Zitat von Gast im Beitrag Startsets bei Discounter zu Weihnachten?
Die aus ihrer Sicht langweilige Modelleisenbahn bietet ihnen zu wenig Action.
Hallo zusammen,
das sagt sich so leicht dahin mit der Action.
Ich würde es anders ausdrücken: Bei der Modellbahn braucht man schon einen etwas längeren Atem, um eine feste Anlage mit einigem Spielwert aufzubauen. Finanziell, logistisch und auch von der Geduld her. Wer sich öfter mal hier in das Anfänger- oder Planungsforum verirrt, weiß vermutlich, was ich meine. Wenn der Knackpunkt kommt, von der Teppichanlage unterm Baum zu einem Festaufbau zu wechseln, ist die Sache eben nicht mehr so trivial, wie eine Playstation 5 an den Fernseher anzuschließen und sich mal eben zig Spielwelten auf den Schirm zu holen.
Da ist erst mal die Frage, ob es überhaupt einen Platz in der Wohnung für einen Festaufbau in H0 aufwärts (alles drunter ist für Kinder eh nichts) gibt. Dann wird der Zollstock rausgekramt und Papa schaut, wo sich die obligatorischen Zwovierzig mal Einszwanzig für die doppelgleisige Hauptstrecke mit abzweigender Nebenbahn und großem Ringlokschuppen ohne Verlust an Wohnqualität abknapsen lassen. An-der-Wand-lang- oder Modulanlagen waren zu Papas Zeit meist noch eher unbekannt, also soll es wieder die vertraute geschlossene Anlagenform werden.
Drum meldet sich Papa im Stummiforum an und will sich mal schnell nen Gleisplan ziehen – erfährt von uns Experten aber, dass er die Anlage gefälligst betriebsoptimiert nach Personen- und Frachtaufkommen Punkt zu Punkt oder mit Schattenbahnhof planen soll. Hä, was meinen die? Kein Oval aus dem Gleisplanbuch des Herstellers, o.k, dann eben mit leichtem Zähneknirschen millimetergenau die Radien, Steigungen und für die zwei bis drei Ebenen geplant.
Noch nicht gänzlich von unserer Forenschwarmintelligenz abgeschreckt, macht sich das Großeltern-Eltern-Kind-Team nun an den Unterbau. Der doitsche Modellbahner baut gern für die Ewigkeit, mit Hölzern dick wie Grubenstempel und der extra starken Tischlerplatte Marke Bandscheibenvorfall. Kaum hat der Zimmermann kurz nach Ostern seine Axt weggelegt, kommt der Schreiner und laubsägt Rampen und Wendel. Auch nicht unbedingt ein Kinderspiel, wenn's hinterher passen sollen.
Gleich darauf sind die Schienenleger und Schwachstromelektriker am Werk, sofern der Sommer verregnet genug ist. Ja, vielleicht klappt das mit der Verdrahtung beim Einfachoval tatsächlich mit den zwei Drähtchen am Gleis, bei höheren Ansprüchen an unseren abwechslungsreichen halbautomatischen Zugbetrieb auf drei Ebnen wird es dabei aber kaum bleiben. Gut, jeder sollte mal in seinem Leben ein Kabelbaum geflochten haben!
Dann endlich, es ist schon Spätherbst: Hurra, Grasmatte, Gips und Fallerhäuschen! Und nach der zehnten ICE-Runde an Weihnachten fragt man sich: War es das wirklich wert?
Ja, wird der modellbahngestählte Stummianer jetzt rufen - denn der Weg war ja das Ziel und der Spaß! Außerdem bildet das alles den Charakter, übt in Geduld und Zielstrebigkeit, entschleunigt heilsam und vermittelt Wissen und handwerkliches Können.
Ich will's mal so sagen: Kann funktionieren, dazu gibt es hier auch tolle Beispiele im Forum. Aber ein Selbstläufer ist es aus Kindersicht nicht. Da sollten wir uns nichts vormachen.
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Danke!
Andreas