Hallo, hier Teil 3
Am Tag danach bestiegen wir den Bus nach Dinar. Dort hatten wir aber keinen Anschluss. So begaben wir uns an den Bahnhof, wo es auch nicht besser war. Erst um 9 Uhr abends fuhr wieder etwas.
So blieb uns nichts anderes übrig, als die Zeit totzuschlagen.
Wir konnten wenigstens im Depot den Dampfkran begutachten. Aus Filmmangel habe ich nicht fotografiert! Heute fuxt es mich!
Irgendwie gelangten wir dann um Mitternacht nach Afyon, wo wir ein Hotel bezogen.
Am nächsten Morgen bummelten wir durch die Altstadt und schauten uns den Betrieb dort an. Eine Fotografin war am Werk. Mit einer Ur- Polaroid.
Die Kamera hatte etwa die Grösse eines Fernsehers und war, wie die Dame die sie bediente, fast vollständig verschleiert.
Der zu Portraitierende, meistens ein Junge in Schuluniform, nahm vor der Kamera Platz. Belichtet wurde nach der Methode Objektivdeckel weg - Objektivdeckel drauf. Belichtungszeit etwa 3 Sekunden. Die Dame zählte sichtbar mit.
Dann: wurde etwas genuschelt unter dem Tuch, dann zweite, dritte und vierte Belichtung. Nachher längeres, konzentriertes, über Minuten dauerndes nuscheln. Dann kam ein Blatt Fotopapier hervor, dass im Eimer unter der Kamera ausgiebig gewässert wurde.
Darauf war nun das Negativ.
Dieses wurde nun mit einem hölzernen Rahmen vor die Kamera gehalten und nochmals fotografiert. Wieder längeres Nuscheln und das Positiv kam zum Vorschein.
Nach der Wässerung wurde es zwischen Löschblättern getrocknet, beschnitten und mit Stempel auf der Rückseite versehen, dem glücklichen Besteller in einem Umschlag ausgehändigt.
Das war Ur-Fotografie pur!
Am Nachmittag nahmen wir dann den Zug nach Konya. Eine Reise, die in meiner Erinnerung rund 4 Stunden dauerte.
Zuglok war die 46er
Daten:
Nummerierung:
46051–46061
Anzahl:
11
Hersteller:
Henschel
Baujahr(e):
1937
Ausmusterung:
bis 1985
Achsformel:
1’D1’
Bauart:
1’D1’ h2
Spurweite:
1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer:
22.860 mm
Fester Radstand:
3,8 m
Kuppelachsradstand: 5,7 m
Gesamtradstand:
11,9 m
Leermasse:
Lokomotive: 94,75 t
Tender: 26,5 t
Dienstmasse:
104,4 t
Dienstmasse mit Tender:
167,9 t
Reibungsmasse:
72,8 t
Radsatzfahrmasse:
18,2 t
Höchstgeschwindigkeit:
100 km/h
Indizierte Leistung:
1387 kW
Anfahrzugkraft:
19,1 t
Kuppelraddurchmesser:
1750 mm
Treibraddurchmesser:
1750 mm
Laufraddurchmesser vorn:
850 mm
Laufraddurchmesser hinten:
1250 mm
Steuerungsart:
Heusinger-Steuerung
Zylinderanzahl:
2
Zylinderdurchmesser:
650 mm
Kolbenhub:
660 mm
Kessellänge:
6 m (Rohre)
Kesselüberdruck:
16 bar
Rostfläche:
4 m²
Überhitzerfläche:
105,75 m²
Verdampfungsheizfläche:
223,2 m²
Tender:
2’2’ T 29
Dienstmasse des Tenders:
63,5 t
Wasservorrat:
29 m³
Brennstoffvorrat:
8 t Kohle
Kupplungstyp:
Schraubenkupplung
Der Zug begann nicht in Afyon. Die Lok wurde am Zug bewässert und das Feuer gereinigt.
Mehr oder weniger flach ging es bis nach Sarayönü.
Dort begann damals die Strecke über den Berg. Heute führt ein Tunnel unten durch. Damals war das Trasse erst am entstehen.
Hier ein Ausschnitt aus der Open Railway map:
Die gestrichelte Linie ist die alte Strecke
Dort wurde nochmals Wasser gefasst und Feuer gereinigt.
Auch das Zugpersonal wollte abgelichtet werden.
Nachher begann der Anstieg.
Aussicht auf ein Dorf:
Am nächsten Morgen strolchten wir in Konya herum. Das Depot befand sich gerade gegenüber des Hausperrons.
Der alte Bahnhof diente als Kantine für das Personals. Das wussten wir aber nicht und haben dort immer gut gespiesen.
Viel war zwar nicht los. Die Züge fuhren früh ab und kamen erst Abends wieder zurück.
Einige wenige Güterzüge fuhren tagsüber.
Hier eine 56 er, die in vielen Teilen der 46er gleicht.
Die 46er waren natürlich die Stars, Sie waren auch immer gepflegt.
Der Lokpark war kunterbunt.
Am Hausperron war auch eine Werkstätte, deren Chef, ein kleiner Napoleon war, und persönlich nach dem Rechten sah!
Da wir ihn voll ernst nahmen, und ihn und seine Mannschaft fotierten, wurden wir dann nachher in Ruhe gelassen. Das ist nicht allen Besuchern so ergangen, wie Kollegen zu berichten wussten!
Wir begaben uns dann ein paar hundert Meter dem Gleis entlang. An einem Bahnübergang wollten wir dann auf den Abendzug warten. Natürlich wurden wir vom Bahnwärter willkommen geheissen und beteet.
In meiner Erinnerung kam von 9 Uhr Morgens bis am späten Nachmittag kein Zug. Trotzdem war der Uebergang den ganzen Tag besetzt. Das Bahnwärterhäuschen war ein regionales Informationszentrum.
Natürlich mussten wir fotografieren.
Zwischendurch wurde der Gleisanschluss bedient.
Im Vordergrund übrigens die Teile einer Drehscheibe.
Heute sieht dort alles anders aus: Die Strassen sind verbreitert worden, die Übergänge verschwunden und durch Unterführungen ersetzt worden. Die Strecke wurde ausgebaut, weil die Neubaustrecke dort durchführt. Auch am Bahnhof wurden Perrons neu gebaut worden.
Endlich kam dann der Abendzug:
Eine Momentaufnahme: Kaspar beim filmen. Man zähle die Zuschauer.
Am nächsten Morgen mussten wir nach Ankara zurück. Wir waren abe noch früh am Bahnhof und wollten die Morgenzüge ablichten:
In den 2 Stunden war mehr los als gestern den ganzen Tag.
Die 060 kam wieder:
Die 56070 macht sich bereit.
Güterzug mit 56er.
Der Morgenzug nach Afyon:
Nun, wenigstens noch etwas.
Währenddessen wird die 46 060 gewartet.
Mit diesem Bild endet die Türkeireise.
Ich hatte Blut geleckt und war dann ein halbes Jahr wieder in der Türkei.
Doch das ist eine andere Geschichte.
Ich hoffe, die Reise hat Spass gemacht.
Gruss Heinz