Hallo Leser/in,
bei der Eisenbahn auf Saint Mulciber handelt es sich um eine Schmalspurbahn. Selbstverständlich haben die deutschen Erbauer die einschlägigen (deutschen) Bauvorschriften zum Gleisbau berücksichtigt. Nur die tropische Sonne, gepaart mit dem "Schlendrian" der damaligen US-Garnison haben nach einem Vierteljahrhundert dazu geführt, das die Gleisbettung kaum noch zu erkennen ist: sie ist versandet und "feldbahnmäßig" heruntergekommen. Nichtsdestotrotz können die Gleise benützt werden - eben "Made in Germany".
Daher kann ich das Einschottern ohne großen Aufwand betreiben: unter Verzicht auf eine Schotterbettung wird das Schotter-/Sandmaterial trocken hingestreut, dann leicht befeuchtet und mit einer Spritze die Klebermischung draufgetröpfelt.
Das geht erstaunlich schnell. Wenn der Kleber abgebunden hat und loses Material abgesaugt ist, kann ich sehen, ob es auch einigermaßen ausschaut. Hoffentlich - sonst müsste ich die Gleise demontieren, reinigen und neu verlegen.
Während der Wartezeit wurde im Vulkankrater das Startgerüst installiert und die Rakete zusammengebaut:
Mit bezahlten Überstunden wurden die Arbeiten auch bei Dunkelheit fortgesetzt:
Der aufmerksame Beobachter hat sicher schon bemerkt, dass die Rakete die Aufschrift "U.S. Army" trägt und nicht, wie vielleicht aufgrund der Anspielungen auf James-Bond-Filme zu befürchten war, die Aufschrift "S.P.E.C.T.R.E":
Wieso ist diese Rakete auf Saint Mulciber? Und nein, dies ist nicht die Rakete, die im Rahmen des "Hare and the Hedgehog"-Plans gestartet wurde, sondern eine "Jupiter-C" (mehr zum Modell im Post vom 19.2.).
US-Präsident Eisenhower hatte verkündet, dass die USA zum Internationalen Geophysikalischen Jahr+ (= IGY) einen Satelliten starten werde. Die US-Army hoffte, den Auftrag für die Rakete zu erhalten, die diesen Satelliten ins All befördert. Schließlich hat man schon mal eine Rakete 2.000 km weit in ein Ziel geschossen und das vor den Augen einiger Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses! Nur die US-Regierung wollte nicht, dass die Sowjetunion über das IGY Einblicke in die Möglichkeiten des US-Militärs erhielt (schließlich war kalter Krieg). Deshalb wurde der Entwicklungsauftrag für diese Rakete anderweitig, an die zivile Forschungseinrichtung "Vanguard" vergeben.
Damit war die US-Army offiziell gestoppt, eine orbitale Rakete zu entwickeln. Dies akzeptierte jedoch ein inzwischen eingebürgerter Raketenfachmann nicht. Heimlich wurden ein paar vorhandene Raketen des "Redstone"-Typs mit zwei zusätzlichen Oberstufen so kombiniert, so dass diese für einen Satellitenstart geeignet waren. Diese Raketen wurden intern als "Jupiter-C" bezeichnet (das "C" steht dabei für "composite" = zusammengesetzt). Die modifizierten Raketen wurden dann wieder zerlegt und in sogenannte Schutzlager gebracht (man könnte auch von Verstecken sprechen). Damit sollten Sie vor einen möglichen militärischen Einsatz geschützt werden (schließlich war kalter Krieg). Das Verschwinden der "Redstone"-Raketen wurde von der US-Army mit Verlusten bei Fehlstarts und der Unzuverlässigkeit dieses Raketen-Typs erklärt.
Eines dieser Schutzlager wurde Saint Mulciber. Der abgelegene Militärstützpunkt in der Karibik bot zwei Vorteile für die US-Army: Einmal ist die Insel bereits seit 1.4.1917 ein "nicht inkorporiertes Außengebiet der USA". Zum anderen konnte man im Vulkankrater - geschützt vor neugierigen Blicken - die "Jupiter-C" wieder zusammenbauen.
Am 4. Oktober 1957 überraschte die Sowjetunion die Welt und insbesondere die USA mit dem Start von Sputnik I, des ersten Satelliten. Der Start des US-Satelliten mit der Vanguard-Rakete war hingegen erst für den 6. Dezember 1957 vorgesehen - und es kam noch schlimmer für die USA: nicht nur das die Sowjets schneller waren, ein paar Sekunden nach dem Start am 6. Dezember explodierte die Vanguard-Rakete pressewirksam.
Noch am gleichen Tag, als dieses Desaster passierte, wurde der US-Präsident über die "Jupiter-C" informiert. Und Präsident Eisenhower entschied: So konnte am 1. Februar 1958 der erste US-Satellit erfolgreich mit einer "Jupiter-C" ins All gestartet werden.
Nachtrag 1: Es erschien nicht opportun, den ersten US-Satelliten von Saint Mulciber in der Karibik aus zu starten. Der Start musste aus Propagandagründen in den USA erfolgen.
Nachtrag 2: Man brauchte mindestens zwei Monate, um eine "Jupiter-C" wieder startklar zu machen - dieser Zeitrahmen war bekannt, nachdem auf Saint Mulciber die erste Rakete zusammengebaut wurde.
Nachtrag 3: Etwaige Sanktionen gegen die Verantwortlichen der US-Army sind nicht aktenkundig. Der deutsche Raketenfachmann brachte es im gleichen Jahr sogar auf das Titelblatt des TIME-Magazins.
Anmerkung: Am 29. Juli 1958 wurde die NASA gegründet. Damit ist nicht die ehemalige "New Agency of Southlumeerland for Aeronautica" gemeint, sondern die heutige "National Aeronautics and Space Administration". Die Amerikaner hatten die Namensrechte ein Jahr vorher für eine Handvoll Dollars gekauft, siehe auch mein Post zu "Südlumeerland" am 20.2.2020.
Vorsichtshalber noch eine Anmerkung zu meinen Posts: Die Geschichte von Saint Mulciber ist erfunden. Ähnlichkeiten mit Ereignissen oder Handlungen oder lebenden, verstorbenen oder fiktiven Personen haben sich rein zufällig ergeben.
Grüsse
Peter