Hallo Leute,
ich hatte hier bereits einmal geschrieben, dass ich doch relativ wenig bahnfahre, am letzten WE musste ich jedoch geschäftlich nach Stuttgart und habe gedacht: hier würde es sich lohnen, mit der Bahn zu fahren.
Schon bei der Buchung habe ich mich ein wenig geärgert, da es in meinem Zeitfenster - Freitagmorgens von 6:00 - 11:00 keinen durchgehenden Zug MZ-Sttgt gibt und ich von Ingelheim immer zweimal umsteigen muss, Sa nachmittags gab es tatsächlich eine Direktverbindung (EC 114 Schwarzach-St. Veit/AU - Dortmund), die ich für die Rückfahrt gebucht hatte.
Dann Passierte vor zwei Wochen der ICE-Band bei Montabaur mit anschließender Streckensperrung Köln-Frankfurt, was mich nicht sonderlich interessierte, lag es doch gar nicht auf meiner Reiseroute.
Freitag morgen, 19.10. ging ich dann zum Bahnhof, stieg in den Regional-Express nach Mainz ein und entnahm der Handy-App, dass mein ICE von Mannheim nach Stuttgart ausfällt, die 20 min Fahrzeit bis MZ ging ich online die Verbindungen durch und schaffte es tatsächlich, mich auf den EC 113 (Gegenzug zu s.o.) zu buchen, der nicht über MZ/MA, sondern über FFm/DA fährt, ich allerdings in MZ einen Anschlusszug nach DA erwischen konnte…
Der EC war aus ÖBB-Wagen gebildet, die waren wohl etwas älteren Datums aber super gepflegt, sauber und sehr bequem, einziges Manko: sie waren nicht druckdicht, bei Tempo 160 taten mir in den vielen Tunnels der NBS nach Stuttgart ziemlich oft die Ohren weh.
Die Rückfahrt konnte fahrplanmäßig angetreten werden (die ICE-Strecke Frankfurt-Köln war wieder - einspurig - befahrbar), beim EC114 fehlte jedoch ein Wagen, somit waren sämtliche Platzreservierungen hinfällig. Der Ec war mit deutschem IC-Wagenmaterial gebildet, die, obwohl anscheinend moderner, weil druckdicht, irgendwie heruntergekommener wirkten und unbequemer waren.
Mein Fazit dieser Reise:
Ich fand hier einige der in diesem Thread genannten Kritikpunkte bestätigt.
Obwohl ich im Geschäftsreiseportal der Bahn gelistet und darüber auch gebucht hatte, wurde ich nicht über den Zugausfall informiert (z.B. per SMS) es wurde auch keine Alternative vorgeschlagen, in der App hieß es lapidar: Zug fällt aus!
Es spricht auch nicht unbedingt für das Krisenmanagement der Bahn, wenn durch eine Streckensperrung komplette Relationen ausfallen, mit dem Zugpaar der Relation könnte man doch auch einen Pendelbetrieb bis zu den jeweiligen Endpunkten der gesperrten Strecke aufbauen, um wenigstens diese Fahrgäste "normal" zu befördern, die die gesperrte Strecke sowieso nicht befahren wollten.
Zum Komfort der Bahn wurde auch schon viel geschrieben; ich möchte mich der Kritik anschließen und noch einen Aspekt hinzufügen:
Die Bahn wird im Fernreiseverkehr von beiden Seiten bedrängt, Kurzstreckenflüge von Billig-Airlines sind preislich konkurrenzfähig und Flieger sind definitiv schneller (da nützt alles Geschwafel von "Flughöhe null" Nichts!)… und Busse sind einfach billiger!
Das Einzige womit die Bahn bisher immer bei mir punkten konnte, ist ihr Komfort, aber den verspielt sie gerade, wenn ich mir die Kenndaten des ICE 4 so ansehe:
Wenn ich in der Bahn genauso schlecht sitze, wie im Flieger oder im Bus, warum soll ich mich überhaupt in einen Zug setzen.
Apropos ICE 4: Wenn ich lese: Engerer Sitzabstand, engere Gangbreite, längerer Wagenkasten = mehr Passagiere pro Wagen, also auch pro Einstieg; und ich dann den ausgebrannten ICE 3-Wagen von vor 2 Wochen vor Augen habe, muss ich doch mutmaßen, dass die Evakuierungszeit bei mehr Fahrgästen und längerem und engerem Weg zum nächsten Einstieg länger dauert als im ICE 3, wer hat das genehmigt??? BER steht wegen Feuerschutzauflagen ein Jahrzehnt still, aber der ICE 4 fährt!
Ich weiß nicht, ich bin ja kein Experte, ob die Bahn nicht auf das falsche Pferd setzt, wenn sie bald nur noch TriebZüge im Fernverkehr einsetzt, ist irgendetwas kaputt, fällt die ganze Garnitur aus, möglicherweise sind Lokbespannte Züge doch flexibler, wenn auch nicht so wirtschaftlich.
Um hier einen attraktiven Reiseverkehr anbieten zu können, muss die Bahn nicht nur komfortable Züge bereitstellen, sie müssen auch gewartet und gereinigt werden, was ohne Personalaufwand nicht zu machen ist, es muss eine Logistik aufgebaut werden, die Betriebsstörungen in einem Teil der Republik auf diesen begrenzt und die Auswirkungen nicht überall in Deutschland spürbar sind.
Und - wenn man den Prognosen glauben darf - wenn Güter- und Personenverkehr in den nächsten Jahrzehnten noch zunehmen, muss sich Bahn und Politik schnell um den Trassenausbau kümmern und Kapazitätsengpässe beseitigen - das gilt nicht nur aber auch für das Schnellfahrnetz - z.B. Y-Trasse im Norden
oder den Zuflaufstrecken zu den Basis-Tunneln (Gotthard- oder Brennerbasistunnel) im Süden.
Jetzt noch etwas Versöhnliches zum Abschluss:
Man muss der Bahn zugute halten, dass sie in den letzten 20 Jahren etwas geleistet hat, was keinem anderen Verkehrsträger zugemutet wurde und wahrscheinlich auch nicht wird: den barrierefreien Zugang zum Verkehrsmittel. Tausende von Bahnhöfen und Haltepunkten wurden ertüchtigt, mit Rampen und Fahrstühlen versehen, Bahnsteige zum niveaufreien Einstieg erhöht, neues Rollmaterial mit Rollstuhl-Liften angeschafft; alles aus Eigenmitteln und ohne Aussicht auf Amortisation.
Die laufenden Kosten allein für die Wartung der Fahrstühle dürfen jährlich einige Millionen Euro ausmachen, Danke DB-Ag!
Gruß
uLi