Ein Eisberg im Keller? - nein meine Planung hat kein 'sibirisches' Vorbild. Aber dazu nachher mehr.
Unser schönes Hobby hat ja glücklicherweise sehr viele Facetten. Von der Teppichbahn bis zu 'H0pur' ist ein weites Feld, in dem jeder nach seiner Facon seelig werden kann. Ich zähle mich zu den eher vorbildorientierten Modellbahnern, wobei ich kein Nietenzähler bin. Wenn's sein muss, kann ich schonmal ein - oder auch beide - Augen zudrücken, solange das Gesamtbild für mich stimmt. Vor allem bin ich 'Fahrbahner'. Ich liebe es die Züge fahren zu sehen, und damit das nicht langweilig wird, braucht es viele Züge, die man abwechselnd fahren lassen kann. Deshalb brauche ich einen großen Schattenbahnhof. Bei meiner Anlage befinden sich über 80% der verlegten Gleise unter der Oberfläche - wie bei einem Eisberg. Da ist auch nur der kleinste Teil sichtbar.
Die Planung dieses 'Eisbergs' möchte ich hier mal vorstellen.
Ich würde mich über eure - positive wie negative - Meinung dazu freuen, auch wenn ich aufgrund des Baufortschritts nicht mehr allzuviel daran ändern kann. Als die Planung gelaufen ist, kannte ich dieses Forum leider noch nicht. Sonst hätte ich beim Rumknobeln über die Alternativen sicher Euren Rat dazugezogen. So allein im 'Elfenbeinturm' tut man sich manchmal schon schwer.
Ich möchte auch den vielen, die hier um Rat fragen, Mut machen: Eine Anlagenplanung kostet Zeit - und nehmt sie Euch auch. Ich habe an diesem Plan über ein Jahr herumgedoktert, immer wieder geändert hier und da gefeilt. Ich bin im Geist die Fahr- und Rangiermöglichkeiten durchgegangen, habe überlegt ob man auch überall hinkommt, wo was zu bauen oder zu reparieren ist, bis es für MICH gepasst hat. Da kann so eine Planerei auch wirklich Spaß machen. Auch die Einarbeitung in WinTrack hat einiges an Zeit gekostet, ich möchte es aber nicht mehr missen. Gerade bei der Planung der Steigungen und Durchfahrtshöhen war es eine unentbehrliche Hilfe für mich.
Meine Bahn spielt in Epoche 3/4 irgendwo im Süden Deutschlands. Ich habe da meine eigene Grenze für die Epoche. Das ist nicht die Umzeichnung der Loks und Wagen, sondern die Umstellung auf das neue Farbschema bei der DB. Ozeanblau/beige kommt mir nicht auf die Anlage
Ich bin in der glücklichen Lage, einen eigenen Kellerraum für die Moba zu haben. Der ist so ca. 4,3x4,3m groß, und meine alte Moba war als ADW-Anlage komplett ringsrum aufgebaut, mit einem herausnehmbaren Teil um in den Innenraum zu gelangen. Ein Hälfte des Kreises war der Schattenbahnhof, die andere die sichtbare Anlage. Die Moba ist aber nie fertig geworden, denn ich erkannte früh genug, dass mich das nicht befriedigt: Ein Wenden der Züge war nicht möglich - was einmal rechtsrum fuhr, fuhr immer rechtsrum und umgekehrt und in den Sbf passten einfach nicht genug Züge.
Als der Ruhestand in Sicht war, begann ich deshalb mit der Planung für eine neue Anlage. Da gab's ein paar Vorgaben:
- Das ADW-Prinzip sollte beibehalten werden
- Der herausnehmbare Teil sollte verschwinden. Das war umständlich, und ich wollte zukünftig jederzeit direkt in den Innenraum kommen.
- Die Züge sollten in jede Richtung fahren können. Vorzugsweise nach dem Hundeknochenprinzip: Ein Zug kommt von da wieder auf die Anlage zurück, wo er auch verschwunden ist.
- Der Schattenbahnhof sollte möglichst viele Züge aufnehmen können. Zielvorgabe waren mal 50 Züge.
- Alle Teile der Anlage sollten gut erreichbar sein. Insbesondere wichtig, dass man auch von unten überall drankommt für Verdrahtung, Unterflurantriebe u.s.w.
- Im sichtbaren Teil sollten möglichst grosse Radien erreicht werden (wofür eine ADW-Anlage schonmal gute Voraussetzungen gibt)
- es sollen lange Züge (3m) fahren können
- halbwegs realistische Bahnsteiglängen.
Vor allem der letzte Punkt schloß schonmal einen großen Bahnhof mit D-Zug-Halt aus. Das Thema wurde daher ganz klassisch: ein kleiner Unterwegsbahnhof an einer 2-gleisigen Hauptstrecke mit einer abzweigenden Nebenbahn. Klingt zwar recht langweilig, bietet aber die besten Voraussetzungen um alle Arten von Zügen fahren zu lassen (Wie gesagt ich bin Fahrbahner). Lange D-Züge halten zwar nicht, können aber natürlich auf der Hauptstrecke durchfahren. Geplant habe ich das ganze im Kopf und mit Wintrack - wobei der Kopf noch etwas wichtiger ist als WinTrack
Herausgekommen ist nach vielem hin- und her (wer kennt das nicht) der folgende Gleisplan
, den ich mal von unten nach oben aufbaue:
In der untersten Ebene befindet sich der eigentliche Schattenbahnhof mit den Gleisharfen für die Abstellgleise. Diese Ebene bildet für sich bereits ein geschlossenes Oval, so dass dort Züge bereits im Kreis herumfahren können. Das ist beim Aufbau recht hilfreich. So können bereits auf der untersten Ebene Testfahrten durch die Gleisharfen stattfinden. Grundsätzlich herrscht im Schattenbahnhof strenger Richtungsverkehr. Bis auf ganz wenige Ausnahmen (dazu später mehr) können alle Gleise nur in einer Richtung befahren werden. An den beiden Enden des Ovals sind die Wendel angeschlossen, die die Züge auf die 45cm höher liegende Ebene der sichtbaren Anlage bringen. Es sollen Züge mit max. 3m Länge verkehren. Die belegen dann in der Gleisharfe schon 2 Abschnitte. Standardzuglänge ist < 1,8m. Die Blocklänge in den Zu- und Abfahrgleisen ist auf die max. 3m ausgelegt. Da passen immer noch einige Züge hintereinander in die Wendel. Mindestradius in der Wendel sind 50cm und 4,5 Windungen um die Höhe zu erreichen. Aufwärts gehts auch immer im äusseren Gleis, da ist der Radius noch ein bisschen größer, so dass eine Steigung unter 2,5% erreicht wird.
Die Anlagentiefe auf dieser Ebene ist zum Schluss auf nur 45cm geschrumpft, weshalb es auch mit den 50 Zügen nicht ganz klappt. Dadurch ist aber die oberste Ebene (Tiefe 75cm) besser von unten erreichbar, was mir dann doch wichtiger war.
Wenn die Wendel bezwungen ist, fahren die Züge auf den sichtbaren Teil:
Die Ecke unten links wird von einem kleinen Eisen/Schrotthandel ausgefüllt (der ist noch von der alten Anlage übriggeblieben). Rechts beim Bahnübergang ist auf der freien Strecke ein Gleisanschluß(Holzplatz). Das kann betrieblich ganz interessant werden, da Fahrten dahin als Sperrfahrten abgewickelt werden müssen.
Im sichtbaren Bereich hat die Hauptbahn einen Mindestradius von 100cm. Ich finde, das macht sich bei langen Zügen sehr gut. Auf der Nebenbahn und in Weichenstraßen sind es 70cm. Nur in reinen Rangiergleisen geht es an ein paar Stellen bis auf 50cm.
Da aus Platzgründen das Weichenvorfeld des Bahnhofs im Bogen liegen muss, bleibt bei diesen Radien nur der Weichenselbstbau. Da habe ich mich für die Flex-Bausätze von Tillig entschieden. Damals kamen gerade die neuen ganz schlanken 6,3° und 9,4° Weichen heraus, die ich für die Hauptgleise gleich sehr gut einsetzen konnte. Ein bisschen knifflig war es, die verbogenen Tillig Flexweichen im Planungsprogramm Wintrack hinzubekommen. Man kann da ja keine beliebigen Flexweichen einsetzen ( wie z.B. hier im Planungs Thread beschrieben) denn die müsste man sich dann ganz individuell selbst bauen (lassen). Die Grundgeometrie liegt bei den Tilligweichen aber fest - auch wenn sie verbogen werden. Grundsätzlich funktioniert das auch in WinTrack mit dem Punkt 'Weiche erzeugen'. Man muss da nur die richtigen einzutragenden Werte herausbekommen. Dazu habe ich mir eine Berechnungstabelle in Excel (bzw OpenOffice Calc) gemacht. Dort gibt man die Grundwerte der Weiche vor (Länge und Herzstückwinkel) denn die ändern sich auch beim Verbiegen nicht ( für die Länge gilt das nicht exakt, es funktioniert aber genau genug). Gibt man jetzt in der Tabelle den gewünschten Außenradius an, so berechnet Excel den sich aus der Weichengeometrie ergebenden Innenradius mit ausreichender Genauigkeit. Mit den Werten kann man sich in Wintrack eine Weiche erstellen, die man hinterher mit den Flexbausätzen auch tatsächlich bauen kann. Das ganze ist etwas 'Frickelei' und man muss mit den Radien etwas jonglieren bis alles passt. Ich konnte die Weichen auf den 1:1 Ausdrucken dann aber bisher alle tatsächlich so bauen wie in Wintrack geplant.
Zwischen dem sichtbaren Teil und der untersten Ebene gibt es in der rechten Wendel noch eine Besonderheit: Da wo sich die Nebenbahn in den Schattenbahnhof wieder einfädelt.
Diese Ebene sieht so aus:
D.h. die Nebenbahn (hellbraun) benutzt ein Stück lang die Gleise der Hauptbahn um in den Nbn Schattenbahnhof mit den Stumpfgleisen zu kommen. Fahrtechnisch nicht ganz optimal, aber alle anderen Varianten hatten auch so ihre Nachteile. Vorteil auf der anderen Seite ist, dass die Nebenbahnzüge gegebenenfalls auch den Haupt-Sbf erreichen können.
Insgesamt ist die rechte ('östliche') Wendel deutlich komplexer als die obere ('nördliche') Wendel. Rechts gibt es denn auch ein paar Gleisabschnitte, die in beiden Richtungen befahren werden müssen.
Die Umsetzung dieses Planes soll mich jetzt im Ruhestand (ohne Hektik, ganz gemächlich...) beschäftigen.
Zum Abschluß noch ein paar 3D-Bilder aus WinTrack:
Liebe Grüße
Franz-Peter