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Da muss ich widersprechen, die gibt es in der Realität durchaus, und sind deshalb offenbar nicht überflüssig.
Auch wenn das Thema ja uralt ist gebe ich auch mal meinen Senf dazu, wenn es schon aus dem Keller hervorgeholt wurde
Hauptsigale gelten erst seit relativ kurzer Zeit auch für Rangierfahrten - früher waren reine Hauptsignale (Formsignale oder eine rote Lampe = Hp0) nur für Zugfahrten gültig. Für Rangierfahrten relevant waren Sperrsignale (früher Sh0, ganz früher Grundsignal genannt), bzw. an Hauptsignalen zwei rote Lampen (Hp00).
Grundsätzlich gibt es eigentlich zwei Grundfunktionen von Wartezeichen:
In seiner ursprünglichen Funktion kennzeichnet das Wartezeichen eine Stelle, an der nur auf besondere Zustimmung des zuständigen Wärters vorbeigefahren werden darf. Generell muss man sich von der heute gerade bei Hobbyeisenbahnern verbreiteten Vorstellung lösen, dass Rangieren weitgehend auf auf Signal stattfindet - die Rangierabteilungen, geleitet durch jeweils einen Rangierleiter, sind früher weitgehend eigenverantwortlich unterwegs gewesen, und waren u.a. auch selbst dafür verantwortlich keine Zugfahrten zu gefährden. Aus dem Grund wurden Zugfahrten den Rangierabteilungen signalisiert, z.B. über Räumungssignale (Bayern, Sachsen), Umstellung des Ausfahrsignals von Hp Ru nach Hp 0 (Bayern) oder die Wegesignalisierung (Preußen). Das ging nicht immer gut, aus dem Grund hat man an besonders gefährdeten Stellen sogenannte Sperrsignale (Sh0, Sh1) aufgestellt, die als Flankenschutz für Zugfahrten dienen. Diese Signale werden bei Zugfahrten auf Sh0 gestellt (heute Hp0), damit mussten Rangierabteilungen davor anhalten, und die Fahrstraße war gesichert. Als angenehmer Nebeneffekt (aber nicht als Hauptzweck!) diente dabei, dass über das Sperrsignal auch eine Zustimmung zur Rangierfahrt vom zuständigen Wärter an die Rangierabteilung übermittelt werden konnt.
Ein größerer Bahnhof wurde früher von mehreren Stellwerken gestellt. In seinem eigenen Stellwerksbezirk wusste der Wärter natürlich Bescheid was so los ist, aus anderen Stellwerksbezirken oder auch aus Handweichenbereichen konnten Rangierabteilungen aber durchaus mal "überraschend" kommen. Besonders problematisch an dieser Stelle waren Ausfahrten aus dem BW, hier konnten schon mal mehrere Rangierabteilungen hintereinander kommen, und es kam z.B. auch gelegentlich zu Entgleisungen, weil der Wärter eine Weiche umstellte, aus dem Bw schon die nächste Rangierabteilung kam. An solchen besonders problematischen Stellen hat man also das Wartezeichen aufgestellt - ursprünglich übrigens nur als Aufsatz über einem herkömmlichen Sperrsignal. Dank des Wartezeichens brauchte jetzt also jede Rangierabteilung an dieser Stelle eine explizite Zustimmung zur Weiterfahrt, auch wenn das darunter befindliche Sperrsignal noch von der vorherigen Rangierabteilung auf Sh1 stand.
Weil die manuelle Zustimmung je nach Lage des Signals auch etwas unpraktisch war, hat man dann teilweise an das Wartezeichen noch das sogenannte "Vorrücksignal" gebaut, drei weiße Lichter in Form eines V (hat nichts mit dem Ersatzsignal zu tun!) . Aus dem Vorrücksignal wurde später dann das heute bekannte Sh1. Man kann im Maximalausbau also tatsäclich an einem Standort ein Form-Sh1, ein Wartezeichen und ein Licht-Sh1 haben. Im Gegensatz zum Formsperrsignal kann das Licht-Sh1 nämlich zeitgesteuert oder zugbewirkt erlöschen
Sofern kein Flankenschutz benötigt wurde hat man dann irgendwann auf das Sperrsignal verzichtet, und das Wartezeichen auch alleinstehend aufgebaut.
Die zweite Funktion des Wartezeichens ist in Verbindung mit einem Licht-Sh1 die Beschleunigung des Rangierbetriebs.
In Westdeutschland waren Wartezeichen nie sonderlich verbreitet. Hintergrund davon ist der Flankenschutz: In Westdeutschland galt nämlich die Regel, dass an einem Wartezeichen auf Auftrag des Wärters vorbeifahren darf, wobei der Auftrag mündlich, mit Handzeichen oder auch akustisch gegeben werden durfte - es bestand also eine gewisse Verwechslungsgefahr. In Ostdeutschland hat man deswegen zwei Arten Wartezeichen eingeführt: Das weiße Wartezeichen entspricht dem deutschen Wartezeichen, und ist damit nicht Flankenschutztauglich. Das gelbe Wartezeichen, das bei Nacht auch beleuchtet wird, ist mit einem Lichtsignal (Sh1, zwei weiße Lichter) ausgestattet - eine Vorbeifahrt darf nur über dieses Lichtsignal signalisiert werden. Damit ist dieses gelbe Wartezeichen im Gebiet der deutschen Reichsbahn auch für Flankenschutz zulässig.
In Westdeutschland musste man für Flankenschutz weiterhin die sogenannten Sperrsignale (Sh0/Sh1) aufstellen. Aus dem Grund hatte man in Westdeutschland an den meisten Stellen ohnehin schon Sperrsignale rumstehen, um dem Zug über ein Signal die Zustimmung zur Rangierfahrt zu geben.
Damit überwiegt in Westdeutschland zumindest nach meinem Eindruck die Funktion, dass das Wartezeichen da aufgestellt wird, wo explizit eine Zustimmung des Wärters nötig ist, z.B. an Zufahrtsgleichen von Drehscheiben, am Übergang von Handweichenbereichen/EOW-Bereichen in Stellwerksbereiche, an Stellwerksbezirksgrenzen etc. Zur Beschleunigung des Rangierens wurde das Wartezeichen in erster Linie an Orten aufgestellt, an denen sehr viele Rangierfahrten vorbeikommen, aber kein Flankenschutz benötigt wird. Das kann durchaus auch an Ausfahrsignalen der Fall sein, gerade in reinen Güterbahnhöfen (bei Güterzuggleisen waren geringere Sicherheitsstandards üblich).