Hallo Stummi´s, ich stoße andauernd in der Bucht auf diese "Kolonialwaren-Wagen" in verschiedensten Farbgebungen und bedruckungen. Jedoch kann ich so gut wie nichts im Netz zu den Originalen finden. Kann mir da mal jemand sagen was das für Teile waren und wie die verwendet wurden.
Als Kolonialwaren wurden früher, besonders zur Kolonialzeit, überseeische Lebens- und Genussmittel, wie z. B. Zucker, Kaffee, Tabak, Reis, Kakao, Gewürze und Tee bezeichnet. Kolonialwarenhändler importierten diese Produkte, die in Kolonialwarenläden und -handlungen verkauft wurden. (aus Wikipedia). Also zum Beispiel die vielen Bananen- oder Zuckerwagen auf der Bahn. Beste Grüße Hasso
die bayerischen "Kolonialbahnwagen" waren Sonderbauformen von Güterwagen, die es meines Wissens nur in Bayern gab und regional begrenzt auf Nebenbahnen eingesetzt wurden.
Sie haben mit den Kolonialwaren der importierten Waren aus den deutschen Kolonien nicht viel zu tun, diese Gebiete waren: Togoland = heutiges Togo Deutsch Kamerun = heutiges Kamerun Deutsch Süd-West Afrika = heutiges Namibia Deutsch Ost Afrika = heutiges Tansania Deutsch Ozeanian = heutiges Ost Timur, Bismarck Archipel Deutsch Samoa = heutiges US Samoa und St. Marianen Inseln (USA) Pachtgebiet Schantung = heutiges China bei Peking
Da aber bei Eisenbahnen in den Kolonialgebieten Wagen oft mit Planen und unterschiedlich hohen Frachstücken bedeckt waren, kam diese Erscheinungsform als "Spitzname" für diesen Wagentyp zu Stande. Die seitlich offenen Wagenbereiche wurden nach der Beladung mit Planen bedeckt, einerseits zur Ladungssicherung und andererseits zum Wetterschutz.
Zug im Bahnhof Pforte in Deutsch Süd-West Afrika - Bild mit Genehmigung des Nationalarchivs Windhuk, Namibia
der Begriff Kolonialwaren-Wagen kann auf neudeutsch nur mit etwas ausführlicher Erklärung sinngemäß übersetzt werden. Für heute wäre der Begriff "absperrbarer Wagen für empfindliche Güter" angebracht.
Bevor sich Container im Bahnverkehr etc. durchsetzen wurden die Waren zumeist mit der Hand verladen, also in Säcken oder Kisten. Bei den heutigen Umschlagsmengen ist das undenkbar, aber in der Länderbahnzeit gab es wesentlich weniger Transportaufkommen für importierte Produkte da weniger Personen und ein ganz anderes Konsumverhalten vorhanden war. Heute kommen beispielsweise Bananen schiffsweise massenhaft in Containern und es können sich nahezu alle Leute ganzjährig kiloweise Bananen billig kaufen und werfen nach ein paar Tagen die Hälfte der gekauften Bananen weg wenn sie braun werden; vor 100 Jahren waren Bananen was exotisches, wenn überhaupt nur saisonal angeboten, also waren selten zu kaufen und sie waren vermutlich für die breite Bevölkerung horrend teuer.
Wie bereits in einem vorstehenden Beitrag sachlich erklärt waren Kolonialwaren aufgrund ihrer Herkunft aus entfernten Gebieten teure Produkte, zumeist Nahrungsmittel. Diese waren empfindlich, daher war besonderer Schutz gegen Temperaturen und weitere Wettereinflüsse notwendig. Damals gab es keine klimatisierten Kühlwagen.
Auch heute noch sind die meisten Güterwagen offen. Die Güterwagen welche Container transportieren müssen bei dieser Auflistung aussen vor stehen. Damals wie heute können unempfindliche Waren offen transportiert werden - beispielsweise Zuckerrüben, Kartoffeln etc. In der Länderbahnzeit gab es auch nur wenige geschlossene Güterwagen. Für empfindliche Güter wurden manche gedeckte Güterwagen anstelle in den jeweiligen klassischen Länderbahnfarben grün, rot, braun etc. in Farben lackiert die das zu transportierende Gut besser schützte, wie etwa gelb für Bananenwagen oder weiß für Milchwagen etc. Helle Farben wurden allerdings seitens der Bahnverwaltungen nicht geliebt da diese Fahrzeuge bereits nach kurzer Zeit genauso dreckig wie andere Fahrzeuge waren, jedoch fiel es eher auf und machten daher keinen guten Eindruck.
Kleine Anmerkung: jeder kennt die Geschäfte die als EDEKA bekannt sind. Die wenigsten wissen dass dies die Abkürzung für die im Jahr 1907 gegründete "Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler" ist. Heute firmiert die Gruppe anders, aber der Name ist geblieben.
Hallo Bernd, Vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag 🤗 Ich habe mir echt einen Wolf gesucht um über das Märklin, bzw. Trix Modell etwas heraus zu bekommen. Wie du schon sagtest waren damals diese Waren kostbar und selten und wenn man den russischen Text übersetzt, erfährt man, dass dies der Grund für die halb offene und halb geschlossene Bauart war. Das mit EDEKA hatte ich auch kürzlich gelesen und war sehr überrascht, ich wusste es nicht 😄