Erfassung wert- und zeitkontinuierlich sich ändernder physikalischer Größen in der Epoche IIIb. Ich sags immer wieder, es geht nichts über einen vernünftigen Eigenbau .

Beste schmunzelnde Grüße
Karl Heinz


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1154 von UPBB4012 , 06.11.2015 15:22

Hallo Karl!

Soooo schlecht ist Dein Zug doch aber garnicht

Mir gefällt er jedenfalls jetzt schon sehr (auch wenn Du damit offenbar noch nicht
so ganz fertig zu sein scheinst, wie Deine zarten Hinweise auf dieses und jenes zu ergänzende/ zu ändernde
Deatil anzudeuten scheinen . . . ). Irgendwie sieht er so richtig "typisch" aus . . .

Und auf die Idee, die drei hinten hockenden als "Problemstellenerkenner" zu benutzen,
muß man wirklich erstmal kommen
(jeder andere hätte dazu wahrscheinlich stundenlang mit Wasserwaage, Schleifklotz und ähnlich
derben Materialien gearbeitet . . . )
- die Geschichte hat mir jedenfalls ein ganz großes Grinsen ins Gesicht gezaubert

Danke für den schönen Wochenend-Beginn!

Viele liebe Grüße
Dein
Axel


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1155 von ardez09 , 06.11.2015 15:33

Hallo Karl,
als ein treuer "Freitagsleser, aber Wenigschreiber" ist es 'mal wieder an der Zeit mich bei Dir für Deine immer wieder erfrischenden Berichte zu bedanken!
Ach ja, sollte es nach dem weiteren Ausbau Deiner Gleisanlagen demnächst noch zu weiteren Probefahrten kommen, .... ich würde mich gerne auf die Bordwand setzen.

Viele Grüsse
Volker


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1156 von Guppy6660 , 06.11.2015 17:11

Servus Karl,

ich hab die Freitagslektüre aus Österreich sofort nach Erscheinen recht "teppat angeglotzt"* und wie immer für hervorragend befunden!


Das Gute ist, du bist ja noch ziemlich am Anfang deiner Akribik- Reihe ....so dass wir noch auf vieeeeele Folgen von dir hoffen können!

Ich bin jedenfalls immer dabei

rost: rost:


* In höchstem Maße erregt und voller Interesse verfolgt- so kann man das auch übersetzen!


Viele Grüße,

Richard

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Das Tragische an jeder Erfahrung ist, dass man sie erst macht, nachdem man sie gebraucht hätte.
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1157 von Lohengrin_Wien , 06.11.2015 18:36

Ceterum censeo, daß niemand zur 100. Folge dieser Reihe gratuliert hatte, was hiemit ordentlich nachgeholt werde!!!!!

Zur 101. Folge habe ich, abseits des köstlichen Amusements, aber auch eine dialektische, idiotistische (gibts das?), aber hoffentlich nicht idiotische Frage an unseren Paradekärntner:
„Glotzt“ man in Kärnten? Ich hätte eher gemeint, daß man bei Euch „gluat“ (wie am ehesten noch in Wien, bevor es leider verdrängt wurde) oder „stiat“....

Diese Frage quält mich mit zehrender Sorge....

In diesem Sinne, pfiat' Euch

Martin.


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1158 von Ralf Franke , 08.11.2015 07:37

Hallo Karl,
Über den Bericht deiner "Vermessungsfahrt" habe ich mich köstlich amüsiert.
Leider hast du die berufsgenossenschaftlichen Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten. Bei derartigen Arbeiten ist absolute Helmpflicht

MfG
Ralf


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1159 von notbremse , 08.11.2015 10:01

@ Karl Heinz, Axel und Richard: Vielen Dank für euren netten Applaus!

@ Volker: Untersteh' dich. Da bau' ich mit viel Mühe eine Modellbahn und du willst deinen Allerwertesten draufquetschen. Das kommt nicht in Betracht. Du bleibst bitte sittsam auf meinem für Besucher vorbereiteten Hocker sitzen und trinkst dein Bier ganz ruhig aus!



@ Martin: Danke für die Gratulation zum Hunderter. - Ob man in Kärnten glotzt? Natürlich glotzt man. Aber es kommt sehr auf die Gegend drauf an. Wie in der Steiermark auch. Ich habe mir gerade gestern erklären lassen, dass man als Grazer ernsthafte Probleme haben kann, einen Weststeirer zu verstehen. So gibt es auch in Kärnten von Tal zu Tal unterschiedliche Gepflogenheiten, und der Städter spricht sowieso anders.
Im Kärntner Bezirk Hermagor geht es dann schon richtig tirolerisch zu - dort heißen beispielweise die Herren "Mander" und die Damen - nein, falsch geraten, nicht "Madarinen", sondern "Gitschen".



@Ralf:

Zitat
Leider hast du die berufsgenossenschaftlichen Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten.


Mein lieber Ralf! Wir befinden uns im Jahr 1955!!! Die mir zur Verfügung stehenden Fotos belegen, dass der Helm damals völlig ungebräuchlich war. Vielmehr trug man Hut. Vielleicht, weil der Erfinder der Europäischen Norm EN 397 damals noch mit anderen Dingen beschäftigt war - z.B. mit seinen Windeln...



Du rührst übrigens mit deiner Bemerkung dem Epoche III-Enthusiasten mit einem Quirl in einer offenen Wunde herum: Versuche einmal, eine Anzahl epochengerechte Preiser-Arbeiter zusammenzutragen, die KEINE Warnweste, KEINE Schutzstiefel und KEINEN Helm tragen... Du wirst dich wundern!


Liebe Grüße und pfiat enk

Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1160 von Ralf Franke , 09.11.2015 06:04

Hallo Karl,
jetzt wo du es schreibst, fällt es mir auch auf, das die Arbeiter tatsächlich meist mit schönen orangen Warnwesten und mit Helmen ausgestattet sind. Also ist man besser dran eine Gegenwartsepoche als Vorbild zu nehmen
Blöd nur das dann wieder kein passendes Gleismaterial zu Verfügung steht, das die Kleineisen nich passen, heute ja ehr Federn ist ja noch hinnehmbar, da wohl kaum in H0 darstellbar, aber ist gibt nicht eine Weich mit Betonschwellen
Irgendwie scheint die Modellbahn und derren Zubehörindustrie nich so richtig eine einheitliche Schiene zu fahren.

MfG
Ralf


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1161 von notbremse , 13.11.2015 19:48

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Der Fluch der Akribik, Teil 102

EIN LEBEN OHNE WARNWESTE


Zitat
Hallo Karl,
jetzt wo du es schreibst, fällt es mir auch auf, das die Arbeiter tatsächlich meist mit schönen orangen Warnwesten und mit Helmen ausgestattet sind.



Es wäre vielleicht sinnvoll, auch Modellbahner generell mit Warnjacken auszustatten, um die übrige Menschheit rechtzeitig zu warnen. Aber das geht nicht immer, denn mit den Epoche 1 bis 3 vertrüge sich das nicht…



Spaß beiseite: Ich dachte mir, diese Warnwestendiskussion ist ein guter Anlass, hier einmal gemeinsam innezuhalten und zu überlegen, was 1955 – außer Warnjacken und Helme – noch alles anders war als heute und was auf Modellbahnen der frühen Epoche 3 entsprechend gewürdigt werden sollte. In einer halben Stunde, dachte ich, müsste das zusammengefasst sein. Geworden ist daraus eine abendfüllende Beschäftigung…





Das "1955" im Titel meines Threads ist nicht nur das „Geburtsjahr“ der „Zweiten Republik“ in Österreich. 1955 steht für Lebensbedingungen, die sich in den folgenden Jahrzehnten rasch änderten – in mancherlei Hinsicht bis zur Unkenntlichkeit.

Mit meiner in Bau befindlichen Anlage möchte ich nicht in erster Linie Bahn zeigen, sondern zeigen, wie das Leben damals war. Die Modellbahn ordnet sich meinem Ziel unter, sie ist nicht das Ziel selbst, sondern sie soll „lediglich“ Bewegung reinbringen in mein Layout und einen spielerischen Zugang zum Thema eröffnen.

Dieser Zugang ist beileibe nicht mehr ganz einfach zu finden. Ich muss mich mit meinen Recherchen sputen, denn die Erinnerung schwindet, Dokumente werden unwiderbringlich vernichtet, die Zeitzeugen werden rar und die Rekonstruktion wird immer schwieriger und lückenhafter.

Das Thema Politik lasse ich weitgehend außen vor. Politik spiegelt kaum reales Leben wieder, denn Herrscher und Untertanen leben häufig in unterschiedlichen Welten. Und Politik ist sowieso gut dokumentiert, weil die Macht es liebt, sich ausführlich beschreiben zu lassen.

Hier nun ein paar sehr unvollständige Notizen als Grundlage für ein historisch orientiertes Layout, welches die Lebensumstände Mitte der 50er Jahre in einer ganz bestimmten Gegend zeigen will:



Bevölkerung, Lebenserwartung

Kärnten hatte 1955 478.500 Einwohner, 2014 waren es 557.600 (+ 16%). Aus diesen Zahlen lese ich heraus, dass eine starke Abwanderung stattgefunden haben muss, denn die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsjahrzehnte hätten zu einem wesentlich größeren Zuwachs führen müssen.

Die 50er waren kinderreiche Zeiten. Nicht nur in Kärnten, sondern auch anderswo. 32% der Bevölkerung Kärntens war 1955 unter 18 (2014: 16%). 65.000 Pflichtschüler (2014: 24.000) prägten das Ortsbild - und als Fahrschüler auch das Aussehen von Bahnhöfen und Bahnsteigen. Etwa 10.000 Geburten waren es 1955 bei uns, 4.608 waren es 2014. Familien mit vier, sechs, acht und mehr Kindern waren durchaus nicht außergewöhnlich.

An dieser Stelle wird dem Modellbahner bewusst, wie wenig die Zubehörindustrie auf solche Daten eingeht. Preiser, Noch & Co müssten unter ihren Produkten eigentlich einen stattlichen Kinder-Anteil anbieten und eine erkleckliche Auswahl an typischen Kinderwägen dieser Zeit, wollten sie sich des Themas „Epoche 3“ etwas weniger oberflächlich widmen.

Die „gute alte Zeit“ war nicht uneingeschränkt zu bejubeln. So etwa betrug die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer bei uns 64,5 Jahre (heute 78, und der Frauen 70,5 (heute 84).

H0-Figuren müssten demnach auch etwas weniger kräftig und sportlich aussehen, denn 50-Jährige sahen damals gebückt und geschunden aus und wirkten wie heute 70-jährige. Die Arbeiter aus dem Zementwerk starben nicht selten, bevor sie ihr Pensionsalter erreichten.


Kleidung und Haartracht

Die Herren trugen noch häufig Hut. Der Hut war in geschlossenen Räumen grundsätzlich abzunehmen. Sitzende Männer mit Hut haben daher in einem Wagenmodell aus dieser Zeit nichts verloren. Die Fini hätte sofort gekreischt: „Weans Ihnan Huat nit obatuan, ha???!!!“ [Wollen Sie Ihren Hut nicht eventuell gelegentlich abnehmen oder alternativ ein Benimm-dich-Seminar besuchen?]

Damen-Frisuren waren noch häufig mit dem Brenneisen geformt, bei den Mädchen war der Zopf allgegenwärtig.

Die Menschen trugen auf Reisen auch im Sommer Hüte und dünne, helle Mäntel, so genannte Staubmäntel, denn die alte Zeit mag zwar eine „gute“ gewesen sein, aber sauber war sie nicht.

Jeans waren als Arbeitskleidung noch nicht gebräuchlich, stattdessen war die Lederhose noch stark präsent. Viele schwere Arbeiten wurden noch ohne Maschinen ausgeführt – ohne Helm, Warnjacke und Sicherheitsschuhe. Bei der Arbeit im Garten und auf dem Feld trugen die Frauen noch Schürzen und Kopftücher. Muslimischen Damen ist es heute offenbar nicht bewusst, dass das Kopftuch noch vor wenigen Jahrzehnten auch bei uns stark verbreitet war, allmählich aber zu einem Symbol für Rückständigkeit und für niedrigen sozialen Status verkam und gemieden wurde.

Tracht war nicht „Tradition“ oder „in“, sondern war „ganz normale“ Festtagskleidung. Auch auf Reisen in die Stadt trug die Landbevölkerung noch häufig Tracht.

Knaben steckte man nicht in Jeans, sondern in kurze Lederhosen. Schultaschen waren riesig, meistens aus braunem Leder, und wurden prinzipiell auf dem Rücken getragen.

Bei den Herren waren noch Oberlippenbärte „in“. Auch einschlägig beleumundete schmale Oberlippenbärtchen sah man noch recht häufig.



Haushalt und Lebensmittelversorgung

Holz-, Kohle- und Koksheizungen sowie Tischherde dominierten noch die nach heutigen Maßstäben recht kleinen Wohnräume. Zeittypisch und in vielen Haushalten auf dem Land noch lange anzutreffen waren Eckbank, Herrgottswinkel, Heiligenbild über dem Ehebett, und Nähmaschine – letztere noch häufig Pedal-betrieben.

Noch gab es längst nicht überall elektrische Energie. In abgelegenen Ortschaften (wie z.B. Prailing und Filfing in der Gemeinde Klein St.Paul) waren noch bis Anfang der 60er Jahre Petroleumlampen im Gebrauch.

Elektrische Geräte wie Kühlschrank oder E-Herd waren noch nicht selbstverständlich. Die Wäsche wurde häufig noch in mühsamer Handarbeit mit dem Waschbrett gewaschen. Stoffwindeln wurden zuvor in einem großen Topf auf dem Herd ausgekocht.

Auf dem Land kaufte man Gemüse nicht im Laden, Gemüse hatte man im Garten. Nutzgärten waren in Arbeitersiedlungen groß genug, um im Sommer die vielen Kinder einer Familie zu ernähren und Vorräte für den Winter anzulegen. Entsprechend stark beschäftigte man sich in der Freizeit mit dem Garten. Gärten sind auf Modellbahnen dieser Epoche häufig zu klein dargestellt, außer es handelt sich ausdrücklich um Schrebergärten.

Auf der folgenden, durchaus typischen Postkarte fand ich nicht ein einziges Automobil,…




…dafür aber allein auf diesem kleinen Ausschnitt mindestens 10 Personen, die in Gärten arbeiten (orange Pfeile), ein Motorrad und einen Handwagen (blaue Pfeile).




Der bargeldlose Lebensmittelerwerb spielte noch eine wesentliche Rolle: Man half den Bauern bei der Kartoffelernte und durfte sich dafür einen Kartoffelvorrat mit nach Hause nehmen.


Telefon, Zeitung, Radio, Fotografie und Film

Telefonzellen waren auf dem Land noch nicht sehr verbreitet. Kaum jemand besaß ein Telefon. Wer dringend telefonieren musste, suchte das Postamt oder einen wohlhabenden Nachbarn auf.
Die Leute schrieben Briefe und verschickten Postkarten. Entsprechend hoch war die Dichte der Postämter und Briefkästen. Musik kam überwiegend aus dem Röhrenempfänger, Schallplatten galten auf dem Land als Luxus. Wer einen Fotoapparat besaß, galt als reich. Farbfilme gab es schon, aber sie waren noch teuer. Zeitungen waren durchwegs Großformate mit viel Text und wenig Bildern. Der sonntägliche Kirchgang und der anschließende Gasthausbesuch waren noch wichtige Informationsquellen.
Im Kino dominierten noch Schwarz-weiß-Filme. Im Publikum saß stets ein Gendarm (so hießen früher in Österreich die Polizisten auf dem Land), der darüber wachte, dass niemand hinein gelangte, der nicht alt genug war.


Zigaretten und Alkoholkonsum

Rauchen galt noch als „männlich“. Wollte ein Hollywood-Star wie James Dean cool wirken, musste er sich unbedingt als Raucher präsentieren, auch wenn ihm eventuell insgeheim von Zigaretten schlecht wurde. Alkohol war nicht bloß gesellschaftsfähig, sondern ein Muss. Verweigerung von Alkohol in geselligen Runden galt als inakzeptables kleinkindhaftes Verhalten.


Bauwesen

Einfamilienhäuser galten auf dem Land noch als Luxus, obschon sie viel kleiner und einfacher ausgeführt waren als heute. Da es noch sehr wenige Personenkraftwagen gab, prägten Carport und Garage nicht – wie heute - das Bild der Wohnsiedlungen. Stattdessen gab es kleine Ställe für Hühner, Kaninchen und Ziegen. Nebengebäude waren meistens nicht gemauert, sondern aus Holz, wie Holz überhaupt ein wichtiger Werkstoff war, denn Kunststoffe, große Glasflächen oder Metall spielten als Baumaterial noch keine wesentliche Rolle. Kalk wurde noch als Mörtel verwendet und ab und zu kam noch jemand in einer Kalkgrube ums Leben. Lacke hatten noch nicht die heutige Qualität und bleichten damals rasch aus, Verputz blätterte bald ab. Räume im Erdgeschoß litten häufig unter der Feuchtigkeit, die in den Mauern aufstieg, entsprechende Isolierungsmaßnahmen waren noch nicht machbar. Fensterrahmen waren aus Holz und sahen bald schäbig aus, wenn man sie nicht in kurzen Intervallen neu lackierte. Scheiben waren mit Kitt eingeklebt.
Auf den Häusern gab es noch keine Fernsehantennen. Stromleitungen waren nicht in der Erde vergraben, sondern an Masten befestigt.
Noch hatte sich die Wassertoilette nicht lückenlos durchgesetzt, noch hielt das Plumpsklo dem Fortschritt wacker stand.
Geschäftsportale hatten auf dem Land noch kaum die bald später üblichen Verglasungen, sondern altmodische hölzerne Portale und kleine Schaufenster. Leuchtröhren wurden auf dem Land noch wenig verwendet.


Arbeitswelt

1955 gab es in Kärnten nur etwa 125.000 Arbeitnehmer. Heute sind es – bei einem Bevölkerungszuwachs von nur rund 16% - 205.000. Während 1955 die Frau überwiegend Hausfrau war und lediglich einige „typische“ Berufe ausübte (Bäuerinnen, Lehrerinnen, Krankenschwestern, Sekretärinnen, Reinigungspersonal, Köchinnen…), gestaltet die Frau heute ganz entscheidend den Arbeitsmarkt und die durchschnittliche Entlohnung mit.

1955 gab es bei uns noch 33.500 Bauernhöfe, heute sind es nur noch rund 17.500. Bei den Bauern gab es noch zahlreiche Knechte und Mägde.

Zwar trat der Traktor bereits seinen Siegeszug an, das Pferd spielte in der Landwirtschaft dennoch eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Leiterwagen wurden noch repariert. Flüssigkeiten transportierte und lagerte man häufig noch in Fässern. Allerorten gab es noch Hufschmiede, denen wir als Kinder noch zusehen durften, auch Wagner und Fassbinder gab es noch.

Joppen, Hosen und Schuhe wurden von Schneidern und Schustern, deren es in jedem größeren Ort noch mehrere gab, in Handarbeit hergestellt. Entsprechend teuer waren diese Gegenstände, und entsprechend sorgfältig wurden sie gepflegt. Der Epoche 3-Modellbahner kann die Schuhe seiner Figuren also getrost mit glänzenden Lacken färben. - Damen- und Kinderbekleidung nähte oder strickte man häufig selbst.

Sicherheit auf der Baustelle war noch klein geschrieben, man wusste es nicht besser. Waghalsigkeit bei der Arbeit galt zudem manchmal noch als Mut und Mut als eine Tugend.


Straßenverkehr

Die Anzahl der PKW in Kärnten betrug 2014 rund 342.000. 1955 waren es gerade einmal 9.600, also nicht einmal 3%. Der Bürgermeister, die leitenden Angestellten in der Fabrik und der Schuldirektor besaßen Pkw. Wer sonst noch im Ort eine Person "von Vermögen" war, leistete sich allenfalls ein Motorrad.

Wer also eine ländliche Epoche IIIa-Szenerie realistisch darstellen will, auf der man nach heutigen Maßstäben etwa 30 PKW aufstellen würde, der stellt am besten gerade mal einen einzigen hin.

Kinder spielten häufig noch ungefährdet auf der Straße. Kinderfahrräder gab es bei uns noch nicht, wir lernten das Radfahren mit Erwachsenen-Fahrrädern.

Es gab noch Hauptstraßen, die noch nicht asphaltiert waren, und auf denen die wenigen Kraftfahrzeuge hunderte Meter lange Staubfahnen nach sich zogen.

Unfälle waren – bezogen auf die Anzahl der Fahrzeuge – wesentlich häufiger als heute. 1955 gab es in Kärnten 160 Verkehrstote, 2014 „nur“ 26. Schotterstraßen, vergleichsweise äußerst mäßig wirkungsvolle Bremssysteme und die noch nicht erfundene passive Sicherheit forderten einen hohen Tribut. Dem Straßenrand kam man am besten nicht zu nahe. Auf dem Schotter geriet man leicht über den Straßenrand hinaus und kollidierte dann mit einem Chausseebaum, mit einem Straßenstein oder man stürzte ab. Hier ein solcher Vorfall ca. 1960 bei Treibach-Althofen in Kärnten.



Man hat deswegen später ganze Alleen geschlägert und der Befestigung des Banketts im Straßenbau mehr Aufmerksamkeit zugewendet. Die Straßensteine, an denen so mancher sein Leben beendete, wurden später gegen flexible Kunststoffelemente ausgetauscht.

Asphaltierte Straßen hatten in Österreich damals noch gelbe Mittellinien. Das Verkehrszeichen „Halt“ war damals nicht achteckig, sondern rund. 1955 hatten Randsteine noch keine Reflektoren. Das Straßenbild dominierten Lkws der österreichischen Marken Steyr, Saurer, ÖAF und Gräf & Stift.
Unser Gendarmerieposten hatte noch kein Auto. Die Gendarmen gingen zu Fuß oder fuhren mit einem Moped.

Die Feuerwehren waren zum Teil noch Tannengrün lackiert. Nicht nur jene Fahrzeuge, die im Krieg der Feuerpolizei zugeordnet waren, sondern nachweislich auch Nachkriegslieferungen bis ca. 1962. Hier ein ca. 1958 neu erworbenes Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Althofen:




So uneinheitlich wie die Farbgebung der Feuerwehrfahrzeuge waren übrigens auch die Feuerwehruniformen. Diese waren bis in die 60er Jahre von Bundesland zu Bundesland verschieden.

Die Fahrzeuge der B-Gendarmerie bzw. des eben erst gegründeten Bundesheeres waren amerikanischer Herkunft. - Die Besatzungstruppen waren 1955 in Westösterreich auf den Straßen kaum mehr präsent, wie mir ein Zeitzeuge jüngst versicherte. Die englischen Besatzer waren in Kärnten nur noch mit wenigen hundert Personen vertreten.

Luftfahrt

Die österreichische zivile Luftfahrt war gerade erst wieder im Entstehen begriffen. Wer glaubwürdige Fotos für seinen Epoche III-Hintergrund fotografieren will, sollte daher beachten, dass Kondensstreifen damals noch äußerst selten waren.


Österreichische Bundesbahnen

Die Fahrzeuge der Österreichischen Bundesbahnen waren bis ca. 1957 teils noch mit „BBÖ“ beschriftet waren, teils schon seit Anfang der 50er Jahre mit „ÖBB“.

„ÖBB“ war, wie viele von Euch wahrscheinlich wissen werden, im internationalen Verkehr nach dem ersten Weltkrieg von der Schweizer Oensingen-Balsthal-Bahn besetzt, daher hat man in der Zwischenkriegszeit für die Österreichischen Staatsbahnen das Kürzel „BBÖ“ gewählt. Nach dem zweiten Weltkrieg fuhren die Schweizer Privatbahnen im internationalen Verkehr mit der Abkürzung „SP“, somit wurde „ÖBB“ für die Österreicher frei.

1955 war die Westbahn bereits elektrifiziert. Auf der Strecke Villach – Wien fuhren noch die letzten großen Schnellzugdampflokomotiven der Reihen 12, 919 und 33. Vor den Personenzügen konnte man noch die Reihen 35, 5070 und 3071 antreffen, fallweise auch die Reihe 77. Die Reihe 16 (kkStB 310) hingegen war bereits seit 1954 abgestellt. Ins Görtschitztal fuhren noch „altösterreichische“ 57er, sowohl mit Personen- als auch mit Erzzügen. Kurze Zeit später wurden sie auf dieser Strecke von den Baureihen 86 und 52 abgelöst.


usw. usw. usw. .......

Diese Liste lässt sich sicherlich noch lange erweitern... Sinnvolle Ergänzungen sind gerne willkommen.

Inzwischen klebe ich wieder ein paar Meter Gleis auf. Nächste Woche endgültig wieder etwas mehr Moba-Bau.

Liebe Grüße

Euer Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1162 von Bauzugfahrer Andreas , 13.11.2015 21:25

Hallo Karl,

da hast du aber viel Arbeit gehabt, um all die Fakten zusammenzutragen. Vielen Dank für deine erinnerden Aufzählungen. Vieles von dem was du da Geschrieben hast galt übrigens auch noch in den sechzigern.

Meine Kinder und Jugendzeit verbrachte ich in den 60igern und 70igern auf dem Land.
Wem das Taschengeld nicht reichte, der mußte sich beim Bauern was dazuverdienen. Aber auch da wurde oft in Naturalien bezahlt - die Verdienten Kartoffeln wurden dann mit der Schubkarre nach Hause gebracht. Mutters freute sich...konnte doch dadurch etwas Haushaltsgeld eingespart werden. Auch das Stoppeln war zu der Zeit noch üblich - das Nachsammeln der übersehenen Kartoffeln.

Bei meiner Oma - wohnte in der Stadt - war das Klo auf 1/2 Etage üblich. Und Omas Tricks mit dem Kohleofen, haben mir dann damals in meiner ersten Bude auch geholfen....

Allerdings begann in den 60igern dann doch der Siegeszug des TV - Schwarz/weiß natürlich. Die Fernbedienung hatte noch Namen wie Andreas, Markus oder Willy. Was gesehen wurde, wurde Diktatorisch Bestimmt....

Auch wenn ich die 50iger nicht mitbekommen habe....vieles von dem was du Geschrieben hast lernte ich dann ein Jahrzehnt später kennen.

Schöne Grüße


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1163 von Der Dampfer , 13.11.2015 23:28

Hallo Karl /Andreas

Karl ...viel Mühe hast Du Dir gemacht diese schönen und wertvollen Beobachtungen hier festzuhalten. Ich glaube das alles ist wichtig um die Zeit damals zu verstehen und somit die Welt auch richtig ins Modell umzusetzen.Man arbeitete härter als heute und schämte sich dafür nicht."Arbeitshand ist keine Schand" sagt ein altes Sprichwort am Niederrhein. Heute wird man beim abendlichen Einkauf als Handwerker in schmutziger Kleidung mitunter schon schräg angeschaut.Trotz des sicher anstrengenden Alltags war Hektik ein Fremdwort. Auch machte man sich gegenseitig nicht so fertig ,wie es heute häufig der Fall ist.Ein Wort galt noch was und man ließ einem Auftragnehmer als Auftraggeber auch die Zeit zum Arbeiten. Dauernde Telekommunikation war nicht vorhanden. Die meisten Leute hatten kein Telefon.Hatte ein Fernfahrer den Auftrag vom Ruhrgebiet nach München zu fahren so gab man ihm alle Infos mit und dann meldete er sich erst wieder wenn in München abgeladen wurde. Das ständige nervöse kontrollieren und prüfen ,wie es heute der Fall ist ,gab es nicht.Man vertraute einander. Es war wohl eine fairere Zeit als heute. Danke für die beiden interessanten Fotos des Feuerwehr Ford Taunus Transit und das des LKW-Unfalls. Es zeigt darüberhinaus einen der wenigen dokumentierten Einsätze eines schweren Magirus Rüstkranwagens ,der damals nur bei wenigen großen Feuerwehren vorhanden war. Allerdings muß ich Dich in einem Punkt korrigieren: Die aufgezählten österreichischen LKW waren sicher auf den Strassen zu sehen nur der Saurer.............
Wer hat´s erfunden.........na.........Die Schweizer...... richtig, zwar nicht von Ricola sondern aus Arbon am Bodensee ist Saurer eine und "die " Schweizer LKW Marke....gewesen. Es gab allerdings in Wien ein Saurerwerk ,das die Fahrzeuge in Lizenz fertigte (somit Saurer Österreich)
Viele Unfälle passierten auch wegen schlechter Reifen. Reifen waren noch nicht mit Stahldrahteinlagen verstärkt,wie heute (Gürtelreifen). In der Regel handelte es sich um Diagonalreifen,deren Unterbau aus Cord oder Leinenfasern bestand und lange nicht so stabil und hart wie heute war.
Deine Beschreibung der Bundesheerfzge ist völlig korrekt. Das Bundesheer fuhr Willys und Ford Jeeps der US Armee und die schwereren Dodges. Als einzige Institution übersetzte das österreichische Bundesheer die Reparaturdokumentation für viele der amerikanischen FZGe ins Deutsche, was heute noch wertvolle Hilfe beim Arbeiten an den Oldtimern ist (Ich weiß wovon ich spreche und für die Übersetzung bin ich den Österreichern heute noch dankbar )
Omnibusse fuhren zumindest in Deutschland mit Anhänger.LKW oft mit mehreren Anhängern. Mitte der 1950er Jahre wurde das aufgrund von Unfällen verboten und stark eingeschränkt.
Ach ja zu den Haaren noch: Viele Männer trugen ihre Haare wesentlich länger als heute. Sie hatten zwar keine langen Haare als Gesamtbild ,doch waren die einzelnen Haare lang und oft von vorne nach hinten gekämmt und gegelt. Mützen waren daher beim Arbeiten oft unumgänglich. Ich kenne das noch gut von meinem Altgesellen.
Danke für die sehr interessanten Betrachtungen und Grüße sagt Willi

Hallo Andreas....woher weißt Du das ich früher als Fernbedienung gearbeitet habe ....stimmt nämlich absolut.....Vater´s abendliche Anweisungen hießen: Umschalten; Getränke beschaffen und Schokolade holen,das letztere wurde natürlich nicht ganz uneigennützig sofort erledigt


Durch dieses Wurmloch gelangen Sie nach Neustadt am Wald in den 1950ern

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1164 von Bauzugfahrer Andreas , 13.11.2015 23:53

Hallo nochmal,

@ Willy, du sagst es. Das mit der Fernbedienung kenne ich - natürlich - aus eigener Erfahrung. wurde mir das mit den Botengängen zu viel, blieb ich im Keller bei der Modellbahn....und hatte dann meine Ruhe.

Aber ansonsten kann man sagen: Früher war nicht alles Besser. Aber die Zeit war Menschlicher...und das hat sie Besser gemacht!

Schöne Grüße


Bauzugfahrer Andreas

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1165 von Nutri , 14.11.2015 14:48

Servus Karl,
und all die Herren, die sich bisher an der neuen Ausgabe der "Akribik" beteiligt haben.

Karl, werter Forumskollege.
Ich bin wiederholt überrascht, mit welch fundierten Kenntnissen Du weißt hier aufzuwarten.
Das Deine Kenntnisse sich nicht nur auf das brückentechnische Umfeld beschränken, war spätestens seit der Aufarbeitung respektive Umarbeitung Deiner Köf und dem Rahmenbau Deiner Anlage eigentlich klar.
Aber das Du jetzt auch noch mit Geschichtskenntnissen par excellence glänzt, setzt Deiner Persönlichkeit einen weiteren Lobesstein.
Nicht nur, dass Du sehr viel zu wissen scheinst, nein Du lässt uns an Deinem Wissen teil haben und machst diesen Deinen Trööt zu einer Enzyklopädie.
Um so schwerer ist es für einen Laien. so wie mich, weitere fundierte Kenntnisse beizutragen, deshalb bleibt mir nur wieder zu sagen:
Dir und all den Herren (@Willi, Der Dampfer/@Bauzugfahrer Andreas), die mit solch einer geballten Ladung an Wissen auftreten können, gilt mein höchster Respekt und euren Lebenspartnern wünsche ich, dass sie euch weiterhin in eurem "Hobby" aufgehen lassen und dadurch beitragen, dass die Geschichte eines Landes, Region nicht verloren geht.

Gruß


Markus
(alias Rhön-Yeti, alias Nutri)
Hentershausen? Hier geht's lang>Hentershausen (39)
Erfahrungen vererben sich nicht - jeder muss sie allein machen.(Tucholsky)

Und jetzt NEU:Diorama mit Feldbahn


 
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1166 von St. Goar , 15.11.2015 15:22

Hallo Karl,

die Ausführungen zur Gestaltung einer Anlage in der Epoche III sind absolut lesenswert. So richtig nach meinem Geschmack. Bei vielen Fakten wurde ich in meinen Auffassungen bestätigt.
Auch wenn ich Dir, was die Genauigkeit der Modellbahn-Baus angeht, nicht das Wasser reichen kann, so sehr liegt Dir wie mir an die möglichst genauen Einordnung von Modellen in die Modellbahnlandschaft am Herzen. Darüber hinaus finde ich die Beschäftigung mit der Technik-, Politik- und Sozialgeschichte ausgesprochen spannend.
Du hast es insofern etwas leichter, weil Deine Anlage im Jahr 1955 angesiedelt sein wird. Ich denke (1930) - 1957 bis 1993 - (2015) ab. Die Landschaft am Rhein lässt diese lange Zeitspanne halbwegs zu, insbesondere was die Strecke zwischen den Tunneln angeht. Da kann das richtige Straßenfahrzeug und die Aufstellung von passenden Personen neben dem entsprechenden Eisenbahn-Rollmaterial die Wirkung nicht verfehlen. In weiten Teilen deckt sich die Entwicklung von Österreich und Deutschland auf vielen Ebenen. Daher kann ich auf Deine Informationen, was die 50er Jahre angeht, gerne zurück greifen.
Durch die Gnade der frühen Geburt kenne ich die Situation ab etwa 1960 aus eigener Erinnerung. Die Veränderungen bis heute sind als rasant zu bezeichnen. Und offensichtlich beschleunigen sich die Veränderungen weiter.
Ich freue mich über jeden Deiner Baufortschritte, egal ob Fahrzeuge oder Anlagenbau.


Gruß aus Bielefeld

Gerhard




 
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1167 von DB-IV-Proto87 ( gelöscht ) , 15.11.2015 20:16

Hallo Karl,

lange habe ich hier schon keine Nachricht hinterlassen (aber immer brav mitgelesen); Deine Ausführungen zum korrekten Umfeld sind - unabhängig von der für mich "falschen" - Epoche einfach nur vorbildlich im Wortsinne!

Exemplarisch möchte ich den Verweis auf die hohe Anzahl von mit Gartenarbeit beschäftigten Personen hervorheben. Wahrscheinlich würden deren Fehlen viele Betrachter überhaupt nicht als Mangel benennen können, und doch ergibt erst das Vorhandensein ein unterbewußt als "richtig" empfundenes Bild.

Umgekehrt kann ich für mich wenig mit Modellbau anfangen, der ein Triebfahrzeug bis zur letzten Schraube umzusetzen versucht (was Du z. B. mit Deiner Köf ja auch machst ), dann aber (kein konkreter Stummibezug!) etwa Schwarzwaldhöfe im TT-Maßstab ins H0-Sauerland verpflanzt. Wenngleich weit von Deiner Akribie entfernt, habe ich mir doch auch in Bad Herzfeld vorab gründlich überlegt, warum es dort genau so aussehen soll, wie es nun umgesetzt wird: http://stummiforum.de/viewtopic.php?f=64&t=82565#p880089

Grüße aus Nürnberg,

Alexander


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1168 von SpaceRambler , 16.11.2015 00:42

Servus Karl,

Deine Darstellung der Fünfziger Jahre kann ich voll unterschreiben. Selbst in den 1960ern, meiner Kindheit also, war dies im Groben das Bild, welches man auch in unserer Gegend vorfand. Telefon: ich weiß noch, wie meine Mutter das Telefon der Nachbarn strapaziert hat, als mein Bruder einmal ernsthaft erkrankt war. Eigenes Auto: meist Fehlanzeige, statt dessen so eine Art Sammeltaxi. Und zwanzig Zentner Kartoffeln aus eigener Hände Anbau und Arbeit, das war normal. Ebenso wie der "halbe Morgen" am Rand des Dorfes, der zusätzlich zum Garten (der hauptsächlich ein Nutzgarten war!) beackert wurde. Oder Wäsche waschen am Montag: nix Vollautomat! Wenn man sich die Arbeitsleistung vorstellt, die dahintersteckt, da wird einem schon ganz komisch ...

Klasse, dass Du diese Zeit noch einmal in derart kompakter Form zusammengefasst hast. Denn das ist letztlich die Grundlage für eine Moba, die nicht nur die äußere Erscheinung von Gebäuden und Rollmaterial "richtig" wiedergeben will.

Grüße, Randolf



mein Epoche2-Trennungsbf. "Mühlfeld im Wald" (TC8 Gold) (Link: Bild klicken)
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1169 von 2043er , 16.11.2015 15:52

Hallo Karl!

Bei deinem Text fühlt man sich ja förmlich in die 50er zurückversetzt! Wunderbarer Text! Der sollte im Forum hier irgendwo eigenständig angepinnt werden finde ich...

Ich bin derzeit am digitalisieren von alten Familiendias (teilweise 1950 - Großteil jedoch ab 1960) und kann die von dir geschriebenen Worte und Begebenheiten nur bekräftigen!

Lg Markus




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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1170 von Bastelharry , 17.11.2015 07:24

Hallo Karl

was für ein wundervoller Abriss der 50er Jahre.
Man sieht daß die Moba für dich weit über das "Bähnchen- Fahren" hinaus geht.
So schaffst du den stimmigen Gesamteindruck und kannst alle Darstellungen zu Geschichtenerzählern werden lassen.
Geschichte(n) im doppeldeutigen Sinne.
Ich bin gespannt wie du es weiter umsetzen wirst.
Daß es super wird steht außer Zweifel.
Bist schließlich der Ober-Akribiator des Forums (und hast damit die Erwartungshaltung mächtig hoch gesteckt .................selber schuld )

Bewundernde Grüße
Harry


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1171 von notbremse , 20.11.2015 15:32

.
Der Fluch der Akribik, Teil 103

DIE VOLLAUTOMATISCHE MÄDCHENAUSZIEHMASCHINE

„Ans is siha,“, hat der Toni gesagt, „hiaz weast oba gonz schean Gas gem miasn und gooonz schnöll Gleise valegn, wal sunst weata obetscheppan, da Zug, wos do deachl kummp!“ [Eines steht fest – du wirst dein Arbeitstempo erheblich beschleunigen und im Rekordtempo Gleise verlegen müssen, denn sonst wird er sich, von unangenehm scheppernder Geräuschemission begleitet, abwärts bewegen – der Zug, der dort drüben gerade sich anzunähern im Begriff ist!] – „In der Tat“, der sonst so gelassene Professor wirkte ein wenig angespannt, „wir müssen uns sputen!“.




Aber so schnell fährt ein Zug nicht in den Abgrund. Bevor es ans Gleise-Verlegen geht, schneide ich noch schnell mit der Goldschmiedeschere vier dünne Neusilberplatten mit den Maßen 5 x 35 mm zu und richte sie mit einer Flachzange gerade:




Dann schneide ich vier Schienenprofile in handliche Stücke und schleife einseitig den Schienenfuß weg.




Vier weitere Profile schleife ich spitz zu, und schließlich löte ich die Profile auf die kleinen Rechtecke und entferne die Flussmittelrückstände.




Dann nahm ich noch die Schwellen zur Hand und schnitt im Bereich der Bleche auf 5 Schwellen die Kleineisen ab…




…fädelte die Profile in die Kleineisen ein und klebte die Bleche über Nacht mit UHU Endfest 300 auf die Schwellen auf.


Die Fini war außer sich vor Empörung. „Konnst da sowos vurschtölln?!“, hat sie zu ihrer Freundin Cordula gesagt. „I frog den Profesa, wos da Koal do baut, sog ma der ‚Eine Ausziehvorrichtung!‘ Konnst da sowos vurschtölln?! Der baut an Apparat, mit dem wos dea seine Weiba ausziagt, der Falott, der!!! Dos passt wieda amol gonz genau zu eam, wal hiaz amol hob i glesn, da Koal soll in Deitschlond a ledix Kind hobm! An Buam, homb se gsog!“
[Kannst du dir so etwas vorstellen?! Ich frage den Professor, was der Karl da baut, da sagt mir der doch „Eine Ausziehvorrichtung!“ – Kannst du dir so etwas vorstellen?! Der Karl arbeitet an einem Apparat, welcher Frauen auszieht, dieser liederliche Mensch!!! Das passt wieder einmal ganz präzise zu seinem Persönlichkeitsprofil, denn neulich las ich, der Karl soll in Deutschland ein lediges Kind haben! Einen Knaben, sagt man!]


Was die Fini hier bloß meint? Man sagt doch Auszugsvorrichtung und nicht Ausziehvorrichtung? Wie auch immer, ich kann mich dem durchaus interessanten Dorftratsch nicht weiter widmen, die Kleineisen müssen noch dran. Dafür schneide ich von einigen Weinert-Schwellen die Kleineisen ab (vielen Dank an Axel für den prima Tipp!). Die Platten werden mit einigen Muttern aus der Bastelkiste befestigt (Weinert 74013). Schließlich sind die Schienenauszugsvorrichtungen fertig für den Einbau. Lackieren werde ich sie erst in eingebautem Zustand, wenn ich alle Gleise nochmals nachfärbe:




Auf Modellbahnanlagen ist diese Konstruktion sehr selten zu sehen, obwohl es sich alles in allem bloß um eine kleine Bastelei handelt, die in zwei Abenden erledigt war.

Mühsam allerdings waren die Recherchen. Ich habe – abgesehen von einer überalterten Veröffentlichung im Schaper (Gottwald Schaper, Eiserne Brücken, Berlin 1908, Nachdruck: Barsinghausen, 2013) - keinen Plan gefunden. Auch scheint man diese Vorrichtungen je Brücke individuell berechnet zu haben, denn auf den wenigen Fotos, die ich im Internet fand, sieht eine jede ein wenig anders aus. –

Bei der Brückenprobe im Jahr 1912 waren diese Vorrichtungen auf der Talseite des Taggenbrunn-Viadukts eindeutig nicht eingebaut, auch auf Fotos aus den 50er Jahren sind talseitig keine Schienenauszugsvorrichtungen zu erkennen.

Am bergseitigen Ende der Brücke ist auf dem rechten, dem bergwärts führenden Gleis, eine Schienenauszugsvorrichtung fotografisch belegt. Vom zweiten Gleis auf der Bergseite der Brücke kenne ich keine Aufnahmen, die eine Schienenauszugsvorrichtung zeigt, denn die Stelle ist auf allen meinen Fotos entweder unscharf oder von Fahrzeugen abgedeckt. Ich gehe dennoch davon aus, dass auch dort eine solche Vorrichtung vorhanden war, und baue bergseitig zwei davon ein.

Auf der Strecke St. Veit – Launsdorf herrschte Rechtsverkehr. Ich baue die Auszugsvorrichtungen so ein, dass die Spitzen der Schienen jeweils in die Fahrtrichtung weisen, somit fährt man im Normalfall nicht gegen diese Spitzen. Das war jedenfalls beim rechten, bergwärts führenden Gleis nachweislich so, und so wird es vermutlich auch beim talwärts führenden Gleis gewesen sein.

Und kaum habe ich die erste Auszugsvorrichtung eingebaut, donnert auch schon der erste Zug drüber hinweg...!




„Bua, des woa oba schen knopp!“, hat der Toni gesagt. [Junge, das war aber äußerst knapp!]




@ Bauzugfahrer Andreas, Willi, Markus, Gerhard, Alexander, Randolf, Markus und Harry: Vielen Dank für eure netten Kommentare und eure Ergänzungen!

Liebe Grüße

Euer Karl


Wer schnell fertig werden will, sollte nicht Modellbau betreiben, sondern sich mit losen Damen vergnügen...

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1172 von Doomsday ( gelöscht ) , 20.11.2015 15:40

Hallo Karl,

mal wieder eine sehr g***le Konstruktion von Dir!

Ich schäme mich fast, zu fragen, da Du ja der Meister der Akribie bist, aber hast Du die Dinger auch richtig 'rum eingebaut? Ich meine, die spitz zulaufenden Innenschienen sollten ja immer in Fahrtrichtung laufen...

Ok, ok, ich trolle mich schon in die Schäm-Ecke - wo ist mein spitz zulaufender Eselshut?

LG,
Michel


Doomsday

RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1173 von Bastelharry , 20.11.2015 16:07

Michel,

nicht nur Bilder gucken............sondern auch lesen

Einen Ober- Akriebiger- Meister hebelst du so leicht nicht aus

Gruß

Harry


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1174 von Doomsday ( gelöscht ) , 20.11.2015 16:31

Mist...

Meine kaputten Augen haben das beim ersten Mal wohl überlesen


Doomsday

RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1175 von 2043er , 20.11.2015 17:42

Also sowas sehe ich das erste Mal in H0...einfach nur fabelhaft diese Details!




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