Wenn so ein Motor plötzlich Leistung verliert und zu müffeln beginnt, ist die Ursache meistens Öl. Man glaubt kaum, wo das Öl der werksseitigen Schmierung so hin kriechen kann. Kollektor und Kohlen putzen genügt, meint man da. Für kurze Zeit ja. Aber dann sind die Teile wieder verölt und der Motor macht schlapp. Woher kommt dann das Öl, es wurde doch alles gesäubert? Alles? Nein! Oft werden die Kohlenhalterungen und die Andruckfedern dabei übersehen! Dort setzt sich zu gerne ein Brei aus Kohlenstaub und Öl rein, da der Kohlenstaub das Öl regelrecht anzieht. Bei der im Betrieb normalen, leichten Erwärmung läuft etwas davon die Kohlen entlang Richtung Kollektor und schon ist der Fehler wieder da.
Egal ob Spur H0 oder N, egal welcher Motor von welchem Hersteller, Hauptsache nicht gekapselt, ich hatte da eine ziemlich gemeine Methode, um den Motor komplett sauber zu bekommen. Dazu habe ich Unmengen Zeitungspapier, Küchenpapier, Taschentücher und alte Klamotten genutzt, mich an ein weit offenes Fenster gesetzt und dann meine "Geheimwaffe" eingesetzt. Die heißt Video 90 und kommt von der Firma Kontakt Chemie. Wer kein Brillenträger ist, sollte sich beim nachmachen dieser Methode unbedingt eine Schutzbriolle aufsetzen! Ich habe das Zeitungspapier großflächig auf dem Arbeitstisch ausgebreitet, mir mit dem Küchenpapier ein "Sabberlätzchen" gemacht und dann ging es los. Ich hatte mir verschiedene Kabel engefertigt, um die meisten Motoren direkt an einen Trafo klemmen zu können. Dann wurde der Motor erstmal etwas mit dem Reiniger ausgesprüht, wobei schon recht viel "Suppe" da raus kam. Dann mit dem Trafo mit minimaler SPannung laufen lassen, sodaß er langsam lief, und dann mit dem Sprühröhrchen direkt auf den Kollektor gezielt und kurz abgedrückt. Der Motor reagierte darauf fast immer mit einem ziemlich großen Drehzahlanstieg und schleuderte dadurch natürlich Reiniger, vermischt mit Rückständen aus Kohlenstaub und Öl, durch die Gegend. Das reinigte zuerst mal grob den Kollektor. Trafo auf Null, und nun raus mit den Kohlen und Federn. Die Kohlen wurden dann einzeln mit einem Taschentuch gefaßt und direkt kurz angesprüht, dann sofort im Taschentuch hin und her gerollt. Danach waren die Federn dran, bei denen ich höllisch aufgepaßt habe... denn: je kleiner die Feder, desto sproing! Egal wo sie einem weg springt, man findet sie selten wieder. Danach waren die Kappen dran, in denen die Federn sitzen und die oft auch als Führungen für die Kohlen dienen. Hier war auch Vorsicht angesagt, da ich direkt in die Kappen hinein gesprüht habe. Natürlich habe ich sie dazu mit einem Taschentuch gehalten und das Sprühröhrchen möglichst etwas mit dem Taschentuch umfaßt, damit es dort nicht allzu heftig hinaus gespritzt hat.
Wichtig war mir, alle gereinigten Teile auf einem sauberen Taschentuch abzulegen, das in einer Schale lag!
Ich habe sogar das Motorgehäuse von innen und außen etwas abgesprüht, um dem Kohlenstaub auch ganz sicher den Garaus zu machen. Zum Kollektor reinigen habe ich etwas vom Reiniger auf ein Taschentuch gespritzt und den Kollektor damit sofort abgerieben, indem ich ihn mit dem feuchten Tuch umgriffen und den Anker von Hand gedreht habe.
Die so gereinigten Teile läßt man am besten 15 - 30 Minuten ablüften. In dieser Zeit kann man seine Brille putzen und schauen, ob man sich allzu sehr eingesaut hat...
Es bleiben manchmal weißliche Rückstände an den Teilen zurück. Diese kann man mit einem Taschentuch leicht abreiben. Nun kann der Motor wieder montiert und getestet werden. Dabei bekommen die Lager eine neue schmierung, dazu habe ich nie Öl oder normales Fett verwendet. Ich habe dazu immer das weiße Fett genommen, mit dem auch die Getriebe von Servos geschmiert werden. Teflonfett, Präzisionsfett, Silikonfett, Servofett... viele Namen für das gleiche Zeug. Es ist sehr weich, kriecht sehr gut in engste Lagerpassungen drückt sich kaum mehr aus den Lagern heraus. Ich habe meine Loks komplett damit geschmiert und sie waren immer leiser als vorher, ohne aber mit Schmiermittel vollzusauen oder die Gleise zu verschmieren.
Wichtig beim arbeiten mit dem Video 90 Reiniger sind ein paar Punkte:
- auf gute Belüftung achten, draußen arbeiten ist optimal
- nicht rauchen
- Schutzbrille tragen
Es kann manchmal zu kleinen Verpuffungen kommen, das Risiko dafür ist aber erheblich geringer als bei fast allen Kontaktsprays. Trotzdem sollte man damit rechnen. Deswegen nicht rauchen, die Dünste des Aerosols könnten sich an einer Zigarette entzünden. Bei einem stark feuerndem Motor kann es auch durch das Bürstenfeuer zu einer Verpuffung kommen. Daher immer nur in kurzen Schüben sprühen, nie mit einem Dauersprühstrahl arbeiten! 1 Sekunde ist mehr als lang genug.
Meine so behandelten Loks haben in mehreren Jahren Betrieb nie nach Schmierung geschrien, also gequietscht. Der Kohlenabrieb hat sich brav unter dem Motor im Chassis gesammelt und konnte immer ganz leicht entfernt werden. Sicher war das etwas mehr Aufwand, aber dafür waren meine Loks sehr betriebssicher und brauchten auf Dauer deutlich weniger Wartung.
Die einzigen Motoren, die mir trotz dieser Pflege verreckt sind, waren die schwarz eloxierten Bühler, die eine gewisse Zeit in Liliput Loks verbaut wurden. Diese habe ich immer gegen die golden eloxierten getauscht, die haben auch längeren Betrieb von mehreren Stunden ausgehalten. Die Roco H0 Motoren waren mit die robustesten und kräftigsten, die ich hatte. Egal ob es die mit gerade oder schräg genutetem Anker waren, sie liefen nahezu unermüdlich. Ließ die Leistung nach, waren immer abgenutzte Kohlen die Ursache. Neue Kohlen besorgen, ein wenig Kohlenstaub aus den Kohlehaltern und dem Motor pusten, das kleine Häufchen Kohlenstaub aus dem Chassis wischen, die neuen Kohlen in den Motor, kurzer Testlauf in beide Richtungen, einbauen und die Lok die ersten 1 - 2 Stunden mit nur geringer Last neu einfahren, wieder perfekt.