Guten Tag Bernd,
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Nur wenn man mit den Zügen fährt, dann bekommt man ein anderes Gefühl.
Geschäftlich und privat gebe ich einen vierstelligen Betrag für Fahrkarten aus, meine Bahncard 50 wird auch rege genutzt. Mit Gefühlen zu argumentieren ist ziemlich schwierig. Die DB würde nicht den Rahmenvertrag über die ICE-4-Einheiten regelmäßig zugunsten höherer Kapazitäten ändern, wenn die Fahrgastzahlen nicht steigen würden. DB Fernverkehr bestellt zusätzlich zu den 130 fest bestellten Einheiten weitere 18 Triebzüge sowie 50 „Power-Cars“, um die bisher zwölfteiligen Triebzüge auf 13 Wagen zu verlängern. Darüber hinaus hält man mit 320 Millionen Euro die 58 ICE-1-Einheiten weiter in Betrieb, es ist durchaus realistisch, dass uns der ICE 1 auch die nächsten zehn Jahre erhalten bleibt. Es wird mehr als eine Milliarde Euro für diese Maßnahmen ausgegeben, die man sich auch sparen könnte, wenn die Fahrgastzahlen angeblich sinken würden.
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Zur Anschaffung von neuen Fahrzeugen: Vielleicht sollte die DB AG lieber in die vorhandenen Fahrzeuge investieren. In drei von vier ICs, die ich heute Morgen auf die Schnelle auf der Anzeigetafel sehen konnte, haben Wagen gefehlt.
Mit dem IC-mod-Programm hat man in die konventionellen IC-Reisezugwagen investiert, wie von Dir gefordert. Allerdings wird die sehr heterogene Flotte (das macht die Instandhaltung nicht einfacher) auch nicht jünger, darüber hinaus erreichen diese Wagen langsam das Ende ihrer technischen Nutzungsdauer, bedenke, dass wir hier von Wagen reden, die teilweise 40 Jahre alt sind!
DB Fernverkehr kämpft mit den Auswirkungen der steigenden Fahrgastzahlen. DB Fernverkehr hat beispielsweise nicht genug 300 km/h schnelle Züge, um die große Nachfrage nach den ICE-Sprintern zwischen Berlin und München zu befriedigen, an Großkampftagen fährt DB Fernverkehr mit ihren letzten Reserven Zusatzzüge, auch die Beseitigung der sogenannten „Komfortstörungen“ (z.B. Klimaanlage, Türen, FIS , Bordgastronomie) leidet, weil die Züge rollen müssen. Übrigens werden mehr Züge wegen Überbesetzung geräumt, bestätigte Bahnchef Lutz.
Meine letzte Fahrt mit einem ICE:
zwei Wagen mit ausgefallener Klimaanlage
Bordrestaurant wegen Defekt geschlossen
Teilräumung wegen Überfüllung
Eine HOA hat angesprochen
Erst einmal muss der Bund (und damit die Politik) entscheiden, wo er die Deutsche Bahn in Zukunft sieht. Trotz steigender Fahrgastzahlen bleibt das Problem: Die DB verdient zu wenig mit dem Fernverkehr, um die notwendigen Investitionen zu refinanzieren.
[quote="Peter Müller" post_id=1878256 time=1538419429 user_id=1337]
Wenn im Personenfernverkehr vermehrt Mitbewerber auftauchen, wird die Bahn auch dort Geld verbrennen. Und wenn der Bahn gelingt, im Schienennetz Mitbewerber zu verhindern, erledigen das die Fernbusse. Schöner wäre natürlich eine echte Alternative zur Bahn auf Schienen, das entlastet die Straßen.[/quote]
Der Fernbus stellt für die Deutsche Bahn eine größere Bedrohung im Personenfernverkehr dar als jeder mögliche Mitbewerber in den nächsten zehn Jahren. Die Markteinstiegskosten sind im Vergleich zum Fernbus, zum Regional- und Güterverkehr enorm hoch und auch kaum zu stemmen. Nicht umsonst haben die Marktbegleiter von DB Cargo bereits einen Marktanteil von 50 %, während ich im SPFV die Marktbegleiter von DB Fernverkehr an der Hand abzählen kann, davon abgesehen, dass DB Fernverkehr im SPFV einen Marktanteil von 99 % hat. Im Güterverkehr brauche ich noch nicht einmal eine eigene Lok (die Smartron von Siemens kostet beispielsweise nur 2,5 Mio. Euro, ich kann aber Loks auch anmieten oder gleich die Schienentraktion extern einkaufen) und im Regionalverkehr geht der Trend dazu über, dass der Aufgabenträger die Risiken übernimmt (Erlöse, Fahrzeugbeschaffung und -finanzierung).
Obwohl der Fernbus mittlerweile Taktverkehre und brauchbare Reiseketten anbietet, konnte DB Fernverkehr sogar seine Fahrgastzahlen steigern. Das zeigt, dass DB Fernverkehr im intermodalen Wettbewerb bestehen kann.
Mitbewerber im SPFV haben einen wesentlich schwereren Stand: Zum einen sind da die hohen Markteintrittsbarrieren, zum anderen können anfangs nur Punkt-zu-Punkt-Verkehre ohne Takt mit nur wenigen Zugpaaren täglich angeboten werden. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Ein Flixtrain von Stuttgart nach Berlin, der zwei Mal am Tag fährt, nützt mir nichts, wenn ich z.B. von Tübingen nach Rostock möchte, da ich einen durchgehenden Fahrschein möchte. Selbst Flixmobility kann das nicht.
Wir halten also fest:
Die Markteintrittsbarrieren sind enorm. Die Finanzierung ist aufgrund der hohen Kosten alles andere als einfach. Ich muss eine Infrastruktur aufbauen (Fahrzeugbeschaffung, Aufbau eines Unternehmens usw.) und benötige sehr lange, diese Investitionen wieder zu refinanzieren.
Es können nur Punkt-zu-Punkt-Verkehr angeboten werden. Welches Verkehrsmittel ist bei Punkt-zu-Punkt-Verkehren besonders stark vertreten? Die „Low Cost Carrier“ in Form von Ryanair, Easyjet und Co.
Die große Konkurrenz: Auf der Schiene habe ich mit DB Fernverkehr einen mächtigen Gegner, der die gesamte Unternehmensstrategie zerschießen kann, indem er auf der entsprechenden Strecke Sparpreise inflationär anbietet. Dann habe ich noch den intermodalen Wettbewerb in Form von Billigfliegern, Fernbussen und natürlich dem Auto.
Natürlich ist Wettbewerb immer wünschenswert, doch im eigenwirtschaftlichen Fernverkehr besteht die Gefahr, dass die Netzwirkung der Eisenbahn verloren geht durch das „Rosinenpicken“. Darüber hinaus zerschießen solche Verkehre, wie ein Mitbewerber sie anbieten würde, den Regionalverkehr (vgl. Hamburg-Köln-Express nach Frankfurt).
Grüße aus dem Feinstaubkessel
Viet