Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#1 von Grummeliger Dachs , 09.06.2021 08:15

Hallo zusammen,

während ich gerade darüber nachdachte, wie ich die Bremser in den Bremserhäuschen meiner Güterwagen herausnehmbar gestalten kann, damit die nicht mit Bremser abgestellt werden müssen, kam mir die Frage, was die echte Bahn mit all den Bremsern gemacht hat, die unterwegs ihre Wägelchen "verloren" haben, wenn diese im Bahnhof oder Anschluss zurückgelassen wurden. Blieben die Bremser vor Ort und warteten, bis ein Zug kam, der zu bremsende Wagen aufnehmen wollte? Hat man die Bremser mitgenommen und wenn ja, wo? Teilten sich dann mehrere Bremser ein Häuschen? Hat man die alle in den Pwg gesteckt? Was machte man dann am Endbahnhof mit all den Bremsern?
Umgekehrt gilt die Frage natürlich auch. Woher kamen all die Bremser? Wenn unterwegs Wagen aufgenommen wurden, mussten diese ja gegebenenfalls mit einem Bremser besetzt werden.

Vielen Dank für eurere Antworten
Jacques


 
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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#2 von Ulf325 , 09.06.2021 08:54

Als es Bremser gab, gab es auch noch Güterzugbegleitwagen
Ich denke mal das gehörte direkt mit zum Zweck dieser Wagen.


Mit freundlichen Grüßen: Ulf

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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#3 von Schwanck , 09.06.2021 12:17

Moin,

bei dieser Frage ist zu bedenken, dass
im Zug mitfahrende Bremser nur in der Zeit benötigt wurden, in der es noch keine durchgängigen Bremseinrichtungen (Druckluft, Vakuum, Seilzug uvam.) gab.
Die Anzahl der Bremser wurde dann immer geringer.
Nicht jeder Wagen besass Bremsen und solche, die gebremst werden konnten, hatten nicht alle ein Bremserhäuschen. Oft hatten sie eine Bremserbühne mit offenliegender Handbremskurbel.
Wie die Bremsanlage der Güterwagen eingerichtet war erkannte man an der Bremsecken, das sind die weißen Striche an den Ecken von Front- und Seitenwand. 0 = keine Bremse, 1 = nur Bremsleitung, 2 = Druckluftbremse.
Weiter war es so, dass Güterzüge auf Hauptbahnen Durchschnittgeschwindigkeiten von 40 km/h - Höchstgeschw. 60 km/h erreichten, auf Nebenbahnen etwa die Hälfte (HG = 40 km/h).
Bremser von abgestellten Wagen, fuhren weiter entweder in einem leeren G-Wagen, im Pw oder, wenn keine geeigneten Wagen mehr im Zug waren, auf dem Führerstand der Lok bis zum Ziel- bzw. End-Bf. mit. Es werden wohl kaum mehr als 2 bis 3 Leute gewesen sein.


Tschüss

K.F.


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#4 von Michael K. , 09.06.2021 13:39

Hallo Jacques,

das dürfte stark epochenabhängig sein und dann entsprechend auch von den Dienstvorschriften der jeweiligen Länderbahnverwaltung. Ganz interessant ist dazu der entsprechende Wikipedia-Eintrag: Bremser
Zumindest kann man daraus ein paar Annahmen ableiten, bspw. durch den Hinweis auf "übermüdete Bremser durch lange Dienstzeiten". Möglicherweise sind die am Zielbahnhof eines Wagens auf andere Fahrzeuge umgestiegen, bis sie sozusagen irgendwann wieder am Startpunkt ankamen. Der Hinweis auf ganze Bremsersiedlungen an stark befahrenen Strecken könnte aber auch bedeuten, dass die Bremser nicht bei jeder Bahn und zu jeder Zeit zum Stammpersonal gehörten, sondern möglicherweise auch - ähnlich wie Tagelöhner - auf Abruf bereit standen, zumindest für das 19. und den Beginn des 20. Jahrhunderts eine Möglichkeit.
Abschließend klären lässt sich das wohl nur mit den Dienstvorschriften oder entsprechenden Unterlagen aus der konkreten Zeit für die jeweilige Bahnverwaltung.

Bis denn
Michael


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#5 von RichyD , 09.06.2021 13:52

Servus,
ich finde die Frage durchaus interessant!

Im Falle meiner Preiser-Bremser ist sie einfach zu beantworten: sie kommen zurück in die Schachtel

Aber wie war es real? Wie viele Bremser benötigte ein Zug?
Jeder meiner Güterwagen hat entweder Bremser-Häuschen oder eine -bühne. Die Wagen wurden m.W. gegenläufig gekuppelt, so dass ein Bremser im Idealfall zwei Wagen bedienen konnte.

Stelle ich mir einen Erz-Ganzzug mit 38 Wagen vor, dann wären das aber immer noch 19 Personen.
Daher meine Folgefrage, wie viele Bremser für einen Zug nötig waren. Und zwar beladen und ggf. leer auf dem Rückweg.
Dass bei der Leerfahrt physikalisch weniger Bremser/Zug nötig waren, erscheint mir logisch. Und was machten die dann "überflüssigen" Bremser?

Seien es bei genanntem Beispiel nur die Hälfte, würden sich immerhin 10 Bremser im Begleitwagen drängeln - untätig, aber sicher nicht ohne Bezahlung?

Über eine Aufklärung freue ich mich ebenso, wie der Threadersteller :-)

Viele Grüsse,
Richy


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#6 von Klaus3 , 09.06.2021 14:14

Zitat von RichyD im Beitrag #5
Servus,

Stelle ich mir einen Erz-Ganzzug mit 38 Wagen vor,



In der Zeit, als Wagen noch von Hand gebremst wurden, gab es keine Erz-Ganzzüge mit 38 Wagen, weil es gar keine Loks gab, die so etwas hätten bewegen können. Die Bremserei von Hand ging doch schon Ende der 1920er komplett vorbei, wenn ich recht informiert bin.

Aber wenn wir daran denken, daß Züge auch Rampen hinunter fuhren, kann man sich schon vorstellen, daß da mehrere Dutzend Leute auf dem Zug waren, zumindest wenn solche Rampen runter gefahren wurde. Die Geislinger Steige wurde bereits 1850 eröffnet, also genug Arbeit für viele Hände.

Gruß
Klaus


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#7 von RichyD , 09.06.2021 16:11

Zitat von Klaus3 im Beitrag #6
[quote=RichyD|p2299854]In der Zeit, als Wagen noch von Hand gebremst wurden, gab es keine Erz-Ganzzüge mit 38 Wagen, weil es gar keine Loks gab, die so etwas hätten bewegen können. Die Bremserei von Hand ging doch schon Ende der 1920er komplett vorbei, wenn ich recht informiert bin.



Beiß' dich bitte nicht an den "38 Wagen" fest, die Anzahl ist willkürlich ausgedacht. Lass' es 30 gewesen sein, und es kann auch ein beliebiger anderer Güterzug sein:
auch bei 15 Bremsern stehen/sitzen einige nach der Fahrt oder bei Leerfahrt dumm rum, oder?

Viele Grüsse
Richy

P.S. meine Oot haben zwar eine Bühne, aber Druckluftbremsen. Diesen Schuh ziehe ich mir also an, da habe ich nicht genau nachgeschaut

Welche Loks in Mehrfachtraktion in den 20er Jahren nötig waren, um 2300t zu ziehen (38 Oot), wäre sicher einen anderen Thread wert?
Mein "Erz-Ganzzug" ist aber ohnehin kürzer, da es (zumindest von Brawa) nur 22 Oot mit unterschiedlichen Betriebsnummern gibt.
Sie umzunummerieren, traue ich mir nicht zu, andere können das sicher.


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#8 von Michael K. , 09.06.2021 16:26

Hallo Richy,

ich mag mich ja täuschen, aber die Oot wurden erst ab 1924 gebaut und da dann sofort mit einer Kunze-Knorr Druckluftbremse. Da war die Handbremse dann nur noch zum arretieren des abgestellten Fahrzeugs, IMHO also kein mitfahrender Bremser auf dem Zug.

Bis denn
Michael


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#9 von RichyD , 09.06.2021 16:40

Servus Michael,
bei den Oot hatte ich ja bereits eingeräumt, dass ich einem Irrtum aufgesessen war.

Also hast du Recht und ich bin Schuld daran


Viele Grüsse
Richy


Michael K. hat sich bedankt!
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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#10 von Michael K. , 09.06.2021 17:25

Hallo Richy,

ich hab Recht? Sorry, das war nicht meine Absicht

Bis denn
Michael


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#11 von 8erberg , 09.06.2021 17:39

Hallo

Ganzzüge waren auch selten, da im Umlauf gefahren wurde und die Güterwagen sehr oft (und verblüffend schnell) von einem Zug zum nächsten umrangiert wurden. Bei der Menge an Personal!
Daher kamen auch Bremser nicht besonders weit aus ihrem Bereich, mit dem nächsten Umlauf ging's wieder Richtung heimatliche Dienststelle.
Viele Stecken hatten Oberbau für max 12 -15 Tonnen/Achse. Züge hatten meist nur 400 - 600 Tonnen Last.
Die Gleislängen an Überholgleisen waren max. 400 mtr, an vielen Nebenbahnen nur 200 mtr (halber Preuss. Militärzug)

Peter


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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#12 von HGD , 10.06.2021 11:39

Hallo,
eine kleine Zusatzinformation für die Epoche 3(!)
Zitat aus "Michael Meinhold, Zugbildung (2) Güterzüge, MiBa, 1997"; Seite 36:
"Zwar gab es keine Bremser mehr; trotzdem muss bis Anfang der 60er Jahre der letzte Wagen mit einem jetzt Schlußschaffner genannten Beamten besetzt werden "

Dieser Schlußschaffner fuhr in einem Bremserhaus des letzten (oder vorletzten) Wagens, wenn er nicht den Luxus hatte, im ausnahmsweise am Zugschluss laufenden Pwg befördert zu werden.

Gruß
HGD


 
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zuletzt bearbeitet 10.06.2021 | Top

RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#13 von Atlanta , 10.06.2021 20:15

Moin Kollegen,

Schon in der ersten Eisenbahnepoche war das Mitfahren auf dem Führerstand nur dem Lokomotiv- ggfs. auch Prüfpersonal gestattet, in Ausnahmefällen örtlichen Beamten bei der Einrichtung und Auflösung des eingleisigen Baustellenbetriebs auf mehrgleisigen Strecken.

Bremser wurden im Fakultativwagen untergebracht, wenn deren Dienst endete oder erst noch beginnen sollte. Im Güterzugbegleitwagen war auch deren Aufenthaltsraum.

Auf Personenzügen, deren Zuglängen variabel waren oder auf Bahnstationen gab es entsprechende Aufenthaltsräume für Betriebspersonal, ggfs. auch Übernachtungsplätze und Betriebskantinen.

Jeder Zug hatte zu Dienstbeginn eine bestimmte Zugmannschaftsstärke, welche in Diensplänen geregelt wurden.

Bereits schon 1876 hatten Bremser die Schaffnerausbildung durchlaufen müssen, waren also vielseitig einsetzbar.

Die Schaffnerlaufbahn waren Beamte des einfachen Dienstes ein Schulabschluß der Volksschule nach 8 Jahren Schulzeit langte damals schon aus.

Bei Handgebremsten Wagen hatten sie vor Fahrtantritt die Wagen des Zuges zu kontrollieren und die nötigen Schmierungen vorzunehmen damit Achslager nicht heißlaufen.

In der Praxis langte die Bremsung jeder 6. Achse aus, Züge wurden dementsprechend zusammengestellt bzw. so mit Personal besetzt, daß sich auch nicht zu viele Bremser in einem Zug befanden.

Bei Zügen mit sehr langen Laufwegen, wurde das Betriebspersonal so geplant, daß es möglichst heimatnah eingesetzt werden konnte, mehrfacher Personalwechsel war damals schon üblich.


LG Ingo

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RE: Wohin mit all den Bremsern, wenn deren Wagen unterwegs stehen gelassen werden?

#14 von Guardian71 , 15.06.2021 14:25

Zitat von Michael K. im Beitrag #4
"übermüdete Bremser durch lange Dienstzeiten"


Moin

Ist bei den damaligen Regelarbeitszeiten auch kein Wunder. Ich habe beispielsweise eine Quelle für sie Großherzoglich oldenburgische Eisenbahn von 1910, nach der die Arbeitszeiten in den Werkstätten "von morgens ein halb sechs bis abends ein halb sechs", mit insgesamt einer Stunde Pause waren - an sechs Tagen pro Woche. Also 12 Stunden brutto plus Weg nach Hause. Das wird für das Zugpersonal nicht grundsätzlich anders (besser) gewesen sein.

Kein Wunder dass man da irgendwann platt ist.

Meint
Mark


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#15 von hmmueller , 15.06.2021 16:26

Zitat von Guardian71 im Beitrag #14
Zitat von Michael K. im Beitrag #4
"übermüdete Bremser durch lange Dienstzeiten"

Ist bei den damaligen Regelarbeitszeiten auch kein Wunder. Ich habe beispielsweise eine Quelle für sie Großherzoglich oldenburgische Eisenbahn von 1910, nach der die Arbeitszeiten in den Werkstätten "von morgens ein halb sechs bis abends ein halb sechs", mit insgesamt einer Stunde Pause waren - an sechs Tagen pro Woche. Also 12 Stunden brutto plus Weg nach Hause. Das wird für das Zugpersonal nicht grundsätzlich anders (besser) gewesen sein.



Dazu interessant zu lesen: Die deutschen Eisenbahnen 1910 bis 1920: hrsg. vom Reichsverkehrsministerium erklärt mehrere Male, was die Einführung des 8-Stunden-Tages den Eisenbahnen für Probleme gemacht hat ...

H.M.


 
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Bremser noch in den 50er Jahren

#16 von notbremse , 20.10.2021 23:15

Ein Zeitzeuge erklärte mir, dass er, als er 1955 bei den ÖBB begann, noch etliche Male als Stockschaffner (Bremser) über den Semmering fuhr.

Im Zuge der Umstellung auf durchgehende Bremsen in der Zwischenkriegszeit wurden ja keineswegs sogleich alle Leitungswagen und Wagen mit mäßig wirkenden Bremsen ausgeschieden. Speziell rumänische und italienische Wagen waren ob ihrer schlechten Bremsen berüchtigt, weshalb man vorsichtshalber zusätzlich Bremser einsetzte. Es ist auch kein Zufall, dass man bis in die 1950er Jahre noch Wagen mit Bremserhäusern baute. Hätte man bloß Feststellbremsen benötigt, so hätte man sich die Bremserhäuser sparen können. Bremserbühnen hätten genügt. Wurde der Bremser nicht im Bremserhaus benötigt, so fuhr er im Güterzuggepäckwagen mit.

Liebe Grüße

Karl


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zuletzt bearbeitet 20.10.2021 | Top

RE: Bremser Arbeitszeiten und Kommunikation

#17 von Atlanta , 22.10.2021 12:19

Moin Kollegen,

bezüglich der Arbeitszeiten geht aus preußischen Unterlagen hervor, daß das Zugpersonal, wie auch Bremser bis zu 16 Stunden an 6 Tagen pro Woche arbeiten mußten.

Geteilte Schichten gab es aber auch, bei denen eine längere Pause eingelegt wurde, die dann zum Essen und Schlafen genutzt werden sollte.

Zur Kommunikation untereinander waren Zurufe oder Mundpfeifen vorgesehen.

Nicht jeder Güterwagen hatte auch Bremserhäuser, nicht selten befand sich an einem Wagenende ein Sitz auf dem Dach oder an erhöhter Stelle.

Für den nötigen Wetterschutz wurde entsprechende Kleidung getragen, die vom Arbeitgeber anteilig gekauft werden mußte, deren Reinigung aber Betriebswäschereien erledigten.

Die Bremssignale wurden mit Hilfe der Dampfpfeife auf der Lokomotive gegeben, sie mußten sich aber von den übrigen Signalen unterscheiden.

Einheitliche Bremssignale gab es aber nicht, das wurde von jeder Bahngesellschaft anders geregelt, bezüglich Anziehen und Lösen der Bremsen.

Allgemeine Betriebssignale waren unter Anderem:
• Zur Abfahrt je dreimal langes Pfeifen, nach dem letzten Pfiff setzte sich der Zug in Bewegung.
• P – Tafeln auch in Kombination mit L – Tafeln gaben die Anzahl der Lokomotivwarnsignale vor, beim Überfahren unbeschrankter Bahnübergänge.
• Rangiersignale wurden in der Signalordnung geregelt.
• 3 oder 6 Knallkapselsignale galten als Warnung zum sofortigen Einleiten einer Notbremsung!

Davon abweichend waren die Signale an die Bremser zum Lösen und Anziehen der Bremsen.

Bremser sollten möglichst in Fahrtrichtung sitzen, bei paarweise sich gegenübersitzenden Bremsern hatte der Bremser in Fahrtrichtung sitzend die Pflicht, seinen Kollegen der entgegen der Fahrtrichtung saß, rechtzeitig auf gestellte Signale, entlang der Strecke, hinzuweisen.
Erfolgte durch Zuruf keine Reaktion, sollte die Mundpfeife benutzt werden.

Dienstverfehlungen sollten dem zuständigen vorgesetzten gemeldet werden.

Edmund Heusinger von Waldegg verfaßte in den 1870er Jahren mehrere Handbücher zur Schulung für Eisenbahner, die bereits damals schon sehr umfangreich waren und vom Betriebspersonal zu erlernen waren.


LG Ingo

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Frage zur Wagenreihung D- 1232/1233 "Viking- Express" Paris- Kopenhagen und zurück (erledigt)
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