Der "Stummiländer" in Cavembourg - Teil 4: Einmal durch Europa und zurück
Nach vier Wochen war Trixi wieder zuhause und auch Toni war wohlbehalten zurück in Müselbach.
Trixi war spät in der Nacht angekommen und so trafen wir uns erst am nächsten Morgen beim Frühstück "Salut, ma puce!" rief ich und gebe zu, daß ich mich gefreut habe sie wiederzusehen.
Ich selbst hatte meine Ferien, wie fast jedes Jahr, im Ferienlager der SBB verbracht. Das ist ein Jugendcamp für junge Eisenbahnfotografierenthusiasten - wie mich. Ich treffe da Freunde und wir teilen alle die gleiche Leidenschaft: Eisenbahnfotografie. Natürlich ist auch anderer Spass angesagt: Zelten, im See baden, Fußball, Lagerfeuer, Ausflüge zu Bahnhöfen, Foto-Hotspots und Eisenbahnmuseen. Natürlich hatte ich einen Stapel neuer Eisenbahnfotos mitgebracht, die ich im Camp selbst entwickelt hatte.
Und ich war wirklich sehr gespannt, welche Fotos Trixi mitbringen würde.
Noch am Frühstückstisch erklärte ich mich bereit, ihre Filme gleich zum Fotoladen zu bringen, um sie entwickeln zu lassen.
Während des Essens erzählte Trixi die Reiseroute, die sie mit dem "Stummiländer" zurückgelegt hatten:
"Von Cavembourg aus ging es erstmal in die Schweiz. Wir durchquerten mit dem "Stummiländer" die Alpen und kamen nach Italien. Wir waren in Rom, am Petersdom, in Pompeij und hatten ein paar schöne Tage in der Cinque Terre, wo wir wandern waren. Dann ging es wieder nach Norden. Quer durch Deutschland. In Hamburg war wieder ein längerer Aufenthalt. Dann gings über Dänemark mit einer Eisenbahnfähre nach Norwegen und Schweden. Kiruna war der nördlichste Punkt, da lag sogar noch Schnee."
"Und das alles mit Percy?" fragte ich
"Nein, Percy verließ uns bereits in Straßburg. Er musste zurück nach England. Ab da hatten wir dann normale Loks, die uns zogen."
"Da hast du hoffentlich von jeder ein Foto gemacht!"
"Oje, du wirst entäuscht sein, fürchte ich."
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch: "Auch wenn sie nur von jeder zweiten Lok ein Foto gemacht hat, musste das einen schönen Stapel Lokomotivfotos geben!"
Nach drei Tagen waren die Fotos fertig und Trixi präsentierte sie der ganzen Familie.
Ich wusste ja, dass Trixi nicht in gleichem Maße die Eisenbahnfotografie betreibt, wie ich, aber daß es so schlimm um sie steht, konnte ich nicht ahnen: Sie hatte so gut wie keine Lokomotive fotografiert! Sondern immer nur Toni! Oder die beiden Capriowagen des „Stummiländer“ in irgendeinem Bahnhof.
Hier seht selbst:
Trixi: "Das ist in der Schweiz. Wir haben hier im Königreich ja hohe Berge, aber die Alpen sind noch ein ganz anderes Kaliber!"
"Es ging über viele Tunnnel bis ganz nach oben. Von dort sind wir mit dem Sessellift gefahren und zu einem Gipfelkreuz gewandert."
"Da ist Toni am Reschensee, schon in Italien. Die Kirche im Hintergrund ist unter Wasser. Nur der Turm schaut noch heraus."
"Und dann waren wir zwei Tage in Rom. Hier ist Toni im Collosseum."
"Toni vor einem der vielen Triumpfbogen"
"Noch ein Triumpfbogen, keine Ahnung wie der hieß"
"Toni vor dem Petersdom"
"Wir haben aber nicht nur in großen Städten Halt gemacht. Sondern auch in kleinen romantischen Dörfern. Da wird gerade Hochzeit gefeiert."
"Und da in den kleinen Steinhütten, leben noch Leute drin."
"Und das war eine kleine Bergkirche mit vielen Straßenhunden. Ich hätte am liebsten einen mitgenommen."
Trixi: "Da sind wir in Atrani. Da, rechts neben der Bushaltestelle steht Toni."
Ich: "Wie hast du das Foto gemacht?"
Trixi: "Parasailing. Man wird mit einem Schnellboot am Fallschirm hochgezogen und segelt über den Strand. Toni hatte keine Lust dazu, da hab ichs alleine gemacht. Und das Foto geschossen."
"Hier sind wir in Pompeji. Toni fand die Zebrastreifen toll. Wir wussten nicht, das die eine Erfindung der Römer sind."
"In dem kleinen orangenen Haus haben wir übernachtet. Das war am Monte Schiara. Da sind wir auch gewandert."
"Eine herrliche Gegend."
"Diesen zwei sind wir auf der Wanderung begegnet. Toni hat höflich gefragt, ob sie Hilfe benötigen. Aber der obere hat nur unverständlich genuschelt und der untere hat in eine Mundharmonika geblasen. Ich habe das Foto gemacht und dann sind wir weitergegangen."
"Der "Stummiländer" fuhr dann wieder Richtung Norden. Wir machten einen Zwischenstopp in Bayern. Das ist Neuschwanstein. Dieses Schloss ist viel schöner als unsere Neue Burg hier. Und da ist Toni."
"Ich weiß ja, dass Toni Österreicher ist. Aber er passt auch ein wenig nach Bayern. Finde ich. Hier waren wir auf einem Schützenumzug. Toni hat da richtig dazugehört. Die Leute haben ihn gleich ins Herz geschlossen."
"Das ist der Bahnhof von Knuffingen. Wir hatten da einen längeren Aufenthalt, weil wir eine neue Lok bekamen. So konnte ich mal wieder unseren "Stummiländer" fotografieren, als wir einen Spaziergang machten."
"In Knuffingen stand auch der Hogwarts Express. Die Leute, die da auf der Lok sitzen waren Engländer und wir erzählten ihnen von Percy. Sie kannten ihn natürlich und versprachen ihm schöne Grüße auszurichten."
Trixi: "In Hamburg hatten wir einen Tag Aufenthalt."
Ich: "Da ist ja auch endlich mal eine Lokomotive vor den Capriowagen!"
Trixi: "Ja, Toni meinte, es wäre eine Frank Krusti Dampflokomotive. Klingt nach einem Müslihersteller."
Ich: "Nicht Frank Krusti! Franco Crosti."
Trixi: "Aha. Das klingt nach einem italienischen Müslihersteller."
"In Hamburg gibts eine Modellbahnanlage namens "Miniatur-Wunderland". Toni war ganz aus dem Häuschen und ist da den ganzen Tag drin gewesen. Mir hat es nach zwei Stunden gereicht und ich bin rüber zum Hafen. Ich wollte noch andere Sachen sehen in Hamburg"
"Da gabs schöne Schiffe! Und Fischbrötchen. Toni hat das alles verpasst."
"In so einer Großstadt ist ja immer was los. Auf dem Weg zurück zum Bahnhof hats gebrannt und wir haben den Löscharbeiten zugeschaut."
"Das ist dann schon in Dänemark. Die Pinguine wollten Wasserski fahren. Und die Robbe musste sie ziehen. Wir haben uns das eine Weile angeschaut und sind dann diesen....."
"...Leuten in die Arme gelaufen. Auch Engländer. Irgendwie trifft man Engländer überall."
"Von Dänemark ging es dann mit einer Fähre nach Norwegen. Die Capriowagen mussten übrigens immer als Güterwagen abgefertigt werden. Warum weiß ich nicht. War aber sehr interessant."
"Da auf dem Stein sitzt Nina, die Eisenbahnfee. Sie war ja auch mit dem "Stummiländer" unterwegs. Sie kommt aus Norwegen und war nun wieder zuhause. Wir hatten uns auf der Reise angefreundet und so hat sie uns zu sich eingeladen. Ihre Feenfamilie war sehr freundlich. Es waren zwei zauberhafte Tage dort."
"Ganz in der Nähe trafen wir diese beiden. Nein, das sind keine Engländer, sondern Lummerländer. Lummerland ist auch ein Königreich, Jim, der da links steht, hat erzählt, dass es noch kleiner ist als Cavembourg. Dafür sind die Leute da etwas größer."
"Dann war der nördlichste Punkt erreicht: Kiruna in Schweden. Da lag Schnee. Im Juli! Wir hatte keine Wintersachen dabei. Wir haben uns einfach alle Klamotten, die wir hatten, übereinander angezogen. Dann gings."
"In Kiruna steht ein großes Bergwerk. Der "Stummiländer" konnte da direkt hingefahren werden und die ganze Reisegesellschaft machte eine Besichtigungstour."
Trixi: "In Kiruna endete dann auch unsere Reise mit dem "Stummiländer". Toni und ich sind mit normalen Zügen über Stockholm, Hamburg und Frankfurt zurückgefahren. Das hat nochmal fast drei Tage gedauert."
Ich: "Und der "Stummiländer"?"
Trixi: "Soviel ich weiß, wird der "Stummiländer" als Sonderzug in Deutschland eingesetzt. Es soll auf den Gleisen der GSB und über Sixtenix, an der Mosel entlang nach Ottbergen gehen. Irgendwann kehrt er zurück in sein Heimat-BW."
Auch wenn ich natürlich ganz andere Fotos gemacht hätte, als meine Schwester, so muss ich zugeben, daß die zwei viel erlebt hatten.
"Warum hast du so wenig Lokomotiven fotografiert?" fragte ich
"Ich will mich nicht an Lokomotiven erinnern," antwortete Trixi "sondern an die Leute, denen wir begegnet sind, und die Orte, wo wir waren. Ich hatte nur einen 36er Film mit. Da muss man einfach Prioritäten setzen und oft hat man auch gar keine Zeit oder auch Lust um Fotos zu machen. Und manchmal will man den Moment im Herzen festhalten. Da stört eine Kamera nur."
Und den Sinn dieser Worte sollte ich später auch noch kapieren.
"Au revoir"
Euer
Guillaume
E N D E
Danksagung: Ein Dankeschön an das Miniatur Wunderland in Hamburg, das uns diese Foto-Geschichte ermöglicht hat! Insbesondere gilt mein Dank Herrn Hochbruck aus der Abteilung "Züge und Co.", der uns freundlich betreut und geduldig den "Stummiländer" auf der Anlage platziert hat. Ein kleines "Making of" folgt....