Die Fotos und ein Fazit
Was mache ich als Betriebsmodellbahner mit einem kleinen Diorama und nur 26 cm Gleis? Fotos. Fotos zeigen Ausschnitte der Wirklichkeit, oder eben des Modells der Wirklichkeit. In dem der intuitive Größenvergleich verloren geht, muss der Betrachter andere Anhaltspunkte finden, um festzustellen, ob er ein Modell vor sich hat oder nicht. Darum sind Fotos ein gutes Mittel, Schwachpunkte von Modellen aufzudecken. Abweichungen von realen Verhältnissen fallen beim Betrachten eines Modellfotos sofort auf, je länger und genauer man suchen muss, umso besser natürlich das Modell. Diese Fotos eignen sich auch gut zur Veröffentlichung hier im Forum. Ich mache das vor allem, um Techniken und Verbesserungen diskutieren zu können. Bei der Gleisbaumethode hat es einen regen Austausch gegeben, danke Euch dafür!
Im diesem letzten Teil dieser Diorama-Serie möchte ich etwas auf meine Erfahrungen bei der Dioramen- und Anlagenfotografie eingehen.
Die Kamera
Ich finde, dass insbesondere kleine Kameras für die Modellbahnfotografie gut geeignet sind. Klein in Bezug auf Objektivdurchmessern, und klein in Bezug auf Abstand Objektivachse zum Kameraboden. Denn eine Perspektive aus menschlichem Betrachtungswinkel ist oft attraktiv, und dazu muss die Sichtachse nahe an die Anlagen- oder Dioramaoberfläche heranrücken können. Es sei denn, man kann sich eine Kante oder eine Dammlage (wie im Bild oben) zunutze machen. Dieses Feature habe ich aus diesem Grund von vornherein eingeplant.
Der Hintergrund
Vernünftige Modellfotos kommen quasi nicht ohne einen brauchbaren Hintergrund aus. Es sei denn, wir schauen von oben oder schräg auf ein flächiges Modell. Oder wollen offen zeigen, dass wir ein Modell darstellen. Es ist sehr hilfreich, für Fotos ein bewegliches Hintergrundbild zu haben, das man je nach Perspektive passend platzieren kann. Die Farben im Hintergrund sollten zu denen der gestalteten Fläche passen bzw. sich wiederfinden.
Für meine Fotos in diesem Thread habe ich extra vor Ort ein Hintergrundbild aufgenommen. Das Bild habe ich dann auf zwei A4-Blätter als Panorama ausgedruckt und mit einem Klebestift auf ein Stück Pappe geklebt. Bei dieser Sparversion (die ich z.B. auch schon hier verwenden habe RE: GN15 Fahrzeuge für Anlage und Tochter-Vater-Einsatz (2)) ist ein kleiner Trennstrich sichtbar, wo die Blätter aneinanderstoßen. Das habe ich dann jeweils im post processing verschwinden lassen. Man kann sich das Hintergrundbild auch professionell und nahtlos drucken lassen. Ich würde aber immer auf mattes Papier drucken. Fotopapier, selbst wenn nur „seidenmatt“, erzeugt unangenehme Spiegelungen.
Die Schärfentiefe
Die optischen Eigenschaften unserer Kameras führen dazu, dass reale Szenen, die mehr als wenige Meter entfernt sind, üblicherweise (fast) komplett scharf abgebildet werden. Wir sind solche Bilder gewohnt. Der Betrachter erwartet dies zu einem gewissen Grad also auch von einem Modellfoto. Andererseits ist Unschärfe ein gutes Mittel, um den Blick auf das Wesentliche zu lenken. Ich finde nicht, dass Modelle immer bis ins letzte scharf abgebildet sein müssen, aber wenn das Bild ausdrücken soll „Schau mal wie realistisch!“, dann ist es von Vorteil.
Hier kommt dann die Kameratechnik ins Spiel. Handykameras haben typischerweise keine Blende, um die Schärfentiefe einzustellen. Hier muss man mit unscharfen Bereichen in Makrofotos leben und diese bewusst einsetzten. Hat man eine Blende, kann man diese schließen. Jedoch werden Fotos durch Beugungseffekte an der Blende wieder unschärfer, wenn die Blendenzahl sehr groß wird. Blende 11 oder auch noch 16 ist ok, 22 dann ggf. nicht mehr. Ist das Objekt nahe an der Kamera, ist bei solchen Blendenzahlen noch nicht ausreichend Schärfentiefe vorhanden. Es bleibt dann nur ein Ausweg: Focus Stacking. Hier werden mehrere Fotos mit unterschiedlicher Fokussierung gemacht und dann zusammengerechnet. Die Fotos in diesem Thread sind fast alle so entstanden, aus 20…50 Einzelfotos. Wenn man genau hinschaut, sieht man manchmal leichte Artefakte, die dabei entstehen. Generell liefert die Technik aber sehr beeindruckende Ergebnisse.
Das Licht
Die Stimmung, aber auch der Realismus der Fotos wird sehr stark vom Licht beeinflusst. Da ich keinen Anspruch auf eine Profiausstattung für Fotos habe, verwende ich gerne Tageslicht für meine Modellfotos. Mit dem Nachteil, dass ich also nur dann Fotos machen kann, wenn gutes Licht herrscht und ich zugleich Zeit zum Fotografieren habe. Was bei mir nur am Wochenende möglich ist. Oft genügt das Licht, welches aus einem Fenster auf das Diorama fällt. Das Licht ist diffus, aber gleichmäßig. Kommt die Sonne raus, dann braucht es einen möglichst großen sonnigen Bereich ohne Schatten, was bei Dioramen noch machbar, bei fixen Anlagen eher schwierig zu fotografieren ist.
Abends geht nur Kunstlicht. Für das kleine Diorama kann auch meine Schreibtischlampe herhalten. Aber diese Bilder fallen qualitativ weit hinter jene, die bei Tageslicht entstanden sind. Bei Bildern in diesem Beitrag sieht man den Unterschied. Die 70ger mit dem gelben Kaffeewagen ist mit einer einfachen LED-Lampe beleichtet. Gute Fotolampen würden hier helfen.
Fotos im Freien
Um bei Sonnenlicht fotografieren zu können, musste ich nach draußen gehen. Was das bedeutet, ist jedoch nicht zu unterschätzen. Auf dem Transport habe ich gleich mal am Baum ein paar Äste unrealistisch verbogen, dass ist mir dann erst auf den Fotos aufgefallen. Eine ebene Aufstellung ist nicht leicht, mein Wagon ist mir mehrfach davongerollt. Dann hat es einen leichten Wind gegeben, der Hintergrund ist ins Diorama gekracht, die Reiter sind umgefallen … am Ende habe ich mit Verzögerung ausgelöst und erst dann mit beiden Händen den Hintergrund an die richtige Stelle gehalten. Bei hellem Licht ist auch das Display der Kamera schwer sichtbar, die Beurteilung der Fotos wird erschwert. Aber es hat trotzdem Spaß gemacht!
Die Perspektive
Bei einem kleinen Diorama kann man sich sehr schön mit der Perspektive spielen, weil sowohl Objekt wie auch Kamera gut beweglich sind. Dafür gibt es nicht viele Blickwinkel, wo keine Dioramakante im Bild ist. Anlagenkante im Bild wird generell aus unvorteilhaft angesehen, weil die Illusion der räumlichen Ausbreitung verloren geht. Andererseits entstehen interessante Kontraste, wenn eine Holz- oder Styroduroberfläche auftaucht. Trotzdem habe ich weitestgehend versucht, dies zu vermeiden. Der Hintergrund hilft bei der jeweils hinteren Kante, die vordere ist oft nicht im Bild oder kann weggeschnitten werden. Die Seiten erfordern Kreativität. Bei meinen Bildern endet ab und zu das Gleis einfallslos vor einem Abgrund.
Es gibt aber auch Ansichten, bei der das Gleis graziös hinter einer kleinen Anhöhe verschwindet. Modellfahrzeuge zeige ich am liebsten aus einer niedrigen Perspektive, so wirken sie besonders groß (bei Spur N wichtig…) und realistisch.
Die minimale Fokusdistanz
Jedes Objektiv hat seine minimale Fokusdistanz. Näher als diese Entfernung kann nicht scharfgestellt werden. In Spur N ist es ratsam, Optiken zu verwenden, wo dieser Wert recht gering ist. 20 cm oder sogar weniger brauche ich öfters. Bei Handykameras geht sowas leicht. Meine kleine Fuji-Systemkamera hingegen hat bei ihren Optiken eher 30..40 cm Minimalabstand. In dem Fall muss ich entweder weiter weggehen oder auf spezielle Objektive zurückgreifen. Ich habe ein 24 mm Canon Objektiv mit Adapter, welches auf ca. 20 cm runterkommt. Ein Zwischenring zwischen Kamera und Objektiv verringert ebenfalls die minimale Fokusdistanz. Hier ist aber wieder nachteilig, dass nicht mehr auf unendlich fokussiert werden kann. Bei Fokus Stacks bedeutet dies, dass zwar das Motiv im Vordergrund scharf wird, nicht aber alles bis in den entfernten Hintergrund scharf sein kann.
Was ich in dem Fall gerne mache ist, den Zwischenring mit meinem Zoom 18…55 mm einzusetzen. Mit der Brennweite ändern sich am Minimal- und Maximalfokuspunkt rapide. Mit etwas rumprobieren findet sich dann schnell eine Konstellation, wo das Diorama von vorne bis hinten im Fokus-Bereich des Objektivs liegt. Dann kann leicht ein Stack gemacht werden.
Die Nachbearbeitung
Die „Fokus-Stapel“ kommen bei mir in den Computer zum Zusammenrechnen (mit Affinity Photo). Das Ergebnis speichere ich, die Einzelbilder bewahre ich nicht auf. Alle Nachbearbeitungen mache ich an einer App am Tablet oder Handy, z.B. in der Hängematte. Das macht deutlich mehr Spaß als am Computer. Beschneiden, Helligkeitskorrekturen, leichte Retuschen von Dioramaecken oder dem Strich im Hintergrund. Die Kunstlichtbilder brauchten auch Weißabgleich und etwas Farbgradation (etwas Lila in den Schatten), sonst hätten sie gegenüber den anderen Bildern zu flach gewirkt.
Das Fazit
Am Ende bin ich selbst überrascht, wie gut es gelaufen ist. Daraus folgt: es war gar nicht so schwer. Wer sowas nachmachen will, dem rate ich: wähle ein kompaktes Motiv. Überlege Dir, was wichtig ist, und was weniger. Nimm Dir ein paar neue Techniken vor, die Du testen willst. Gehe schrittweise vor. Prüfe jeden Schritt kritisch mit Fotos. Umbauen und Nachbessern geht jederzeit. Vergleiche mit Originalfotos. Die Umsetzung muss nicht perfekt sein, aber durch das Original „informiert“. Dadurch wird sie realistisch. Mache gute Fotos bei Tageslicht. Auch Gegenlicht ist erlaubt. Viel Spaß!
Damit verabschieden wir uns von diesem kleinen Ausschnitt der 180° Gleiskehre im Weinviertel. Inzwischen wird dort der Frühling ausgebrochen sein, ich muss mal wieder hinfahren und schauen. Ich hoffe es hat Spaß gemacht und war unterhaltsam zu lesen. Danke für die Kommentare. Auf zum nächsten Projekt!
Liebe Grüße
Kupzinger